Hinweise des Tages II

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Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. EU-Gipfel zum Brexit in Brüssel: Nur saure Bonbons für May
  2. EU-Gipfel: Russlandsanktionen werden 6 Monate fortgesetzt
  3. Macrons monarchischer Moment
  4. Kinderbetreuung: Bundesrat stimmt “Gute-Kita-Gesetz” zu
  5. Sind No-Border-Linke Lakaien des Kapitals?
  6. Kramer: Merkel lag mit “Wir schaffen das” richtig
  7. Spaniens Richter tanzen nach der Pfeife der Politiker
  8. KAS zu Studierenden-Proteste in Albanien: „Große Proteststimmung im Land“
  9. Kosovo: Armeegesetze
  10. Flüchtlinge auf der neuen Balkanroute: Gefangen im Niemandsland
  11. Globales Finanzcasino: Die Botschaft zum Jahresende lautet „Game over“
  12. Urteil zu Euro-6-Norm: Europäische Großstädte dürfen ab 2021 auch neueste Diesel aussperren
  13. Schlachthof-Kontrollen nehmen rapide ab
  14. Das Letzte: Staatliche Kursversicherung für eine Aktien-Rente?

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. EU-Gipfel zum Brexit in Brüssel: Nur saure Bonbons für May
    Theresa May bettelte in Brüssel um Hilfe. Die anderen Staatschefs halten am Scheidungstermin fest. Ist der Brexit-Vertrag noch zu retten? […]
    Was als freundlicher Austausch gedacht war, geriet zum Debakel. Die Stimmung sei „sehr schlecht“ gewesen, hieß es aus EU-Kreisen. Merkel habe May während ihres Vortrags mehrfach unterbrochen und zu Präzisierungen aufgefordert. Die Kanzlerin ließ die Britin sogar auflaufen. Als May forderte, ein Enddatum für den Backstop festzulegen – sie sprach von Dezember 2021 – lehnte Merkel das rundheraus ab.
    Nach der frostigen Runde setzten die EU-27 eine Erklärung auf, die May im Machtkampf in London kaum helfen dürfte – im Gegenteil. Denn „Neuverhandlungen“ werden in dem EU-Papier ausdrücklich ausgeschlossen. Die EU sei aber „fest entschlossen“, mit London schnell Verhandlungen über einen Partnerschaftsvertrag aufzunehmen, um den Backstop doch noch zu verhindern. Die Auffanglösung solle nur „so lange wie unbedingt erforderlich“ in Kraft bleiben.
    Wenn das Bonbons sein sollen, dann schmecken sie ziemlich sauer. Säuerlich äußerten sich nach den Brexit-Beratungen auch mehrere EU-Chefs. „Unsere britischen Freunde müssen uns sagen, was sie wollen, anstatt uns zu fragen, was wir wollen“, beschwerte sich Kommissionschef Jean-Claude Juncker. Die Diskussion sei „mitunter nebulös und unpräzise“. „Wir müssen auch mal wissen, was genau London will“, sagte Luxemburgs Premier Xavier Bettel. „Wir werden nicht Gipfel auf Gipfel auf Gipfel machen“, warnte er.
    Quelle: Eric Bonse in der taz
  2. EU-Gipfel: Russlandsanktionen werden 6 Monate fortgesetzt
    Bei dem Treffen der Staats- und Regierungschefs in Brüssel wurden die Sanktionen gegen Russland einstimmig um 6 Monate verlängert. Grund sei demnach der völlige Stillstand in der Implementation des Minsker Abkommens von Seiten Moskaus.
    Quelle: RT deutsch

    dazu: EU beschließt auf US-Druck Resolution gegen Nord Stream 2 – Sacharowa: “Blanker Wahnsinn für Europa”
    Das EU-Parlament hat am Mittwoch eine Resolution verabschiedet, in der zum Stopp des Baus der Nord Stream 2-Erdgaspipeline aufgerufen wird. Die Sprecherin des Auswärtigen Amtes Russlands, Maria Sacharowa, kommentierte dies mit Unverständnis: “Gegen Zusammenarbeit im Energiebereich, gegen dessen Diversifizierung aufzutreten, dagegen, der Zusammenarbeit im Energiebereich wirklich modernen Charakter zu verleihen… Das ist blanker Wahnsinn für Europa, das auf Energieträger dringend angewiesen ist.”
