Wie das Spitzenpersonal der Deutschen Bahn AG dieses Unternehmen und uns Steuerzahler ausnimmt, und sich selbst bedient

Winfried Wolf
Ein Artikel von Winfried Wolf

Dieses und einiges mehr von großem Interesse beschreibt der Verkehrsexperte und Journalist Dr. Winfried Wolf in einer Rede auf der Montagsdemo gegen Stuttgart 21 vom 26.3.2018. Albrecht Müller.

Rede von Dr. Winfried Wolf, Verkehrsexperte, Journalist und Chefredaktur von ‚LunaPark21′, auf der 410. Montagsdemo am 26.3.2018

Sehr geehrter Herr Dr. Grube,

ich wende mich in dieser öffentlichen Form an Sie, da Sie jüngst in Sachen Ihrer Beratertätigkeit für die Firma Herrenknecht mitteilen ließen, dass Sie nicht direkt zu sprechen seien, sondern bei derlei Nachfragen nur noch über Ihre Anwälte mit der Öffentlichkeit kommunizieren wollten.

Wobei ich das mit dem akademischen Grad, den Sie haben, konkretisieren will. Schließlich verlieh Ihnen vor wenigen Monaten die Technische Universität Hamburg (TUHH) die Ehrenprofessur. Es hat also endlich geklappt – Sie sind Professor honoris causa.

Nun haben Sie ja das Erschleichen einer vergleichbaren Ehrung bereits einmal versucht. So sollte Ihnen am 16. November 2012 von der Universität Stuttgart die Würde eines Ehrensenators zugesprochen werden. Der entsprechende feierliche Akt wurde dann eine Woche vorher von der Universität abgesagt. Damals gab es heftige Proteste gegen die beabsichtigte Ehrung seitens der Stuttgarter Uni an jemanden, der sich aktiv an der „Teilzerstörung des Wahrzeichens der Stadt Stuttgart, des Bonatzbaus, beteiligt.[1]

Jetzt also eine akademische Ehrung durch die Universität in Hamburg – weit entfernt von der Stätte Ihres zitierten zerstörerischen Wirkens. Und nun der Professor ehrenhalber. Nun ist uns dieses Verfahren mit den Professuren „honoris causa“, das eigentlich auf ein Nazi-Gesetz zurückgeht, hier in Stuttgart wohl vertraut.

Schließlich hat Herr Ministerpräsident Winfried Kretschmann solche Ehrenprofessur-Titel ja auch den S21-Lautsprechern Wolfgang Schuster als dem ehemaligen Oberbürgermeister und Erwin Teufel als dem ehemaligen Ministerpräsidenten verliehen. Und die grüne baden-württembergische Bildungsministerin Theresia Bauer, die vor Antritt Ihres Ministerinnenamts einmal sagte, ein solcher Titel sei für die gesamte Forscherszene „geradezu beleidigend“, hält bei diesem Thema längst die Klappe.[2]

Sie, Herr Professor Grube, erhielten Ihren neuen akademischen Titel am 2. November 2017 in einer akademischen Feierstunde der besagten Hamburger Universität. Der Laudator war – Überraschung! – Hartmut Mehdorn, dessen Büroleiter bei Daimler-DASA Sie Anfang der 1990er Jahre waren. Und dessen Nachfolger Sie 2009 als Bahnchef wurden. Wobei Frau Merkel wiederum Sie als Nachfolger wählte, weil Mehdorn selbst Sie zum eigenen Nachfolger vorgeschlagen hatte…

Der Titel Ihrer Ehrenprofessur-Antrittsrede an der Hamburger TU ist höchst bemerkenswert. Er lautet: „Mission – Mut – Moral. Treiber statt Getriebener“. Sie sagten in Ihrer Rede, wir müssten die „Gesellschaft in der wir leben, aktiv gestalten“. Und dann wörtlich: „Dazu gehört auch, dass wir uns verpflichtet fühlen, jungen Menschen Orientierung, Halt und Werte zu vermitteln.“[3] Notwendig sei es (so sagten Sie bei dieser Gelegenheit und auch früher des Öfteren), immer, „Offenheit, Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit“ zu praktizieren.[4]

