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Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Empörung darf Argumente nicht ersetzen
  2. Merkel kritisiert Türkei: „Inakzeptabel, was in Afrin passiert“
  3. Fall Skripal: Wie NATO-Generalsekretär und Qualitätsmedien sich gegenseitig den Ball zuspielen
  4. Nato und EU im Anti-Russland-Wahn
  5. Geförderte Jobs für Langzeitarbeitslose: Süchtig, überschuldet, depressiv sucht…
  6. Leiharbeit: Wegweisendes Urteil gegen Umgehung von equal pay
  7. Rentendeal im Koalitionsvertrag: Bonus für Verleger auf Kosten der Zusteller?
  8. EU-Ausländern das Kindergeld kürzen? So einfach ist das nicht!
  9. BMW-Großaktionäre: Quandt-Erben kassieren eine Milliarde Euro Dividende
  10. Soziale Kälte auf Europas Wohnungsmarkt
  11. Neuer Schwung oder alter Trott? Große Koalition und Hochschulpolitik
  12. Aufrecht im Tresor
  13. Die Blutspur der USA
  14. Snowden über Facebook: “Überwachungsfirma, die in Social-Media umbenannt wurde”
  15. Zu guter Letzt: Satiriker scheitern kläglich daran, Witz darüber zu machen, dass Olaf Scholz einen Goldman-Sachs-Investmentbanker ins Finanzministerium holt

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Empörung darf Argumente nicht ersetzen
    Verdrängt Moralisieren inzwischen die gesellschaftliche Analyse der gesellschaftlichen Linken?
    Wir müssen zumindest aufpassen, dass moralische Empörung nicht sachliche Argumente ersetzt. Wenn ich zum Beispiel kritisiere, dass die herrschende Politik darauf hinausläuft, dass die weniger Wohlhabenden die Hauptlast der Zuwanderung tragen, dann lautet der Vorwurf: Wer das sagt, spielt die Armen gegen die Ärmsten aus. Das ist doch absurd. Missstände verursacht nicht der, der sie anspricht. Es ist die herrschende Politik, die die Ärmeren in einen Interessengegensatz zu den Flüchtlingen bringt, am krassesten an den Tafeln, aber auch bei der Konkurrenz um Kita-Plätze, Niedriglohnjobs oder bezahlbare Wohnungen, von denen es viel zu wenige gibt. Oder auch an den überforderten Schulen in sozialen Brennpunkten, wo sich das Lernniveau weiter verschlechtert. Infolge der Flüchtlingskrise haben sich viele soziale Probleme verschärft, die es vorher schon gab. Und es trifft nicht die Besserverdienenden, sondern vor allem die, denen es ohnehin schon nicht gut geht. Es ist unsere Pflicht, das anzusprechen.
    Wie kann man verhindern, dass die Ärmeren in einen Interessengegensatz zu den Flüchtlingen geraten? Durch Abschieben? Sicherung der EU-Außengrenzen?
    Zunächst einmal dadurch, dass die sozialen Probleme gelöst werden, aus denen der Interessengegensatz resultiert. Wenn es genug Sozialwohnungen, ausreichend Kita-Plätze und gut ausgestattete Schulen besonders in den sozialen Brennpunkten gäbe und der Arbeitsmärkt wieder so reguliert würde, dass Lohndumping erschwert und der Niedriglohnsektor eingedämmt wird, wäre die Situation eine andere. Aber das zeigt eben auch, dass erfolgreiche Integration Voraussetzungen hat. Und die können nicht in beliebigem Umfang gewährleistet werden. Deshalb ist es so zentral, vor Ort, in den Heimatländern, Perspektiven zu schaffen.
    Ist womöglich der Vorwurf des Rassismus an dieser Stelle ein ähnlich einfaches und damit verhängnisvolles Denkmuster wie das der Rechten, Flüchtlinge seien an der vermeintlichen Not der Deutschen schuld?
    Wer meint, ein Ansprechen der Probleme sei “rassistisch”, weiß nicht, was echter Rassismus bedeutet und trägt dazu bei, ihn zu verharmlosen und unkenntlich zu machen..
    Quelle: Sahra Wagenknecht
  2. Merkel kritisiert Türkei: „Inakzeptabel, was in Afrin passiert“
    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat das türkische Vorgehen in Zusammenhang mit dem Einmarsch in die syrische Kurdenhochburg Afrin verurteilt. „Bei allen berechtigten Sicherheitsinteressen der Türkei ist es inakzeptabel, was in Afrin passiert, wo Tausende und Abertausende von Zivilisten verfolgt sind, zu Tode kommen oder flüchten müssen“, sagte Merkel am Mittwoch in ihrer Regierungserklärung im Bundestag. „Auch das verurteilen wir auf das Schärfste.“
    Bisher hatte sich die Bundesregierung nur sehr zurückhaltend zu den türkischen Angriffen auf das syrische Kurdengebiet Afrin geäußert und deutliche Kritik an dem Nato-Partner vermieden.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung JK: Der Gipfel der Heuchelei! Aber deutsche Panzer an die Türkei liefern, die jetzt in Afrin stehen.

