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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JK/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. #Aufstehen
  2. Abgeordnete aus Berlin und Brüssel fordern Lösung für Julian Assange
  3. Saudi-Arabien weist nach Streit um Menschenrechte kanadischen Botschafter aus
  4. Sind wir noch liberal?
  5. Altersrente bei Neurentnern im Schnitt unter 880 Euro
  6. Lindner: “Sozialstaat gerät außer Kontrolle”
  7. Was Amerikas republikanisches Erbe untergräbt
  8. Aufgewühlt – wie Spanien mit der “afrikanischen Welle” umgeht
  9. Polen: Das Auswanderungsland braucht dringend mehr ausländische Arbeitskräfte
  10. Rheinmetall – Gegenwind für ein Rüstungsunternehmen
  11. Sozialdemokraten im Niedergang
  12. Der antisemitische Pferdefuss von Jeremy Corbyns Labour Party
  13. Jette Joops Frauenverhöhnungssendung

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. #Aufstehen
    1. Es geht darum, den Sozialstaat zu verteidigen
      Viele Menschen fühlten sich mit ihren Sorgen von den Parteien nicht mehr vertreten, sagte Fabio de Masi, Linke, im Dlf. Tausende würden sich für Politik begeistern, wenn man ihnen ein überzeugendes Angebot mache. In drei Tagen habe es mehr Mitgliederanträge für die Sammlungsbewegung gegeben als die AfD Mitglieder habe.
      Dirk-Oliver Heckmann: Sahra Wagenknecht hat geschrieben, seit der Bundestagswahl klaffe zwischen Politikern und deren Wählerschaft eine solche Vertrauenslücke, dass Wahlen zur Farce und demokratische Rechte substanzlos würden. Weshalb, Herr de Masi, beteiligt sich die Linke daran, Demokratie und Rechtsstaat in Deutschland schlecht zu reden. Ist das nicht purer Populismus?
      Fabio de Masi: Nein. Es ist so, dass eine große Mehrheit der Bevölkerung sich für bezahlbare Mieten, für gute Pflege, gegen Armutsrenten, für eine Steuergerechtigkeit und auch gegen Auslandseinsätze der Bundeswehr ausspricht, dass diese Mehrheiten aber keine Mehrheiten im Parlament haben. Und das kann die Linke eben allein nicht verändern.
      Heckmann: Wenn die Wähler halt anders wählen und eben nicht der Linken beispielsweise ihre Stimmen geben, ist das nicht Demokratie?
      de Masi: Das Problem ist ja, dass viele Menschen sich von der Demokratie auch daher abwenden, weil sie keine Erwartungen an die Parteien mehr haben. Das heißt, sie gehen erst gar nicht mehr zur Wahl, oder sie werden eben von den Demagogen der AfD angesprochen. Und das erkennen wir daran, dass ja zum Beispiel kurzzeitig beim Antritt von Martin Schulz ein Umfragehoch da war und all diese Wählerinnen und Wähler sind wieder verschwunden. Die sind auch nicht zur Linken gekommen. Das heißt, da wurden offenbar Erwartungen geweckt, die dann aber wieder enttäuscht wurden, als die Wählerinnen und Wähler erkannt haben, dass dort kein Wechsel bevorsteht.
      Heckmann: So ist es in der Demokratie, dass Wählerinnen und Wähler sich überlegen, mal die eine Partei, mal die andere zu wählen. Sie stellen das Ergebnis demokratischer Wahlen infrage.
      de Masi: Nein, ich stelle nicht das Ergebnis demokratischer Wahlen infrage, sondern wir haben ja erlebt, zum Beispiel in den USA mit der Bewegung um Bernie Sanders, wir haben erlebt mit den Entwicklungen in der Labour Party in Großbritannien und Jeremy Corbyn, dass sich wieder Tausende für Politik begeistern, wenn man ihnen ein überzeugendes Angebot macht. Insofern leisten wir einen großen Beitrag zur Demokratie. Und entscheidend ist nicht, was Frau Baerbock sagt, entscheidend ist übrigens auch nicht, was Herr Stegner sagt, zu ‘Aufstehen’ Herr Stegner. Der hat auch die Auswechslung von Toni Kroos gegen Schweden gefordert, kurz danach machte der ein Tor. Das ist dann eher ein gutes Omen. Entscheidend ist, was die Taxifahrer, Krankenschwestern oder Leiharbeiter sagen, die uns täglich auf diese Bewegung ansprechen. Wir haben in drei Tagen mehr Beitritte zu dieser Bewegung verzeichnet als die AfD an Mitgliedern hat. Das ist ein gutes Zeichen für die Demokratie.
      Quelle: Deutschlandfunk

      Anmerkung JK: Man beachte die unverschämte und unterstellende Fragestellung, sowie die permanenten Angriffe auf Sahra Wagenknecht, die das ganze Interview durchziehen.

