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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (WM/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Rot-Rot-Grün ist nicht gleich Rot-Rot-Grün
  2. Berliner Linkspartei fremdelt mit Sammlungsbewegung
  3. Rekordausgaben für das US-Militär
  4. Marode Brücken gibt es auch in Deutschland
  5. «Die armen Länder werden nicht aufholen können, wenn ihre klügsten und besten Leute das Land verlassen»
  6. Nationalismus wird uns immer ins Elend führen
  7. Die wundersamen Millionen der Air-Berlin-Pleite
  8. Freier Fall der türkischen Lira gefährdet den Euro
  9. Medizintourismus in der Grauzone: Das heikle Geschäft der Patientenvermittler
  10. Niedriglohnsektor bleibt unverändert groß
  11. Erntehelfer: Sie wollen hier nicht mehr arbeiten
  12. Frauenstreik: Einfach machen
  13. Wenn sich nicht bald etwas ändert, laufen wir auf den nächsten Contergan-Skandal zu
  14. Johanna Winter vom Klimacamp „Wir müssen uns klarmachen, was auf uns zukommen kann“
  15. Herkunft ist kein Ersatz für Zukunft
  16. Wir fallen in Fragen der Meinungsfreiheit hinter die Errungenschaften des 19. Jahrhunderts zurück
  17. Ramelow offen für Regierungsbündnisse mit der CDU
  18. Ankündigung: zeitung gegen den Krieg zum Antikriegstag, dem 1. September 2018

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Rot-Rot-Grün ist nicht gleich Rot-Rot-Grün
    In den Kommentaren zur Bewegung Aufstehen taucht immer wieder derselbe Irrtum auf: Der Begriff Rot-Rot-Grün wird für zwei völlig unterschiedliche Politikkonzepte verwandt. Die einen, darunter viele Journalisten, verstehen darunter die Fortsetzung der Politik von SPD und Grünen in den letzten Jahren, also Kriegsbeteiligungen, Waffenlieferungen in Kriegsgebiete, Spardiktate für südeuropäische Länder, Unterstützung der konfrontativen US-Politik gegenüber Russland, Lohndrückerei, Sozialabbau und eine Umweltpolitik, die – siehe Dieselskandal – große Milde gegenüber Konzernen walten lässt. Wenn Journalisten zu dem Urteil kommen, Wagenknecht und Lafontaine bekämpfen Rot-Rot-Grün, dann meinen sie diese Politik und haben völlig Recht, weil wir sie, gemeinsam mit vielen Initiatoren der Sammlungsbewegung, auch weiter bekämpfen werden. Eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung lehnt diese Politik ab.
    Wir verstehen unter Rot-Rot-Grün etwas ganz anderes: Eine Absage an jede Kriegsbeteiligung und an Waffenlieferungen in Spannungsgebiete, eine Europapolitik der guten Nachbarschaft, ein Ende des Export- und Beschäftigungsnationalismus, eine Wiederaufnahme der Ost- und Entspannungspolitik, eine Lohnentwicklung, die sich an der Entwicklung der Inflation und der Produktivität orientiert, einen Wiederaufbau des Sozialstaates mit einer Rentenversicherung, die sich ein Beispiel an Österreich nimmt (dort bekommt der Durchschnittsrentner 800 Euro pro Monat mehr) und einer Arbeitslosenversicherung ohne Hartz IV, eine Rücknahme der sozialen Kürzungen der letzten Jahre und eine Umweltpolitik, die sich der Zerstörung unseres Planeten widersetzt indem sie die großen Konzerne in die Schranken weist. Naomi Klein hat Recht: Einen grünen Kapitalismus gibt es nicht.
    Der Begriff Rot-Rot-Grün dient in der politischen Diskussion der Verschleierung, weil er von den einander fundamental entgegengesetzten Politikentwürfen ablenkt, um die es eigentlich geht.
    An unsere Kritiker: Habt doch den Mut und nennt das Kind beim Namen. Werbt für Kriegsbeteiligungen, Waffenlieferungen, Sozialabbau, Exportnationalismus, Umweltzerstörung im Interesse der Konzerngewinne und so weiter, dann wissen die Leute, woran sie sind.
    Quelle: Oskar Lafontaine fb
  2. Berliner Linkspartei fremdelt mit Sammlungsbewegung
    (…) Noch kritischer wird das Projekt »Aufstehen« vom Fraktionsvorsitzenden der LINKEN im Abgeordnetenhaus, Udo Wolf, bewertet. »Ich glaube, dass diese Sammlungsbewegung sowohl inhaltlich als auch strategisch an dem, was die Menschen in Berlin von linker Politik erwarten, vorbeigeht: Insbesondere diese nationalstaatliche Orientierung, diese Abgrenzung gegenüber Migration und Geflüchteten kann das linksalternative und das Mitte-Links-Klientel in der Stadt nicht begeistern«, sagt der Fraktionschef. Die Berliner Linkspartei sei außerdem permanent dabei, die linke Wählerschaft zu erweitern. Zudem habe die Partei Bündnispartner sowohl auf parlamentarischer als auch außerparlamentarischer Ebene, so Wolf. Sein Fazit: »Die LINKE in Berlin braucht keine Sammlungsbewegung.« …
    Gleichzeitig gibt es in der Partei die Sorge, dass die Initiative der Sammlungsbewegung mit ihrer bisherigen Ausrichtung im migrantisch geprägten Berlin eher Schaden anrichten könnte. »Es ist die grundsätzliche Aufgabe der LINKEN, den Rassismus in all seinen Facetten zurückzudrängen«, sagt die Spandauer Bundestagsabgeordnete Helin Evrim Sommer (LINKE). Bei der Sammlungsbewegung habe sie aber den Eindruck, dass beim »Monothema« soziale Gerechtigkeit vieles ausgeklammert werde. Dabei müsse man das doch von Anfang mit dem Thema Rassismus koppeln. »Armut hat ein migrantisches Gesicht«, betont Sommer.
    »Eine echte linke Sammlungsbewegung bringt diejenigen, die sich gegen explodierende Mieten wehren und für höhere Löhne kämpfen, mit denjenigen zusammen, die in der Flüchtlingshilfe arbeiten oder für die Wiederherstellung eines umfassenden Asylrechts streiten«, sagt der Bundestagsabgeordnete Pascal Meiser (LINKE), der seinen Wahlkreis in Friedrichshain-Kreuzberg hat.
    Quelle: Neues Deutschland

