Leserbriefe zum Thema Hambacher Forst und Braunkohletagebau.

Ein Artikel von:

Auf dieses Thema haben die Nachdenkseiten in den letzten Jahren und Tagen wiederholt hingewiesen: Videohinweise vom 14. November 2016, Hinweise des Tages vom 28. November 2017, Hinweise des Tages vom 14. September 2018, Hinweise des Tages II vom 14. September 2018, Hinweise des Tages vom 17. September 2018, Hinweise des Tages vom 18. September 2018, Hinweise des Tages vom 19. September 2018, Hinweise des Tages vom 20. September 2018 und auch den Lesern ist diese Problematik ein wichtiges Anliegen, wie man aus den unterschiedlichen Leserbriefen, die wir hier veröffentlichen, schließen kann. Es scheint bei diesem Konflikt einmal mehr um Profit und Macht und deren Durchsetzung zu gehen, als um ein ausgiebiges Nachdenken über zukunftsträchtige Politik und Wirtschaften. Zusammengestellt von Moritz Müller.

1. Leserbrief

Arbeitsplätze für den Untergang

Jedem klar denkenden Menschen ist – spätestens seit Fukushima und der von der Kanzlerin ausgerufenen „Energiewende“ – gegenwärtig, dass die Verbrennung von Kohle, insbesondere Braunkohle, den Klimazielen der Weltgemeinschaft genau entgegen wirkt. Wenn solche klar denkenden Menschen protestieren und einen kläglichen, aber wunderschönen Rest Erde vor den Schaufelradbaggern eines ewig gestrigen Energiekonzerns und ebensolchen Politikern schützen wollen, so ist dies eine anerkennens- und unterstützungswerte Initiative im Sinne der Weltgemeinschaft. Weisungsgebundene Polizisten auf diese mutigen Menschen zu hetzen, zeigt die ganze Kleinkariertheit der politisch Verantwortlichen, die 2016 mehrheitlich einen uralten Beschluss bestätigt haben, nach dem RWE gegen jede Vernunft und Verantwortung antike Arbeitsplatzbeschreibungen beibehalten darf. Wo Unrecht zu „Recht“ wird, ist Widerstand Pflicht!

Peter Richartz, Solingen, 14.9.2018

Hambacher S-21

Der Sinn der „Kohlekommission“ erschließt sich dem Beobachter, wenn er zurückdenkt an das „Schlichtungsverfahren“ zum Streit um Stuttgart-21: Unter Vortäuschung eines demokratischen Prozesses wurden unter Leitung Heiner Geißlers, eines angeblich unparteiischen Schlichters, Fakten im Sinne seiner „C“DU geschaffen und die blödsinnige Untertunnelung gegen den massenhaften Protest der Bürger Stuttgarts und Umgebung durchgesetzt. In diesen Tagen gibt Robert Pofalla (à la Bernd Höcke) mit weich klingender Stimme den harten Kurs seiner Partei gegen Klimaschutz und Weltbürgertum zum Ausdruck: Kohleverbrennung bis zum Abwinken, Stickoxidschleudern selbst in Euro-6-Dieselfahrzeugen ohne Strafmaßnahmen seitens der Regierung. Wann haben wir unser Limit an gerade noch erträglicher Belastung der (Um-) Welt für 2018 nochmal überschritten? Im Sommer stand’s in der Zeitung.

Peter Richartz, Solingen, 17.9.2018


2. Leserbrief

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich bin erschüttert und (nunja, fast, denn ich schreibe Ihnen ja hier) sprachlos.

RWE, der ach so grüne Konzern, entvölkert Dörfer, reißt Kirchen ein, zerstört intakte Naturlandschaften. Für was, frage ich mich? Die Leute sind doch nicht so vermessen und verblödet, dass das nicht im Gedächtnis bleibt! Manchmal fühle ich mich, als wäre ich in einem anderen Land. Oder besser gesagt, alle anderen wären in einem anderen Land, obwohl sie hier sind. Die meisten stellen sich doch wirklich taub und blind, um nicht sehen zu müssen, was hier abgeht. Um -vielleicht- hinterher jammern zu können, “ach, wenn ich das nur geahnt hätte”? Dabei springt ihnen die Information doch ins Gesicht!

Ich habe lange, lange geschwiegen, und ich fühle mich nicht gut dabei. Es ist nur, egal, was ich wann, wie oder wo sage, ich habe keine Plattform. Hoffentlich haben Sie bereits mehrere Nachrichten bezüglich der abgerissenen Kirche bzw. des Forsts erhalten. 

Mit freundlichen Grüßen,
Lily Jägers


3. Leserbrief

Liebe Redaktion

Ich möchte zu diesem Thema mal fragen, wohin  diese Energie aus der Braunkohle geliefert wird.