    2. Wagenknechts Plan: Mainstream links der Mitte
      Die deutlichste Absage kommt aus dem Norden. Auf Ralf Stegner ist da Verlass, er ist so schnell wie berechenbar. In Deutschland würden zwar dringend progressive Alternativen gebraucht, “aber das geht doch nicht über eine PR-Initiative mit notorischen Separatisten an der Spitze”, schreibt der Chef der Sozialdemokraten in Schleswig-Holstein und stellvertretende Bundesvorsitzende der SPD. Er hat nur Spott für die Initiative “Aufstehen” von Sahra Wagenknecht übrig, die eine große linke Sammlungsbewegung ins Leben rufen will. Man brauche, so Stegner, keine “PR-Aktionen mit starken Egotrip-Anteilen”. Auch sonst erfährt das Projekt zunächst vor allem Zurückweisung.
      Es sind Reaktionen, mit denen die Initiatoren gerechnet haben. Seit Monaten arbeitet die Linken-Fraktionschefin Wagenknecht, unterstützt von ihrem Ehemann Oskar Lafontaine, an diesem Projekt, das die Kräfte im linken politischen Spektrum bündeln soll. Auch einzelne Sozialdemokraten und die Grüne Antje Vollmer, bis 2005 Vizepräsidentin des Bundestags, sind dabei. Am 4. September soll das Projekt offiziell starten. Dann will der Gründerkreis in Berlin weitere prominente Unterstützer präsentieren. …
      Wagenknecht erklärt, es gebe so viele Anfragen, dass man Interessenten über die Webseite jetzt schon eine Möglichkeit geben wolle, sich zu registrieren. Ihr Ziel sei die “Überwindung des neoliberalen Mainstreams”. Sie verweist auf Umfragen, wonach es derzeit in Deutschland keinen rechten Zeitgeist gebe, sondern eine Mehrheit linke Forderungen unterstützen würde. Dies bilde sich nur politisch nicht ab. Es gehe ihr bei der Sammlungsbewegung nicht um die Gründung einer neuen Partei, aber schon um “andere parlamentarische Mehrheiten, weil wir eine andere Regierung wollen”.
      Quelle: SZ

      Anmerkung JK: Die Reaktion aus der neoliberalisierten SPD und der grünen FDP waren zu erwarten, was nur heißt, dass mindestens für SPD und Grüne die Interessen der Mehrheit der Bürger dieses Landes keinerlei Relevanz besitzen. Das Statement des SPD-Chef in Nordrhein-Westfalen Sebastian Hartmann ist allerdings von seltener Dämlichkeit. Hat nicht die SPD, die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen 2017 mit Pauken und Trompeten verloren?

    3. Für eine Erneuerung der Linken
      Wolfgang Streeck beklagt in der “FAZ” den deutschen Biederkeits- und Euphemismuszwang und hofft auf eine neue Linke, während Nick Cohen in der “Welt” die traditionsreiche britische Linke und deren Umgang mit Antisemitismus unter die Lupe nimmt.
      Es ist knapp neun Monate her, dass der Kölner Soziologe und emeritierte Direktor des Max-Planck-Instituts für Gesellschaftsforschung Wolfgang Streeck in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG eine vielbeachtete Abrechnung mit dem in Deutschland herrschenden, Deutschland erstickenden Merkelismus inklusive seiner Ausläufer im gesamten Parteien- und Mediensystem vorlegte.
      Jetzt gibt es eine Fortsetzung mit einem etwas anderen Focus, aber genauso prägnanten Sprachduktus:
      “Die deutsche politische Diskussion steht unter einem eigentümlichen Biederkeits- und Euphemismuszwang, der ein kollektives Wegmoralisieren von Schicksalsfragen zur Folge hat und sich als Sentimentalisierung politischer Probleme und sentimentale Personalisierung politischer Konflikte auswirkt”, schreibt Streeck und beklagt insbesondere einen Diskussionsmodus, “der im Namen von ‘Weltoffenheit’ umstandslos Mitbürger, mit denen man gestern noch friedlich zusammengelebt hat, zu Nazis und Rassisten erklärt, nur weil sie ihre politisch erstrittenen, mit ihren Steuern finanzierten Kollektivgüter vielleicht teilen, aber nicht für moralisch enteignungspflichtig erklären lassen wollen.”
      Streeck sieht deutlich, dass die SPD, deren Mitglied er war, inzwischen Politik gegen ihre angestammten Wählerschichten macht und sich immer weiter marginalisiert. Die Schicksalsfragen, von denen er spricht, sind beispielsweise: Globalismus und Nationalstaatlichkeit, Kapitalismus und Demokratie, Krieg und Frieden sowie das Scheitern der Klimaziele.
      Seine Hoffnung richtet sich auf eine “neu organisierte, realistische, das heißt reale politische Macht und Verantwortung suchende Linke”, die sich einerseits vom aktuellen deutschen Weltrettungswahn verabschiedet, aber andererseits auch von Schuldenbremse und schwarzer Haushaltsnull. Anders gesagt: Streeck plädiert in altlinker Public-Spending-Tradition für die Neuaufnahme von Staatskrediten, damit es – wie er formuliert – “in Schulen nicht mehr durch das Dach regnet und Brücken und Straßen nicht zerbröseln.”
      Quelle: Deutschlandfunk Kultur

      Anmerkung JK: Der Beitrag von Wolfgang Streeck aus der FAZ vom 04.08. ist leider kostenpflichtig, aber absolut lesenswert.

    4. „Aufstehen” hat ein Glaubwürdigkeitsproblem
      Die neue linke Sammelbewegung “Aufstehen” rühre an die Sozialromantik – aber sie habe ein Glaubwürdigkeitsproblem: Sahra Wagenknecht, kommentiert Christiane Habermalz. Denn der Verdacht liege nahe, dass die Linken-Politikerin das Projekt nutze, um in innerparteilichen Konflikten Druck aufzubauen.
      Es hat etwas Verlockendes und rührt an alte Sozialromantik. Eine neue linke Sammelbewegung, die sich dem vorherrschenden rechten Zeitgeist entgegenstemmt, noch dazu unter dem Namen “Aufstehen”: Ein Zusammenschluss der Vernünftigen und sozial Gesinnten, die nicht einverstanden sind mit der neuen empathielosen Härte, die, von Facebook und Twitter gepuscht, wieder salonfähig wird. Die dem Niedergang des linken Lagers nicht tatenlos zusehen wollen und die sich doch in der Politik von SPD und Linkspartei oder den Grünen nicht mehr wiederfinden.
      Doch die Sache hat ein Glaubwürdigkeitsproblem, und das heißt: Sahra Wagenknecht.
      Quelle: deutschlandfunk