    dazu auch: Ankaras Krieg (II)
    Die Türkei, NATO-Partner der Bundesrepublik, droht ihren Angriffskrieg gegen Syrien auf den Irak auszuweiten. Man behalte sich vor, gegen die Einheiten der PKK auf nordirakischem Territorium künftig auch mit Landstreitkräften vorzugehen, kündigt Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan an. Wird bereits der türkische Angriffskrieg gegen die kurdischen Gebiete Nordsyriens mit deutschen Waffen geführt, so dürften nach Lage der Dinge auch für einen Einmarsch in den Irak deutsche Leopard 2-Kampfpanzer genutzt werden. Die Bundesregierung hat auch nach dem Beginn der türkischen Aggression gegen Afrin am 20. Januar neue Ausfuhren von Kriegsgerät in die Türkei genehmigt. Dabei warnen inzwischen selbst die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages, die türkischen Militäroperationen in Afrin seien mit dem Völkerrecht nicht in Einklang zu bringen; eigentlich “obliege” es der NATO sowie ihren Mitgliedstaaten – darunter Deutschland -, Ankara “von einer Weiterverfolgung” seiner militärstrategischen Ziele in Nordsyrien abzubringen.
    Quelle: German Foreign Policy

  3. Fall Skripal: Wie NATO-Generalsekretär und Qualitätsmedien sich gegenseitig den Ball zuspielen
    Die Mischung macht’s! Das gilt auch für die Demagogie. Plumpe Lügen nimmt einem keiner mehr ab, etwas raffinierter muss es schon sein. Das Qualitätsmedium ZEIT-Online zeigt auch hier wieder vorbildlich, wie man das anstellt. […]
    Frei nach dem Motto “Die Wahrheit lügen!” startet ZEIT-Online formal einigermaßen korrekt, indem es immerhin von einem “Russland zugeschriebenen” Giftanschlag spricht, bevor dann Stoltenberg selbst das Wort überlassen wird.
    Dieser spricht wolkig vom “Ausdruck eines bestimmten Musters”, das er durch eine Reihung der bekannten westlichen Vorwürfe gegenüber Russland rasch skizziert, wobei er sich differenzierende Begrifflichkeiten beziehungsweise Begründungen schenkt: “Annexion der Krim”, “Stationierung von Truppen in Georgien” (warum eigentlich nicht auch in Moldawien?) und zahlreiche Cyberattacken. Neuerdings würden Nuklearwaffen in die russische Militärdoktrin und in Militärübungen zusammengeführt. Es bestehe “die Gefahr, dass die russische Regierung sich schrittweise vom Einsatz konventioneller Waffen in Richtung Nuklearwaffen bewegen könnte”. Dass die USA gerade das Gleiche machen – geschenkt!
    Quelle: RT deutsch