Eventuel geht sie ins Ausland?

Wird sie benötigt für E-Autos, um zu zeigen, wie umweltfreudndlich wir sind?

Wenn diese Fragen berechtigt sind, so habe ich den Eindruck, es wird gehandelt wie in Indonesien. Dort hat man auch Urwälder  für Palmöl abgeholzt um dann den Bürgern in der EU oder Deutschland zu erklären, wir fahren umweltfreudlich.

Wenn meine Vermutung stimmt, dann kann man die Heuchelei , was den Umweltschutz betrifft, nicht mehr überbieten.

LG
J Deutsch


3. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Müller,

sehr geehrtes NachDenkSeiten Team,

die Nachrichten und Meldungen über die Zustände im Hambacher Forst machen mich schier fassungslos.

Vorab möchte ich sagen, dass ich keine Expertin in Sachen Energiepolitik bin. Mir ist nur bekannt, dass unsere Energieversorgung längst nicht mehr gesichert ist.

Wenn ich mir die Bilder in den Medien ansehe muss ich mich aber fragen was das alles soll. Die Bäume auf denen die Baumhäuser errichtet wurden sind eh kaputt. Wenn dann jemand sagt, dass er schon 5 Jahre im Wald lebt, wie viele andere auch, dann sind ganz bestimmt genug Fäkalien vorhanden um die Polizei damit zu bewerfen. Schöner Wald, wer will da denn noch spazieren gehen? Umwelt schützen ja, aber nicht so.

In unmittelbarer Nähe befindet sich die Sophienhöhe. Einfach mal bei Google nachsehen dann wird man bestimmt überrascht sein. Seit 1978 wird dort aufgeforstet.

Die Sophienhöhe befindet sich auf der römischen Route der Via Belgica, durch historische Meilensteine dokumentiert. Diese verband zur Zeit der Römer Köln mit der Atlantikküste. Auf genau dieser Sophienhöhe hat der Braunkohlentagebau 100 km Wanderwege geschaffen. Seltene Baumarten und Tiere sind dort zu finden.

Der größte Teil des Hambacher Waldes (ich habe diesen Wald in seiner Ursprungsform noch gekannt) ist ohnehin bereits gerodet.

Die drei rheinischen Braunkohlentagebaue werden in der Mitte dieses Jahrhundert 19 Qudratkilometer Wald mehr hinterlassen, als vorher da war. Das können die Menschen die von “überall und aus dem benachbarten Ausland” kommen natürlich nicht wissen.

Außerdem haben schon seit Jahren viele Arbeiter im Braunkohlentagebau Angst ihre Arbeitsstelle aufzusuchen. Das kann ja wohl nicht sein.

Ich kann da wirklich nur empfehlen mal bei Google “Sophienhöhe” einzugeben.

Viele Dörfer sind inzwischen verschwunden. Auch davon habe ich viele gekannt. Ob das alles sein musste kann ich als Laie nicht beurteilen. Bin durch einige Geisterdörfer gefahren. Schrecklich, da wurde für viele die Heimat ausgelöscht.

Deshalb ist es wichtig unsere Heimat zu erhalten, aber bitte ohne Gewalt und Krawall.

Herzliche Grüße
Gerda Keuter


4. Leserbrief

Es ist kaum zu erklären, wie in Zeiten der Energiewende noch ganze Landstriche für Braunkohle verfeuert wird, heißt es. Laut statista.com beziehen aber nur 22% der deutschen Haushalte Ökostrom. Wäre das Problem nicht dadurch lösbar, dass die restlichen 78% umsteigen, statt sich zu empören?

B.S.


5. Leserbrief

Die Schöpfung bewahren – die Zukunft gewinnen. Leitgedanke aus der Regierungserklärung 1987

Helmut Kohl über Umwelt

Das Bundeswaldgesetz (BWaldG) bzw. das Gesetz zur Erhaltung des Waldes und zur Förderung der Forstwirtschaft trat am 2. Mai 1975 in Kraft. Es regelt u. a. die Erhaltung und Bewirtschaftung der Wälder in Deutschland, die Forstwirtschaftlichen Zusammenschlüsse sowie die Förderung der Forstwirtschaft.

Das Bundeswaldgesetz wurde insbesondere für den Zweck erlassen,

  • den Wald wegen seines wirtschaftlichen Nutzens (Nutzfunktion) und wegen seiner Bedeutung für die Umwelt, insbesondere für die dauernde Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes, das Klima, den Wasserhaushalt, die Reinhaltung der Luft, die Bodenfruchtbarkeit, das Landschaftsbild, die Agrar- und Infrastruktur und die Erholung der Bevölkerung (Schutz- und Erholungsfunktion) zu erhalten, erforderlichenfalls zu mehren und seine ordnungsgemäße Bewirtschaftung nachhaltig zu sichern,
  • die Forstwirtschaft zu fördern und
  • einen Ausgleich zwischen dem Interesse der Allgemeinheit und den Belangen der Waldbesitzer herbeizuführen.