    Anmerkung J.K.: So, so die Führung der Linken in Berlin sieht die linke Sammlungsbewegung #Aufstehen skeptisch. Auch keine richtige Überraschung, tummeln sich dort doch Figuren wie Klaus Lederer. Sehr kurios die seltsame Logik die dort bezüglich der Flüchtlingsproblematik herrscht und die versucht auch wirklich jedes politische Thema und sei es noch so weit hergeholt, in irgendeiner Weise dazu in Relation zu setzen. Was auch zeigt wie realitätsfern die Berliner Parteifunktionäre selbst der Linken inzwischen sind, wenn sie soziale Gerechtigkeit also die soziale Frage quasi als nebensächlich titulieren .

    Anmerkung Jens Berger: Offenbar geht es der Berliner Linkspartei nur noch um die Themenkombo Flucht/Migration, die sie über alle anderen Themen stülpt. Zumindest dies erinnert frappierend an die AfD.

  3. Rekordausgaben für das US-Militär
    Der neue US-Verteidigungshaushalt hat einen Umfang von 716 Milliarden Dollar. Präsident Trump unterzeichnete das Gesetz zu dem Rekordetat – und verteidigte erneut seine Pläne für eine Weltraumarmee.
    US-Präsident Donald Trump hat einen neuen Verteidigungshaushalt in Höhe von 716 Milliarden Dollar (627 Milliarden Euro) unterzeichnet. Er unterschrieb das Gesetz auf dem Armeestützpunkt Fort Drum im Bundesstaat New York.
    Trump zufolge handelt es sich um die “bedeutendste Investition” in das US-Militär in der modernen Geschichte. Allerdings berechnete das Zentrum für strategische und internationale Studien in Washington, dass die drei ersten Verteidigungsetats unter Trumps Vorgänger Barack Obama höher ausfielen, wenn man sie um die Inflation bereinigt.
    Lieferverbot für die Türkei
    Das Ausgabengesetz für das Pentagon beinhaltet mehrere wichtige Regelungen, darunter ein Lieferverbot von F-35-Kampfflugzeugen an die Türkei. Das Verbot für den NATO-Partner, mit dem sich die USA in einem Streit über die Inhaftierung des US-Pastors Andrew Brunson befinden, gilt, so lange sich die Regierung in Ankara nicht von russischer Technologie lossagt.
    “Weltraum ist zum Schlachtfeld geworden”
    Bei der Unterzeichnung des Gesetzes verteidigte Trump auch seine Pläne für eine Weltraumarmee. “Wie der Himmel, die Erde und das Meer ist der Weltraum zum Schlachtfeld geworden”, sagte er. Der Präsident will eine Weltraumarmee zum eigenständigen sechsten Arm des US-Militärs machen.
    Eigene Weltraumstreitkräfte würden den USA Dominanz über ihre Rivalen geben. Diese hätten bereits begonnen, “den Weltraum zu bewaffnen”, sagte Trump. “Eine Präsenz der USA im Weltraum reicht nicht aus, wir müssen eine Dominanz der USA im Weltraum haben.” Trump warnte in diesem Zusammenhang speziell vor China.
    Quelle: Tagesschau
  4. Marode Brücken gibt es auch in Deutschland
    Der Brückeneinsturz im italienischen Genua mit zahlreichen Toten lenkt auch den Blick auf die Infrastruktur in Deutschland. Hierzulande gibt es nach Angaben der Bundesanstalt für Straßenwesen rund 39.600 Brücken an Autobahnen und anderen Fernstraßen. Verkehrsexperten kritisieren seit langem, dass ein Großteil der Brücken des Bundes 40 Jahre und älter und daher in einem schlechten Zustand ist. Die Folge: Brücken müssen teilweise für schwere Lastwagen oder sogar komplett gesperrt werden.
    Nach aktuellen Zahlen des Bundesverkehrsministeriums befinden sich 12,2 Prozent der Brücken in einem “nicht ausreichenden beziehungsweise ungenügenden Bauwerkszustand” – das heißt, gut jede achte Brücke ist marode. Immerhin: Im Jahr 2008 lag der Anteil der maroden Bundesbrücken noch bei 15 Prozent, er sank damit leicht. Wird einer Brücke ein nicht ausreichender Zustand attestiert, so bedeutet dies demnach, dass es in näherer Zukunft Instandsetzungsmaßnahmen geben muss. Bei einem ungenügenden Bauwerkszustand ist die Standsicherheit oder Verkehrssicherheit “erheblich beeinträchtigt oder nicht mehr gegeben”
    Quelle: ntv

    Dazu: In diesem Zustand sind Deutschlands Brücken
    Ein Achtel ist schon baufällig
    40.000 Brücken führen unsere Fernstraßen über Täler, Flüsse und andere Hindernisse – 30 Millionen Quadratmeter schwebender Asphalt über deutschem Boden. Ein nicht unerheblicher Teil davon befindet sich nach Einschätzung von Ingenieuren in marodem Zustand: Bei einem Achtel der Brückenfläche ist die Stand- oder Verkehrssicherheit beeinträchtigt, eine umgehende Instandsetzung wäre erforderlich. Die Folge sind Baustellen, Sperrungen, Staus.
    Ebenfalls ein Achtel der Brückenfläche befindet sich in gutem Zustand.
    Die meisten Bauwerke aber fallen ins Mittelfeld: Bei ihnen können schon heute Teile der Konstruktion beeinträchtigt sein, mindestens mittelfristig wird eine Instandsetzung nötig.
    Quelle: Spiegel

    Anmerkung J.K.: Hier zeigt sich wieder der völlige Irrsinn der neoliberalen Austeritätspolitik, die in Finanzminister Scholz (SPD) einen weiteren herausragenden Protagonisten gefunden hat. Denn auch der, diesmal tatsächliche, Mangel an Bauingenieuren ist darauf zurückzuführen, dass durch Sparmaßnahmen das Personal der zuständigen Behörden beständig ausgedünnt wurde. Wie bereits erwähnt, das Festhalten an der aberwitzigen Ideologie des Neoliberalismus durch die Politik kann nur noch mit Dummheit oder Korruption erklärt werden.

