Leserbriefe zu verschiedenen Artikeln der letzten Woche(n)

Ein Artikel von:

Nachfolgend einige Leserbriefe zu verschiedenen Themen, mit denen sich die Nachdenkseiten in letzter Zeit beschäftigt haben. Vielen Dank an alle Leser, die die Nachdenkseiten mit so großem Interesse lesen und schreiben, und damit Kritik üben, ihr Lob aussprechen, Dinge richtig stellen oder eine andere Sichtweise einbringen! Zusammengestellt von Moritz Müller.

1. Leserbrief zu: Mexiko – Andrés Manuel López Obrador, der Hoffnungsträger für Befriedung und soziale Gerechtigkeit

Hallo liebe Nachdenkseiten-Redaktion,

über den Artikel zur Wahl in Mexiko habe ich mich gefreut. Eine kleine Richtigstellung: López Obrador hat nicht die UNAM  (Universidad Nacional Autónoma de México) gegründet, die in der Tat die sehr gute Zeitung La Jornada herausgibt (an der können sich linke Medien auch hierzulande ein großes Stück abgucken), sondern die UACM (Universidad Autónoma de la Ciudad de México). Die UNAM und ihre Vorgängerinnen wurden bereits 1553 bzw. 1910 gegründet. Die UACM (nicht zu verwechseln mit der UAM, Universidad Autónoma Metropolitana) wurde 2001 in einem der ärmsten Vierteln Mexiko-Stadts gegründet – durch Erlass von AMLO.

Nun freue ich mich auf Artikel, in dem auch die Rolle der Zivilgesellschaft stärker beleuchtet wird. Denn auch in Mexiko bleibt der “caudillismo” ein Problem und es wird vergessen, dass es darum geht, dass alle Menschen ihre Lebensumstände in die eigene Hand nehmen (können) und nicht alle politischen Hoffnungen ausschließlich an einzelne Personen geknüpft werden – so erfreulich die Wahl von AMLO auch ist. Das war auch der Grund für die Gründung von MoReNa (eine schönere Übersetzung finde ich: “Bewegung für den Wiederaufbau des Landes”).

Mit besten Grüßen
Saskia Mestern


2. Leserbrief zu: Im Krieg gegen uns selbst – amerikanische Außenpolitik und ihre Folgen im eigenen Land

Sehr geehrte Nachdenkseiten,

leider ist das kein neues Phänomen. Schon 1946 hat John Huston einen Dokumentarfilm darüber gemacht. Der Film wurde aber erst 1981 veröffentlicht. Die US Army hatte ihn nicht freigegeben.

Aus Psychiatrie im film – Seminar für Filmwissenschaft – UZH
Let There Be Light
John Huston, USA 1946; 58′ E (Digital SD, s/w)
John Huston dokumentiert die psychiatrische Behandlung von US-amerikanischen
Soldaten nach dem Zweiten Weltkrieg.
 
Ab 1942 diente der US-amerikanische Filmemacher John Huston, der seit The Maltese Falcon bereits zu den Stars der Branche zählte, als Captain im Army Signal Corps. Er drehte in dieser Zeit drei Dokumentarfilme, darunter auch Let There Be Light,der die psychiatrische Behandlung von 75 US-Soldaten schildert. Sie leiden an Neurosen, Angstzuständen, Gedächtnisverlust und Stottern, heute würden sie vermutlich die Diagnose posttraumatische Belastungsstörung erhalten. Sie werden unterschiedlichen Behandlungen unterzogen, gelegentlich als geheilt entlassen.

Obwohl Hustons Dokumentarfilm dazu dienen sollte, das Verständnis der Gesellschaft für die psychischen Störungen der Soldaten zu fördern und ihre Behandlung zu entstigmatisieren, wurde er kurz nach seiner Premiere von der US-Armee verboten und konfisziert. Erst 1980 wurde die Zensur aufgehoben und der Film 1981in der Reihe «Un certain regard» in Cannes aufgeführt. Gelegentlich pathetisch und mit einer monumentalen Tonspur versehen, ist Let There Be Light ein wichtiges Dokument der Psychiatriegeschichte und zeugt auch von der steten Verflechtung von Psychiatrie und Militär.
 