Nun haben Sie, Herr Grube, seit Ihrem Weggang bei der Deutschen Bahn AG ja eine Vielfalt neuer Aktivitäten entwickelt. So wollen Sie ab sofort mit Ihrer Gattin 60 Tage im Jahr in China leben. Und so wie hier einer zwischen Stuttgart und Esslingen pendelt, wollen Sie dann Shanghai – Hamburg pendeln. Weil doch Ihre Frau Poletto gerade in Schanghai ein Luxus-Sterne-Restaurant mit „15 bis 18 Köchen“ eröffnet. Dazu sagten Sie, es sei ein „Wahnsinn, wie die Chinesen auf diese Mischung aus deutscher und italienischer Küche fliegen.“[5]

Die offizielle Eröffnung soll am 20. April stattfinden. Eingeladen sind unter anderem Manager der Daimler-Niederlassung in China.[6]

Vor allem aber nahmen Sie nach Ihrem Weggang bei der Deutschen Bahn AG drei neue Jobs an:

  • Sie sind erstens Aufsichtsratschef bei der Hamburger Hafen und Logistik AG, der HHLA.
  • Sie sind zweitens Chairman der Investmentbank Lazard in Deutschland.
  • Und Sie sind drittens Berater der Tunnelbaufirma Herrenknecht.

Und da würde uns interessieren, wie es mit „Offenheit, Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit“ aussieht. Beziehungsweise welche „Orientierung, Halt und Werte“ Sie im Zusammenhang mit diesen neuen Jobs „jungen Menschen vermitteln“ wollen.

Das Grube-Engagement bei Herrenknecht

Zu diesem Ihrem neuen Job heißt es, Sie würden Herrenknecht-Vertreter bzw. Martin Herrenknecht als Firmen-Chef persönlich darin beraten, wie diese „bei Gesprächen mit Spitzenpolitikern“ – genannt wurden die damalige Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries, der damalige und weiter amtierende Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) und der EU-Kommissar Günther Oettinger – zu agieren hätten. Berichtet wird sogar, dass Sie die Herrenknecht-Leute bei einem Termin bei Frau Zypries „begleitet“ hätten.

Nun ist Herrenknecht einer der Hauptprofiteure von Stuttgart21. Sie, Herr Grube, haben als Bahnchef Dutzende Aufträge an Herrenknecht vergeben. Sie verfügen damit über ein enormes Insiderwissen. Sie haben alle Kenntnisse, wie die DB AG tickt. Sie können die Aufträge identifizieren, die noch zu ergattern sind. Sie wissen, welche neuen Projekte in den Schubladen liegen.

Oder, höchst konkret: Sie wussten, wie Frau Zypries bearbeitet werden musste, damit der aus ihrem Wirtschaftsministerium entsandte Staatssekretär im Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG im Januar 2018 der neuerlichen Erhöhung der Stuttgart-21-Kosten von 6,5 auf 8,2 Milliarden Euro zustimmt.

Wenn Sie nun, wenige Wochen nach Ihrem Weggang bei der Deutschen Bahn AG, für Herrenknecht beratend tätig werden, dann stellen Sie faktisch dieses Insiderwissen dem Tunnelbau-Konzern zur Verfügung. Was für Herrenknecht enorm profitabel sein kann.

Als dazu seitens des „Spiegel“ gefragt wurde, wie hoch Ihr Honorar bei diesem Job sei, lehnten Sie nicht nur eine Antwort ab. Sie drohten auch mit „rechtlichenSchritten“.Soviel zum Thema „Offenheit, Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit“.

Das Grube-Engagement bei der HHLA

Fast nahtlos nach Ihrem Abtritt als Bahnchef nahmen Sie das Amt des Aufsichtsratschefs bei der Hamburger Hafen und Logistik AG an. Amtsantritt war der 21. Juni 2017. Es waren der Hamburger Senat und der damalige Chef des Hamburger Senats, zugleich der neue Bundesfinanzminister, Olaf Scholz, der dieser Ihrer neuen Tätigkeit zustimmen musste.

Nun hat die HHLA eine eigene Bahntochter mit Namen Metrans. Diese betreibt in direkter Konkurrenz zur DB-Tochter Cargo Schienengüterverkehr. Die HHLA-Chefin Angela Titzrath rühmte sich jüngst, dass Metrans sich auf einem enorm expansiven Kurs befinde.