    dazu: SPIEGEL-Cover zum Fall Skripal: Beschwerde beim Presserat eingereicht
    Heute habe ich beim Presserat Beschwerde gegen den SPIEGEL eingereicht. Der Eingang wurde mir bestätigt. Es folgt der Wortlaut der Beschwerde:
    Die Cover-Schlagzeile des SPIEGEL vom 17. März 2018 („Todesgrüße aus Moskau“) unterstellt eine bewiesene Schuld russischer Täter für den Mordanschlag auf den Doppelagenten Sergej Skripal. Da dieser Beweis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung ausstand (und bis heute aussteht), verstößt die Schlagzeile in eklatanter Weise gegen Ziffer 13 des Pressekodex („Unschuldsvermutung“) wo es heißt:

    „Die Berichterstattung über Ermittlungsverfahren, Strafverfahren und sonstige förmliche Verfahren muss frei von Vorurteilen erfolgen. Der Grundsatz der Unschuldsvermutung gilt auch für die Presse.“

    Quelle: Paul Schreyer

  4. Nato und EU im Anti-Russland-Wahn
    Obwohl in den vergangenen Jahren einige deutschsprachige Autoren etwas ganz anderes belegt haben, bleiben die meisten politischen Eliten in den Nato- und EU-Staaten dabei: Russland soll als bösartiger Aggressor dargestellt werden, dem die „freie Welt“ entgegentreten muss.
    Treffen diese „Eliten“ auf Widerspruch, wie der CDU-Politiker und EU-Parlamentarier Elmar Brok im Deutschlandfunk vom 19. März 2018, dann werden sie immer wieder grob, ausfällig und autoritär. Ihre Botschaften sind plump, und sie werden wissen, dass sie die Unwahrheit sagen. Aber ihre derben Basta-Parolen sollen einschüchtern und andere Meinungen zum Schweigen bringen.
    Sekundiert werden sie von den meisten Leitmedien und von medienbeflissenen „Experten“. Die Dauerpropaganda gegen Russland und vor allem gegen den soeben erst wiedergewählten Präsidenten Putin hat paranoide Züge angenommen. Aber diese Paranoia ist nicht ohne Zweck.
    Quelle: Sputnik News

    dazu: Versagen der etablierten Politik: AfD füllt Vakuum der deutsch-russischen Freundschaft
    Indem sie ihre feindliche Rhetorik gegenüber Russland nicht korrigieren, versäumen es die etablierten Parteien aktuell schon wieder, ein für die Bürger zentrales Thema zu besetzen: Die überfällige Annäherung an Russland. Die FDP ist beim Thema Russland ein Sonderfall, aber CDU, SPD, Grüne und ein dominanter Teil von Die Linke überlassen wie bereits während der Flüchtlingskrise der AfD eines der wichtigsten gesellschaftlichen Themen – und eines mit gehörigem Wählerpotenzial.
    Die AfD kann darum mit ihrem scheinbar vernünftigen und zukunftsfähigen Zugehen auf Russland (und Syrien) bei den deutschen Bürgern gehörig Sympathien sammeln. Und die etablierte Politik, die der Partei dieses wichtige Feld durch Untätigkeit überlässt, wird sich in einiger Zeit wieder zerknirscht fragen, wie die AfD diesen Erfolg wohl anstellt.
    Was macht das politische und das mediale Berlin, während die neue Seidenstraße Gestalt annimmt, während sich die transatlantische “Freundschaft” in einen offenen Wirtschaftskrieg wandelt und während aktuelle Umfragen trotz antirussischer Kampagnen eine große Sehnsucht der Deutschen zu einer neuen deutsch-russischen Freundschaft belegen? Diese Entscheider und Meinungsmacher halten sich seit Tagen mit Betrachtungen zu etwaigen Unregelmäßigkeiten bei der russischen Präsidentenwahl auf, die angesichts der Monumentalität der Wahl und der Eindeutigkeit des Ergebnisses nur als kleinlich bezeichnet werden können.
    Quelle: RT deutsch

