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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JK/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Wohnungsnot
  2. Der Jemen und „der Friedhof der Imperien“
  3. Claus Kleber außer Rand und Band – Oder: Warum der Einmarsch Russlands im Baltikum ausfällt
  4. Von der Marktwirtschaft zur Marktgesellschaft
  5. Bayer baut 4500 Jobs in Deutschland ab
  6. China’s EU envoy to Europe: plot your own path, not Washington’s
  7. Die Paketbranche boomt – die Löhne der Zusteller sinken
  8. Märchen des Neoliberalismus – Flexiblere Arbeitsmärkte führen zu mehr Arbeitsplätzen!
  9. Die Armut auf der Straße wird immer sichtbarer
  10. Nuklearexperte: Satellitenbilder zeigen, dass saudische Reaktoranlage kurz vor Fertigstellung steht
  11. Gelbwesten-Proteste – Französischer Premier verspricht Steuersenkungen
  12. „Liberté, Égalité, Flashball“
  13. Schwarze Kriegskasse
  14. Mediziner verlassen das Land
  15. Wenn Hochqualifizierte gehen und wenig Gebildete kommen – Deutschlands doppeltes Migrationsproblem
  16. Framing-Check: “Fahrverbot” – Wer von Fahrverboten spricht, verhindert Umweltschutz
  17. Altkanzler Schröder wird 75 – „Ich wollte immer meine eigene Situation verbessern“
  18. Die Anstalt

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Wohnungsnot
    1. Forderung nach Enteignungen schlägt politische Wellen
      Angesichts steigender Mieten in deutschen Großstädten fordert eine Initiative die Enteignung großer Immobilienunternehmen. Die Debatte hat längst die Bundespolitik erreicht. Auch weil eine Umfrage zeigt: Die radikale Idee ist in Berlin mehrheitsfähig.
      „Deutsche Wohnen und Co. enteignen.“ Als Rouzbeh Taheri und seine Mitstreiter ihr Volksbegehren zur Enteignung großer profitorientierter Immobilienkonzerne vergangenes Jahr angemeldet haben, da wurden sie noch als revolutionäre Spinner verlacht. Ihr Credo:
      „Wir brauchen gegenüber der Radikalität des Marktes eine radikale Lösung. Wir haben eine realistische Chance, wir haben die Debatte in der Stadt Richtung Interessen Mieterinnen und Mieter verschoben.“
      Spätestens seit diesem Wochenende ist klar: Die radikale Idee ist bei den Berliner Bürgern mehrheitsfähig, mehr als 50 Prozent sprechen in Umfragen sich für die Initiative aus. Und schon zum Start des Volksbegehrens am Samstag bekamen die Aktivisten 15.000 der 20.000 Unterschriften zusammen, die für den ersten Schritt des Enteignungsvolksbegehrens nötig sind.
      Inzwischen wird auch in der Bundespolitik diskutiert, ob Enteignungen gegen Entschädigung als ultima ratio in der Wohnungspolitik infrage kommen.
      Grünen Chef Robert Habeck spricht sich eindeutig dafür aus.
      „Ausdrücklich ist im Grundgesetz eine Sozialverpflichtung vorgesehen. Aber nirgendwo ist im Grundgesetz vorgesehen, dass man unbegrenzte Rendite machen kann. Sondern die muss begrenzt werden und diese Begrenzung muss durchgesetzt werden. Wenn sie nicht anders durchzusetzen ist, muss man darüber nachdenken, ob man nicht auch enteignet.“
      Es wäre absurd, wenn das Mittel der Enteignung nur angewendet würde, um neue Autobahmen zu bauen, aber nicht um gegen grassierende Wohnungsnot vorzugehen.
      Auch Caren Ley, stellvertretende Bundesvorsitzende der Linken hält Enteignungen für legitim: Das Volksbegehren und auch die bundesweiten Demonstrationen unter dem Motto „Mietenwahnsinn“ am Samstag seien vor allem ein Misstrauensvotum gegen die Wohnungspolitik der Bundesregierung.
      Quelle: Deutschlandfunk

      Anmerkung JK: Welcher soziale Sprengstoff sich in der immer katastrophaler werdenden Situation auf den Wohnungsmarkt verbirgt, scheint der Politik immer noch nicht ganz klar zu sein. Das oberste Ziel der Parteien des neoliberalen Konsenses von FDP bis SPD, die Grünen (nicht alle) scheinen hier einmal ausnahmsweise auszuscheren, ist offenbar weiter die Interessen der Immobilien- und Finanzspekulanten zu bedienen. Verantwortung für die Misere trägt klar die Politik, die mit ihrem blinden der neoliberalen Ideologie hinterherlaufen hunderttausende Wohnungen in öffentlicher Hand an Finanzinvestoren verscherbelte. Was aber würde z.B. dagegen sprechen die Wohnungsgemeinnützigkeit, die durch die Regierung Kohl abgeschafft wurde, wieder einzuführen? Man kann sich nur wünschen, dass der Protest gegen die Wohnungsnot weiter an Dynamik gewinnt. Vielleicht sehen wir sogar den Beginn einer deutschen Gelbwestenbewegung.