    Bislang fiel Deutschland nicht gerade durch eine vorausschauende Verkehrspolitik auf: Die Regierung investierte weniger in die Infrastruktur als viele andere Industrieländer, gemessen an der deutschen Wirtschaftsleistung nahmen die Investitionen seit Anfang der Neunziger sogar spürbar ab.

  5. «Die armen Länder werden nicht aufholen können, wenn ihre klügsten und besten Leute das Land verlassen»
    Der britische Ökonom Paul Collier kritisiert im Gespräch die verantwortungslose europäische Migrationspolitik. Statt Flüchtlinge und Migranten nach Europa zu locken, sollten mit westlichem Geld Arbeitsgelegenheiten für Flüchtlinge in der Nähe ihrer Heimat geschaffen werden.
    Sie befassen sich seit Jahrzehnten mit Migrationspolitik. Wie ist das Thema zu einer so heiß diskutierten Streitfrage geworden – und wie kann es politisch weitergehen?
    Momentan ist die Migrations- und Flüchtlingspolitik ein heilloses Durcheinander. Es ist ein defektes System. Im Grunde verdient es nicht einmal die Bezeichnung «System». Wie konnte es so weit kommen? Durch unglaublich unverantwortliche, kurzfristige politische Entscheidungen von zentralen Figuren in Europa – allen voran Angela Merkel, die das Flüchtlingsproblem, als es 2011 begann, zunächst weitgehend ignorierte, um 2015 dann panisch aufzuwachen.
    Nun öffnete sie sehr unverantwortlich und einseitig die Türen – in dem Glauben, dass lediglich 10 000 Menschen kommen würden – und schlug diese Türen sechs Monate später genauso einseitig wieder zu, indem sie einen unglaublich teuren Deal mit Erdogan – einem wirklich netten Mann – aushandelte und versuchte, die anderen europäischen Länder dazu zu zwingen, die Flüchtlinge aufzunehmen, die sie einseitig hereingelassen hatte. Das ist wirklich eine erstaunliche Verantwortungslosigkeit, und so läuft natürlich auch die Europapolitik derzeit aus dem Ruder.
    Ihre Idee bestand also im Grund darin, Anreize für alle Seiten zu schaffen?
    Ja, natürlich. Es wäre verrückt gewesen, mit erhobenem Zeigefinger zu fordern: «Sie sollten ihnen Arbeitsplätze geben.» Wir können die Globalisierung dazu nutzen, dort Arbeitsplätze zu schaffen, wo die Flüchtlinge sind. Europa – und insbesondere Deutschland – war bestens ausgerüstet, das zu tun. Mit all den bereits in der Region tätigen Unternehmen war Deutschland geradezu prädestiniert dafür. Deutsche Unternehmen haben über die Jahre Hunderttausende von Arbeitsplätzen in der Türkei geschaffen. Das hat keine Arbeitsplätze in Deutschland gekostet.
    Ich arbeite zu neunzig Prozent meiner Zeit mit afrikanischen Regierungen, deren Albtraum es ist, dass ihre jungen Menschen allmählich dem Narrativ verfallen, dass ihre Hoffnung in der Auswanderung liege. Derzeit arbeite ich mit der Regierung von Ghana… Die Regierung leistet gute Arbeit. Aber sie kann auf keinen Fall in diesem Jahr wirtschaftliche Möglichkeiten schaffen, die besser sind, als einen Job in Europa zu finden – nie und nimmer. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass wir das Recht hätten, die klügsten und besten jungen Ghanaer und Ghanaerinnen nach Europa zu locken. Sie werden in Ghana gebraucht.
    Wie erklären Sie es sich, dass gerade die Flüchtlingsfrage zu so einem polarisierenden Thema in Europa wurde?
    Weil das Thema nicht durchgedacht wurde. Da waren politische Entscheidungsträger am Werk, die ihrem Auftrag nicht nachgekommen sind, langfristig zu denken, was eine vernünftige, auf lange Sicht gute Politik wäre. Stattdessen scheinen sie von Woche zu Woche oder gar von Tag zu Tag auf die Ereignisse reagiert zu haben. Mit kurzfristigen Entscheidungen aufgrund kurzfristiger Ereignisse gerät man immer tiefer in ein Schlamassel. Wir sollten uns endlich fragen: «Wie sieht eine nachhaltige Politik aus?»…
    Quelle: Neue Züricher Zeitung
  6. Nationalismus wird uns immer ins Elend führen
    Ein Gespräch mit Konstantin Wecker über Kunst, Politik und linken Populismus oder Nationalismus
    Vereinfacht gesagt führen die “äußeren” Vorgaben durch die Politik oft ins Elend ideologischer Einschnürungen. Dementgegen sollte man es ruhig einmal “innerlich” versuchen mit etwas, das Wecker eine spirituelle Revolution nennt. Letztlich könne einzig die Poesie das Individuum stärken und dazu verhelfen, Haltung zu bewahren.