  5. Geförderte Jobs für Langzeitarbeitslose: Süchtig, überschuldet, depressiv sucht…
    Auch im Boom haben Hunderttausende keine Chance auf einen Arbeitsplatz, weil sie “multiple Vermittlungshemmnisse” haben. Für sie will die Regierung Jobs bezahlen – ohne bestehende zu gefährden. Eine knifflige Aufgabe.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung JK: Wieder schöne Hetze auf Spiegel Online. Sogenannte Langzeitarbeitslose, also jene, die seit mehr als 12 Monaten nach einem Arbeitsplatz suchen, sind größtenteils, so suggeriert es zumindest die Überschrift, “Süchtig, überschuldet, depressiv”. Auch im weitere Kontext beweist der “Qualitätsjournalist” Diekmann, dass er von den Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt bzw. wie lange sich ein Bewerbungsprozess, gerade für akademische Fachkräfte, hinziehen kann, keine Ahnung hat. Man kann es nur wiederholen, wer sich mit 50+, sei er noch so qualifiziert, aus der Arbeitslosigkeit heraus bewirbt hat faktisch, obwohl doch “jedes Jahr “Hunderttausende neue Jobs” entstehen, keine Chance auf einer seiner Fachqualifikation entsprechenden Position. Aber das stimmt natürlich nicht, muss der Betroffene doch bestimmt “süchtig, überschuldet, depressiv” sein, wenn er “in Zeiten des Jobbooms” keine Stelle findet. Denn in der heutigen Zeit muss sich ein “Qualitätsjournalist” nicht mehr mit dem Thema auseinandersetzen über das er schreibt. Es reicht vorgefertigte Worthülsen zu fabrizieren.

  6. Leiharbeit: Wegweisendes Urteil gegen Umgehung von equal pay
    Die Erste Kammer des Arbeitsgerichts Mönchengladbach verkündete am 20.03.2018 ein Urteil, das Leiharbeitsfirmen und Unternehmen, die den Anspruch auf gleiche Bezahlung systematisch umgehen, deutschlandweit aus der Ruhe bringen dürfte. In der Pressemitteilung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf zum Urteil vom 20.03.2018 heißt es:

    Die Kündigung einer Leiharbeitnehmerin ist nicht schon dann gerechtfertigt, wenn der dauerhafte Einsatz beim Kunden auf dessen Wunsch für drei Monate und einen Tag unterbrochen wird, obwohl ein Beschäftigungsbedarf durchgehend besteht.

    Quelle: Arbeitsunrecht

    dazu: Das Aktenzeichen 1 Ca 2686/17 sollten sich Leiharbeiter und Equal Pay-Umgeher merken. Ein wahrlich wegweisendes Urteil
    Das ist schon eine dreiste Nummer – das Entleihunternehmen, in diesem Fall real – will die Leiharbeiter dauerhaft beschäftigen, ihnen aber nicht den zustehenden Lohn nach neun Monaten zahlen. Also kegelt man die aus dem Unternehmen, bietet zugleich aber an, sie nach der “Karenzzeit” von drei Monaten wieder zu beschäftigen, “selbstverständlich” ohne equal pay. Und das Verleihunternehmen möchte da gerne mitmachen, aber für die drei Monate Zwangspause “natürlich” nicht zahlen. Man könnte bilanzieren: Ein Fall wie aus dem Lehrbuch für Umgehungsstrategien.
    Aber die Betroffene Heike O. hat sich gewehrt und ist vors Gericht gezogen. Jessica Reisner zitiert in ihrem Artikel die Argumentation des Anwalts der Klägerin, Daniel Labrow, nach der eine fehlende Einsatzmöglichkeit für drei Monate und einem Tag nicht ausreichend für eine Kündigung des Personalvermittlers sei. :
    “Es handelt sich hierbei um einen Präzedenzfall als Resultat der Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG), zu dem bislang offenbar noch kein Urteil ergangen ist. Dieses Urteil ist für alle über einen längeren Zeitraum bei einem Entleiher eingesetzten Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter bedeutsam, die zur Vermeidung des bei einem mehr als neunmonatigen Einsatz bei einem Entleiher gem. § 8 Abs. 4 AÜG entstehenden Anspruchs auf die gleiche Bezahlung wie die Stammbelegschaft oder mit der Begründung, dass für wenige Monate keine Einsatzmöglichkeit bestehe, gekündigt worden sind.
    Quelle: Aktuelle Sozialpolitik