    2. Nüchtern bleiben
      Der Zirkus um das Berliner Volksbegehren »Deutsche Wohnen und Co. enteignen« zeigt, wie verdreht Kategorien und Maßstäbe des politischen Personals inzwischen sind: CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak ist »fassungslos«; Thüringens CDU-Chef Mike Mohring meint: »Sozialismus pur«; Hans Reichhart (CSU), Bauminister in Bayern, will die »schwachsinnige Debatte« schnell beenden; CSU-Generalsekretär Markus Blume weiß, dass »sozialistische Ideen« noch nirgendwo »funktioniert« haben.
      Linke sollten hier ganz nüchtern bleiben. »Sozialistisch« ist an dem Berliner Vorstoß gar nichts. Die Initiatoren wollen die Eigentümer grundgesetzkonform »entschädigen«, wenn auch »unterhalb des Marktwerts«. Am Ende stünde so zwar ein politischer Preis, aber eben doch ein Kauf. Und so radikal, um mit dem Gedanken zu spielen, die Wohnungskonzerne zu dem Tarif zu entschädigen, mit dem das westdeutsche Kapital nach 1990 von der Treuhand Grundstücke, Gebäude und Betriebe im Osten der Republik erworben hat, sind sie nicht. Damals gingen Industriekombinate mit Mann und Maus für eine »symbolische D-Mark« über den Ladentisch.
      Quelle: junge Welt
    3. Volksbegehren “Deutsche Wohnen enteignen”
      Die anhaltenden Mietsteigerungen seien für viele Berliner nicht mehr zu stemmen, sagte Michael Prütz, Mit-Initiator des Volksbegehrens “Deutsche Wohnen enteignen”, im Dlf. Etwaige Entschädigungszahlungen zu leisten, sei für den Berliner Landeshaushalt “kein Problem”.
      Zagatta: Herr Prütz, 20.000 Unterschriften benötigen Sie jetzt in einem ersten Schritt, was ja eigentlich kein Problem sein sollte. Von was gehen Sie aus, bekommen Sie die heute schon zusammen?
      Prütz: Es ist gut möglich, dass wir die heute schon zusammenbekommen, aber vielleicht dauert es noch ein, zwei Tage. Die Unterstützung, die wir in der Stadt erfahren, ist riesig, also das wird überhaupt kein Problem sein.
      Zagatta: Aber wenn Sie damit und mit den Enteignungen vielleicht sogar erfolgreich sind, bringt das ja keine einzige Wohnung mehr – das Argument haben wir ja gehört. Lohnt sich da der ganze Aufwand?
      Prütz: Wir haben das auch nie behauptet, dass neue Wohnungen dadurch entstehen, aber wir sagen, durch die Enteignung werden 400- bis 500.000 Mieterinnen und Mieter in der Stadt geschützt, gewinnen Planungs- und Lebenssicherheit, und infolge dieser Enteignung werden sich auch kleinere Vermieter mehr an die vernünftigen Regeln halten, die wir alle wollen.
      Zagatta: Da sagen aber die großen Unternehmen, also beispielsweise die Deutsche Wohnen, sie gehe sehr vernünftig vor. Also das Unternehmen sagt, seine Mieten seien vergleichsweise günstig. Ist das so falsch?
      Prütz: Alle Konzerne sagen, dass ihre Mieten bei ca. 6,60 Euro liegen, das ist natürlich normal, sie sagen aber nicht – das sagen sie nur in ihren Geschäftsberichten –, dass das Mietsteigerungspotenzial in den nächsten Jahren in Berlin bei 50 Prozent liegt. Das heißt also, drei, vier Euro Nettokaltmiete mehr, das ist das, was sie anstreben, und das ist für die Mehrheit der Berlinerinnen und Berliner überhaupt nicht leistbar.
      Zagatta: Was nutzt Ihnen jetzt, wenn Sie die Stimmen zusammenbekommen, aber der Berliner Senat da nicht mitzieht? Bürgermeister Müller hat ja klar gesagt, dass er nichts von diesen Enteignungen hält.
      Prütz: Der Senat ist unterschiedlicher Auffassung, die drei Regierungsparteien haben eine differente Meinung zu dieser Angelegenheit. Und es wird keinen Einspruch des Senates geben gegen das Volksbegehren, dann müssten sich nämlich alle drei Senatsparteien einig sein, dass sie das Volksbegehren ablehnen und vor das Verfassungsgericht bringen. Das werden sie nicht tun.
      Quelle: Deutschlandfunk
    4. Das Einfallstor zum Sozialismus in Deutschland scheint gefunden
      Eine Berliner Volksinitiative will Grossvermieter enteignen. An der Spitze der Bewegung steht eine Bundestagsabgeordnete der Grünen. Aber auch der Grünen-Chef Robert Habeck sympathisiert mit Enteignungen. Beide berufen sich auf das Grundgesetz. Wollten die Grünen nicht gerade in die Mitte der Gesellschaft?
      Am Samstag sind in Berlin Zehntausende Menschen auf die Strasse gegangen, um gegen den «Mietenwahnsinn» zu demonstrieren. Gleichzeitig hat die Unterschriftensammlung für eine Volksinitiative begonnen, die Immobilienfirmen enteignen will. Betroffen wären Grossvermieter mit über 3000 Wohnungen. Hauptadressat der Initiative ist die Immobilienfirma Deutsche Wohnen, die in Berlin 110 000 Wohnungen bewirtschaftet. So heisst die Initiative denn auch «Deutsche Wohnen & Co. enteignen». Würde sie realisiert, würden auf einen Schlag 250 000 private Wohnungen verstaatlicht werden. Allein die Vorstellung scheint einige linke Politiker in einen Rauschzustand zu versetzen.
      Quelle: NZZ