      Anmerkung JK: Dass die Angriffe auf Sahra Wagenknechts Initiative sofort beginnen würden, kaum das ihr Start angekündigt war, dürfte nicht überraschen. Der Versuch, die neue linke Sammelbewegung als persönliches Steckenpferd von Sahra Wagenknecht, mit dem sie innerparteiliche Machtkämpfe bestreiten will und als „Sozialromantik“ zu desavouieren, auch der Vorwurf des „Populismus“ darf nicht fehlen, ist sicher erst der Anfang. Dass gerade der Deutschlandfunk, als eine der publizistischen Speerspitzen der Stimmungsmache gegen Russland, von einem „Glaubwürdigkeitsproblem“ spricht ist amüsant. Besonders ärgerlich allerdings, dass hier gerade die öffentlich-rechtlichen Sender ganz vorne mit dabei sind. Es bleibt abzuwarten wie sich #Aufstehen entwickelt. Sollte sich ein schneller Erfolg abzeichnen zeigt ein Blick nach England und auf Jeremy Corbyn was Sahra Wagenknecht noch alles zu erwarten hat.

      Und weiter: Linke Sammlungsbewegung: ‘Aufstehen’ ist eine Kopfgeburt
      Der Berliner Politikwissenschaftler Neugebauer sagt im tagesthemen-Interview, die Sammlungsbewegung “Aufstehen” der Linkspartei-Politikerin Wagenknecht sei eine Kopfgeburt. Die Erfolgsaussichten hält er für gering.
      Linkspartei-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht hat die Website der neuen Sammlungsbewegung “Aufstehen” online gebracht. Am 4. September soll es offiziell mit der linken Bewegung losgehen. Der Politikwissenschaftler Gero Neugebauer von der FU Berlin gilt als Kenner der Linkspartei sowie der SPD. Im tagesthemen-Interview bezeichnete er Wagenknechts Neugründung als Kopfgeburt.
      “Üblicherweise entstehen Bewegungen von unten, dadurch, dass Menschen, die zu einem bestimmten Punkt gleicher Auffassung sind, sich organisieren und dann versuchen, so etwas wie eine nationale Organisation zu schaffen”, sagte Neugebauer. Beispiele seien die Umweltbewegung, die Frauenbewegung und die Anti-Atomkraftbewegung. “Hier ist es umgekehrt”, so Neugebauer. Dennoch könne das Ergebnis interessant werden. “Es wäre die Frage, ob sowas gelingt”, sagt er.
      Quelle: Tagesschau

    5. Historiker Wolffsohn vergleicht Wagenknecht-Bewegung mit NSDAP
      Sahra Wagenknechts Bewegung “Aufstehen” ist noch nicht gegründet und zieht dennoch bereits massive Kritik aus Politik und Medien auf sich. Besonders dick trägt wieder einmal die Bild auf: Der Historiker Michael Wolffsohn zieht Vergleiche zur NSDAP.
      Sahra Wagenknechts Sammlungsbewegung “Aufstehen” ist noch nicht gegründet. Seit dem 4. August ist die Internetpräsenz der Bewegung freigeschaltet, auf der einige Videos mit Statements von Unterstützern zu sehen sind. Das mediale Echo auf die entstehende Bewegung aber ist erheblich, und es ist, wenig überraschend, überwiegend negativ. Ganz vorne in der Schar der Kritiker: die Bild.
      „Ist die Initiative von Sahra Wagenknecht so weit links, dass sie schon wieder rechts ist?“
      So beginnt der Artikel, in dem Bild versucht, die Wagenknecht-Bewegung dadurch zu diskreditieren, dass sie als rechtsextrem dargestellt wird. Dabei wird wieder einmal mit Verdrehungen und Unwahrheiten gearbeitet.
      Kritisch werden die Ideen für eine linke Sammlungsbewegung beäugt. Spalten wolle Wagenknecht aber nicht. Foto:
      Zwar kommt Wagenknecht zu Beginn selbst zu Wort, dann aber sind die Kritiker an der Reihe. Die Führung übernimmt hier der Historiker Michael Wolffsohn. Der emeritierte Professor der Universität der Bundeswehr München hatte es vor Jahren in die Schlagzeilen geschafft, als er vorschlug, das Eiserne Kreuz als Orden in der Bundeswehr einzuführen, oder als er die “Ossifizierung” der Bundeswehr beklagte, die Gefahr liefe, zu einer “Unterschichtenarmee” zu werden.
      Quelle: RT Deutsch
  2. Abgeordnete aus Berlin und Brüssel fordern Lösung für Julian Assange
    Aufruf wendet sich an Regierungen von Großbritannien und Ecuador. WikiLeaks-Gründer ist seit sechs Jahren im Botschaftsasyl
    Linke Abgeordnete aus dem Bundestag und dem Europaparlament haben sich für eine rasche Lösung des Asyl-Dramas um den Gründer der Enthüllungsplattform WikiLeaks, Julian Assange, ausgesprochen.
    Aus Anlass des jüngsten Besuchs des ecuadorianischen Präsidenten Lenín Moreno in Großbritannien und Äußerungen aus Quito zu dem Fall “drängen wir alle Seiten, vor allem aber die britische Regierung, eine rasche Lösung zu ermöglichen”, heißt es in dem Dokument, das online verbreitet wurde. Zugleich kritisierten die Unterzeichner die “De-facto-Gefangenschaft in den engen Räumen der ecuadorianischen Botschaft in London” als eine “empörende Verletzung der Menschenrechte mitten in Europa”.
    Die Abgeordneten der Linkspartei erachten ein Gutachten des Interamerikanischen Gerichtshofes für Menschenrechte für wichtig, das den ecuadorianischen Staat verpflichtet, sich für das Wohlbefinden von Personen einzusetzen, die in diplomatischen Vertretungen Schutz gesucht haben. Man hoffe, “dass die ecuadorianische Regierung auf Basis der richterlichen Einschätzung ihrer humanitären und rechtlichen Verpflichtung weiterhin nachkommt, Julian Assange als politisch Verfolgtem uneingeschränkt Schutz zu gewähren, und ihn weder an Großbritannien, die USA oder alliierte Regierungen ausliefert”, schreiben die Unterzeichner.
    Die Kappung der Internet- und sonstigen Medienverbindungen von Julian Assange in den Räumen der Botschaft von Ecuador in London sehen sie als Verschärfung der ohnehin harten Bedingungen. “Wir halten die Beteuerungen von US-Justizminister Jeff Sessions für alarmierend, der die Festnahme Julian Assanges zu seinen ‘Prioritäten’ erklärt hat”, fügen sie an.
    Quelle: Telepolis
  3. Saudi-Arabien weist nach Streit um Menschenrechte kanadischen Botschafter aus
    In einem Streit um Menschenrechte hat die Regierung Saudiarabiens am frühen Montagmorgen den kanadischen Botschafter des Landes verwiesen. Gleichzeitig rief die saudische Führung ihren Botschafter in Kanada zu Konsultationen nach Riad zurück, berichtete die saudische Agentur SPA. Zudem fror Saudiarabien ein erst vor kurzem geschlossenes Handelsabkommen mit Kanada ein.
    Anlass war ein Tweet der kanadischen Aussenministerin Chrystia Freeland, in der sie die Freilassung der saudiarabischen Aktivistin Samar Badawi forderte. Dies sei eine eklatante und unzulässige Einmischung in die inneren Angelegenheiten Saudiarabiens, betonte das saudische Aussenministerium.
    Badawi war nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch vor kurzem mit einer Mitstreiterin festgenommen worden. Badawi und Nassima al-Sadah hatten jahrelang für das Recht gekämpft, in dem ultrakonservativen Königreich Auto fahren zu dürfen, berichtete die Organisation. Die Festnahmen seien ein Signal, dass das saudische Königshaus jeden friedlichen Widerspruch gegen seine autokratische Herrschaft als Bedrohung verstehe.
    Quelle: NZZ