Mit freundlichen Grüßen
Alexander Haack



3. Leserbrief zu: Videohinweise am Mittwoch, heute mit einem “Stopp Air Base Ramstein” Spezial

Liebes NachDenkSeiten-Team

Ramstein ist in aller Munde. Ramstein ist, soweit mir bekannt, nur eine Relaisstation. Koordinatoren, Auswerter sind meines Wissens hier nicht anzutreffen. Die Antennen befinden sich außerhalb der eigentlichen Air Baise in einem Waldstück, jedoch noch innerhalb des Restricted Area.

Stuttgart ist weniger bekannt.

Das US-Militär hat den gesamten Globus in sechs Regionen aufgeteilt, mit jeweils einem zuständigen Kommando. Das US-Oberkommando liegt ebenfalls in Stuttgart, den Patch Barracks in Stuttgart-Vaihingen.

In Stuttgart-Möhringen befindet sich in den Kelley Barracks der Stützpunkt von AFRICOM (United States Afrika Command), vorher US European Command (EUCOM). Das US-Militär konnte keinen geeigneten Stützpunkt in Afrika finden. Nachdem zwölf Staaten sich weigerten, AFRICOM aufzunehmen, bot sich die Bundesregierung 2007 freiwillig an, dieses Kommando in Deutschland zu stationieren. Von hier aus werden alle amerikanischen Militäroperationen in Afrika koordiniert (Drohnenangriffe, Bewaffnung von Milizen, Operationen verdeckter US-Eliteeinheiten usw.), mit Ausnahme Ägypten. Ägypten untersteht dem US Central Command.

Analysten in Stuttgart senden also regelmäßig eine Kill List ans Pentagon.

Von Anfang an bot sich die Bundesregierung an, die Verbrechen der US-Militärs nicht nur nicht zu verhindern, sondern auch noch zu unterstützen. D.h. die Bundesregierung macht sich mitschuldig am Tod von hunderttausenden Zivilisten, im US-Sprachgebrauch Kollateralschäden. Wobei im US-Sprachgebrauch Kinder zwischen 12 und 14 Jahren zynisch als wehrfähig betrachtet werden.

Ich weiß leider nicht, welche Länder sich weigerten AFRICOM aufzunehmen, aber Gott segne sie und ihre Bewohner.

Beste Grüße
Hermann Müller


4. Leserbrief zu: Abstand deutlich gestiegen: Vorstände im Dax verdienen im Mittel 71-mal so viel wie durchschnittliche Beschäftigte

Man sollte sich einer zutreffenden exakten Sprache bedienen:
Die Vorstände “v e r d i  e n e  n” es nicht, sie nehmen sich einfach was sie wollen…., weil sie es können!

> Wenn das Wort “dienen” überhaupt dort einen Bezug hat, dann dient der Vorstand dem Aktionär, aber keinem anderen, weder dem Kunden, noch dem Mitarbeiter, noch der Allgemeinheit.

Das dort  ein ehemals “staatliches Unternehmen” an der Spitze der Abzocke steht, ist bezeichnend für die volksfeindliche Politik in diesem Land.

Betrachtet man dann noch den meist völlig unzureichenden Service der Gelben Post – vor allem in Poststellen – ist diese Abzocke der Vorstände nicht nur moralisch verwerflich, sondern auch leistungsmäßig niemals gerechtfertigt.

Zumal die Post ja auch meist mit Tochtergesellschaften arbeitet, damit man nicht zu viel (Tarif) Lohn zahlen muss, denn irgendwo muss das Geld für die Vorstände ja herkommen.

Gleiches trifft übrigens auch für die Telekom zu, ein Unternehmen, wo der Ärger für den Kunden vorprogrammiert ist, denn fast immer agiert diese Firma völlig anonym ….0800 …..ruft an …. (Tip an Kunde: Sofort auflegen!)

Für die Vorstände der Commerzbank sollten wir ein Spendenkonto einrichten … meine ich. (obwohl dort wirklich unterste Kategorie  …herrscht)!

>>> Und das Schöne daran ist:

Diese Vorstände zahlen nicht einen einzigen Cent in die Sozialkassen ein

So ist schon verständlich, warum es so viele schaffen wollen – in den Vorstand.

Und die “Beratung”, wie man in Panama einen “Briefkasten” installiert, bekommt man preisgünstig dazu.

Mit “V e r s t a n d” und G e w i s s e n hat es meist nichts zu tun, eher mit grenzenloser G i e r!
 