      Anmerkung JK: Die NachDenkSeiten haben noch nie mit der Kritik an den Grünen gespart, aber wenn sich Konservative und Neoliberale so echauffieren, dann hat man definitiv etwas richtig gemacht.

  2. Der Jemen und „der Friedhof der Imperien“
    Seit nunmehr vier Jahren ist eine Koalition unter Führung Saudi-Arabiens und der Vereinigten Arabischen Emirate heillos in einen desaströsen Krieg im Jemen verstrickt, wo die laut UN „größte humanitäre Katastrophe der Welt“ wütet. Neben der Unbeugsamkeit der Houthi-Rebellen ist der Jemen nicht zuletzt wegen seiner Geographie ein kriegsstrategischer Albtraum und hat damit das Potential, Saudi-Arabien sein „Vietnam zu bescheren“.
    Mehr als 85.000 Kinder unter fünf Jahren wurden im seit vier Jahren währenden Krieg im Jemen bereits durch eine menschengemachte Hungersnot ermordet – und damit mehr als die rund 70.000 insgesamt durch Waffengewalt Getöteten. Die Hälfte der jemenitischen Bevölkerung leidet akut unter Hunger. Mit weit über 1,2 Millionen Infizierten wütet kriegsbedingt die größte Choleraepidemie seit Beginn der modernen Aufzeichnungen. Während die UN die „größte humanitäre Katastrophe der Welt“ beklagt, setzt die Saudi-Emirate-Koalition unter Komplizenschaft der westlichen Wertegemeinschaft Epidemien und Hunger als Kriegswaffe ein, weshalb einige Analysten ob der Perfidie bereits Vergleiche zum Holodomor, Stalins Hunger-Genozid in der Ukraine, und der Großen Hungersnot der Nazis im besetzten Griechenland ziehen. Jeder historische Vergleich hinkt, doch sollten die Saudis und ihre unverbesserlichen Verbündeten im Westen allen voran den Vietnam-Krieg im Hinterkopf behalten, wenn sie den Ausgang ihrer Unternehmung erahnen wollen.
    „Sein Vietnam erleben“ umschreibt die Situation, in der ein übermächtiger Aggressor von einem unterlegenen Gegner in die Knie gezwungen wird. Weder die knapp drei Millionen US-Soldaten, noch die größte Chemiewaffenkampagne der Menschheitsgeschichte konnten den USA damals zum Sieg verhelfen. Die Sowjetunion erlebte ihr Vietnam in Afghanistan. Nach einer Dekade zog die Rote Armee 1989 gedemütigt ab und Moskau musste schmerzlich lernen, dass ein Krieg in Afghanistan nicht zu gewinnen ist – so wie bereits Alexander der Große, Dschingis Khan und das British Empire davor und die NATO in ihrer 18-jährigen Katastrophe danach. Nicht umsonst wird das Land „Graveyard of Empires“ genannt. ….
    Quelle: Justice Now

    Anmerkung JK: Hier manifestiert sich einmal mehr das komplette Versagen des deutschen „Qualitätsjournalismus“, der lieber windige Geschichten zur Enthüllungsstory aufbläst wie die angebliche Steuerung der AfD durch Putin oder völlig durchgedreht über einen Krieg mit Russland phantasiert, als über die katastrophale Lage im Jemen zu berichten. Aber bei einer kritischen Berichterstattung über die brutale Kriegführung der Saudis im Jemen würden ja die Interessen der US-Oligarchie berührt, das lässt man dann lieber sein. Man will ja weiter an den Fleischtöpfen sitzen.