    Quelle: Telepolis
  7. Die wundersamen Millionen der Air-Berlin-Pleite
    Selbst ein Jahr nach der Insolvenz von Air Berlin sorgt die Pleite von Deutschlands ehemals zweitgrößter Airline noch für Überraschungen. Vor wenigen Tagen hieß es noch aus dem Bundeswirtschaftsministerium, dass der staatliche Überbrückungskredit von 150 Millionen Euro wohl nicht komplett zurückgezahlt werden kann. Jetzt sendet der Insolvenzverwalter eine für die Steuerzahler erfreulichere Botschaft. Es sei nicht mehr auszuschließen, dass der Kredit im Verlauf der kommenden Jahre doch komplett zurückgeführt werden kann. Allerdings ohne Zinsen, erklärte Lucas Flöther auf Anfrage von Nachrichtenagenturen.
    (…) Erst 2019 wird sich überhaupt zeigen, wer noch wie viel Geld von Air Berlin fordert und welches Vermögen noch in die Kasse kommen könnte. So soll es allein 1,3 Millionen Forderungen von Gläubigern geben – vor allem aus nicht abgeflogenen Ticketverkäufen. Von dem Geld, das noch in die Kasse kommt, wird zuerst das KfW-Darlehen zurückbezahlt. Noch steht nicht fest, ob womöglich auch vom Ex-Großaktionär Etihad Geld einzutreiben ist.
    Quelle: Welt
  8. Freier Fall der türkischen Lira gefährdet den Euro
    Der Fall der türkischen Lira gefährdet den Euro. Den letzten Ausschlag gab die Ankündigung Trumps, die Zölle für die Türkei zu verdoppeln. Demnach sollen die Zölle auf Aluminium auf 20 Prozent und die für Stahl auf 50 Prozent angehoben werden. Die türkische Regierung reagiert eher hilflos und hofft auf Allah.
    Seit spätestens 2007 befindet sich die Türkei wirtschaftlich auf einem expansiven, neoliberalen Kurs. Erdogan setzte dazu seinen autoritären Populismus ein und inszenierte sich als Übervater, der nicht nur politisch, sondern auch ökonomisch die richtige Richtung vorgab. Zunächst schien dies zu funktionieren, denn seit der Krise 2008 schien die Türkei den lukrative Anlagemöglichkeiten suchenden internationalen Investoren als ein geeigneter Hafen.
    Spätestens seit den Gezi-Protesten in Istanbul 2013 aber hätte allen klar sein können, dass mit diesem Erdogan, der sich selbst bei der Planung eines kommunalen Parks einmischt, der alle Bürgerproteste niederknüppeln lässt, der sich in einem Naturschutzgebiet einen Palast mit 1000 Zimmern bauen lässt, der fragwürdige Großprojekte im Dutzend bauen lässt und der sich seit 2015 wieder einen teuren Krieg gegen die Kurden leistet, weder ein rationaler Staat noch eine rationale Ökonomie gestalten lässt.
    Seitdem hat er eine Klientelstruktur in Wirtschaft und Politik aufgebaut, die zuerst parallel zu den Ministerien agierte und heute an den Schalthebeln der Macht in den Ministerien sitzt. Eine Schlüsselfigur ist Erdogans Schwiegersohn, Finanzminister Berat Albayrak. Als dieser vergangene Woche sein “neues Wirtschaftsmodell” vorstellte, stürzte die Lira rapide ab.
    (…) Was passiert, wenn die Türkei die Kredite aus Europa nicht mehr bedienen kann?
    Dann müssten die europäischen Banken ihre Kredite abschreiben, was diese selbst in die Krise hineinziehen würde. Das könnte dazu führen, dass vor allem die spanische Regierung, unter Umständen aber auch die französische und italienische Regierung wieder einmal Banken retten müsste.
    Dies scheint der Hauptgrund zu sein, warum man in Europa weiterhin das System Erdogan stützt und, weshalb Merkel den Despoten am 28. und 29. September mit allen Ehren empfängt. (Ergänzung: Darum zahlte die Commerzbank noch im Juni 2,5 Millliarden Euro an die Türkei.) Und darum wurden auch die Hermesbürgschaften wieder freigegeben und weiterhin Milliarden deutscher Steuergeld in die Türkei gepumpt – angeblich für die syrischen Flüchtlinge.
    Dass dies eine Mär ist, wurde schon von vielen Zeitungen beschrieben und belegt. Die Türkei setzte die Flüchtlinge aus Syrien immer wieder als Erpressungsmittel gegen Deutschland und andere europäische Staaten ein, indem Erdogan drohte, die Grenzen nach Europa zu öffnen.
    Nun entledigt sich die Türkei angesichts der drohenden Versorgungskrise ihrer Bevölkerung dieser Menschen, indem sie sie nach Afrin und Idlib abschiebt und an der Grenze den islamistischen Milizen übergibt.
    Quelle: Telepolis