    Quelle: RT deutsch

    Anmerkung Marco Wenzel: Zwei Beschlüsse gegen die eigenen Interessen und gegen die Interessen der europäischen Wirtschaft. Auf Druck der USA. Und aus Feigheit.

  3. Macrons monarchischer Moment
    Der französische Präsident macht aus seiner Vorliebe für den Monarchismus mit sich selbst in der Hauptrolle keinen Hehl. Die Franzosen haben ihn verstanden.
    In einem Interview aus dem Jahre 2015 äußerte sich Emmanuel Macron in Sachen Republik und französischer Revolution eindeutig:

    „Il y a dans le processus démocratique et dans son fonctionnement un absent. Dans la politique française, cet absent est la figure du roi, dont je pense fondamentalement que le peuple français n’a pas voulu la mort […]“

    Auf Deutsch: „In demokratischen Gesellschaften klafft eine Lücke. In Frankreich ist diese Lücke der fehlende König, dessen Tod, da bin ich mir sicher, das französische Volk nicht gewollt hat…“
    Die Rede ist von Ludwig XVI., dem im Zuge der Französischen Revolution enthaupteten Monarchen, als dessen Nachfolger im Geiste sich Macron gerne sieht und – wie zuletzt bei seiner Fernsehansprache an die Nation hinter vergoldetem Schreibtisch – gerne inszeniert. Auslöser für die Französische Revolution – der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte – war bekanntlich eine geplante Steuerreform, die die schon in Armut lebende Bevölkerung noch weiter in den Ruin getrieben hätte. (…)
    Selbstverständlich rümpft Deutschland die Nase über so viel Gewaltbereitschaft – schon der Sturm der Bastille von 1789 gilt hierzulande im Nachhinein offenbar als verdammenswerter Verstoß des gewaltbereiten Pöbels gegen die öffentliche Ordnung.
    Damit aber schließt sich der Kreis. Denn der Protest der Franzosen, der im republikverachtenden Monarchismus Macrons in erfrischender Dialektik einen idealen Katalysator gefunden hat, richtet sich nicht nur gegen eine Person, sondern gegen ein Regime. Es ist das von Deutschland angeführte ancien régime der EURO-EU, das zum höheren Zwecke der Wettbewerbsfähigkeit seiner Mitgliedsstaaten und der selbstgewählten Unterwerfung unter die Finanzmärkte, denen eine wirklich autonome Zentralbank jederzeit Paroli bieten könnte, die Verarmung seiner Bevölkerungen nach dem Vorbild der Bourbonen betreibt.
    Quelle: Makroskop

    dazu: Gegen eine Politik der Reichen
    Es muss eine Selbstverständlichkeit sein, sich solidarisch mit jenen zu erklären, die gegen die herrschende Politik aufbegehren. Bedenklich sollte aber etwas anderes stimmen, und diese Tendenz ist nicht nur in Frankreich, sondern mit Abstufungen europaweit zu beobachten – das Aufbegehren gegen die herrschende Politik ist in seinem Selbstverständnis nicht mehr unbedingt links. Das Gros der Gelbwesten fühlt sich nicht nur von Macron und Co., sondern anscheinend auch von den klassischen linken Organisationen nicht mehr vertreten. Die Gewerkschaften und linken Parteien unterstützen die Proteste, aber sie waren weder ihr Ausgangspunkt noch sind sie derzeit Ansprechpartner. Die Gelbwesten sind daher durchaus, wie auch der Vorstand der Partei „Die Linke“ vor kurzem beschlossen hat, ein Zeichen der Ermutigung. Sie zeigen aber auch die Schwäche der linken Parteien und der Gewerkschaften an.