  3. Claus Kleber außer Rand und Band – Oder: Warum der Einmarsch Russlands im Baltikum ausfällt
    Im heute-journal vom 4. April lässt Claus Kleber in einer Anmoderation russische Truppen im Baltikum einmarschieren. Dieser grobe journalistische Schnitzer wirft ein Schlaglicht auf den geistigen und moralischen Zustand der medialen Eliten in Deutschland.
    Auf meinem Bildschirm erscheint eine Nachricht. “Eilmeldung” steht dort auf Russisch. Und darunter die Überschrift: “Auf einem deutschen Fernsehkanal wird über den ‘Einmarsch’ Russlands in Estland berichtet”. Jetzt übertreiben die Kollegen beim russischsprachigen Kanal von RT aber wirklich, denke ich. Doch schon wenige Minuten später stellt sich heraus, aus Russland kommt wie immer der fachlich bessere Journalismus, der niederschmetternd schlechte kommt aus Deutschland.
    Quelle: Gert Ewen Ungar auf RT Deutsch
  4. Von der Marktwirtschaft zur Marktgesellschaft
    Im Laufe der 1980er Jahre setzte in mehreren Staaten Europas ein Prozess der Privatisierung ein. Staatliches Eigentum an Infrastruktur und Betrieben sowie öffentliche Dienstleistungen überführten vor allem konservativ-liberale Regierungen in private Hand. Stellvertretend für diesen wirtschaftspolitischen Kurs in Deutschland sind unter anderem die Privatisierungen früherer Staatsunternehmen wie der Deutschen Post oder der Deutschen Bahn. Erhofft hatte man sich davon eine Entlastung der öffentlichen Haushalte und in Folge eines freien Wettbewerbs effizientere Strukturen und deutliche Preissenkungen. Der Sozialwissenschaftler Prof. Dr. Tim Engartner von der Goethe-Universität Frankfurt am Main hat sich die Privatisierung in Deutschland genauer angeschaut und seine Forschungsergebnisse zuletzt in Buchform veröffentlicht. Wir haben ihm dazu unsere Fragen gestellt.
    L.I.S.A.: Herr Professor Engartner, Sie haben zuletzt ein Buch veröffentlicht, in dem Sie sich in einer zeithistorischen und sozialwissenschaftlichen Perspektive mit der Privatisierungspolitik in Deutschland beschäftigen. Warum haben Sie sich eines Themas angenommen, über das schon mehrfach publiziert worden ist? Was gibt es Neues?
    Prof. Engartner: Die historischen Entwicklungspfade sowie die politischen Argumentationsmuster sind natürlich nicht neu. Aber es gibt immer wieder neue Fälle, an denen sich die negativen Folgen von Privatisierungen ablesen lassen: die in öffentlich-privater Partnerschaft (ÖPP) errichtete Elbphilharmonie, die die Hamburger Steuerzahler knapp 800 Mio. Euro und damit zehnmal mehr gekostet hat als ursprünglich geplant, ist ebenso ein Beispiel wie die gerade beschlossene Privatisierung der Bundesautobahnen, die in einer PKW-Maut enden wird, oder aber die Privatisierung der Justiz, die im Rahmen internationaler Handelsverträge oder aber auch bei ÖPP-Projekten wie dem für die LKW-Maut zuständigen Firmenkonsortium namens Toll Collect immer häufiger durch private Schiedsgerichte verdrängt wird. Und zur Privatisierung von Bildung über Unterrichtsmaterialien privater Content-Anbieter wie Daimler und Volkswagen oder Deutsche Bank und Commerzbank ließe sich beinahe täglich Neues schreiben. Kurzum: Nahezu täglich finden sich neue Beispiele für Privatisierungen – auf kommunaler, auf Landes- oder auf Bundesebene, denn trotz der verheerenden Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008ff. ist die Mär von der Allmacht des Marktes lebendig.
    Quelle: Gerda Henkel Stiftung

    Anmerkung JK: Das Thema ist nach wie vor aktuell. Auch vor dem Hintergrund der Diskussion um die Enteignung großer Immobilienkonzerne. Wobei sich die Frage stellt weshalb die Privatisierung öffentlichen Eigentums immer möglich sein soll, der umgekehrte Weg aber nicht.