Infolge des Bundeswaldgesetzes wurden in den Ländern entsprechend Landeswaldgesetze erlassen. (…”ordnungsgemäße Bewirtschaftung nachhaltig…” – wurde von mir gefettet)

Landesforstgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Landesforstgesetz – LFoG), Bekanntmachung der Neufassung vom 24.04. 1980

§ 1 a (Fn 32)

Nachhaltige Forstwirtschaft

Kennzeichen nachhaltiger Forstwirtschaft ist, dass die Betreuung von Waldflächen und ihre Nutzung in einer Art und Weise erfolgt, dass die biologische Vielfalt, die Produktivität, die Verjüngungsfähigkeit, die Vitalität und die Fähigkeit, gegenwärtig und in Zukunft wichtige ökologische, wirtschaftliche und soziale Funktionen zu erfüllen, erhalten bleibt und anderen Ökosystemen kein Schaden zugefügt wird.

So regelt beispielsweise der § 14 das grundsätzliche Betretungsrecht zum Zwecke der Erholung.

Zudem haben alle 193 UN-Mitgliedsstaaten (also auch Deutschland) am UN-Hauptsitz in New York im September 2015 die “Agenda 2030” unterzeichnet (United Nations General Assembly, 2015). Die Agenda definiert insgesamt 17 Ziele mit 169 Unterzielen bis zum Jahr 2030 für den Weg einer Nachhaltigen Entwicklung – unter anderem auch Landökosysteme zu schützen, wiederherzustellen und ihre nachhaltige Nutzung zu fördern, Wälder nachhaltig zu bewirtschaften… (also nicht abzuholzen – gleich ob zur Braunkohlegewinnung oder zum Aufstellen von Windrädern, Anmerk. von mir).

Das die Polizei den Wald von “Öko-Aktivisten” räumt kann ich noch nachvollziehen, aber aufgrund welcher (altertümlichen) gerichtlichen Genehmigung RWE die Erlaubnis zum Kahlschlag hat, erschließt sich mir nicht.

Mir scheint, trotz aller Naturschutzbestimmungen, Bundes- und Landeswaldgesetzen, internationalen Abkommen ist Deutschland in Sachen Energiegewinnung noch immer Entwicklungsland und will es wohl auch noch lange Zeit bleiben.

Mit lieben Grüßen
Michael Wrazidlo, Essen

Ein ergänzender Leserbrief:

Zu diesem Artikel: Die Verantwortlichen in Berlin haben nicht mehr alle Tassen im Schrank, der am 20.9 erschien, erreichte uns der folgende Leserbrief. Er enthält einen Link, der schön zum Hambacher Forst passt, und lässt uns auch sonst mal von einer anderen Warte auf die Tagespolitik schauen. M.M.


6. Leserbrief

…haben nicht mehr alle Tassen im Schrank.

Lieber Herr Müller, liebe Redaktion,

Sie haben ja recht. Die Gründe für eine derart drastische Ansage legen Sie dar. Das ist gut so. Ich stimme zu. Weiterbringen tut es uns aber nicht. Das soll keine Kritik sein, sondern die Ohnmacht benennen, in der wir zurückbleiben.

Heute, am gleichen Tag, wo ich solche negativen Zeilen von Ihnen lese, stoße ich auf einen Menschen, der für sich, für sein Unternehmen, für viele andere, in vielen Ländern(!) zwar keine Wunder vollbracht hat, aber über solche berichtet und sie lebt und sogar daran verdient. Es geht um ein beinahe lächerlich banales Thema: Der Wald und seine Bäume. Ich habe viele seiner Vorträge gehört.

Die Art und Weise, wie Erwin Thoma in seinem jüngsten Vortrag auf die Einzelheiten des Waldes und seiner Bäume, auf die Kommunikation der Bäume untereinander, vor allem aber der Strategie der Bäume in Form von Kooperation (anstatt Merkels “Wettbewerb”) eingeht, ist eine verblüffende, schallende Ohrfeige für alle Politiker weltweit! Würden wir es dem Wald gleichtun, hätten wir das Paradies auf Erden.

Ich denke, DAS sollten wir vorrangig weiterverbreiten. Weil man daraus lernen kann. Und NICHT die Verfehlungen der Parteivorsitzenden XY, die sowieso irgendwann in sich zusammenfallen.

Gruß R.B.

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