    Anmerkung JK: Wenn ein Land Kritik an der Menschenrechtssituation verdient hat, dann Saudi-Arabien. In den deutschen „Qualitätsmedien“ hört man dagegen dazu nichts. Man stelle sich vor Russland würde so reagieren wie Saudi-Arabien, der deutsche Botschafter hätte angesichts der Stimmungsmache der deutschen „Qualitätsmedien“ und deutscher Politiker schon längst des Landes verwiesen werden müssen.

  4. Sind wir noch liberal?
    Dass es uns heute so viel besser geht als vor dreißig Jahren, ist Frucht einer Liberalisierungsbewegung, der sich damals viele gesellschaftliche Gruppen und Parteien von liberal über rechts bis links verschrieben hatten. Das liberale Versprechen beschränkte sich nicht nur auf wirtschaftliche Ziele (stetiges Wachstum, niedrige Inflation, besseres Angebot), sondern bezog sich auch auf kulturelle Werte: Autonomie, Lob der Individualität und Wahlfreiheit. Kosmopolitische Linksliberale und marktliberale Ökonomen waren – zeitlich befristet – ein Bündnis eingegangen.
    Dass Fliegen, Telefonieren, Busfahren und Bahnfahren, Päckchen verschicken oder Strom verbrauchen heute schöner und viel billiger ist als vor dreißig Jahren, ist mehr als nur materielles Glück. Es ist ein Stück Freiheit, die nicht vom Himmel fiel. Wir haben sie nicht dem Erbarmen von Kapitalisten zu verdanken, die uns das Leben angenehmer machen wollten. Auch der technische Fortschritt erklärt längst nicht alles, wenngleich man sich Mobiltelefone 1988 tatsächlich noch nicht vorstellen konnte.
    Nein, es war vor allem der Wettbewerb, der die Freiheit zum Laufen brachte. Staatliche Monopole machen das Leben lästig und teuer. Privater Wettbewerb macht das Leben günstig und schön. Deshalb ist ein „entfesselter Markt“ eine schöne und nützliche Sache. Von dieser Überzeugung war die gesellschaftliche Stimmung der mittleren Kohl-Jahre getragen; sie ergriff später auch die rot-grüne Schröder-Republik des „dritten Weges“ einer liberalen Sozialdemokratie: „Disruption“ würde man heute dazu sagen.
    In diesem Klima des Aufbruchs nahm im Jahr 1988 die „Unabhängige Expertenkommission zum Abbau marktwidriger Regulierung“ (kurz: Deregulierungskommission) ihre Arbeit auf. Der Auftrag: Alle Regulierung, deren Kosten den vorgegaukelten Nutzen übersteigen, gehört abgeschafft. Die zugrunde liegende Philosophie: Marktversagen kommt viel seltener vor als es den Gegnern der Marktwirtschaft lieb ist, wenn sie damit die Knebelung des Telefon-, Strom-, Taxi-, Bahn- oder Arbeitsmarktes legitimieren oder den Freihandel einschränken wollen. Es ging nicht nur um bessere und günstigere Qualität von Waren und Dienstleistungen; es sollte vor allem auch um mehr Wahlfreiheit für die Bürger gehen – ein liberaler Wert an sich, der noch dazu egalitäre Konsequenzen hat, wenn dadurch viele Menschen sich Dinge leisten können, die sie zuvor nicht bezahlen konnten. …
    Quelle: FAZ

    Anmerkung JK: Wer gerne wieder einmal eine volle Dröhnung Neoliberalismus möchte ist beim leitenden Wirtschaftsredakteur der FAS, Rainer Hank, an der richtigen Adresse. Der Beitrag ist allerdings insofern erhellend, als er schildert, dass der Neoliberalismus explizit politisch durchgesetzt wurde. Sehr interessant auch der Hinweis auf die geistige Gemeinschaft der Linksliberalen mit den Neoliberalen.