    Anmerkung WM: Dazu auch: Jens Berger: Die Türkei-Krise ist Erdogans und Trumps Werk, aber unser Problem.

  9. Medizintourismus in der Grauzone: Das heikle Geschäft der Patientenvermittler
    Für immer mehr Menschen wird die Suche nach einem geeigneten Arzt zur Tortur. Das Startup Qunomedical will Patienten deshalb kostenfrei Zugang zu Medizinern und Krankenhäusern weltweit ermöglichen. Dabei ist das womöglich illegal.
    (…) Nicht nur immer mehr Krankenhäuser und Ärzte tummeln sich deshalb in dem Geschäftsfeld. Denn bevor Russen, Araber und Chinesen sich bei ihrem Wunschbehandler unters Messer legen können, müssen sie ihn erst finden. Genau da kommen Startups wie Qunomedical ins Spiel: Die Plattform vermittelt Patienten an Ärzte und Kliniken, sowohl in Deutschland als auch im Ausland.
    Medizintourismus hat ein schlechtes Image
    (…) Das Geschäft von Qunomedical ist nicht nur kompliziert. Es findet auch in der rechtlichen Grauzone statt. Denn die Vermittlung von Patienten gegen Geld ist in Deutschland laut Ärzte-Berufsordnung verboten. Provisionen für eine Vermittlung dürfen erst recht nicht gezahlt werden. Verträge über Gewinnbeteiligungen gelten laut einem Urteil des Landesgerichts Kiel aus dem Jahr 2011 sogar als sittenwidrig. “Patientenvermittler leisten einer unerwünschten Kommerzialisierung des Arztberufs Vorschub und begründen einen unlauteren Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Krankenhäusern, die potentiell ebenfalls Patientinnen und Patienten aus dem Ausland behandeln könnten”, schreibt das Gesundheitsministerium auf seiner Webseite.
    Quelle: ntv
  10. Niedriglohnsektor bleibt unverändert groß
    Der Niedriglohnsektor hat von der konjunkturellen Hochphase am Arbeitsmarkt wenig profitiert hat. Noch immer arbeitet fast jede fünfte Vollzeitkraft zu Niedriglöhnen. Ändern lässt sich das nur über die Veränderung der institutionellen Rahmenbedingungen.
    Die Debatte um Arbeit zu Niedriglöhnen und mit ihr die Kritik am aufgeblähten Niedriglohnsektor sind in letzter Zeit etwas in den Hintergrund getreten. Dies mag damit zusammenhängen, dass der Anteil an Niedriglohnbeschäftigten unter den Arbeitnehmern sich in den letzten Jahren nach zuvor starkem Anstieg auf hohem Niveau stabilisiert und zuletzt sogar ein wenig verringert hat. Es mag aber auch damit zusammenhängen, dass sich in der Arbeitsmarktforschung die Schwerpunkte verlagert haben.
    Neue Erkenntnisse sind jedenfalls rar, und so bezieht sich die Umschreibung „zuletzt“ auf die Situation im Jahr 2015. Damals bezogen 22,6 Prozent aller abhängig Beschäftigten (ab 18 Jahren; ohne Auszubildende, Schüler/innen und Studierende) Niedriglöhne – also Bruttostundenentgelte, die weniger als zwei Drittel des mittleren Lohns (Medianlohn) aller Beschäftigten betrugen. 2013 lag der Anteil noch bei 23,0 Prozent, 2014 bei 22,7 Prozent. Für die Folgejahre war bisher nur die Entwicklung bei den Vollzeitbeschäftigten im Jahr 2016 bekannt. Hier lag der Anteil an Geringverdienern bei 20,1 Prozent. 4,15 Millionen Vollzeitkräfte verdienten damals nicht mehr als 2.088 Euro im Monat (brutto).
    Datengrundlage bildet hier die Entgeltstatistik der Bundesagentur für Arbeit (BA). Sie erfasst jährlich die Verdienstsituation von „Vollzeitbeschäftigten der Kerngruppe“, das sind sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigte, die nicht in einem Ausbildungsverhältnis stehen und für die keine gesetzlichen Sonderregeln gelten. Nach Angaben der BA werden damit 98 Prozent aller Vollzeitkräfte erfasst.
    Quelle: Makroskop
  11. Erntehelfer: Sie wollen hier nicht mehr arbeiten
    Deutsche Landwirte klagen über die Hitze. Doch Obst- und Gemüsebauern haben dieses Jahr ein ganz anderes Problem: Ihnen fehlen die Erntehelfer.
    (…) Ein Indiz für Zwangsarbeit
    …Nun standen auf seiner Abrechnung viel niedrigere Kilowerte, teils nur die Hälfte von dem, was er auf dem Feld gestochen hatte. Im Vertrag mit den Arbeitern hatte der Betrieb notiert, die 50 Cent pro Kilo würden nur für “vermarktungsfähigen Spargel” bezahlt. “Das ist doch Betrug am helllichten Tage”, schimpft Gajewski auf Polnisch.
    Der Landwirt vom Spargelhof verteidigt sein Vorgehen… Daher entscheide er in diesem Jahr erst an der Sortiermaschine, wie viele Kilo abgerechnet werden. Die Berater der Fachstelle Migration und Gute Arbeit in Brandenburg, die Verträge der Arbeiter eingesehen haben, halten die Praxis für rechtswidrig. Das unternehmerische Risiko wird den Erntehelfern aufgebürdet.
    (…) Als Mihai bei seinem Chef für die Vertragsausfertigung im Büro saß, behielt der direkt den Pass ein…
    Die Ausweise einzubehalten ist gravierend. Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) sieht darin ein Indiz für Zwangsarbeit. Denn ohne ihre Dokumente können die Arbeiter nicht weg. Sie sind gewissermaßen gefangen.
    Quelle: Zeit

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Und so weiter und so weiter. Es folgen weitere Berichte über Lohnbetrug, unzulässige Kosten für die Erntehelfer, und dann die endlosen Klagen der Landwirte, die den deutschen Mindestlohn von 8,84 Euro zahlen sollen und ihre Arbeiter selbst um diese Almosen prellen. Da weiß man gar nicht, wo man anfangen soll: daß der deutsche Mindestlohn schon nicht für die Existenzsicherung ausreicht? Daß Erntehelfer ein sehr harter Job ist, viele Stunden täglich, in Hitze und Wetter, und sowieso deutlich besser bezahlt werden sollte, mit mindestens 12 pro Stunde? Daß die Bezeichnung als “Sklavenarbeit” nur leicht zugespitzt ist und das Interesse der Erntehelfer aus nachvollziehbaren Gründen Jahr für Jahr abnimmt? Was für eine Unverschämtheit es ist, daß die Landwirte jetzt auf Sklavenarbeiter aus der Ukraine hoffen, weil dort “die Armut noch größer [ist] als in Rumänien oder Polen”, und damit deutlich zeigen, worum es bei der Arbeitnehmerfreizügigkeit alleinig geht: billig und erpressbar? Aber am allerunglaublichsten ist natürlich, daß all diese unanständigen und untragbaren Verhältnisse und die weitere Verschärfung der Arbeitskonkurrenz von der Vorsitzenden der Linkspartei begrüßt werden, die ausländische Erntehelfer mit Niedriglöhnen für unersetzlich hält, denn anderenfalls “hätten wir ein richtiges Problem” …

