Leserbriefe zu „Diesel-Hysterie“ von Jens Berger

Ein Artikel von:

Zum Artikel Diesel-Hysterie erreichten uns diverse Zuschriften, von denen wir einige hier wiedergeben. Da dieses Thema die meisten von uns tagtäglich betrifft, entweder als Autofahrer und -käufer, und/oder als die Emissionen einatmenden Bürger, ist hier sicher eine Lösung vonnöten, die über das hinausgeht, was auf dem „Diesel-Gipfel“ beschlossen wurde. Es ist aber auch ein Thema, bei dem man durch Änderung des eigenen Verhaltens sein Scherflein zu einer Verbesserung der Luftqualität beitragen könnte. Zusammengestellt von Moritz Müller.

1. Leserbrief

Sehr geehrte NDS,

ich gebe Ihnen vollkommen recht, dass der sog. Dieselgipfel wie das Hornberger Schießen ausging und dass die Politik der Automobilindustrie wieder mal in den A…. gekrochen ist. Wo ich aber nicht zustimmen kann, ist bei folgenden Passagen:

“Dass die Testergebnisse auf dem Rollstand meist nur wenig mit den tatsächlichen Emissionen zu tun haben, wussten nicht nur die Hersteller, sondern auch die Politik und natürlich auch die Verbraucher.”

So, also die Verbraucher sind selber schuld, weil sie wussten, dass die Ergebnisse getürkt sind. Und woher wussten sie das bitte? Haben sie die Hersteller darüber informiert? Oder sind die Dieselkäufer samt und sonders erstklassige Motorenfachleute, die den Schwindel hätten durchschauen müssen?

SCR-Nchrüstung:

“Wer soll das bezahlen? Die Hersteller? Aber aufgrund welcher rechtlichen Basis? Solange man den Herstellern keine Täuschung oder Manipulation vorwerfen kann, kann man sie auch nicht für die Nachteile zur Verantwortung ziehen…”

Man kann den Herstellern keine Täuschung oder Manipulation vorwerfen? Was ist das bitte, wenn ein geliefertes Produkt nicht den angegebenen Beschreibungen entspricht? Bei einer Waschmaschine, die statt der angegebenen 5000 Schleudertouren nur 1000 macht, wäre es gar keine Frage, dass das Produkt nachgebessert, ausgetauscht oder der Preis erstattet wird. Das gilt wohl für die Autoindustrie nicht? Warum?

Selbstverständlich soll weder der Bund (=Steuerzahler) noch der gelackmeierte Dieselkäufer die Kosten übernehmen. Allein der Verursacher, nämlich die Autoindustrie, ist dafür verantwortlich.

Ich gebe Ihnen auch Recht damit, dass es vernünftiger wäre, über die Verminderung des Individualverkehrs nachzudenken, der schließlich der Hauptverursacher der Luftprobleme ist, gleich ob Diesel oder Benziner. Aber die Absolutheit, mit der Sie behaupten, allein ein kostenfreier ÖPNV “für Pendler” (wie geht das?) würde so viele Autos von der Straße bringen, dass “die Grenzwerte mühelos eingehalten würden”, erlaube ich mir zu bezweifeln. Erst mal nicht sofort, denn die Trägheit der Deutschen ist groß – selbst wenn der ÖPNV kostenfrei wäre, glauben Sie, der Deutsche verzichtet so ohne Weiteres auf sein liebstes Spielzeug und Statussymbol? Und selbst wenn – es sind ja nicht nur die Pendler allein, die das Problem verursachen – der ganze Liefer- und Lastverkehr läuft ja weiter, auch in den Städten. Ein solches Konzept müsste schon wesentlich weiter und tiefergehender sein; kostenfreier ÖPNV (für alle) wäre ein guter Anfang, aber sicher kein Allheilmittel.