  5. Altersrente bei Neurentnern im Schnitt unter 880 Euro
    Letztes Jahr haben in Deutschland insgesamt knapp 760.000 Personen erstmalig eine gesetzliche Altersrente erhalten. Im Durchschnitt betrug deren Rentenhöhe nicht einmal 880 Euro pro Monat. Viele, insbesondere Frauen, aber auch Bezieher einer Regelaltersrente, erhielten im Schnitt sogar weitaus weniger.
    Laut der aktuellen Statistik der Deutschen Rentenversicherung (DRV) erhielten letztes Jahr 758.819 Personen hierzulande erstmalig eine gesetzliche Altersrente. Die durchschnittliche Rentenhöhe betrug für diese Neurentner rund 873 Euro pro Monat. (…)
    Allerdings gibt es gewaltige Rentenunterschiede zwischen den Geschlechtern sowie den alten und neuen Bundesländern. Während die männlichen Neurentner eine monatliche Rentenhöhe von 1.048 Euro hatten, lag diese bei den weiblichen nur bei knapp 716 Euro.
    Zudem erhielten die Neurentner in den alten Bundesländern im Durchschnitt 847 Euro (Männer 1.052 Euro, Frauen 665 Euro). In den neuen Bundesländern dagegen gab es 981 Euro (Männer 1.034, Frauen 932 Euro) als durchschnittliche Altersrente.
    Quelle: VersicherungsJournal.de
  6. Lindner: “Sozialstaat gerät außer Kontrolle”
    FDP-Chef Christian Lindner hat vor ausufernden Sozialausgaben in Deutschland gewarnt. “Der deutsche Sozialstaat gerät außer Kontrolle”, sagte Lindner dem “Handelsblatt” (Montagsausgabe).
    “Seine Ausgaben steigen, ohne dass seine Ergebnisse sozialer oder die Zufriedenheit besser würden.” Wenn die Politik nicht bald eingreife, werde der Sozialstaat “durch Migration und Alterung aus der Kurve geworfen”. Der FDP-Chef forderte eine “Debatte über die Treffsicherheit sozialer Ausgaben”. Planlose Umverteilung und wirkungslose Programme müssten beendet werden.
    Auch der stellvertretende Unionsfraktionschef Carsten Linnemann (CDU) sieht dringenden Handlungsbedarf. “Wir müssen das Dach reparieren, wenn die Sonne scheint und nicht wenn es regnet. Derzeit haben wir noch gutes konjunkturelles Wetter”, sagte der Vorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung (MIT) der CDU/CSU dem “Handelsblatt” (Montagausgabe). Ohne ein Eingreifen der Politik werde die versprochene Grenze von 40 Prozent bei den Lohnnebenkosten gerissen.
    “Wir werden irgendwann nicht umhinkommen, über alternative Finanzierungsformen des Sozialstaats nachzudenken.” Der Unionsfraktionsvize rief die von der Großen Koalition eingesetzte Rentenkommission auf, viel stärker Fragen der privaten und betrieblichen Altersvorsorge in den Blick zu nehmen. Bislang gehe es in der Diskussion vor allem die Höhe der gesetzlichen Rente. Im Gesundheitswesen müssten “marktwirtschaftliche Reformen” angestoßen werden, um das System effizienter zu machen und damit die Kosten einzudämmen.
    Laut dem vergangene Woche veröffentlichten Sozialbudget erhöhte sich die Summe aller Sozialleistungen 2017 auf den Rekordwert von 965,5 Milliarden Euro. In diesem Jahr wird bei gleichbleibenden Steigerungsraten die Billionen-Grenze überschritten.
    Quelle: Finanznachrichten

    Anmerkung unseres Lesers S.N.: Mal wieder Panikmache ohne Sinn und Verstand. Die Sozialausgaben sind nicht überbordend, sondern pendeln seit 1996 um 28-30% des BIP. Ergo sind die Sozialausgaben im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung konstant. Zu den Sozialausgaben werden Ausgaben der Arbeitgeber, des Staates und der privaten Haushalte gezählt. Die “Treffgenauigkeitsdebatte” klingt, als ob mal wieder die Bedürftigkeitsprüfungen verschärft werden sollen, damit weniger Leute Ansprüche erhalten. Die “versprochene Grenze” der Lohnnebenkosten von 40% ist mit nichts zu rechtfertigen. Relevant für den wirtschaftlichen Erfolg sind, wenn überhaupt, die Lohnstückkosten eines Unternehmens. Einzig der Hinweis auf “alternative Finanzierungsformen des Sozialstaats” könnte vernünftig sein, wenn man denn damit eine Wertschöpfungsabgabe meinen würde. Aber Linnemann zielt wohl eher auf eine weitere Schwächung der Gesetzlichen Rentenversicherung zugunsten der privaten und betrieblichen Vorsorge. Die haben höhere Verwaltungskosten und Risiken und Arbeitnehmer zahlt im Zweifel allein. Aber es geht weiter: Marktwirtschaftliche Reformen sollen das Gesundheitswesen effizienter machen und Kosten eindämmen. Dieses Experiment versuchen die USA schon länger und die Gesundheitskosten sind in % des BIP die höchsten weltweit – und der Anstieg fand vor Obamacare statt.

    Anmerkung JK: Die Frage ist doch auch wo sollen die „Sozialausgaben“ sonst investiert werden? Für die Neoliberalen ist die Antwort natürlich klar, in die Taschen der Superreichen. Die Idiotie geht sogar soweit, dass beispielsweise in den USA durch Neoliberale Investitionen in öffentliche Infrastruktur, wie Nahverkehrssysteme, die der Mehrheit der Bürger zugutekämen, verhindert werden.