    Wir leben in bewegten Zeiten, aber wenn wir ehrlich sind, die Bewegungen gehen derzeit nicht von der breiten gesellschaftlichen Linken aus. Die Rechte ist in Europa auf dem Vormarsch und der politische Mainstream setzt unbeirrt die Politik des Kapitals und der Reichen um. Für uns als Linke ist der Zusammenhang unverkennbar. Das Erstarken von Rechtspopulismus, Neofaschismus und neuem Autoritarismus ist im Wesentlichen durch die tiefen sozialen Verwerfungen begründet. Die moralische Verrohung folgt der sozialen. Eben deshalb ist die gesellschaftliche Linke in der Bringschuld. Wir wissen nicht, wie groß noch oder wie klein das Zeitfenster ist. Angesichts der zunehmenden gesellschaftlichen Widersprüche aber brauchen wir eine umfassende linke Gegenstrategie, wollen wir den Rechten das Feld nicht überlassen. Frankreich ist sicherlich ein Beispiel dafür, dass das Potential für progressive, antikapitalistische Proteste da ist. Wenn dieses Potential sich nicht schnell verflüchtigen und nach kurzfristigen Erfolgen ins Stocken geraten soll, wenn es auch für die dringend notwendige radikale gesellschaftliche Transformation genutzt werden soll, muss die Linke aus ihrem Schatten treten und den Kampf um die Hegemonie in Europa aufnehmen. Nur mit einer breit angesetzten, populären Strategie können wir verhindern, dass die soziale Unzufriedenheit letztlich in rechte Bahnen kanalisiert wird.
    Quelle: unsere zeit

  4. Kinderbetreuung: Bundesrat stimmt “Gute-Kita-Gesetz” zu
    Schleswig-Holstein hatte beantragt, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Damit sollte erreicht werden, dass der Bund sich zur Unterstützung der Länder über 2022 hinaus verpflichtet. Aber für diesen Antrag fand sich in der Länderkammer keine Mehrheit. Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) machte vor der Länderkammer deutlich, dass auch der Bund eine Förderung über 2022 hinaus anstrebe.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung André Tautenhahn: Mag ja sein, dass die SPD eine Förderung über das Jahr 2022 hinaus anstrebt, nur wird sie dann im Bundestag vermutlich keine entscheidende politische Rolle mehr spielen. Es ist absolut nicht zu verstehen, warum eine Befristung der Mittel in dem Gesetz überhaupt vorgesehen wird, wenn man doch beispielsweise mehr Fachkräfte langfristig für die Kitas gewinnen will. Da kann man ja nur zu der Schlussfolgerung kommen, dass der Großen Koalition weniger an guten Kitas, als mehr an schwarzen Nullen gelegen ist.

  5. Sind No-Border-Linke Lakaien des Kapitals?
    Man kann argumentieren, dass Deutschland und andere Industrieländer Schuld daran tragen, dass andere Länder so arm bleiben. Aber weder sind die Leidtragenden offener Grenzen diejenigen, die profitiert haben, noch sind offene Grenzen ein sinnvolles Mittel zur Entwicklung der armen Länder.
    Michael Wendl, ein langjähriger Gewerkschaftsfunktionär und Politiker von SPD, Linke und jetzt wieder SPD, hat auf Makroskop eine Erwiderung auf die Kritik geschrieben, Open-Border-Linke bedienten die Interessen des Kapitals an billigen Arbeitskräften. Da ich diese Kritik vertrete, habe ich seinen Text mit großem Interesse gelesen, in der Hoffnung, die Gegenseite besser verstehen zu lernen.
    Meine Argumente gegen offene Grenzen für alle sind, sehr kurz gefasst: Das internationale Wohlstandsgefälle ist sehr groß und es gibt hunderte Millionen Menschen, die sich begründete Hoffnung auf ein besseres Leben in Deutschland machen könnten, wenn sie legal und einfach einreisen und hier arbeiten dürften. Das würden die Sozialsysteme nicht aushalten und die Löhne vor allem im unteren Bereich würden massiv gedrückt. Das Kapital und gut verdienende Arbeitnehmer würden (materiell) profitieren, die unteren Schichten würden darunter leiden. Außerdem würde es den Herkunftsländern schaden, die zuerst ihre am besten ausgebildeten Arbeitnehmer verlieren würden.