  5. Bayer baut 4500 Jobs in Deutschland ab
    Nach langem Ringen legt sich der Konzern fest: Ein Drittel der 12.000 Stellen, die er weltweit abbauen will, entfallen auf Deutschland. Am Dienstag will der Vorstand die Mitarbeiter per Brief informieren. Kündigungen sind ausgeschlossen.
    Monate lang hat das Management von Bayer gerungen: Nun steht fest, wie stark der im November angekündigte Stellenabbau Deutschland trifft. So sollen hierzulande 4500 Arbeitsplätze wegfallen, wie unsere Redaktion aus Kreisen erfuhr. Dies will der Vorstand den Mitarbeitern am Dienstag per Brief mitteilen. Wenn sie am Morgen zur Arbeit kommen, sollen sie den Brief vorfinden. Damit fällt fast jede siebte Stelle von Bayer in Deutschland weg, der Konzern hat hierzulande 32.000 Mitarbeiter. Der Bayer-Sprecher wollte das nicht kommentieren. Weltweit hat Bayer 118.000 Stellen.
    Und auch zu der Verteilung werden die Mitarbeiter etwas erfahren: Demnach entfallen 3000 der 4500 abzubauenden Stellen auf Querschnittsfunktionen (etwa in der Verwaltung und der Informationstechnik) sowie teilweise auf die Synergien, die Bayer durch die Monsanto-Übernahme heben will. 1000 weitere Stellen entfallen demnach auf andere Bereiche wie die Forschung. Dazu gehören insbesondere Stellen, die der Konzern in Wuppertal und Berlin streichen will sowie Arbeitsplätze im innovativen Faktor-8-Werk in Wuppertal. Dieses will Bayer noch vor der Inbetriebnahme einmotten, weil der Konzern in scharfem Wettbewerb steht und zu viele Kapazitäten aufgebaut hat.
    Quelle: Rheinische Post

    Anmerkung Jens Berger: Die Mitarbeiter können sich bei ihrem Vorstand bedanken, der mit der Monsanto-Übernahme die Interessen der Investoren über die Interessen des Unternehmens und seiner Mitarbeiter setzte.

  6. China’s EU envoy to Europe: plot your own path, not Washington’s
    Hey, Europe: don’t let Washington ruin our good thing.
    That was the message from China’s top representative to the European Union, who spoke to POLITICO in the run-up to a Beijing-EU summit on Tuesday, taking place against a backdrop of growing tensions on trade and technology.
    Amid last-minute preparations for the talks, which aim to salvage a bruised relationship between Brussels and Beijing, Zhang Ming urged the EU to maintain its spirit of economic openness and the level playing field for foreign companies to invest and grow inside the EU.
    But he also lamented Europe’s toughening stance towards Beijing, pushing back against the term “systemic rival” adopted by European countries to describe China, arguing that such polarising language was not even used during the cold war at a time of icy relations.
    “I would disagree with that [term],” he said.
    He added: “In Chinese culture, rivals are bound to seek superiority over the other side … During the cold war, there also existed differences between the sides, and even then the two sides didn’t describe each other as rivals.”
    Quelle: SCMP
  7. Die Paketbranche boomt – die Löhne der Zusteller sinken
    Obwohl die Branche boomt, nahm der Verdienst der Paketzusteller im Zehnjahresvergleich deutlich um 13 Prozent ab. Das geht aus einer Regierungsstatistik hervor. Die Realität sei sogar noch düsterer, sagen die Linken.
    Der Markt der Paketdienste boomt, aber die Verdienste der Beschäftigten gehen trotz wachsender Nachfrage immer weiter zurück. Wie die Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken mitteilte sank das mittlere Bruttomonatsentgelt in der Branche von 2007 bis 2017 von 2859 auf 2478 Euro. Das ist eine Abnahme um 13 Prozent. Zugleich stiegen die Vergleichsentgelte in der Gesamtwirtschaft um 23,7 Prozent.
    Die Gesamtzahl der Beschäftigten nahm im gleichen Zeitraum von 102.000 auf 155.000 zu. In der differenzierten Betrachtung konnten Vollzeitbeschäftigte in tarifgebundenen Betrieben ein Einkommensplus verzeichnen. Sie verdienen inzwischen 662 Euro brutto mehr als ihre Kollegen ohne Tarifbindung. Vor zehn Jahren war die Diskrepanz erst halb so groß.
    Linken-Gewerkschaftsexperte Pascal Meiser verweist darauf, dass in dieser Statistik die ausländischen Subunternehmer nicht mit erfasst seien. Die Realität in der Branche sehe tatsächlich also noch düsterer aus. „Die Bundesregierung muss dringend gegen die Schmutzkonkurrenz vorgehen, die die Löhne in dieser Branche immer mehr unter Druck setzt“, sagte Meiser. Wie die Briefzustellung müsse die Paketzustellung an eine Lizenz geknüpft und diese bei Rechtsverstößen entzogen werden. Meiser sprach sich zudem für verstärkte Kontrollen aus.
    Die Paket- und Kurier-Branche ist seit geraumer Zeit im Verruf, Mindestlöhne und Sozialabgaben zu umgehen. Zuletzt hatte Verdi-Chef Frank Bsirske von teils „mafiösen Strukturen“ gesprochen. Er beklagte, dass Paketdienste Firmen engagierten, die wiederum andere Firmen beauftragen, die dann Menschen aus der Ukraine, aus Moldawien oder aus Weißrussland anheuerten. Es würden Stundenlöhne von 4,50 Euro oder 6 Euro gezahlt bei Arbeitszeiten von 12 oder sogar 16 Stunden pro Tag. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat bereits angekündigt für die Branche die sogenannte Nachunternehmerhaftung einzuführen. Dann müssen die großen Zustelldienste haften, wenn ihre Subunternehmer die Regeln für Mindestlohn und Sozialabgaben nicht einhalten
    Quelle: RP Online

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Hier ist das eherne Gesetz von Angebot und Nachfrage außer Kraft gesetzt worden. Warum? Weil die regierenden Parteien das so wollen: mehr Jobs zu niedrigeren Löhnen; und weil das Angebot an Billigstarbeitskräften dank Armutsmigration immer mehr ausgeweitet werden konnte. Perverse Pseudo-Marktwirtschaft.

