Elitezirkel: Bilderberg-Konferenz in Turin

Ein Artikel von Marcus Klöckner

Vom 7. bis 10. Juni kommen Eliten und Machteliten der westlichen Welt zu einem exklusiven Treffen zusammen, um über die großen politischen Themen zu reden – unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Die Bilderberg-Konferenz, so der Name des Zirkels, gehört zu den hochkarätigsten Treffen der Mächtigen auf diesem Planeten. Dieses Mal treffen sich die „Bilderberger“, wie man die gut 130 Teilnehmer der Konferenzen nennt, im italienischen Turin. Das geht aus einer knappen Veröffentlichung auf der seit 2010 existierenden Internetseite der Gruppe hervor. Mit dabei: Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU), EU-Politiker Günther Oettinger (CDU) und NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Ein Beitrag von Marcus Klöckner.

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Die „Zukunft der Arbeit“, „Populismus in Europa“, „Russland“ und „künstliche Intelligenz“ sind vier von 12 Themen, die in diesem Jahr auf der Agenda der diskreten Bilderberg-Konferenz stehen. Die Themen und die aktuelle Teilnehmerliste finden sich auf der Internetseite des Elitezirkels, der seit 1954 existiert und seinen Namen von dem niederländischen Hotel de Bilderberg hat, wo die erste Zusammenkunft stattgefunden hat.

Seit dieser Zeit treffen sich die Bilderberger zu ihrer abgeschotteten Konferenz an jährlich wechselnden Orten jeweils in einem komplett gemieteten Hotel – mit eigenem und staatlichem Sicherheitspersonal.

Über viele Jahrzehnte war die Gruppe der Öffentlichkeit nahezu unbekannt. Laut Selbstbeschreibung des Elitezirkels ging es Bilderberg zunächst darum, in der Nachkriegszeit ein Forum zu schaffen, das Vertretern der Länder Europas und Nord-Amerikas die Gelegenheit zu einem ungezwungenen Austausch ermöglichen sollte. An Öffentlichkeit, an Berichterstattung, bestand kein Interesse. Die Bilderberger – auch das geht aus der Selbstbeschreibung der Gruppe hervor – halten sich bei dem Treffen an die so genannten Chatham House Rules, das heißt: Was bei dem Treffen von den Teilnehmern gesagt wird, darf zwar von ihnen auch verwendet werden. Allerdings: Die Identität der Sprecher darf nicht offenbart werden. An der Bilderberg-Konferenz 2018 nehmen in diesem Jahr unter anderem teil: Ursula von der Leyen (Bundesverteidigungsministerin), Günther Oettinger (EU-Kommissar für Haushalt und Personal), Jens Stoltenberg (NATO-Generalsekretär), Mathias Döpfner (Vorstandsvorsitzender Axel Springer AG), Charles Michel (Premierminister Belgien), Kyriakos Mitsotakis (Vorsitzender der griechischen Partei Nea Demokratia, Oppositionsführer im griechischen Parlament), William Alexander (König der Niederlande), Jüri Ratas (Ministerpräsident von Estland), Mark Rutte (Ministerpräsident der Niederlande), Mehmet Simsek (stellvertretender Ministerpräsident der Türkei), Hartmut Neven (Leiter der Entwicklung von Quantencomputer bei Google), Salvatore Rossi (stellvertretender Chef der Bank Italiens) sowie zahlreiche Wirtschaftskapitäne, hochrangige Universitätsvertreter und Medienvertreter wie zum Beispiel Bruno Patino, verantwortlich für den Inhalt bei Arte France TV.

Dieser Einblick in die Teilnehmerliste, die die Gruppe seit einigen Jahren kurz vor Beginn der Konferenz auf ihrer Internetseite veröffentlicht, zeigt: Hier kommen Akteure zusammen, von denen jeder für sich sehr gut vernetzt ist und über weitreichende Kontakte verfügt. Welche Auswirkungen hat es, wenn diese Akteure, die allesamt über große Ressourcen verfügen, vier Tage lang ohne Öffentlichkeit die große Weltpolitik besprechen?

Klar ist: Bilderberg ist, nach allem was bisher bekannt ist, keine „geheime Weltregierung“, die den Lauf der Welt aus dem Dunkel steuert. Aber klar ist auch: Aus demokratischer Sicht sind die Konferenzen als hochproblematisch zu betrachten. Wichtige gesellschaftliche Gruppen, wie zum Beispiel NGOs sind von dem Treffen ausgeschlossen. Die Eliten und Machteliten des Bilderberg-Zirkels bleiben unter sich. Wenn man so will: Die Spaltung zwischen Bürgern und zumindest Teilen der Eliten wird hier in zugespitzter Form sichtbar. Die versammelten Spitzen der Gesellschaft sind offensichtlich vor allem an einer Sicht auf „die Dinge“ interessiert: nämlich an ihrer eigenen. Doch das ist nicht das Hauptproblem, schließlich: Den Mächtigen dieser Welt darf es sicherlich gestattet sein, mit denjenigen zu konferieren, mit denen sie möchten. Nur: Für die Demokratie sind solche Zusammenkünfte alles andere als ungefährlich. Wir können an der Bilderberg-Gruppe nämlich ablesen, dass es außerhalb der demokratischen Strukturen „Schattenstrukturen“ gibt, innerhalb derer sich die Weichensteller von Politik und Wirtschaft bewegen. Dass diese Strukturen nicht nur existieren, um den Eliten und Machteliten einen Zeitvertreib zu ermöglichen, liegt nahe. Die Zusammenkünfte der Bilderberger, die alljährlichen Treffen am Bohemian Grove in Kalifornien genauso wie das Agieren von Le Cercle lassen erkennen, dass es hier auch um Einfluss geht.