Die schwarz-linke „Koalitions-Debatte“ – ein vergiftetes Geschenk an die Linkspartei

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Mit der Diskussion um mögliche Koalitionen zwischen CDU und LINKE wird ein neuer Akt des politischen Sommer-Theaters eröffnet. Der CDU-Vorstoß verfolgt mutmaßlich drei Ziele: innerparteiliche Solidarität, Spaltung der LINKEN und eine Gleichsetzung von „Rechts“ und „Links“. Von Tobias Riegel.

Gäbe es einen Preis für die emsigste Regie- und Darsteller-Gruppe des diesjährigen Sommerloch-Theaters – er würde mit Fug und Recht an die CDU gehen: Nach Pseudo-Debatten um das Asylrecht oder eine „Dienstpflicht“ wurde am Wochenende ein weiteres „heißes Eisen“ behandelt: Koalitionen zwischen CDU und Linkspartei. Der Vorstoß des schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Daniel Günther (CDU) verfolgt mutmaßlich vor allem zwei strategische Ziele: Zum einen soll durch das scheinbare Rütteln an einem „Tabu“ und die daraus folgende Aufregung sowie durch die anschließend gemeinsam formulierte Zurückweisung einer „Kollaboration mit EX-SED-Kadern“ der innerparteiliche Zusammenhalt gestärkt werden.

Zum anderen war der kalkuliert „skandalöse“ Vorschlag ein vergiftetes Geschenk an den „Reformer“-Flügel der Linkspartei: Ein „Ritterschlag“ zur Koalitionsfähigkeit durch einen CDU-Politiker mag zunächst schön klingen. Aber: Die gönnerhafte öffentliche Darstellung durch den politischen Gegner als „normalisiert“, also „gezähmt“, kann für die LINKE eigentlich nicht wünschenswert sein. Gerade jetzt nicht: Eine für eine Koalition mit der CDU „wohlerzogene“ Linkspartei erschiene vielen ihrer Anhänger wohl zu jeder Zeit als eine „eingeknickte“ Partei. Aber gerade in Zeiten, in denen mit der neuen Sammlungsbewegung „#Aufstehen“ ein gefährliches Konkurrenzprodukt zur reformerischen Linie des LINKEN-Parteivorstands entsteht, tut so eine Debatte besonders weh.

Rechts- und linksradikal: Alles das Gleiche

Dennoch gehen der Taktik, wie bestellt, auch einige LINKEN-Politiker auf den Leim: Sie betonen nicht die wegen inhaltlicher Differenzen bestehende Unmöglichkeit einer Koalition mit der CDU. Statt dessen beklagen sie sich öffentlich über die Zurückweisung durch Unions-Politiker. Politische Selbstachtung könnte man anders signalisieren.

In der Debatte schwingen weitere altbekannte Aspekte mit: Etwa wird die Gelegenheit der von Günther gelieferten Steilvorlage beim Schopfe gepackt und die Linkspartei einmal mehr als eine Schwester im Geiste der AfD dargestellt. CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer war die erste Politikerin, die in der Debatte „Rechts“ und „Links” auf eine Stufe stellte: „Wir lehnen Zusammenarbeit mit Linken und AfD weiterhin klar ab. Einige pragmatische Köpfe dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass die programmatische Ausrichtung der Linkspartei bleibt und das rechtsradikale Profil der AfD auch.“

LINKE: Inhaltliche Erziehung der Partei mit dem AfD-Hebel

Der CDU-Vizevorsitzende Thomas Strobl blies wie viele andere CDU-Funktionäre ins gleiche Horn: “Die Christlich Demokratische Union macht nichts mit Extremisten, nichts mit Links-, nichts mit Rechtsradikalen.“ Und für die FDP erklärte der Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, Marco Buschmann: “Ein Bündnis mit der Linkspartei in Brandenburg ist der erste Schritt, der nächste könnte ein Bündnis mit der AfD in Sachsen oder Thüringen sein.”

Einerseits soll die LINKE also mit der AfD auf eine Stufe gestellt werden. Andererseits soll die Linkspartei aber mit dem AfD-Hebel in eine „verantwortungsvolle“ Politik gezwungen werden: Um eine Regierungsbeteiligung der AfD zu verhindern, müsse die Partei notfalls inhaltliche „Kröten schlucken“, um gemeinsam mit der CDU die Demokratie zu retten. Würde sich die Linkspartei in diese inhaltliche Sackgasse locken lassen, würde sie sich wohl endgültig bedeutungslos machen. Vorbereitet wird diese Strategie etwa von Mecklenburg-Vorpommerns CDU-Chef Vincent Kokert und seiner „gnädigen“ Analyse der Ost-LINKEN: Er warnte vor einer “Verteufelung” der Linkspartei. Die Partei werde inzwischen von Menschen geprägt, die „dem Land nicht schaden“ wollten, sagte er der “Rheinischen Post“. Damit meint er wohl auch den früheren Vorsitzenden der Linksfraktion Gregor Gysi, der sich in der “Rheinischen Post” bereits beflissen die Frage stellt, was Union und Linke unternähmen, wenn nur eine solche Koalition eine Regierungsbeteiligung der AfD in einem Bundesland verhindern würde.

Schwächung der LINKE-Reformer stärkt Sammlungsbewegung

Und so rückt durch die mutmaßlich orchestrierte Koalitions-Initiative einerseits die CDU parteiintern zusammen – zumal Günther bereits zurückgerudert ist. Gleichzeitig wird die innerparteiliche Spaltung der LINKEN nochmals auf großer medialer Bühne verhandelt. Dieser Effekt wird durch die anmaßende öffentliche Einteilung in „brave LINKE“ (im Osten) und „böse LINKE“ (im Westen) verstärkt.

Aber: Früher hieß Spaltung bei der Linkspartei automatisch Schwächung. Doch mit dem Auftauchen der neuen Sammlungsbewegung gibt es nun einen potenziellen Hafen für genau jene LINKE-Anhänger, für die eine Koalition mit der CDU wohl das letzte fehlende Motiv zur Parteiflucht darstellen würde. Eine Darstellung der ostdeutschen Linkspartei-„Reformer“ als potenzielle „gezähmte“ CDU-Partner kann die Sammlungsbewegung mutmaßlich stärken.

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