  7. Was Amerikas republikanisches Erbe untergräbt
    Die Polarisierung der amerikanischen Gesellschaft geht über die immer offenere Feindseligkeit zwischen Demokraten und Republikanern hinaus. Was genau geschieht da? Der Sozialpsychologe Jonathan Haidt hat die Faktoren ausgemacht, die entscheidend zu diesem Prozess beitragen.
    Seit 2007 beschäftige ich mich mit dem Phänomen der politischen Polarisierung. Die Erhebungen von Meinungsforschungsinstituten wie Gallup und Pew zeigen, dass diese sich seit den 1990er Jahren stetig verschärft: Die Abneigung gegen die «andere Seite» nimmt ebenso zu wie die Vorstellung, dass diese eine Bedrohung für die Nation darstellt.
    Trotz ihren anderweitig positiven Auswirkungen ist Diversität also eine zentrifugale Kraft. Ich muss hier nochmals hervorheben: Sie hat auch ihre guten Seiten, und ich selbst bin Amerika dankbar, dass es meine russischen und polnischen Grosseltern ebenso gastlich aufgenommen hat wie die koreanischen Eltern meiner Frau. Aber Putnams Befunde machen klar, dass diejenigen, die mehr Diversität wünschen, sich noch wesentlich intensiver darum bemühen sollten, auch die zentripetalen Kräfte zu stärken.
    Die Radikalisierung der Republikaner
    Zwei Akteure tragen massgebliche Mitverantwortung für die Entwicklungen der jüngeren Zeit. Es sind dies einerseits die Republikaner in Washington, anderseits die Linken an den Universitäten. Beide haben die zentrifugalen Kräfte verstärkt, die nun das Land zu zerreissen drohen.
    Seitens der Linken fand die Radikalisierung insbesondere im Rahmen der Identitätspolitik statt. Jonathan Rauch beschreibt diese als «eine politische Mobilisierung, welche auf die Eigenschaften einer bestimmten Gruppe – etwa Rasse, Geschlecht oder sexuelle Orientierung – abhebt, im Unterschied zu parteilichen, ideologischen oder pekuniären Zielsetzungen». Und er ergänzt: «In Amerika ist diese Art der Mobilisierung nicht neu, ungewöhnlich, unamerikanisch, illegitim, schädlich oder vorab mit der Linken konnotiert.» Anhand dieser Definition können wir zwei Ausprägungen der Identitätspolitik unterscheiden: eine gute, die auf lange Sicht als zentripetale Kraft wirkt, und eine schlechte mit gegenteiligem Effekt.
    Quelle: NZZ
  8. Aufgewühlt – wie Spanien mit der “afrikanischen Welle” umgeht
    Allerdings herrscht unter den großen Parteien in Spanien, von der linksalternativen Gruppierung Podemos abgesehen, Einigkeit darüber, dass es sich bei der überwältigenden Mehrheit der jungen Afrikaner, die über die “Maghreb-Route” kommen, nicht um Menschen in Not handelt. Die Experten der Caritas, die sich um Ankömmlinge kümmern, bestätigen dies. In Ceuta sagt Schwester Teresa, seit drei Jahrzehnten für Hilfesuchende im Einsatz, unverblümt: “Die meisten von ihnen würden glücklicher, wenn sie zu Hause blieben.” Die Statistiken der Einwanderungsbehörde belegen: Fast alle der neuen Migranten kommen aus der Mittelschicht, sie träumen von Wohlstand, manche von Karrieren als Musiker oder Fußballer. Sie verehren Kylian Mbappé und Paul Pogba, Stars der französischen Fußballweltmeister, deren Eltern einst aus Afrika eingewandert sind. “Fast alle erleben in Europa einen krassen sozialen Abstieg”, sagt Schwester Teresa. “Sie werden unglücklich, sie sind in der Sackgasse.”
    Erste Bekanntschaft mit Europa machen die meisten von ihnen in Algeciras, wohin sie mit der Fähre gebracht werden. Die 120 000 Einwohner zählende und von hoher Arbeitslosigkeit geplagte Stadt rahmen eine Raffinerie und eine Phalanx aus hellblau gestrichenen turmhohen Hafenkränen ein. Dort eröffnete am Freitag ein neues Aufnahmezentrum – eine Mehrzweckhalle, in deren Räumen 600 Feldbetten Platz finden. Das Rote Kreuz und das Militär haben Feldküchen aufgestellt. Nur ein Bruchteil der Migranten hat die Chance, als Flüchtling anerkannt zu werden.
    Von all dem ahnen die jungen Afrikaner noch nichts, die morgens gruppenweise, munter plaudernd, vom überfüllten Aufnahmezentrum auf einer Anhöhe am Stadtrand ins Zentrum von Ceuta ziehen. Sie dürfen sich in der Stadt frei bewegen. Dutzende von ihnen versuchen, ein paar Euro zu verdienen: Sie weisen Autos in Parklücken ein, helfen beim Verstauen der Einkäufe auf den Parkplätzen der Supermärkte. Sie halten nach Herkunftsland zusammen, aber auch nach Religion – Christen und Muslime bleiben unter sich. Die Straßen und Supermärkte haben sie nach den Heimatländern unter sich aufgeteilt.
    Quelle: SZ
  9. Polen: Das Auswanderungsland braucht dringend mehr ausländische Arbeitskräfte
    Polen ist eines der Länder, das sich in der EU am massivsten der Aufnahme von Flüchtlingen verweigert hat. Dabei ist das wirtschaftlich wachsende Polen eines der Länder, aus denen viele Bürger fortgezogen sind, um im Ausland Arbeit und bessere Chancen zu finden. Weil das Auswanderungsland kein Einwanderungsland werden wollte, führte das in den letzten Jahren zu einem Mangel an Arbeitskräften im Land, aber auch zu einer niedrigen Arbeitslosigkeit. Bis 2030 könnten vier Millionen Arbeitnehmer fehlen und soll die Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter um 2,5 Millionen sinken. Das Problem wird durch die niedrige Geburtenrate im katholischen Land mit seiner konservativen Regierung noch verschärft.
    Gemildert wurde das vor allem durch den Ukraine-Konflikt. In dessen Folge strömten viele Ukrainer vornehmlich als Wirtschaftsflüchtlinge ins Nachbarland, weil sie dort das Mehrfache verdienen können, und ersetzen dort die Polen, die wiederum in Westeuropa bessere Verdienstmöglichkeiten fanden. Durchschnittlich verdient ein Arbeiter in der Ukraine monatlich 7,100 hryvnia ($265), aber in Polen mit 3,500 Zloty ($1,046) etwa das Vierfache. Nach den Ukrainern kommen viele Einwanderer aus Weißrussland und aus Indien.
    Angenommen wird, dass mindestens 1,4 Millionen Ukrainer in Polen leben, Schätzungen sprechen auch von 2 Millionen. Viele haben eine Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung, manche halten sich aber illegal in Polen auf, nachdem sie mit einem Touristenvisum eingewandert und nicht wieder ausgereist sind. Monatlich verlassen 100.000 Menschen die Ukraine, sagte Außenminister Klimkin, vor allem Richtung Polen.
    Während die Polen lange den Ukrainern freundlich gesinnt waren, mehren sich nun die kritischen Stimmen. Das hat mit politischen Verstimmungen über das Massaker von Wolhynien zu tun, aber auch mit der Sorge, dass die Anwesenheit der Ukrainer zu einem Lohndumping auch für polnische Arbeitnehmer führen kann.