Eberhard Stopp
Versicherungsmakler


5. Leserbrief zu: Zusammenführen statt spalten. Eine Kritik des Aufrufs „Solidarität statt Heimat“

Liebe Redaktion,

leider habe ich urlaubsbedingt erst spät von obigem Aufruf erfahren, einschließlich der Besprechung auf den Nachdenkseiten. Ich habe mir zu dem Aufruf meine eigenen Gedanken gemacht. Falls Interesse besteht, können Sie meinen Leserbrief veröffentlichen.

Mit freundlichem Gruß
Hans-Jürgen Hemmerling
 
Vorab: Unterschreiben würde ich den Aufruf nicht, jedoch vieles was in dem Aufruf von Medico International und dem Institut Solidarische Moderne steht ist richtig. Es ist vor allem ein sehr emotionaler und moralischer, fast verzweifelter Aufruf gegen eine Rechtsentwicklung, gegen die die Unterzeichner offensichtlich kein schlüssiges politisches Konzept haben. Dort wo die Emotion die Oberhand gewinnt, bleibt der Verstand leider häufig auf der Strecke.

Zum Aufruf:

  • Schon der Titel des Aufrufs reizt zum Widerspruch. Was hier propagiert wird ist der Bruch einer linken Tradition (speziell bezüglich der sozialistischen Arbeiterbewegung). Die Parole Proletarier aller Länder vereinigt Euch! meinte nie die Abschaffung dieser Länder, sondern eine Bündnis der Subalternen aller Länder. Internationale Solidarität und das Bekenntnis zur eigenen nationalen Herkunft bzw. zur Heimat wurden nicht als Widerspruch gesehen. All jene, die in diesem Sinne geschrieben haben, angefangen von Heinrich Heine, Kurt Tucholsky, Bertolt Brecht, Heinrich Mann usw., und deren Bücher von den Nazi verbrannt wurden, erscheinen unter diesem Titel wie verkappte AFD‘ ler. Die Ablehnung der Heimat schadet, denn dieses Land ist unsere Heimat, die wir uns von den Rechten nicht nehmen lassen dürfen!
  • Natürlich sind wir alle für Offenheit, aber wer den Begriff der offenen Gesellschaft verwendet, sollte eigentlich wissen welche Inhalte sich dahinter verbergen. Die offene Gesellschaft im Sinne von Karl Popper kann wohl keine linke Forderung sein. Im Sinne der Wirtschaftsliberalen ist offene Gesellschaft zudem nicht mehr als der freie Warenverkehr und der freie Verkehr von Finanz- und Humankapital.
  • Das Recht auf Asyl ist unantastbar und muss durchgesetzt werden, aber die weltweiten Fluchtursachen sind vielfältig und nicht alle Flüchtlinge sind dies im Sinne der Genfer Konvention. In einer kapitalistisch globalisierten Welt können offene Grenzen die existierende Armut und das Elend in der Welt nicht beseitigen, sondern bestenfalls verschieben. Die Angst vor weiterem sozialem Abstieg der unteren Einkommenshälfte unserer Gesellschaft durch den Zustrom von Flüchtenden kann ich begreifen. Mit ihren rassistischen Parolen kann die AFD zunehmend von dieser Angst profitieren. Es kann nach meiner Meinung aber nicht gelingen, diesen Rassismus erfolgreich mit der moralischen Keule zu bekämpfen. Der Rassismus dient der Verschleierung gesellschaftlicher Ungerechtigkeit im Interesse der kapitalistischen Eliten. Hier muss die Kritik ansetzen und hier ist Aufklärung gefragt. Was notwendig ist, ist eine plausible gesellschaftliche Perspektive, die alle, die Ausgebeuteten und Vertriebenen in den Ländern der Dritten Welt bis hin zu den Minijobbern hierzulande, einschließt.
  • Es nutzt nichts wenn die Schwierigkeiten bei der Integration der Geflüchteten geleugnet werden, sondern es schadet der eigenen Glaubwürdigkeit. Die Probleme müssen benannt werden, nur so können sie ausgeräumt werden. Aus meiner persönlichen Erfahrung in der Flüchtlingsarbeit kann ich sagen, dass es Defizite auf allen Seiten gibt.

Soweit meine Anmerkungen zu dem Aufruf „Solidarität statt Heimat“.

Hans-Jürgen Hemmerling