    Quelle: Makroskop
  6. Kramer: Merkel lag mit “Wir schaffen das” richtig
    Die Integration von Flüchtlingen in Deutschland läuft nach Ansicht von Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer deutlich besser als angenommen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe mit ihrem Satz “Wir schaffen das” Recht behalten, sagte der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeber (BDA) der Zeitung Augsburger Allgemeine. Von mehr als einer Million Menschen, die seit 2015 nach Deutschland gekommen seien, hätten knapp 400 000 einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz, sagte Kramer.
    Die meisten jungen Migranten könnten nach einem Jahr Unterricht zudem so gut Deutsch, dass sie dem Berufsschulunterricht folgen könnten, erklärte der Wirtschaftsvertreter. Die große Mehrheit der erwerbstätigen Flüchtlinge arbeite mittlerweile in sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung und sei somit integriert. Viele Migranten seien “eine Stütze der deutschen Wirtschaft geworden”.
    Deutschland müsse das Thema Migration “nüchterner betrachten”, fordert Kramer. “Wir dürfen keine Angst vor Zuwanderung haben, sondern müssen Menschen, die zu uns kommen und hier arbeiten, als Bereicherung sehen.” Die meisten Mittelständler seien weiter auf der Suche nach Mitarbeitern und hofften auf das geplante Fachkräfteeinwanderungsgesetz der Großen Koalition.
    Wenn es nicht gelinge, künftig Fachkräfte aus dem Ausland anzuwerben, bestehe die Gefahr, dass Deutschland wirtschaftlich zurückfalle wie in den 90er Jahren, so Kramer. “Dann bräuchten wir allerdings wieder einen Politiker wie den einstigen SPD-Kanzler Gerhard Schröder, der den Mut aufbringt, das Ruder radikal rumzureißen.” Seine Reformen seien “ein Segen für unsere Volkswirtschaft” gewesen, sagte Kramer – auch wenn Politiker wie Schröder später persönlich oft abgestraft würden.
    Quelle: Südddeutsche Zeitung

    Anmerkung Christian Reimann: Was hat Herr Kramer bei der Integration von Flüchtlingen hierzulande eigentlich erwartet, wenn er nun sagt, sie laufe “deutlich besser als angenommen”? War Deutschland in den 90er Jahren wirtschaftlich wirklich zurück oder wurde dieses Land “krank” geschrieben, damit die angeblichen Reformen durch die rotgrüne Schröder-Fischer-Regierung in Kooperation mit FDP und den Unionsparteien durchgeführt werden konnten? Für wen waren die “Reformen” ein “Segen” – für Unternehmen oder für die Allgemeinheit? Viele Millionen Personen sind auf jeden Fall finanziell schlechter gestellt worden – insbesondere Erwerbslose. Für viele Millionen “Leistungsträger” haben sich seither die Arbeitsbedingungen deutlich verschlechtert – vor allem der Druck auf das Lohngefüge hat enorm zugenommen.

  7. Spaniens Richter tanzen nach der Pfeife der Politiker
    Wegen fragwürdiger Anklagen, Urteile und Ernennungen gerät die spanische Justiz zunehmend ins Zwielicht. Die politischen Parteien haben zu grossen Einfluss auf die Ernennung der Richter.
    Dass die spanische Justiz langsam arbeitet und völlig überlastet ist, ist allseits bekannt. Dass aber die politischen Parteien Einfluss bis in die obersten Richtergremien haben, war den Bürgern lange Zeit nur wenig bewusst. Doch das änderte sich jüngst mit der Ernennung des Vorsitzenden des Generalrats der Justiz (Consejo General del Poder Judicial). Das Gremium entscheidet über die Besetzung der wichtigsten Richterposten im Land.
    Kaum war bekanntgeworden, dass Manuel Marchena, ein konservativer Richter an Spaniens oberstem Gerichtshof, zum Vorsitzenden dieses Rats gekürt werden sollte, drang Jubel aus dem Senat. Ignacio Cosido, der Sprecher der konservativen Fraktion in der kleinen Parlamentskammer, liess seine 146 Amtskollegen per Whatsapp wissen, dass man mit Marchenas Ernennung Einfluss auf die Prozesse gegen korrupte Politiker in den eigenen Reihen erlangen werde, denn man könne jetzt die Strafkammer des obersten Gerichts «von hinten kontrollieren». Die Textnachricht wurde der Zeitung «El Español» zugespielt, ein Aufschrei ging durch die gesamte Medienlandschaft.