    Nach einer aktuellen Umfrage scheint für die meisten Ukrainer in Polen das Land nur eine Zwischenstation oder ein Notbehelf zu sein. 95 Prozent der in Polen arbeitenden Ukrainer erklärte, sie würden nach Deutschland gehen, wenn der deutsche Arbeitsmarkt ihnen offenstehen würde. Das würde vermutlich das Verhältnis der Deutschen zur Ukraine verschlechtern.
    Quelle: Telepolis
  10. Rheinmetall – Gegenwind für ein Rüstungsunternehmen
    Seit geraumer Zeit rückt Rheinmetall vermehrt in den Fokus zahlreicher friedenspolitischer Kampagnen – und zwar nicht nur in der BRD, sondern auch in der Schweiz und in Italien.
    Rheinmetall ist das größte in Deutschland ansässige Rüstungsunternehmen und steht an 26. Stelle der größten Rüstungsunternehmen weltweit.[1] An 117 auf allen Kontinenten verteilten Standorten arbeiten insgesamt rund 12.000 in der Automobil- und weitere 11.000 in der Defence-Sparte des Unternehmens.[2] Die Rüstungssparte befindet sich in einem stetigen Ausbau und die Gewinnspanne steigt: Bereits 2017 übertraf die Rüstungssparte mit einem Umsatz von 3,036 Milliarden Euro den der Automobilsparte (2,86 Milliarden Euro). Laut dem Geschäftsbericht 2017 rechnet das zu einem der weltweit größten Munitionshersteller avancierte Unternehmen mit einem Umsatzzuwachs der Rüstungssparte von 12% bis 14% für 2018.[3] Die Rüstungssparte selbst setzt sich aus der Produktion von Fahrzeugsystemen (u.a. Rad-, Schützen- und Kampfpanzer sowie militärische LKWs), Waffen und Muniton sowie Systemen für Aufklärung und Sensorik, Radarsysteme, Gefechtsübungszentren und Vernetzungstechnik, zusammen. (…)
    Seit Jahren erfährt Rheinmetall Gegenwind von Kriegsgegner_innen. So richteten sich die vergangenen jährlichen War Starts Here Camps von 2012 bis 2017 gegen das von Rheinmetall betriebene Gefechtsübungszentrum bei Magdeburg. In den vergangenen Jahren verstärkten sich die Proteste gegen Rheinmetall. Ausschlaggebend für diese Entwicklung waren die Profite des Unternehmens durch den Krieg in Jemen, die zunehmend dreiste und rechtlich fragwürdige Auslagerung der Produktion, um deutschen Exportrichtlinien auszuweichen und der Einsatz der Leopard 2 Panzer der türkischen Armee in Afrin. (…)
    Es bleibt abzuwarten, ob die aktuellen Aktionen zu einer verstärkten Vernetzung der unterschiedlichen Initiativen und Einzelpersonen führen wird. Vielversprechend ist bereits die Strafanzeige, die am 17. April 2018 gegen die Geschäftsführer_innen von RWM Italia S.pA. sowie gegen ranghohe Beamt_innen der italienischen Behörde für Waffenexporte bei der Staatsanwaltschaft in Rom eingereicht wurde. Kläger_innen sind das European Center for Constitutional and Human Rights aus Berlin, die Mwatana Organization for Human Rights aus Jemen sowie die Permanente Beobachtungsstelle von leichten Waffen und der Sicherheits- und Verteidigungspolitik (O.P.A.L.) und das italienische Netzwerk für Abrüstung (Rete Italiana per Il Disarmo).[34]
    Das War Starts Here Camp, das vom 29. August bis zum 4. September in niedersächsischen Unterlüß stattfinden wird, kann und soll einen weiteren wichtigen Meilenstein in der Vernetzung des Gegenwinds für das Rüstungsunternehmen Rheinmetall darstellen.
    Quelle: Informationsstelle Militarisierung e.V.
  11. Sozialdemokraten im Niedergang
    Am 28. Juli erschien in der schwedischen Abendzeitung Aftonbladet ein Kommentar des Psychologen Jonas Thornell, ehemals Mitglied des sozialdemokratischen Jugendverbandes. Thornell erklärte, warum er sich gezwungen sieht, bei den schwedischen Parlamentswahlen am 9. September die rechtspopulistischen Schwedendemokraten zu wählen. Das Thema Migration sei dafür nicht entscheidend. Für dieses, so Thornell, interessiere er sich kaum. Doch die Schwedendemokraten stünden als einzige Partei für die Verteidigung des schwedischen Wohlfahrtsstaats. Tatsächlich bestätigt eine Untersuchung des Meinungsforschungsinstituts Novus, dass die wichtigsten Fragen für die Wähler Gesundheit, Schule und Ausbildung sind. Einwanderung folgt erst danach.
    Deutlicher kann die Tendenz, rechte Kräfte zu den Verteidigern sozialer Gerechtigkeit zu stilisieren, kaum werden. Spürbar ist die Klatsche für die etablierten Parteien, vor allem die Sozialdemokraten. Diese stellen seit hundert Jahren fast ununterbrochen die schwedische Regierung. 1968 konnten sie noch mehr als 50 Prozent der Stimmen für sich verbuchen. In aktuellen Umfragen liegen sie bei etwa 25 Prozent. Die Schwedendemokraten folgen knapp dahinter. Es ist nicht unmöglich, dass die Partei mit Wurzeln im neonazistischen Milieu der 1980er Jahre zur stärksten politischen Kraft des Landes wird. Seit 2006 hat sich ihr Stimmenanteil bei jeder Parlamentswahl verdoppelt. Zum Einzug ins Parlament reichte es erstmals 2010.
    Eine Regierungsbeteiligung wird es für die Schwedendemokraten kaum geben. Auch wenn die Moderaten, historisch der konservative Gegenpol zur Sozialdemokratie, sich immer mehr für eine Zusammenarbeit öffnen, lehnen andere Parteien der Mitte-rechts-Allianz eine solche ab. Das gilt für die Liberalen, aber auch für die Zentrumspartei, einst Vertreter der Landbevölkerung, mittlerweile des städtischen Mittelstands. Die Christdemokraten kämpfen darum, die Vierprozenthürde zu überspringen.
    Auch die Linkspartei profitiert von der Verdrossenheit der Wähler. Sie kann rund zehn Prozent der Stimmen erwarten, das beste Resultat seit 20 Jahren. 2014 weigerte sich die Partei, mit Sozialdemokraten und Grünen eine Koalitionsregierung zu bilden. Sie forderten einen kompromisslosen Stopp aller Privatisierungen. Die rot-grüne Minderheitenregierung funktionierte mehr schlecht als recht und tat keiner der beiden Parteien gut. Sollte nach dem 9. September wieder ein Mitte-links-Bündnis möglich sein, hätten die Forderungen der Linkspartei diesmal mehr Gewicht…
    Quelle: junge Welt
  12. Der antisemitische Pferdefuss von Jeremy Corbyns Labour Party
    Die britische Labour-Partei hat ein Antisemitismusproblem. Statt es mit klaren Richtlinien aus der Welt zu schaffen, verstärkt es der altlinke Parteichef Corbyn nur noch. Die Führungsriege der britischen Labour-Partei will die Diskussion über antisemitische Tendenzen in den eigenen Reihen und die widersprüchliche Haltung dazu seitens der Parteileitung Jeremy Corbyns endlich vom Tisch haben. Andernfalls drohten die Wahlchancen Labours in einem Strudel von Scham und Peinlichkeiten unterzugehen, sagte der stellvertretende Labour-Chef Tom Watson der Sonntagszeitung «Observer». Während sich Corbyn weiter in Spitzfindigkeiten verstrickt, fordert Watson, dass die Partei eine international anerkannte Definition von Antisemitismus ungeteilt übernimmt und die Disziplinarverfahren gegen zwei Labour-Abgeordnete einstellt, die Corbyn in der Angelegenheit kritisiert hatten.
    Quelle: NZZ