  7. Rentendeal im Koalitionsvertrag: Bonus für Verleger auf Kosten der Zusteller?
    Die Große Koalition will bei Zeitungszustellern die Rentenbeiträge für Arbeitgeber massiv kürzen. Kritiker befürchten eine Aushöhlung des Mindestlohns – und niemand will dafür verantwortlich sein.
    Ingo Janßens Arbeitstag beginnt morgens um halb vier, irgendwo zwischen Carolinensiel und Aurich in Ostfriesland. Mit dem Auto fährt der 43-Jährige jeden Morgen 120 Zeitungen durch die versprengten Dörfer aus. Viel Geld verdient er damit nicht, doch trotz des frühen Aufstehens macht ihm die Arbeit Spaß. “Es gibt noch viele ältere Leute, die Zeitung lesen und für die gehört es dazu, dass der Zeitungsbote morgens kommt. Einige warten auch schon, sind früh auf, damit sie ihre Zeitung lesen können.”
    Zusteller wie Janßen sichern für viele Menschen im ländlichen Raum den Zugang zur Tagespresse. Doch für die Verlage sind sie auch ein Kostenfaktor, gerade in Zeiten, in denen Werbeerlöse und Abonnentenzahlen schrumpfen. Seit Januar gilt der Mindestlohn flächendeckend, bis dahin hatte es für die Verlage noch Ausnahmeregelungen gegeben.
    Quelle: Tagesschau
  8. EU-Ausländern das Kindergeld kürzen? So einfach ist das nicht!
    Unter den Ländern, in die das Kindergeld floss, steht an vorderer Stelle auch Frankreich, auch, weil Franzosen zum Beispiel im Saarland arbeiten, ihre Kinder aber weiter zu Hause auf der anderen Seite der Grenze wohnen. Und auch deutsche Kinder, die im EU-Ausland leben, weil sie vielleicht dort studieren oder ein Praktikum absolvieren, haben Anspruch auf die Zahlung des Kindergelds ins Ausland. Kurz: Nicht überall, wo Missbrauch unterstellt wird, gibt es also auch wirklich Missbrauch.
    Trotzdem darf man nicht so tun, als gäbe es ihn nicht. In manchen deutschen Großstädten bestehen ganze Straßenzüge aus sogenannten Schrottimmobilien, in denen osteuropäische Migranten wohnen – auch oder vor allem deshalb, weil sie für ihre Kinder das für sie vergleichsweise üppige deutsche Kindergeld beziehen. Es gibt Leistungsmissbrauch in organisierter, krimineller Form und bandenmäßigen Betrug durch Scheinbeschäftigung.
    Dazu gehört aber auch eine ganz andere Form von Missbrauch: Arbeitnehmer oft aus Rumänien und Bulgarien, die wenig deutsch verstehen und ihre Rechte nicht kennen, werden auf dem deutschen Arbeitsstrich gnadenlos ausgebeutet. Sie verdienen wenig, zahlen für eine Schlafstelle in den heruntergekommenen Wohnungen Wuchermieten und freuen sich über das Kindergeld, das für ihre Familien vielleicht noch übrig bleibt.
    Das Kindergeld für Ausländer zu kürzen, deren Kinder im jeweiligen Heimatland leben, mag am Stammtisch sofort viel Zustimmung finden. Es in der Praxis umzusetzen, ist aber gar nicht so einfach, nicht nur weil es neben den Richtigen auch die Bedürftigen trifft. Es widerspricht auch dem Europarecht.
    Quelle: Süddeutsche
  9. BMW-Großaktionäre: Quandt-Erben kassieren eine Milliarde Euro Dividende
    Der Milliardengewinn von BMW zahlt sich auch für die Großaktionäre Stefan Quandt und Susanne Klatten aus. Die Geschwister bekommen eine üppige Ausschüttung. Auch die Belegschaft profitiert.
    Die Geschwister Stefan Quandt und Susanne Klatten erhalten von BMW Chart zeigen in Kürze 1,1 Milliarden Euro aufs Konto. Hintergrund: Der Autokonzern hat im vergangenen Jahr 8,7 Milliarden Euro Gewinn gemacht. Nach dem Vorschlag von Vorstand und Aufsichtsrat sollen 30 Prozent davon als Dividende an die Aktionäre ausgeschüttet werden.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung unseres Lesers H.M.: Das Geschwisterpaar zahlt auf die 1,1 Milliarden Euro Dividende eine Kapitalertragssteuer von 25 Prozent plus 5,5 Prozent Solidaritätszuschlag. “Normale” Steuerzahler müssen ab einem Einkommen von 250.000 Euro eine Lohn- oder Einkommenssteuer von 45 Prozent plus 5,5 Prozent Solidaritätszuschlag zahlen. Durch die Kapitalertragssteuer als besondere Erhebungsform von Einkommens- und Körperschaftssteuer sparen Susanne Klatten und Bruder Stefan Quandt zusammen über 200 Millionen Euro, die Papa Staat als Steuereinnahmen einfach durch die Lappen gehen.