Mit freundlichen Grüßen
Heinz Kreuzhuber


2. Leserbrief

Sehr geehrte Team der Nachdenkseiten,

im Artikel Diesel-Hysterie schreiben sie:

Und warum regen wir uns hysterisch über vermeintlich schmutzige Diesel auf, wenn Benziner doch keinesfalls unproblematischer sind?

Gegenfrage ist dem tatsächlich so? Oder wird hier bereits die nächste Abwrackprämie für die Hersteller vorbereitet?

Fakt beim Benzinmotor ist, die Messungen bezüglich Abgasen sind bei gleichen Bedingungen 100km, 200km, 300km oder 400km später immer gleich.

Fakt beim Dieselmotor ist, es gibt zwei Betriebsarten, eine in der der Partikelfilter normal arbeitet also im Filtermodus und eine Betriebsart bei der der Partikelfilter freigebrannt wird. Jeder Filter setzt sich irgendwann zu, wenn er nicht “gereinigt” wird.

Jetzt die berühmte Frage, die Messergebnisse für beide Betriebsarten sind frei verfügbar und werden auch gemessen?

Falls jetzt nicht sofort ein klares JA kommt, woran könnte es wohl liegen dass nur bei der Betriebsart Filtermodus gemessen wird?

Das Problem ist nicht der Individualverkehr, sondern die Wirtschaftsausrichtung der Deutschland AG samt ihrer Lobby.

Mit freundlichen Grüßen
Thomas Weber


3. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Berger!
 
Ich nehme an.dass dieser Artikel von Ihnen stammt, weil kein anderer Autor genannt wurde, und möchte auf einen Passus  hinweisen, der von Ihnen verwendet wurde.
 
Im zweiten Absatz schrieben Sie: Dass die Testergebnisse auf
dem Rollstand meist nur wenig mit den tatsächlichen Emissionen zu tun haben, wussten nicht nur die Hersteller, sondern auch die Politik und natürlich auch die Verbraucher. 
 Mich stört, daß auch wir Verbraucher über die Schweinerei mit den “Geschönten Werten”  gewusst haben sollen. Das bestreite ich mit Nachdruck!!

Wir, d.h., meine Frau und ich, fahren seit 1962 ausschließlich Dieselfahrzeuge, weil sie nach unseren Erfahrungen sehr zuverlässig funktionierten und wenig verbrauchten.

Daß man uns mit dem letzten Modell, gekauft 2010, ein Fuhrwerk untergejubelt hat, das wir nie im Leben gekauft haben würden, wenn wir auch nur die leiseste Ahnung gehabt hätten, was  man uns da für eine Abgasanlage hineingemurkst hat, ist gelinde gesagt eine Schweinerei sondergleichen. Uns wurde ein Fahrzeug präsentiert, das angeblich alle Kriterien eines sparsamen, sauberen Fahrzeugs erfüllte. Wir haben doch zuhause keine Prüfstand, auf dem wir den Herstellern hätten auf die Schliche kommen können.
 
Deshalb bitte ich Sie um Richtigstellung, denn was man als Verbraucher wissen konnte, das war, dass die Verbrauchswerte meist nicht stimmten, obwohl wir  zwei Dieselfahrzeuge gehabt haben, bei denen der Verbrauch im Durchschnitt sogar unter den Herstellerangaben lagen und das bei mehr als 20 Jahren Betrieb.

Es stimmt daher schlicht nicht, daß die Verbraucher geahnt haben, was die Autoindustrie uns dort untergejubelt haben.