  12. Frauenstreik: Einfach machen
    In Spanien, Polen und Argentinien haben es die Feministinnen vorgemacht, jetzt wird auch in Deutschland ein Frauenstreik organisiert. Warum das die nächste Eskalationsstufe ist.
    (…) Woran liegt es, dass gerade Frauen sich in diesen Zeiten vernetzen und an vielen Orten auf die Straße gehen? Die neue Stärke der Bewegung liegt an keinem wundersamen Zaubertrank. Sie ergibt sich aus der spezifischen Rolle, die Frauen in unseren Gesellschaften einnehmen.
    Frauen stehen zunächst einmal – entgegen der landläufigen Meinung – an einer zentralen Stelle im Produktionsprozess. Nicht nur arbeiten die meisten Frauen im Dienstleistungssektor, der in Deutschland inzwischen 70 Prozent der Bruttowertschöpfung ausmacht. Auch außerhalb der Lohnarbeit übernehmen Frauen noch immer den größten Teil der Erziehungs-, Pflege- und Hausarbeit, ohne die niemand seine Haut überhaupt zu Markte tragen könnte….
    „Wenn wir streiken, steht die Welt still“. Für ihre Arbeit erhalten Frauen kein oder vergleichsweise wenig Lohn. Das liegt im Kapitalismus am Interesse des Kapitalisten, die Kosten für die „Reproduktion der Ware Arbeitskraft“, also die Erholung und Pflege unserer Körper und die Sorge um die kommenden Arbeiterinnen, unsere Kinder, möglichst gering zu halten. Dass sich Frauen das weltweit viel zu häufig gefallen lassen, hängt wiederum mit ihrem gesellschaftlichen Status zusammen. Kapitalistische Ausbeutung lässt sich nicht trennen von weiblicher Gewalterfahrung und rassistischer Diskriminierung….
    Die Idee eines Frauen*streiks scheint deshalb auch so vielen sofort einsichtig und breitet sich derzeit immer weiter aus. So auch in Deutschland, wo die Vorbereitungen für einen Streik am 8. März 2019 in diesem Jahr begonnen haben.
    (…) Politischer Streik
    So fordert der Frauenstreik etwa das in Deutschland geltende Verbot politischer Streiks heraus. Ob dieses Verbot überhaupt gilt, ist schon lange umstritten und wurde immer wieder von Arbeiterinnen infrage gestellt. Gemeinhin gilt, dass der Arbeitskampf den falschen Adressaten treffe, wenn sich die politischen Forderungen an den Staat und nicht allein an den Arbeitgeber richten würden. Es gibt aber Interpretations- und Handlungsspielräume….
    In Gewerkschaften wie etwa ver.di, GEW oder IG BAU wird daher immer mal wieder die Forderung erhoben, das Recht auf politische Streiks ins Grundgesetz aufzunehmen. Zögerlich sind diese Debatten und versanden schnell. Jetzt sind es die Frauen, die das Thema wieder ganz praktisch auf die Tagesordnung setzen…
    Unbezahlte Hausarbeit
    Zum anderen betonen Feministinnen seit langer Zeit, dass Arbeit nicht nur die bezahlte Arbeit umfasst, sondern auch die unbezahlte Pflege-, Erziehungs- und Hausarbeit, sowie all die zahlreichen emotionalen Unterstützungsleistungen oder unsichtbaren Handgriffe in Vereinen oder Initiativen, in denen wir uns engagieren. Silvia Federici hat deshalb darauf hingewiesen, dass es noch nie einen wirklichen Generalstreik gegeben habe, da Frauen diese Tätigkeiten währenddessen niemals hätten ruhen lassen. Ein feministischer Streik zielt deshalb nicht nur auf die Arbeit in entlohnter Form, sondern in gleichem Maße auf all jene unentlohnten Bereiche… Das Mittel des Streiks dient auch hier dazu, den theoretischen Auseinandersetzungen über die Ausweitung des Arbeitsbegriffs Form zu geben und sie selbst besser zu verstehen.
    Quelle: ada
  13. Wenn sich nicht bald etwas ändert, laufen wir auf den nächsten Contergan-Skandal zu
    • Unternehmen kaufen Pillen oder Säfte in jenen EU-Ländern, in denen sie wenig kosten, und verkaufen sie dort weiter, wo sie besonders teuer sind.
    • Das System ist intransparent und unübersichtlich und macht es Kriminellen einfach, gestohlene oder gefälschte Ware einzuschleusen.
    • Die Risiken sind kaum abzusehen. Weil das Hin- und Herverschieben den deutschen Krankenkassen Geld spart, ist es aber von der Politik gewollt.

    Das brandenburgische Pharmaunternehmen Lunapharm verkaufte Krebsmittel, die aus griechischen – und vielleicht auch italienischen – Kliniken gestohlen wurden. Vieles in diesem Fall ist noch unklar. Etwa ob Lunapharm von dem Diebstahl wusste, wie viele Patienten die Mittel bekommen haben und ob diese überhaupt noch wirksam waren. Die brandenburgische Gesundheitsministerin Diana Golze (Linke) steht in der Kritik, Teile der Opposition fordern ihren Rücktritt. Hatten die deutschen Behörden nicht eingegriffen, obwohl sie von den gestohlenen Medikamenten wussten?
    Kurz darauf wurde der Blutdrucksenker Valsartan zurückgerufen. Die Tabletten seien bei der Herstellung in China verunreinigt worden, hieß es, mit einem möglicherweise krebserregenden Stoff. Sechs Jahre lang blieb das unbemerkt. 900 000 Deutsche könnten davon betroffen sein. Welche gesundheitlichen Folgen das für die Menschen hat, ist kaum einzuschätzen.
    Auch wenn die beiden Fälle schwer zu vergleichen sind – bei Lunapharm agierte eine kriminelle Bande, bei Valsartan passierte ein schwerwiegender Fehler in der Produktion – lässt sich an ihnen gut erklären, wie sich der Arzneimittelmarkt verändert hat und wie er immer anfälliger wird für Fehler, für Fälscher und Betrüger.
    Quelle: msn