  8. Märchen des Neoliberalismus – Flexiblere Arbeitsmärkte führen zu mehr Arbeitsplätzen!
    Es war einmal eine Stiftung, die sich mit der Förderung des Neoliberalismus schon immer ganz besonders hervortat. So auch 2014, als sie sich in einem Bericht geradezu enthusiastisch zur deutschen Arbeitsmarktpolitik äußerte: „Durch die stärkere Verbreitung atypischer Beschäftigungsverhältnisse und von Niedriglohnjobs ist der deutsche Arbeitsmarkt insgesamt flexibler und damit aufnahmefähiger geworden.“
    Unschwer zu erkennen, zielt dieses Loblied auf die so genannte „Agenda 2010“, die von der früheren rot-grünen Bundesregierung Mitte der 2000er Jahre umgesetzt wurde. Die damaligen Maßnahmen – insbesondere Kürzungen und verstärkte Sanktionen bei den Leistungen für Erwerbslose, eine Schwächung des Kündigungsschutzes sowie eine Ausweitung atypischer Beschäftigungsformen wie insbesondere der Leiharbeit – sollten den Arbeitsmarkt für Unternehmen flexibler machen. Arbeit sollte so billiger werden. Hierdurch entstünden neue Jobs, hieß es; der Arbeitsmarkt werde „aufnahmefähiger“.
    Aber sind diese positiven Effekte tatsächlich eingetreten, wie (nicht nur) die Bertelsmänner wieder und wieder behaupten? Es trifft zwar zu, dass die Zahl der Erwerbstätigen und der abhängig Beschäftigten seit der Agenda 2010 angestiegen ist. Allerdings ist für die Beurteilung der Wirksamkeit einer solchen Maßnahme nicht die Zahl der Beschäftigten oder der Arbeitslosen, sondern die der gearbeiteten Stunden relevant. Denn nur diese Zahl zeigt, ob tatsächlich mehr gearbeitet wird. Davon kann in Deutschland aber nur eingeschränkt die Rede sein: Ein nennenswerter Teil der „guten“ Entwicklung bei den Arbeitsplätzen ist schlicht darauf zurückzuführen, dass Arbeit auf mehr Köpfe verteilt wurde. Die Zahl der abhängig Beschäftigten ist zwischen 2005 und 2017 um 14,5 Prozent angestiegen, die Zahl der gearbeiteten Stunden aber nur um 8,5 Prozent.
    Quelle: lunapark21
  9. Die Armut auf der Straße wird immer sichtbarer
    Die Bahn warnt am Hamburger Hauptbahnhof vor aggressiven Bettlern. Ein Sozialarbeiter erklärt die neue Konkurrenz unter den Ärmsten – und die Folgen für Straßenmagazine.
    An deutschen Bahnhöfen wird verstärkt gewarnt: “Aggressive organisierte Bettelgruppen” seien als Zeitungsverkäufer unterwegs, besondere Achtsamkeit sei geboten. Ob tatsächlich organisierte Banden am Werk sind, lässt sich nicht belegen. Doch das bisweilen offensive Betteln scheinbarer Verkäufer macht Straßenmagazinen wie der Hamburger “Hinz&Kunzt” zu schaffen. Vom Dilemma, sich wehren zu müssen und helfen zu wollen, berichtet “Hinz&Kunzt”-Sozialarbeiter Stephan Karrenbauer im Interview.
    Quelle: ZEIT
  10. Nuklearexperte: Satellitenbilder zeigen, dass saudische Reaktoranlage kurz vor Fertigstellung steht
    Das Weiße Haus machte den Weg für den Verkauf von Kerntechnologie an Saudi-Arabien frei. Insgesamt sieben Genehmigungen wurden erteilt. Der Kongress fordert Antworten und fühlt sich übergangen. Es ist nicht bekannt, welche Unternehmen an dem Verkauf beteiligt sind und um welche Art von Kerntechnologie es sich handelt. Nun tauchten Satellitenaufnahmen auf, die bezeugen, dass ein erster Reaktor binnen eines Jahres fertiggestellt werden könnte.
    Der Nuklearexperte Robert Kelly wies nach der Auswertung der Satellitenbilder darauf hin, dass Saudi-Arabien der Internationalen Atomaufsichtenergiebehörde (IAEA) Zugang gewähren müsse, bevor Riad den Reaktor in der saudischen Stadt King Abdulaziz mit Kernbrennstoffen bestücke.
    Kelly ist ehemaliger Direktor für Nuklearinspektionen am IAEA:
    Ich würde schätzen, dass sie alles innerhalb eines Jahres fertiggestellt haben könnten, mit dem Dach und dem funktionierenden Stromanschluss.
    Der Reaktor, so Kelly, sei wahrscheinlich für Forschungszwecke bestimmt, da er sehr klein sei. Entworfen wurde er von der staatlichen argentinischen Firma Invap SE. Vor Ort übernehmen saudische Ingenieure die Realisierung. (…)
    Auf den Fotos ist zu sehen, dass ein zehn Meter hoher Stahlrohrbehälter, der den Kernbrennstoff enthalten wird, bereits errichtet wurde und die Bauarbeiten für das umliegende Betongebäude im Gange sind. Der Demokrat Brad Sherman aus Kalifornien entgegnete Pompeo in Anspielung an den Mord am saudischen Journalisten Khashoggi:
    Wenn man einem Regime keine Knochensäge anvertrauen kann, dann sollte man ihm keine Nuklearwaffen anvertrauen.
    Jamal Khashoggi war vergangenen Oktober im saudischen Konsulat ermordet worden. Er galt als Kritiker des Königshauses und soll zersägt worden sein. Der Fall und die Tötung von Zivilisten im Jemen-Krieg durch die saudisch geführte Koalition hatte zu Diskussionen über Waffenverkäufe an Saudi-Arabien geführt.
    Quelle: RT Deutsch
  11. Gelbwesten-Proteste – Französischer Premier verspricht Steuersenkungen
    Die französische Regierung hat die Ergebnisse ihres Dialogs mit der eigenen Bevölkerung vorgestellt. Als Konsequenz sollen die Steuern schneller sinken als geplant.
    Als Konsequenz aus der in den vergangenen Wochen in Frankreich organisierten “großen nationalen Debatte” will die französische Regierung schneller für Steuererleichterungen sorgen. Es gebe einen “riesigen Ärger über die Steuern”, sagte Regierungschef Édouard Philippe bei der Vorstellung der Ergebnisse. Die Debatte habe hier eine klare Richtung vorgegeben. “Wir müssen die Steuern senken, und zwar schneller”, versprach er. Gleichzeitig müsse die Regierung die staatlichen Ausgaben kürzen.
    Quelle: ZEIT