  10. Soziale Kälte auf Europas Wohnungsmarkt
    Die Schere zwischen Arm und Reich klafft auf dem europäischen Wohnungsmarkt weiter auseinander. Eine neue Studie belegt mehr Obdach- und Wohnungslose. Auch Deutschland ist davon betroffen – aus mehreren Gründen. […]
    Nach der Studie der Europäischen Dachorganisation für Wohn- und Obdachlosigkeit waren demnach im Jahr 2016 geschätzt 860.000 Menschen obdach- oder wohnungslos. Dies entspricht einem Anstieg von 150 Prozent zwischen 2014 und 2016.
    Rund die Hälfte der armen Haushalte in Deutschland wenden mehr als 40 Prozent ihres verfügbaren Einkommens für das Wohnen auf. Es gibt nur zwei Länder, in denen arme Haushalte noch stärker durch Wohnkosten belastet sind, nämlich in Bulgarien und Griechenland (siehe Grafik). Der EU-Durchschnitt liegt bei 42,1 Prozent. Als “arm” definiert die Studie ein durchschnittliches Einkommen von weniger als 60 Prozent des nationalen mittleren Einkommens, des sogenannten Medianeinkommens.
    Deutschland liegt unter den Ländern, in denen die größten Ungleichheiten beim Zugang zu Wohnraum bestehen. “Die Tatsache, dass sich ein reiches Land wie Deutschland unter jenen europäischen Ländern mit der größten Wohnexkklusion befindet, ist besonders schockierend”, kritisiert FEANTSA-Direktor Freek Spinnewijn in einer Presserklärung.
    “In Deutschland haben wir seit Jahren einen rückläufigen sozialen Wohnungsbau und das hat das preisgünstige Segment schmelzen lassen”, sagt der Geschäftsführer der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe,Thomas Specht, der Deutschen Welle zur Erklärung. Sein Institut hat dem Bericht zur Wohnexklusion in Europa Zahlen und Daten zugeliefert. Insgesamt sei der Bedarf an Wohnungen durch “Zuzug oder Umstrukturierung besonders in den Metropolen gestiegen”, erläutert Specht. Und das lässt die Kosten explodieren.
    Quelle: Deutsche Welle
  11. Neuer Schwung oder alter Trott? Große Koalition und Hochschulpolitik
    Was bringt die Bundesregierung den Hochschulen? Milliarden für mehr Profs, bessere Lehre und BAföG-Ausbau? Oder machen Union und SPD weiter wie gehabt: Kleckern in der Breite und Klotzen an der Spitze? Studis Online hat dazu Andreas Keller, Vizechef der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, befragt. Er zeigt sich nur mäßig optimistisch. […]
    Wie der Hochschulpakt soll auch die „Exzellenzstrategie“, vormals „Exzellenzinitiative“, mit der an ausgewählten Standorten gezielt „Spitzenforschung“ gefördert wird, auf Dauer gestellt werden. Wobei der Beschluss dazu schon früher gefasst wurde. Auch Ihre Gewerkschaft sieht darin ein Instrument, die Hochschullandschaft noch stärker in Gewinner und Verlierer aufzuspalten. Müsste es damit nicht ein Ende haben?