    Anmerkung Albrecht Müller: Eine deutlich erkennbare Kampagne.

    Ergänzende Anmerkung Jens Berger: Zudem ist der Artikel inhaltlich erschreckend falsch. Die NachDenkSeiten bringen kurz nach den heutigen Hinweisen einen Artikel zum Thema.

  13. Jette Joops Frauenverhöhnungssendung
    Busen, Bowls, Begrabbelei: So stellt sich RTL II in “Jung, weiblich, Boss” die Business-Cases vor, wenn Frauen – “unterstützt” von Jette Joop – ein Unternehmen gründen.
    Kein Mensch hat so viele Anführungszeichen, wo soll man da anfangen? Jette Joop “will Unternehmerinnen beim Durchbruch helfen”, heißt es in der RTL-II-Selbstbeschreibung über das neue, vermeintliche Gründerinnen-Format “Jung, weiblich, Boss”, und tatsächlich müsste man jeden einzelnen hingehusteten Brocken dieser kühnen Behauptung in einzelne Ist-natürlich-nicht-ernst-gemeint-Tüddelchen setzen.
    Denn Jette Joop, Designerin und Tochter von “Germany’s Next Topmodel”-Obskuritätspräsident Wolfgang Joop, soll zwar angeblich Mentorin für acht gründungswillige Beobachtungsobjekte sein. Tatsächlich plappert sie schon bei ihrem ersten Aufsageauftrittchen so verheerenden Unsinn, dass man kaum glauben kann, dass sie selbst zum eigenständigen Selbsterhalt in der Lage ist.
    Ein eigenes Unternehmen zu führen hat ihrer Ansicht nach zwei entscheidende Vorteile: “Man kann bestimmen, wann man aufsteht und wann nicht” und, auch ganz schön: “mit wem man ins Bett geht und mit wem nicht”. Klar, als arme Angestellte kann man sich das nicht aussuchen, da muss man sämtliche Machtmänner beigehen lassen, die eben gerade Interesse haben, um nicht verhungern zu müssen.
    Quelle: SPIEGEL Online

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