  14. Johanna Winter vom Klimacamp „Wir müssen uns klarmachen, was auf uns zukommen kann“
    In den vergangenen Wochen und Monaten wurden wir mit einer heftigen Hitze- und Dürreperiode konfrontiert, und viele Menschen haben vielleicht zum ersten Mal hautnah gespürt, was Klimawandel direkt vor der Haustür konkret bedeuten kann. Wie haben Sie diese Wetterextreme wahrgenommen – einerseits als Landwirtin, andererseits als Klimaschutzaktivistin?
    Für mich als Landwirtin war und ist diese Dürre einfach nur ganz schlimm, eine regelrechte Katastrophe, der ich überhaupt nichts Gutes abgewinnen kann. Allerdings habe ich noch nie so viel wie in den vergangenen Wochen mit Menschen, die sich sonst nicht so sehr mit dem Thema befassen, über den Klimawandel gesprochen. Verdorrte Gärten, Wälder und Felder, Fischsterben in Seen und Flüssen, drastische Ernteausfälle in der heimischen Landwirtschaft – all dies hat viele Menschen sehr nachdenklich gemacht.
    Positiv nutzbar ist diese Erfahrung aber nur, wenn wir alle sie jetzt wirklich als Weckruf verstehen und uns klarmachen, was da noch alles auf uns zukommen kann, wenn wir nicht schnell und entschlossen gegensteuern und Taten folgen lassen. Und eine dieser Taten wäre auf jeden Fall der schnelle Braunkohleausstieg….
    Quelle: Kölner Stadtanzeiger
  15. Herkunft ist kein Ersatz für Zukunft
    Während westliche Staaten auf der Ebene der Politik derzeit die elementaren Bedürfnisse der Bevölkerungen brüsk ignorieren, zeigen sie auf der Ebene der Kultur ein immer feineres Zartgefühl. Dort betreiben sie Sensibilisierung und implementieren entsprechende Institutionen.
    Auf der Ebene der Politik unternimmt man nichts gegen die massiven Reallohnverluste, welche die untere Hälfte der Bevölkerung in den letzten Jahrzehnten hinnehmen musste. Man lässt Arbeitslose mit Maßnahmen wie Hartz IV… Bis in die oberen Mittelschichten hinein hat sich das Gefühl verbreitet, dass die Kinder es einmal nicht mehr besser haben werden. Dieser ökonomischen Erosion entspricht auch eine der demokratischen Mitbestimmung…
    Auch in Fragen der Außenpolitik der EU haben große Teile der Bevölkerungen das Gefühl, niemals auf irgendeiner politischen Ebene eine demokratische Willensbildung erlebt zu haben.
    Auf der Ebene der Kultur dagegen zeigt man geradezu erstaunliches Verständnis für noch so kleine Sorgen oder Empfindlichkeiten – vor allem für solche, die mit Fragen der sogenannten ethnischen, kulturellen, religiösen oder sexuellen etc. “Identität” verbunden sind….
    Die postmodernen Identitätspolitiken aber stellen keine mildernde Kompensation, sondern vielmehr einen aktiven Beitrag zur neoliberalen Produktion wachsender Ungleichheit dar. Das ist die These, die im Begriff des “progressiven Neoliberalismus” steckt, den die Philosophin Nancy Fraser entwickelt hat. Die Postmoderne ist das Kulturprogramm des Neoliberalismus.
    Diese These lässt sich mit mindestens zwei Argumenten untermauern. Erstens erfüllt eine Verstärkung der Sorge der Individuen um ihre Identität zu einer massiven Entsolidarisierung und Ablenkung von den entscheidenden Fragen…Dabei werden sie zunehmend unfähig, zu erkennen, dass es wichtigere Interessen gibt als die der Identität und dass es für die Verfolgung dieser Interessen notwendig wäre, sich mit anderen Identitäten zusammenzuschließen….
    Genau in dem Maß, in dem der Neoliberalismus den Menschen die Aussicht auf eine bessere Zukunft genommen hat, kam ihm die Propaganda der Identitätspolitik zu Hilfe und ließ sie nun, statt nach vorne, nach hinten blicken: wer keine Zukunft mehr hat, der braucht eben mehr Herkunft. Und wer nicht mehr hoffen kann, irgendetwas Interessantes zu werden, der muß eben darauf pochen, irgendetwas Kostbares, Verletzbares zu sein.
    Zweitens hat der Neoliberalismus zur Zerreißung der gesellschaftlichen Mitte in den reichen westlichen Staaten geführt….
    Ein entscheidender Grund für diese Entwicklungen dürfte darin liegen, dass seit den 80er Jahren die Mitte-Links-Parteien in Europa und Übersee sich in ihrer ökonomischen Politik nicht mehr von ihren konservativen und neoliberalen Gegnern unterschieden. Die einzig verbleibenden Unterschiede mussten nun auf dem Feld der Kultur markiert werden. Diese Kulturalisierung linker Politik führte dazu, dass Probleme der ökonomischen Basis nun nur noch auf der Ebene des ideologischen Überbaus behandelt wurden – so, als ob man dort wirksam etwas gegen sie unternehmen könnte….
    Quelle: IPG
  16. Wir fallen in Fragen der Meinungsfreiheit hinter die Errungenschaften des 19. Jahrhunderts zurück
    Der Kampf um die Grenzen der Meinungsfreiheit wird heute mit religiöser Inbrunst ausgetragen. Dass es ein schlichtes Gebot der Höflichkeit sein könnte, zu hören, was andere zu sagen haben, spielt schon lange keine Rolle mehr.
    Zwar ist das Dogma von der Unfehlbarkeit des Papstes auch unter gläubigen Katholiken höchst umstritten, das ändert allerdings nichts daran, dass die Zahl der Menschen, die sich in Meinungsfragen für unfehlbar halten, rasant zunimmt. Anders sind die Debatten, die in sozialen Netzwerken, aber auch in seriösen Printmedien über die Grenzen des Sagbaren geführt werden, kaum zu verstehen.
    Auch mit Argumenten vorgetragene und in einem sachlichen Ton formulierte Positionen werden zunehmend mit dem Hinweis aus Medien verbannt, dass über bestimmte Fragen nicht mehr diskutiert werden könne. Die Wahrheit steht offensichtlich schon fest, wer daran zweifelt, hat nicht eine andere Meinung, sondern ist ein Ketzer.
    Die religiöse Inbrunst, mit der der Kampf um die Grenzen der Meinungsfreiheit heute ausgetragen wird, kommt nicht von ungefähr. Wer in einer säkularen Umgebung seine eigene Position gegen Kritik immunisieren will, muss zu einer Rhetorik greifen, die jene absoluten Wahrheitsansprüche kennzeichnet, wie sie von Religionen verkündet werden.
    Dazu gehören Bekenntnis- und Bussrituale, die Wiederholung der immergleichen Formeln und Floskeln, die Gesten der Empörung und des Zornes angesichts ketzerischer Behauptungen sowie die pathetischen Bekundungen tiefen Abscheus: So etwas höre man sich nicht länger an, mit solchen Menschen setze man sich sicher nicht auf ein Podium, «derartige Meinungen haben in diesem Blatt nichts zu suchen». Ein Reizwort genügt, und man wendet sich brüsk ab – was immer dann noch kommen mag. Dass es ein schlichtes Gebot der Höflichkeit sein könnte, zu hören, was andere zu sagen haben, spielt dabei schon lange keine Rolle mehr.
    Quelle: NZZ
  17. Ramelow offen für Regierungsbündnisse mit der CDU
    Thüringens linker Ministerpräsident Bodo Ramelow hat den Vorstoß seines schleswig-holsteinischen CDU-Kollegen Daniel Günther für mehr Offenheit zwischen beiden Parteien unterstützt. „Es ist höchste Zeit, die ideologischen Scheuklappen abzulegen“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“ an beide Seiten gerichtet.
    Anders als Günther, der seine Äußerungen relativiert hatte, scheint Ramelow prinzipiell sogar Regierungsbündnisse ins Auge zu fassen. Auf die Frage, ob es „eine grundsätzliche Offenheit für Koalitionen mit der CDU“ gebe, antwortete der Linkspartei-Politiker: „Wir brauchen diese Offenheit.“
    In seinen weiteren Ausführungen sagte er: „Ich muss auch mit Bayerns Ministerpräsident Markus Söder von der CSU reden, wenn es um die Lösung von Problemen geht, die unsere Länder betreffen. Wie anders soll das gehen, wenn nicht durch konstruktive Gespräche? Wenn wir eine gemeinsame Position finden, kann es auch zu Abstimmungen in Bundesrat und Bundestag kommen, die nicht mehr der Logik des Kalten Krieges folgen.“… Ramelow, der in Erfurt mit SPD und Grünen regiert, erklärte weiter: „Zunächst geht es um Inhalte. Hier muss sich auch meine Partei bewegen….
    Quelle: Welt