Unser jetziger Diesel liegt im Verbrauch etwas höher als angegeben, was uns nicht sonderlich stört, aber dafür hatten wir inzwischen zwei massive Pannen, die richtig Geld gekostet haben und einzig und allein auf die Trickserei bei der Abgasnachbehandlung zurückzuführen waren.

mit freundlichen Grüssen
Thomas Wieken


4. Leserbrief

Lieber Herr Berger, 

Um sich des “Problems Individualverkehr” anzunehmen, reicht ein kostenloser ÖPNV mit Sicherheit nicht. 
Busse und Bahnen sind in Ballungsräumen bereits jetzt schon zu Stoßzeiten am Rande bzw. jenseits ihrer Kapazitäten ausgelastet. Zudem bedeutet die Nutzung des ÖPNV, falls überhaupt möglich für Leute vom Land ( wie zB. mich) eine Verdopplung bis Verdreifachung der Fahrzeit, sobald umgestiegen werden muß. 
Das tut sich niemand an, der eine Alternative hat. 
Das Grundproblem ist nicht der Individualverkehr, sondern unser Mobilität zwingend erfordernde und in keinster Weise nachhaltige Wirtschaftsordnung. Die Industrialisierung war schon ein Irrweg, was jetzt noch folgt (Industrie 4.0, Digitalisierung etc.) ist blanker Irrsinn. Wer wirklich was ändern will muß wieder kleinere, größtenteils autarke Strukturen wie früher schaffen. Dann hat fast jeder seinen Arbeitsplatz wieder im Ort indem er lebt. 
DAS wäre die Lösung des Problems und nicht den Pendlern noch mehr Lebensqualität zu nehmen, indem man sie zwingt, täglich Stunden in verdreckten und überfüllten Bussen und Bahnen  zu zu bringen. 

Mit freundlichen Grüßen 
Thomas Schmitz-Urszán

Replik Jens Berger:

Lieber Herr Schmitz-Urszán, 

erst einmal schönen Dank für Ihr Feedback. Aber gerade beim Punkt Digitalisierung muss ich Ihnen doch widersprechen. Ich lebe beispielsweise in einer ländlichen Region, in der sehr viele Menschen (ich ja selbst auch) dank der Digitalisierung von zu Hause arbeiten können. Ohne diese Möglichkeiten, die erst durch die Digitalisierung geschaffen wurden, sähe die Verkehrssituation wohl vielerorts noch schlimmer aus. Ein Unterschied zu früher ist ja, dass man heute oft den Luxus hat, nicht zwingend in der Nachbarschaft des Arbeitsplatzes wohnen zu müssen. Das war noch vor wenigen Jahrzehnten undenkbar. Was Sie als Problem sehen, sehe ich als Luxus und großen Gewinn an Lebensqualität. Denn wer möchte schon in den Industriegebieten leben, in denen es die meisten Jobs gibt? 

beste Grüße 
Jens Berger 




5. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Berger,

das Auto benutze ich zu 99% um zur Arbeit zu kommen. Dabei beträgt mein Arbeitsweg rund 25 km (eine Strecke). Mit dem Auto brauche ich ca. 30 Minuten. Mit dem heutigen öffentlichen Nahverkehr zwischen 2 – 2,5 Stunden. Tut mir leid, nicht mal kostenlos würde ich den unter diesen Umständen nutzen. Von einem Fahrzeug, dass nach 2010, nach den neu verabschiedeten Grenzwerten, gebaut und zugelassen wurde, sollte man annehmen dürfen, dass alles in Ordnung ist. 

Hier im Ruhrgebiet sind fast schon mehr LKW als PKW auf den Straßen, aber aus deren Auspuff quillt ja angeblich die reinste Bergluft. Feinstaub entsteht auch durch Bremsen- und Reifenabrieb – ganz gleich, ob vom Benziner, Diesel oder Elektrofahrzeug. Bei Überschreitung von Schadstoffen in der Luft muss ein Fahrverbot für alle gelten. Ausgenommen sind natürlich der öffentlich Nahverkehr, Krankenwagen, Taxi usw. 