    Quelle: NZZ
  8. KAS zu Studierenden-Proteste in Albanien: „Große Proteststimmung im Land“
    Bezahlbare Gebühren, mehr Geld für Bildung, Bekämpfung der Korruption: Seit Tagen demonstrieren Studierende in mehreren albanischen Städten. Mittlerweile sei die Proteststimmung auch auf andere Teile der Bevölkerung übergesprungen, sage Walter Glos von der Konrad-Adenauer-Stiftung in Albanien im Dlf. […]
    Gebert: Woran genau hat sich denn der Protest der Studierenden entzündet?
    Glos: Die Proteste sind aufgekommen, nachdem großer Unmut entstanden ist, dass viele Studenten, die ihre Klausuren wiederholen mussten, dafür hohe Gebühren zahlen sollten. Hinzu kommt, dass die Gebühren für die Semester natürlich exorbitant hoch sind. Wenn man das im Vergleich zu Deutschland heranzieht, da kann man das nachvollziehen.
    Gebert: Wie hoch sind die denn?
    Glos: Die sind teilweise bis zu 2.600 Euro für ein Jahr, und bei einem Durchschnittslohn, den man hier so um die 300 bis 350 Euro im Monat vorfindet, ist das sehr teuer, und wir haben ja selbst hier Stipendien vergeben. Die Studenten, die wir da auswählen, die weinen dann häufig, weil ihnen großes Glück beschert wird, wenn ihnen zum Beispiel eine deutsche politische Stiftung ein Stipendium vergibt.
    Gebert: Jetzt ist die Bezahlbarkeit des Studiums das eine, was gefordert wird. Vielleicht greifen Sie sich noch mal zwei Dinge heraus, die den Studierenden ebenfalls wichtig sind.
    Glos: Also das ist einmal natürlich die Präsenz der Studenten in den wichtigen Entscheidungsgremien, über Dekane oder Rektoren, dann die Verdopplung des Budgets im Staatshaushalt für die Bildung, und dann aber auch die katastrophale Situation in den Studentenheimen, die wirklich unglaublich schlecht sind. Ich selbst hatte die Chance, mir das anzusehen, und wenn Ihnen 40 junge Studierende zeigen, wie sie mit einer Toilette klarkommen müssen und mit einer Dusche und Sie vermuten, dass die deutschen Gefängniszellen besser sind wie die Unterbringung hier im Studentenheim, dann kann man das durchaus nachvollziehen, was die Studenten fordern.
    Quelle: Deutschlandfunk
  9. Kosovo: Armeegesetze
    Mehrere Medien berichten, dass das kosovarische Parlament heute (14.12.) Gesetze verabschieden möchte, welche die Umwandlung der Kosovo Security Force (KSF) in eine reguläre Armee vorsehen. „Ein richtiger Staat hat eine richtige Armee“, schreibt hierzu etwa die Basler Zeitung (online): „Die Gründung der kosova­rischen Armee ist ein symbolischer Akt. Die Umwandlung der leicht bewaffneten Sicherheitskräfte wird mehrere Jahre in ­Anspruch nehmen. Derzeit verfügen sie über einen einzigen ­Helikopterpiloten. Für die Sicherheit Kosovos bleibt weiterhin die Nato-Truppe KFOR zuständig. Diese Aufgabe wird das westliche Militärbündnis den lokalen Behörden vermutlich erst dann übergeben, wenn Pristina und Belgrad ihre Beziehungen normalisiert haben.“
    Zu ergänzen wäre, dass die Grundlage des KFOR-Einsatzes nach wie vor die UN-Resolution 1244 ist, die sich in ihrer Präambel „zur Souveränität und territorialen Unversehrtheit der Bundesrepublik Jugoslawien“ bekannte, zu der der Kosovo vor der NATO-Militärintervention gehörte. N-tv.de ist insofern in seiner Berichterstattung präziser: „Infolge eines langen Konflikts, in den 1999 die Nato eingriff, spaltete es sich von Serbien ab. 2008 erklärte sich das Kosovo zum unabhängigen Staat. Mehr als 100 Länder, darunter Deutschland, haben ihn anerkannt, nicht aber fünf EU-Mitgliedsländer, Russland, China sowie Serbien.“