Nun befindet sich die DB-Tochter Cargo auf einem enorm regressiven Kurs. Sie hat im vergangenen Geschäftsjahr 2017 sogar einen Verlust eingefahren. Sie, Herr Grube, als Ex-Bahnchef, verfügen über das wohl beste Insiderwissen, wo die Schwachstellen von DB Cargo liegen, welche Manager da welche Rolle spielen, wer wie herausgekauft werden könnte – und wie man den einen und anderen fetten Happen aus der DB herausbeißen könnte.

Zumal Sie ja mit der HHLA-Chefin gut bekannt sind. Frau Titzrath nahm in den Jahren 1991 bis 2012 verschiedene Positionen im Management des Daimler-Konzerns ein, also just in den Jahren, als Sie im Daimler-Imperium in hohen Positionen tätig waren.

Die Vergütung, die Sie nun für den HHLA-Job erhalten, beträgt immerhin das Zehnfache eines Hartz-IV-Einkommens. Doch für sie dürften die mehr als 50.000 Euro im Jahr eher ein Zubrot sein. Wobei mir die dazu ergänzenden Absprachen, die es gibt, aktuell nicht bekannt sind.

Das Grube-Engagement bei der Investmentbank Lazard

Im Sommer 2017 übernahmen Sie bei der Investmentbank Lazard den Spitzenjob als Chairman für das Deutschlandgeschäft. Lazard ist eine der wichtigsten Investmentbanken in Deutschland. Das Institut verwaltet Kundengelder in Höhe von 200 Milliarden US-Dollar – das Fünffache des Umsatzes der Deutschen Bahn AG. Diese Gelder sollen vermehrt werden – das ist seit Juli 2017 nun ihr Job.

Wobei Geldvermehrung bei Lazard vor allem darin besteht, Firmen aufzukaufen, die Belegschaft gegebenenfalls auszudünnen und auf Schmalkost zu setzen und das Unternehmen dann neu und mit sattem Gewinn zu verkaufen.Nun spricht sehr viel dafür, dass Sie den Lazard-Top-Job als Dank dafür zugesprochen bekamen, weil Sie in Ihrer Zeit als Bahn-Chef dem Lazard-Konzern satte Aufträge der Deutschen Bahn AG hatten zukommen lassen.

So hatten Sie Lazard im Jahr 2015 beauftragt, Investoren zu finden, die bei den DB-Töchtern Arriva und DB Schenker einsteigen sollten. Das war ein neuer Versuch einer versteckten Bahnprivatisierung. Die Politik stoppte dann zwar dieses Projekt. Doch Lazard musste für das Engagement bezahlt werden.[7]

Die Vermutung, dass Sie jetzt Lazard-Deutschland-Chef sind als Belohnung für Ihre früheren Dienste für diese Heuschrecke, ist nun wirklich keine Bösartigkeit meinerseits. Sie wird in der wichtigsten deutschen Tageszeitung – in der „Süddeutschen Zeitung“ – wie folgt vorgetragen:

„Der Kontakt zwischen Lazard und Grube kam nicht über die Politik, man kennt sich aus Grubes Zeit bei Daimler. […] Unter den Investmentbankern, von denen sich Daimler [bei der von Grube orchestrierten Expansion mit Chrysler- und Mitsubishi-Übernahmen; d.Red.] beraten ließ, waren auch zwei Banker, die heute für Lazard arbeiten. Einer davon ist der heutige Co-Deutschland-Chef Eric Fellhauser. Später, als Grube als Bahnchef eine Teilprivatisierung der Töchter Schenker und Arriva prüfen ließ, bekam Lazard den Auftrag.“

Das Ganze habe, so die „Süddeutsche“, durchaus ein „bisschen ein Geschmäckle“[8] Wobei Sie, so die SZ weiter, „für diesen [Lazard-] Job allemal gut entschädigt“ werden würden. Allein das Einkommen als Lazard-Deutschland-Chef liegt deutlich höher als die Bezüge, die Sie als Bahnchef erhielten. Das waren im letzten voll bezahlten Jahr 2016 2,434 Millionen Euro.[9]

Wobei die Verbindung Lazard – Deutsche Bahn noch intensiver wird. Da muss ich jetzt förmlich das geneigte Publikum hier auf dem Platz um erhöhte Aufmerksamkeit bitten. Wobei alles hinterher auch nachlesbar sein wird:

Im November 2017 gab Ihr Ex-Arbeitgeber, die Deutsche Bahn AG bekannt, dass künftig ein gewisser Herr Alexander Doll im Vorstand der Deutsche-Bahn-Holding „die Geschäftsfelder DB Cargo und DB Schenker verantwortet“. Der neue Bahnchef Richard Lutz teilte dazu mit, dass Doll in seiner früheren Zeit als Banker „uns als DB bei mehreren Projekten beraten“ hat.[10] Das wurde, da werden Sie, Herr Grube, sich auf die Schenkel klatschen und mir zustimmen, von Herrn Lutz ausgesprochen verschwurbelt formuliert.

Konkret: Alexander Doll war im Zeitraum 2001 bis 2009 in führenden Positionen bei der Schweizer Bank UBS tätig. In dieser Funktion fädelte er den Aufkauf des US-Logistikers Bax Global durch die Deutsche Bahn AG ein. Dies war der erste große Einstieg der DB AG im Ausland, der unter dem damals neuen Bahnchef Hartmut Mehdorn erfolgte. Er erwies sich wenige Jahre später als Fehlschlag. Doch es war nur ein Fehlschlag für die DB und die Steuerzahler. Und durchaus ein fettes Geschäft für UBS.

Doll war sodann in den Jahren 2005 bis 2008, erneut in seiner Funktionen bei UBS, engagiert beim geplanten Börsengang der Deutschen Bahn. Auch in diesem Fall war der damalige Bahnchef Hartmut Mehdorn sein Auftraggeber. Das Projekt erwies sich als ein weiterer Fehlschlag – als Fehlschlag für die DB und die Steuerzahler. Als ein fettes Geschäft für UBS.

Und nun kommen wieder Sie, Herr Prof. Dr. Grube, ins Spiel und mit Ihnen ihr neuer Hauptbrötchengeber, Lazard: Im Frühjahr 2009 wechselte Alexander Doll von der UBS zur Investmentbank Lazard. Er nahm dort im Zeitraum Mai 2009 bis Dezember 2012 die Position des Finanzchefs für das Lazard- Deutschlandgeschäft ein.

In dieser Funktion organisierte Doll 2010 – also in der Zeit, als Sie, Herr Grube, Bahnchef waren – den bislang größten Auslandseinkauf der Deutschen Bahn AG überhaupt: Die Übernahme des britischen Bus- und Schienenverkehrsbetreibers Arriva. Eine Reihe anderer Aufkäufe kamen hinzu. Und alle erfolgten sie unter Ihrer Ägide als Bahnchef und in Kooperation mit Lazard.

Bei all dem kann man – Sie, Herr Grube werden mir da sicher zustimmen – leicht den Überblick verlieren. Halten wir als Zwischenbilanz fest:

  • Der neue Logistik-Vorstand der Deutschen Bahn AG ist demnach Ihr alter Bekannter, der Banker Alexander Doll. Der hat zwar von Schiene keine Ahnung. Ist ja auch schnurz. Hat er doch auf der Seite der Investmentbanken für Sie (und für Ihren Vorgänger im Amt Herrn Mehdorn) das Expansionsgeschäft des Bahnkonzerns im Ausland organisiert.
  • Diese Global-Player-Strategie ist zwar weitgehend gescheitert. Doch dieses Scheitern war ja mit fetten Gewinnen für UBS und Lazard verbunden. Und diese Bankprofite werden von den Steuerzahlenden und den Fahrgästen finanziert.
  • Dafür hatten auch die Bahnbeschäftigten zu zahlen. Das war schließlich die Zeit, in der Sie, Herr Grube, als Bahn-Chef einen harten Kurs gegenüber der GDL durchsetzten, damals, als die GDL-Kolleginnen und Kollegen für die Rechte und Forderungen der Lokführer und der übrigen Beschäftigten in den Zügen wochenlang streikten.[11]

Nun muss der arme Herr Alexander Doll – so informiert uns die Fach- und Finanzpresse – bei seinem Wechsel zur Bahn „deutliche Einkommenseinbußen“ hinnehmen. Man fragt sich: Warum macht der Banker dann dies? Ein Hinweis liefert das Blatt „FinanzMagazin“. Dort heißt es: „Doll gilt als Dealmaker“.[12] Wir mutmaßen mal: Mit „Deals“ bei der Deutschen Bahn AG dürften neue Versuche einer versteckten Privatisierung gemeint sein. Beispielsweise die Ausgliederung des Schienengüterverkehrs und von Schenker, der Logistik. Wobei dann Sie, Herr Grube, ja auf der anderen Seite, bei Lazard, ergänzt um ihren HHLA-Job, bei diesem Herausbeißen saftiger Stücke Hilfestellung gewähren könnten.