Mit besten Grüßen 
Michael Wrazidlo 


6. Leserbrief

Hallo Herr Berger,

ohne jetzt viel Zeit zu verlieren, ich finde ihre Idee zur gesamtvolkswirtschaftlichen Umstellung des Personentransports auch ganz nett. Nur das Problem welches sich bei dieser Thematik viel offener stellt ist dass der Staat hier in Form der gesetzgebenden Gewalt nicht in der Lage ist Richtlinien sachgemäß festzulegen oder anders gesagt die Typen da sind völlig nutzlos. Was meinen Sei denn wie man einen kompletten Paradigmenwandel managen will wenn man nicht einmal den IST-Zustand unter Kontrolle hat?

Ich hätte mir vom Diesel-„Gipfel“ etwas erhofft würde ich diese Regierung, dieses Land und die letzten 30 Jahre nicht kennen, so wie es läuft lief es immer, da empfinde ich den geradezu revolutionären Meinungs-Einwurf Ihrerseits geradezu als vermessen, hier müsste man erst mal wieder Leute finden die überhaupt kleine Brötchen backen könnten.

Oder anders gesagt, jede Anstrengung die nicht darauf pocht Grenzwerte egal wo sie festgesetzt werden VERBINDLICH und JUSTIZIABEL festzuschreiben ist vergeudete Lebenszeit, nicht nur in der aktuellen Situation sondern immer und immer wieder wie schon die vergangenen Jahrzehnte. Wenn dies irgendwann mal machbar ist, DANN dürfen Sie von der Veränderung der Zustände träumen, hat man denn Kraft der Ordnungsmacht mal so etwas wie einen stabilen Zustand erreicht, stabil im Sinne von halbwegs unter Kontrolle, also irgendwie so in etwa gewollt, nicht das Sie anfangen zu träumen.

Der Grund dafür ist auch klar, jemand wie Sie Herr Berger als jemand der sich Änderungen wünscht kann nur verlieren, wenn er gegen einen Gegner kämpft der schwammige, wahrscheinlich von der eigenen Lobby vorgeschlagenen, Regelungen aufweichen, biegen und brechen kann wie er will um damit den Profit zu erhöhen und dies gesetzeskonform! Werfen Sie also bitte nicht Dinge in einen Topf die sich nicht vertragen, das ist einfach zu weit, zu ziellos links.

Schlagen Sie den Gegner argumentativ besser da wo es weh tut. Abschalteinrichtungen sind generell verboten, nicht nur die Prüfstandserkennungsgeräte. Die Ausrede ist der Motorschutz und da gebietet der kapitalistische Urtrieb halt nicht die Umwelt zu schützen sondern möglichst billige Bauteile zu verwenden. Wenn Sie sich in der Thematik etwas schlau machen werden Sie erkennen dass die Abgassteuerung/-aufbereitung  nie unabhängig vom restlichen System ist und das jeder Vorteil durch Nachteile erkauft wird. Genau damit redet sich ja der eloquente Teil der Politik und Wirtschaft raus aber das ist eigentlich nur vorgeschoben, eine richtige Regelung, nach Jahrzehnten des gewohnheitsmäßigen Betrugs, DIE wäre mal ein mutiger Schritt und so ein Schritt ist sicher leichter als gleich eine ganze Revolution die Ihnen wohl vorschwebt, die bitte basieren soll auf was, ich mein der Rechtsstaat soll doch weiter gelten oder?

Machen Sie besser nicht den gleichen Fehler wie Merkel, die glaubt ja in einem tadelsfreien Land nur an den Altruismus der Bonzen appellieren zu müssen, das fruchtet natürlich nicht ebenso wie mit Ihren mit Nachteilen verbundenen Appellen an den gesunden Menschenverstand.

Etwas Zwang ist schon nötig will man durch indirektes steuern mal auf ein Ziel zukommen und dieser Zwang muss auch an der richtigen Stelle ansetzen, Stichwort Agenda 2010. Viel Zwang große Erwartungen aber halt auch zu viel Freiraum, alles ungleich verteilt = Grütze.

Grüße,
Kai Plenge

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