    N-tv.de berichtet außerdem über Konflikte innerhalb der NATO über den kosovarischen Schritt zum Ausbau der KSF: „Auch einige Nato-Partner hegen Zweifel an den militärischen Ambitionen des Kosovos. ‚Dieser Schritt kommt zur Unzeit‘, kommentierte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg vergangene Woche nach einem Außenministertreffen des nordatlantischen Bündnisses. Die USA unterstützen Pristina hingegen in der Armee-Frage. ‚Das morgige Votum über die Umwandlung der KSF ist ein historisches für Kosovo‘, twitterte der US-Botschafter in Pristina, Philip Kosnett. ‚Die USA werden die professionelle Entwicklung und Evolution der KSF unterstützen, die eine positive Rolle für das Kosovo und die Region spielen muss‘.“
    Quelle: Informationsstelle Militarisierung e.V.
  10. Flüchtlinge auf der neuen Balkanroute: Gefangen im Niemandsland
    Weil die alte Balkanroute geschlossen ist, versuchen viele Flüchtlinge über Bosnien in das EU-Land Kroatien zu gelangen. Inzwischen mehren sich die Berichte von brutalen Misshandlungen durch kroatische Grenzpolizisten. Und der Bürgermeister einer bosnischen Grenzstadt beklagt, dass der Staat sein Dorf im Stich lasse. […]
    Noch vor einem Jahr lag Bosnien und Herzegowina abseits der sogenannten Balkanroute, die Wege nach Westeuropa führten über andere Länder. Das hat sich geändert, seit diese Transitwege durch Grenzzäune und den verstärkten Einsatz von Polizei und Militär weitgehend dicht sind. Waren es 2017 noch weniger als 800 Menschen, sind dieses Jahr bis Ende November 22.000 sogenannte illegale Migranten in Bosnien und Herzegowina registriert worden. Zum Teil sind es Menschen, die ohnehin schon in Südosteuropa unterwegs waren, sagt Neven Crvenkovic, Sprecher des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR in Sarajevo:
    „Die meisten kommen aus Serbien. Einige sind dort schon seit 2016, als die sogenannte Balkanroute geschlossen wurde. Andere kommen aus Montenegro, das ist der zweite Weg, den sie nehmen. Es gibt aber auch Menschen, die direkt aus Griechenland kommen. Das ist eine Mischung. Die Menschen kommen in den allermeisten Fällen nach Bosnien und Herzegowina, um in EU-Länder weiterzuziehen, was sie auch als ihr endgültiges Ziel angeben.“
    Es ist die fast 1000 Kilometer lange gemeinsame Grenze mit dem EU-Land Kroatien, die Bosnien und Herzegowina so anziehend macht. Die Grenze ist gut bewacht, sie verläuft aber durch Gebirge oder anderes unwegsames Gelände und ist schwer zu kontrollieren. Die Städte Bihac und Velika Kladusa liegen im Nordwesten des Landes. Kroatien und damit die EU sind nur noch einen Fußmarsch entfernt. Zurzeit warten dort etwa 4.000 Menschen auf eine Gelegenheit, über die Grenze zu gelangen.
    Quelle: Deutschlandfunk
  11. Globales Finanzcasino: Die Botschaft zum Jahresende lautet „Game over“
    Die Finanzwelt hat Ende 2018 einen Wendepunkt erreicht. Fast zehn Jahre lang haben die Zentralbanken das globale Finanzsystem künstlich am Leben erhalten, indem sie Billionen an Dollars, Euros, britischen Pfund, japanischen Yen und Schweizer Franken aus dem Nichts erzeugt und zu immer niedrigeren Zinsen vergeben haben. Damit haben sie eine Entwicklung eingeleitet, die niemand vorausahnen konnte: Die Finanzmärkte haben über einen Zeitraum von 115 Monaten eine Rekordmarke nach der anderen gerissen. […]
    Da diese Entwicklung das globale Finanzsystem inzwischen existenziell bedroht, ersetzen die Zentralbanken, angeführt von der FED, seit einiger Zeit ihre „lockere“ durch eine „straffere“ Geldpolitik – das heißt: Sie verringern den Geldfluss und erhöhen die Zinsen.