Sehr geehrter Herr Grube,

ein gutes Jahr nach Ihrem Abgang bei der Deutschen Bahn AG führten Sie ein Gespräch mit einem Journalisten von der Tageszeitung „Die Welt“. Sie hatten es da wohl ein bisschen eilig; Sie kamen ja gerade die Gangway herunter vom Flieger aus Shanghai. Jedenfalls informierten Sie in diesem Zusammenhang die „Welt“-Leserschaft erstaunlich offenherzig, dass Sie lange vor Ihrem Abgang bei der Bahn keinen Bock mehr auf Bahnchef hatten. In dem Artikel heißt es:

„Es war der 22. Juli 2016. Grube war damals mit Verkehrsminister Dobrindt auf Bahn-Rundreise, um den riesigen Rangierbahnhof Maschen südlich von Hamburg zu besichtigen. Der Tag war angenehm warm, die Stimmung gut. Bis Dobrindt den Journalisten erzählte, ‚Gewinnmaximierung‘ stehe bei der Bahn nicht mehr im Vordergrund. Wichtiger sei ein verlässlicher und stabiler Schienenverkehr. […] Grube war stocksauer, zeigte das offen. Der DB-Vorstandschef wusste: Die Bahn AG ist nun nach Plan der Bundesregierung eine Bundesbahn 2.0, ein Staatsunternehmen, das sich von der Politik und Beamten wieder sagen lassen soll, wo es langgeht.“ Sie hätten damals, so die „Welt“, aufgehört „für den Job dort (beim Bahnkonzern) zu brennen“.[13]

Wirklich aufschlussreich bei dem Vorgang ist: Für Sie als Bahnchef war es eine Horrorvorstellung, dass für den Bahnkonzern die Maxime „Zuverlässigkeit und stabiler Schienenverkehr“ gelten sollte.

Eine recht interessante Frage ist dann, Herr Grube, warum Sie am 30. Januar 2017 bei der entscheidenden Aufsichtsratssitzung darauf bestanden, eine Vertragsverlängerung für drei Jahre zu bekommen? Und warum Sie vom Gleisacker gingen, als man Ihnen nur eine Verlängerung für zwei Jahre angeboten hatte.

Oder war das alles gar nicht so gemeint? War dies gar ein vorab einkalkulierter Abgang? Für das Letztere spricht auch die Art Ihres Abgangs: Sie sind da natürlich nicht einfach so aus der Aufsichtsratssitzung heraus gerannt. Sie veranlassten vorher den Aufsichtsrat, eine „Auflösungsvereinbarung“ zu beschließen. Diese wurde dann einstimmig angenommen. In der Folge entschied der Personalausschuss (oder der Präsidialausschuss) des Aufsichtsrats, erneut einstimmig, dass Ihnen für das Jahr 2017 nochmals 2,3 Millionen Euro bezahlt werden.

In diesem Jahr 2017 waren Sie 30 Tage im Amt. Sie kassierten demnach 76.667 Euro pro Tag. Und ergänzend zu den 2,3 Millionen Euro dann noch die Vergütungen für die neuen Jobs bei der HHLA und bei Lazard. Und nicht zu vergessen: Die Vergütungen bei Herrenknecht.

Sehr geehrter Herr Professor honoris causa, Dr. Grube,

doch, doch – der Titel Ihrer Ehrenprofessor-Rede ist zutreffend: Sie haben eine „Mission“. Die hat zwar wenig mit „Mut und Moral“ zu tun. Und schon gar nicht können Sie damit „jungen Menschen Orientierung, Halt und Werte vermitteln“.

Ihre Mission ist ausschließlich Raffgier und Abzocke. Ihre Moral ist zutiefst korrupt. Wobei Sie letzten Endes auch nur ein armes geltungssüchtiges Würstchen sind. Und es mächtigere Leute gibt, die Ihr Treiben und Tun absegnen. Und auf diese Weise den moralischen und praktischen Zerstörungsprozess vorantreiben.