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Es stimmt, daß die Gelbwesten Steuersenkungen gefordert haben – und soweit es direkte Steuern (auf die Einkommen) betrifft, halte ich das für einen Fehler, weil Menschen mit höheren Einkommen (relativ und absolut) wesentlich mehr Steuern sparen als solche mit den niedrigen Einkommen der meisten Gelbwesten. Daneben haben die Gelbwesten aber auch *Steuererhöhungen* gefordert, nämlich die Wiedereinführung der von Macron abgeschafften Vermögensteuer. So interpretiert Philippe die Forderungen sehr einseitig und gewohnt wirtschaftsliberal (“Steuern senken”) – und wenn er zusätzlich die Staatsausgaben kürzen will, sind die Gelbwesten und andere Niedriglöhner noch einmal die Verlierer, während Macron seine Agenda der Entstaatlichung unbeirrt weiterführt.

  12. „Liberté, Égalité, Flashball“
    Die militarisierte Repression der Gelbwestenbewegung durch den französischen Staat (…)
    Die Gelbwesten sind unkaputtbar: Seit vier Monaten gehen im (nach Gesamtvermögen) sechstreichsten Land der Welt jede Woche an die hunderttausend Menschen jeden Alters und Geschlechts auf die Straße, um für ihre elementarsten Rechte zu kämpfen. Eine geplante Erhöhung der Benzinsteuer diente der Bewegung als Initialzündung, die neoliberale Charaktermaske Macron als Katalysator. Im Nu ist die Bewegung, die einen bemerkenswerten Selbstverständigungs- und Politisierungsprozess durchlaufen hat, über ihren ursprünglichen Anlass hinausgewachsen.
    Die Kaufkraft steht jedoch auch weiterhin im Zentrum der Forderungen. Dass diese laut Statistikamt INSEE angeblich Jahr für Jahr steigen soll, halten viele Franzosen für einen absurden Witz: Viele kommen trotz Vollzeitbeschäftigung bis zum Monatsende nicht mehr über die Runden. Die größte Sorge dieser „unteren Schichten“ besteht mitnichten darin, wie Spiegel Online behauptet, „Champagner und Austern“ nicht gegen „Bier und Chips“ eintauschen zu wollen. Drei Fakten veranschaulichen den sozialen Niedergang des Landes:

    • Die Immobilienkaufkraft eines französischen Durchschnittsjahreseinkommens hat sich innerhalb einer Generation halbiert (wodurch die Arbeiterschaft aus den Innenstädten und in die Dieselabhängigkeit getrieben wurde).
    • Eine aktuelle Studie der staatlichen Forschungseinrichtung Inserm (Institut national de la santé et de la recherche médicale) führt jährlich zwischen 10.000 und 14.000 Todesfälle in Frankreich auf die psychischen, sozialen und gesundheitlichen Folgen der Arbeitslosigkeit zurück.
    • 2018 starben in Frankreich nach einer unvollständigen Zählung der Organisation „Les Morts de la Rue“ mindestens 566 Obdachlose elendig auf der Straße, darunter 50 Frauen und 13 Minderjährige (Durchschnittsalter: 48 Jahre).