    Die Große Koalition geht noch einen Schritt weiter: In ihrem Koalitionsvertrag erklären Union und SPD Exzellenz zur „Leitidee“ in der Wissenschaftspolitik. Das ist bemerkenswert: Nicht mehr Chancengleichheit beim Hochschulzugang und im Studium, sondern der Aufbau von Eliteuniversitäten, die Förderung von Wettbewerb und die Hierarchisierung der Hochschullandschaft wird zur wissenschaftspolitischen Richtschnur der Großen Koalition. Das ist die Bankrotterklärung sozialdemokratischer Hochschulpolitik und ein falscher Ansatz. Der Vorzug der deutschen Hochschullandschaft im Vergleich mit anderen Systemen bestand bisher gerade darin, dass bundesweit hohe Qualitätsstandards gelten, egal ob man seinen Abschluss in Dresden, Aachen, Osnabrück oder München gemacht hat. Die Bundesregierung sollte sich auf diese Stärke besinnen und sie weiter schärfen, statt sie leichtfertig zu verspielen und von einem deutschen Harvard zu träumen. […]
    Wissen Sie, wie es die neue Amtsinhaberin Karliczek mit dem Thema Studienfinanzierung hält? Im Koalitionsvertrag heißt es ja: „Wir wollen die Stipendienkultur und Begabtenförderwerke in Deutschland weiter stärken. Die Schüler- und Leistungswettbewerbe wollen wir ausbauen.“ Wie hört sich das für Sie an?
    Das ist der Preis, den die SPD dafür bezahlen musste, dass sich die Koalition auf einen Ausbau des BAföG verständigt hat. Es ist in den nächsten vier Jahren eine Frage der politischen Kräfteverhältnisse, ob es sich beim Bekenntnis zu Stipendienkultur und Leistungswettbewerben um ein Placebo für konservative Verfechter einer elitären Bildungspolitik handelt oder um ein bildungspolitisches Programm, dessen Umsetzung eingefordert wird. Leider wissen wir nicht, wie die neue Bildungsministerin dazu steht. Mir zumindest sind keine Äußerungen von ihr dazu bekannt.
    Quelle: Studis Online
  12. Aufrecht im Tresor
    Millionen Euro aus Libyen im Geldspeicher. Ermittler verhören Sarkozy 20 Stunden lang
    Rund 20 Stunden lang musste sich Nicolas Sarkozy seit Dienstag morgen den Ermittlern der französischen Justiz stellen. Der frühere Staatschef steht unter dem schweren Verdacht, seine Kampagne zur Präsidentschaftswahl im Mai 2007 zum großen Teil mit rund 50 Millionen Euro aus der Kasse des damaligen libyschen Herrschers Muammar Al-Ghaddafi finanziert zu haben. Der Verdacht gegen Sarkozy gründet unter anderem auf einer »Geheimpapier« genannten Vereinbarung zwischen Sarkozys und Ghaddafis Vertrauten, die sich in den Händen der Justiz befindet. In dem Vertrag habe Ghaddafis Geheimdienstchef Moussa Koussa 2006 die Freigabe der für die Kampagne des Franzosen bestimmten Millionensumme schriftlich festgehalten. […]