    Die FED hat ihren Leitzins ab 2015 in mehreren sehr vorsichtigen Schritten bis auf 2,25 Prozent angehoben und bereinigt ihre auf mehr als $ 4,5 Billionen angewachsene Bilanz zurzeit um monatlich ca. $ 50 Mrd., die EZB hat ihre im März 2016 begonnenen Anleihenkäufe in diesem Sommer weiter eingeschränkt und will sie ab Anfang 2019 ganz aussetzen.
    Diese Umkehr in der Geldpolitik wirkt auf die Finanzmärkte allerdings wie ein Drogenentzug auf einen Süchtigen und führt daher zu einer gefährlichen Instabilität. Aber nicht nur das: Sie trifft das System auch noch zu einer Zeit, in der es ohnehin mit einer Anhäufung von Problemen konfrontiert ist: Dem von den USA inszenierten Handelskrieg, der italienischen Bankenkrise, dem Volksaufstand in Frankreich, den Sanktionen gegen Iran, der Kapitalflucht aus den Schwellenländern, dem im Hintergrund immer bedrohlicher ausufernden Derivatesektor und einer einsetzenden globalen Rezession.
    Ein ungünstigeres Zusammentreffen schwarzer Schwäne (möglicher Auslöser für einen System-Kollaps) ist schwer vorstellbar. Sollten die Zentralbanken trotzdem an ihrer straffen Geldpolitik festhalten, so lässt sich die Entwicklung an den Finanzmärkten in folgende drei Stadien einteilen:
    1. Stadium (in dem wir uns gerade befinden): Durch den Geldentzug wird weniger spekuliert, die Kurse beginnen zu fallen. Erste Investoren, die mit geliehenem Geld in die Märkte eingestiegen sind, ziehen sich zurück, worauf die Kurse weiter nachgeben. In die Spekulation gezwungene konservative Anleger werden nervös, verkaufen und drücken die Kurse noch weiter.
    Quelle: activism
  12. Urteil zu Euro-6-Norm: Europäische Großstädte dürfen ab 2021 auch neueste Diesel aussperren
    Eine Verordnung der EU-Kommission zu milderen Abgaswerten der Euro-6-Norm ist laut EU-Gericht gesetzeswidrig. Geklagt hatten die Städte Paris, Brüssel und Madrid. Hersteller müssen nun ihre Dieselmotoren-Strategie überdenken.
    Die EU-Kommission hat laut einem Urteil des EU-Gerichts bei der Einführung neuer Auto-Abgastests die Grenzwerte der Euro-6-Norm zu Unrecht gelockert. Dies entschieden die Luxemburger Richter nach einer Klage der Städte Paris, Brüssel und Madrid. Diese Städte dürfen die Grenzwerte nun anfechten und im Zweifel auch Fahrverbote für neueste Dieselautos verhängen, die offiziell zugelassen wurden.
    Damit herrscht in der Automobilbranche zunächst wieder Unsicherheit über künftige Anforderungen an Autos mit Benzin- und Dieselmotoren. Die Hersteller waren mit der nun verworfenen Regelung zufrieden. Sie hatten erreicht, dass Autos im realen Straßenverkehr mehr NO2 ausstoßen dürfen als auf dem Prüfstand.
    Dazu hatte die EU-Kommission Umrechnungsfaktoren festgelegt. Statt den im Euro-6-Regelwerk vorgeschriebenen 80 Milligramm Stickstoffdioxid je Kilometer dürfen die Dieselautos für eine Übergangszeit 168 Milligramm und danach 120 Milligramm ausstoßen. Zuvor hatte es lediglich Prüfstandsmessungen gegeben, deren Werte viele Autobauer manipuliert hatten.