  • Durch immer neue Privatisierungen.
  • Durch die systematische Zerstörung des umweltverträglichen Schienenverkehrs.

Durch das absurde, zerstörerische Projekt Stuttgart 21… das nie zu Ende gebaut werden wird.

Wogegen wir weiter auf die Straße gehen und mit der Mahnwache Präsenz zeigen …

Und am Ende:
Oben bleiben!


[«1] Gegen die im Jahr 2012 geplante Ehrung hatte Peter Dübbers, der Enkel des weltweit hochgeschätzten Kopfbahnhof-Architekten Paul Bonatz, in einem Offenen Brief an die Universität Stuttgart protestiert. Darin stellte er den Zusammenhang her zwischen seinem Großvater Paul Bonatz, der 1952 die ehrenbürgerwürde der Universität Stuttgart erhielt, und der Verleihung der Ehrensenator-Würde an Rüdiger Grube, der „für die Zerstörung des denkmalgeschützten Bahnhofsgebäudes und für Stuttgart 21 verantwortlich“ ist. Nach: Presseerklärung Parkschützer, verfasst von Matthias von Hermann, vom 8. November 2012.

[«2] Siehe Winfried Wolf, abgrundtief + bodenlos. Stuttgart21, sein absehbares Scheitern und die Kultur des Widerstands, Köln 2018, S.231.

[«3] TUHH – Ex-Bahnchef Rüdiger Grube ist Ehrenprofessor der TUHH

[«4] DVZ 23.6.2014

[«5] Gourmet-Welten vom 25. April 2017 – Cornelia Poletto eröffnet 2017 ein Restaurant in Shanghai.

[«6] Wirtschaftswoche vom 19. Februar 2018 – „Meine Vorbilder sind älter und noch voll im Job“

[«7] Reuters – Bahn beauftragt Lazard für Teilprivatisierungs-Konzept

[«8] Andrea Rexer, Von der Bahn zur Bank, in: Süddeutsche Zeitung vom 14. Juli 2017.

[«9] Konkret: 900.000 Euro feste + 522.000Euro variable Vergütung +15.000 geldwerte Vorteile + 997.000 „Zuführungen zu den Pensionsrückstellungen“. So festgehalten im DB-Geschäftsbericht.

[«10] Brief von Richard Lutz an die Mitarbeiter des Bahnkonzerns vom 10. November 2017.

[«11] Bei der Agentur Bloomberg findet sich zur Personalie Doll der folgende Eintrag: “Mr. Alexander Doll has been the Head of Banking for Germany, Austria and Switzerland at Barclays PLC since July 2015. Mr. Doll served as the co-Chief Executive Officer of the Barclays Plc in Germany since 2013. He served as Managing Director of Financial Advisory Business – Germany at Lazard Ltd. from May 2009 to December 2012. Mr. Doll focused on Lazard’s investment banking efforts in Germany, and Central and Eastern Europe. Mr. Doll joins Lazard, after eight years with UBS in Germany, where he has advised the public sector and European companies on transactions in the transport, logistics, infrastructure, consumer and retail industries. During his time at UBS, Mr. Doll advised on major M&A, equity and debt related transactions, including the planned IPO of Deutsche Bahn, acting as joint global coordinator; Deutsche Bahn on the acquisitions of British Railway EWS and US logistics provider Bax Global; and Deutsche Eisenbahnreklame on its sale to Stroer Out of Home Media AG.” Siehe hier. [abgerufen am 17.3.2018]

[«12] Mark Heinrichs und Michael Hedtstück, Investmentbanker Alexander Doll wird Bahn-Vorstand, in: FinanzMagazin vom 10. November 2017. [abgerufen am 17. 3. 2018]

[«13] Nikolaus Doll, „Meine Vorbilder sind älter und noch voll im Job“, in: Welt.de vom 19. Februar 2018. Man hätte Dobrindt solche Aussagen ja kaum zugetraut. Man hätte aber zugleich niemals einem Bahnchef zugetraut, dass für ihn die Festlegung der Bahn auf „Zuverlässigkeit und stabilen Schienenverkehr“ eine Horror-Vorstellung sein würde. Siehe hier. [abgerufen am 18.3.2018]