    Auch enge Vertraute und Freunde aus Sarkozys Entourage – unter ihnen der frühere Innenminister Brice Hortefeux – wurden befragt. Auf mehrere andere Zeugen, die Licht in die Affäre hätten bringen können, hat die Justiz keinen Zugriff mehr. Ghaddafis Erdölminister Schukri Ghanem wurde im Frühjahr 2012 in Wien tot aus der Donau gezogen. Der junge Libyer Mohammed Albichari starb im selben Zeitraum an einer »Diabetes-Krise«, wie es im gerichtsmedizinischen Bericht heißt. Er hatte in den Wirren des libyschen Bürgerkriegs 70 von Geheimdiensten später als »authentisch« eingestufte Tonaufnahmen aus dem Besitz des im Oktober 2011 ermordeten »Revolutionsführers« aufgetrieben und sie offenbar zum Verkauf angeboten. Baschir Saleh, ehemaliger Kabinettchef Ghaddafis, wurde am 23. Februar vor seiner Haustür im südafrikanischen Johannesburg angeschossen. Das Attentat überlebte er nur knapp und ist seither nicht vernehmungsfähig.
    Quelle: junge Welt
  13. Die Blutspur der USA
    Die Gewalt des US Empire im ärmsten Land der Arabischen Welt
    Als Beschwichtigung eines wegen des Iran-Nukleardeals aufgebrachten Hauses Saud unterstützen die USA auf sämtlichen Ebenen den erbarmungslosen Bombenkrieg gegen den Jemen – die jemenitische Bevölkerung als Bauernopfer auf Obamas Schachbrett. Trump eskaliert nun diese Politik der verbrannten Erde. Doch auch unabhängig vom Krieg der Saudis zieht sich eine jahrzehntelange Blutspur aus Massakern und Drohnenmorden der USA durch den Jemen.
    Quelle: Justice Now
  14. Snowden über Facebook: “Überwachungsfirma, die in Social-Media umbenannt wurde”
    Dass Donald Trump die US-Präsidentenwahl auch dank der Hilfe von Datenanalysten gewann, war bereits bekannt. Zwar geht Facebook jetzt gegen das Unternehmen vor, das ihm dabei geholfen haben soll. Doch so unschuldig ist Facebook nicht, wie es tut.
    Der ehemalige NSA-Mitarbeiter und Whistleblower Edward Snowden kritisiert Facebook scharf. In einem Tweet am Samstag schreibt Snowden:

    Unternehmen, die durch das Sammeln und Verkaufen von detaillierten Aufzeichnungen über das Privatleben Geld verdienen, wurden früher einfach als ‘Überwachungsunternehmen’ bezeichnet. Ihr Rebranding als ‘Social Media’ ist die erfolgreichste Täuschung, seit das Kriegsministerium zum Verteidigungsministerium wurde.

    Quelle: RT deutsch

  15. Zu guter Letzt: Satiriker scheitern kläglich daran, Witz darüber zu machen, dass Olaf Scholz einen Goldman-Sachs-Investmentbanker ins Finanzministerium holt
    Fürth (dpo) – Ein Redaktionsraum voller Satiriker ist kläglich daran gescheitert, einen guten Witz-Artikel darüber zu verfassen, dass Olaf Scholz (SPD) mit Jörg Kukies einen Investmentbanker von Goldman Sachs als Staatssekretär ins Bundesfinanzministerium beruft. Einen Nachmittag lang versuchten die Berufshumoristen, die Nachricht auf satirische Weise zu überspitzen oder auf andere Art pointiert darzustellen – vergeblich.
    Quelle: Der Postillon

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