    Die Kommission hatte die erhöhten Grenzwerte mit Messungenauigkeiten bei Prüfungen im realen Straßenverkehr begründet. Wenn die Autos aber mehr von dem Reizgas ausstoßen dürfen, macht es das für die Städte schwerer, die gesetzlichen Vorgaben zur Luftqualität einzuhalten.
    Quelle: Spiegel Online
  13. Schlachthof-Kontrollen nehmen rapide ab
    Tausende von ihnen arbeiten in Bayern, im Oldenburger Land oder im Emsland. Sie kommen aus Bulgarien, Rumänien oder der Ukraine, arbeiten in Schlachthöfen, zerlegen im Akkord Schweine oder Rinder. Mit der Armee von Lohnarbeitern ist das reiche Deutschland zum Billigland für Schlachter geworden. Die Arbeitsbedingungen sind nach Ansicht von Experten oft miserabel. Überzogene Mieten für Unterkünfte, Versuche, den ohnehin niedrigen Mindestlohn zu umgehen: Experten beklagen teils sklavenähnliche Zustände.
    Eigentlich sollte ein Gesetz die Probleme eindämmen. Mitte des vergangenen Jahres hatte der Bundestag die Rechte von Arbeitern in Schlachthöfen gestärkt – aus Angst vor dem Widerstand der Branche in einer Nacht- und Nebelaktion. Die Industrie konnte sich demnach bei Verstößen gegen Arbeitsgesetze nicht mehr auf Subunternehmer berufen. Sie sollte selbst haften. Die zuständige Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG) sprach von einem Meilenstein. Schließlich würden Kontrollen leichter, wenn die Arbeitsstunden aufgezeichnet werden müssen.
    Doch nun macht sich Ernüchterung breit. Eine Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt, zeigt: Die nötigen Kontrollen haben mit dem Gesetz nicht etwa stark zu-, sondern sogar rapide abgenommen. Den Daten des Bundeslandwirtschaftsministeriums zufolge führte die zuständige “Finanzkontrolle Schwarzarbeit” 2017 bundesweit nur noch 233 Kontrollen in der Fleischwirtschaft durch. 2015 waren es noch 445. (…)
    Dabei macht die Statistik der Regierung selbst klar, dass die Kontrollen nötiger denn je wären. Eine Aufstellung festgesetzter Geldbußen, Geld- und Freiheitsstrafen in der Branche infolge von Kontrollen offenbart viele Treffer. Von 2015 bis 2017 verdoppelten sich die Geldbußen auf 364 500 Euro, die Zahl der verhängten Freiheitsstrafen in Monaten hat sich sogar mehr als vervierfacht – auf 356 Monate.
    Quelle: Süddeutsche
  14. Das Letzte: Staatliche Kursversicherung für eine Aktien-Rente?
    Trotz mehrerer Baissen, großer Schwankungen und aktueller Börsenschwäche erzielte der DAX in 1988 -2018 mit 8% Jahresdurchschnittsrendite die gleiche Performance wie die US-amerikanischen Barometer Dow Jones oder S&P500. Ein heutiger Rentner, der in dieser Zeit durchgehend monatlich 100€ in Aktien angelegt hätte, könnte heute auf stolze 142.000 € zurückblicken (Berechnung mit Tool). Umgelegt auf 15 Jahre einer zu erwartenden Restlebenszeit würde er mit diesem Kapital sein Altersruhegeld um fast 800 € monatlich spürbar aufbessern und die “Einkommenslücke” zum Salär in der Berufszeit womöglich schließen.
    Quelle: Telepolis

    Anmerkung André Tautenhahn: Hm, würden wir uns an der Rentenpolitik der Österreicher orientieren, hätte ein heutiger Rentner im Schnitt auch 800 Euro mehr und das ohne Aktien, DAX und Risiko. Außerdem wird die gesetzliche Rente bis zum tatsächlich und nicht bloß bis zum erwartenden Lebensende gezahlt. Was dieser Werbebeitrag auf Telepolis soll, ist daher nicht ganz klar. Offensichtlich steht es sehr schlecht um die Finanzmärkte.

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