    Anmerkung WM: Es ist kaum zu fassen: Da labert ein CDU Politiker im Sommerloch etwas über eine mögliche Koalition mit der PdL und schon greift Ramelow freudig die Diskussion auf. Da „müssten ideologische Scheuklappen abgelegt werden“. Es gehe um Inhalte, da müsse sich auch seine Partei bewegen. Will wohl heißen: Die PdL solle sich nach rechts bewegen und, um einer Regierungsbeteiligung wegen, ihre Prinzipien und linken Positionen aufgeben. Darüber will Ramelow sogar mit Markus Söder reden und freut sich, dass Deutschland so bunt ist, wie noch nie. Leider ist auch die Politik quer durch alle Parteien und bunten Koalitionen dadurch so beliebig, eintönig und inhaltsleer wie noch nie. Soll mir mal einer erklären, warum jemand die PdL wählen soll, wenn diese sogar eine Regierungsbeteiligung mit CDU/CSU in Erwägung zieht.

  18. Ankündigung: zeitung gegen den Krieg zum Antikriegstag, dem 1. September 2018
    • in einer Zeit, in der in Deutschland neu über „Dienstjahr“ und „Wehrpflicht“ debattiert wird
    • in einer Zeit, in der die USA das Atomabkommen mit dem Iran einseitig und völkerrechtswidrig aufgekündigt haben
    • in einer Zeit, in der in gefährlicher Weise das „Feindbild Russland“ gezeichnet wird
    • in einer Zeit, in der Bundeswehr- und andere NATO-Kampfeinheiten in die Nähe der russischen Grenze verlegt werden
    • in einer Zeit, in der zwischen den USA und China ein Handelskrieg und ein Wettrüsten stattfinden
    • in einer Zeit, in der sich die Klimaerwärmung ebenso wie das Weltwettrüsten beschleunigen. Und mit der Hochrüstung bereiten sich die reichen Industrienationen auf kommende Verteilungskriege und Kriege gegen die Flüchtlinge vor.

    berichtet die neue Zeitung gegen den Krieg u.a. zu den folgenden Themen:

    • Die Bedeutung des Antikriegstags heute – die Aktivitäten gegen die Aufrüstungs- und Kriegspolitik
    • Die gefährliche Außenpolitik der deutschen Bundesregierung, die wieder das Feindbild Russland pflegt
    • Der Erste Weltkrieg wurde vor 100 Jahren beendet – vor allem durch massive Streiks in den deutschen Rüstungsbetrieben und durch die November-Revolution. Welche Lehren sind zu ziehen?
    • Die EU beschloss einen Aufrüstungsautomatismus (PESCO). 23 EU-Mitgliedstaaten sind Teil von PESCO. Es wurden umfassende Programme zur Militarisierung der EU gestartet
    • Die UN-Generalversammlung beschloss mit großer Mehrheit einen Vertrag zum Verbot jeglicher Atomwaffen beschloss. Doch alle Nato-Staaten lehnen eine Vertragsunterzeichnung ab. v
    • Die Atomwaffen der USA und Großbritanniens werden „modernisiert“. Neue Atomwaffen, die „wie Artillerie“ eingesetzt werden sollen, werden entwickelt. Damit steigt die Gefahr eines Atomkriegs dramatisch.
    • Die US-Regierung fordert von den EU-Mitgliedsländern eine massive Aufrüstung – und betreibt mit dem US-Dollar als Weltwährung ein Hegemonie-System. […]

    Quelle: Ankündigung

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