    Es ist die systemische Gewalt dieses Produktions- und Verteilungssystems, die die Menschen empört und auf die Straße treibt. Der Staat bekämpft die Proteste mit aller Härte. Dabei kommen auch paramilitärische Waffen von Tränengas- bis hin zu leichten Sprenggranaten zum Einsatz, die eine inzwischen nicht mehr überschaubare Anzahl von Verletzten gefordert haben. Der wachsenden Empörung über die staatlichen Gewaltexzesse wissen Präsident Macron und seine Regierung nichts entgegenzusetzen, als beredtes Schweigen und unerträglichen Zynismus.
    Quelle: Informationsstelle Militarisierung e.V.

  13. Schwarze Kriegskasse
    Bundesregierung rechnet 4,6 Milliarden Euro aus dem Militärhaushalt heraus. Linke: »Finanzminister spielt mit gezinkten Karten«
    Die Bundesregierung wird im kommenden Jahr nicht, wie sie offiziell behauptet, 45,1 Milliarden Euro für das Militär ausgeben, sondern 49,7 Milliarden Euro. Dies geht aus der Antwort des Finanzministeriums auf eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Gesine Lötzsch (Die Linke) hervor, die junge Welt vorliegt. Die Differenz ergibt sich daraus, dass die Regierung mehrere Etatposten aus dem offiziellen Verteidigungshaushalt ausgegliedert hat, die ihm der Sache nach zugerechnet werden müssen. Dazu zählen die Ausgaben für den Wehrbeauftragten der Bundeswehr, für »Friedenserhaltung und Konfliktbewältigung« sowie für die »Ertüchtigung von Partnerstaaten« insbesondere im militärischen Bereich, aber auch Aufwendungen »im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte« und allerlei Personal- und Sachkosten. Laut NATO-Kriterien zählt all dies zum Wehretat. »Man glaubt es kaum: Die NATO ist ehrlicher als die Bundesregierung«, kommentierte Lötzsch gegenüber jW: »Der Finanzminister spielt mit gezinkten Karten, wenn es um den Rüstungsetat geht.« (…)
    Während die Militärausgaben steigen, nimmt die Armut zu. Der Paritätische Gesamtverband bezifferte die Armutsquote in Deutschland zuletzt auf 16,8 Prozent – der höchste Wert seit 1990. Dennoch sähen die Pläne des Bundesfinanzministers das »Einfrieren der öffentlichen Investitionen« vor, kritisierte Lötzsch Ende vergangener Woche: »Die Bundesregierung tut nichts gegen die weitere Spaltung der Gesellschaft.« Vorrang hat die Aufrüstung: Sie gilt als Voraussetzung für die angestrebte deutsch-europäische Weltmachtpolitik.
    Quelle: junge Welt

    Anmerkung Christian Reimann: Eigentlich müsste sich Bundesfinanzminister Olaf Scholz schämen – von wegen Erneuerung der SPD und mehr soziale Gerechtigkeit.

  14. Mediziner verlassen das Land
    Das Gesundheitssystem in Rumänien hat ein Problem. Trotz Lohnerhöhungen und verbesserter Jobsuche läuft dem EU-Land das Fachpersonal weg: Ärzte, Pfleger, Krankenschwestern. Jährlich verlassen Tausende das Land, vor allem in Richtung Frankreich, Deutschland, Irland und Belgien.
    Vlad Voiculescu weiß, warum Rumäniens Gesundheitssystem einfach nicht auf die Beine kommt: Der 36-jährige Oppositionspolitiker war 2016 für ein knappes Jahr Gesundheitsminister, zu einer Zeit, in der eine reine Experten-Regierung in Bukarest im Amt war. Er gilt seitdem als ein beliebter Reform-Minister. Voiculescu kennt die offenkundig paradoxe Situation im rumänischen Gesundheitswesen: Junge Ärztinnen und Ärzte erwerben an den wenigen Universitätsklinken des Landes ihre Facharztausbildung und finden dann anschließend nicht einen geeigneten Job. Das Ergebnis:
    „Wir produzieren sehr viele Ärzte, mehr Ärzte pro Kopf der Bevölkerung als die meisten Länder Europas. Und wir exportieren sehr viele Ärzte, viel mehr als jedes andere europäische Land. Aber wir brauchen sehr viele Ärzte. Wir haben ein Defizit von 13.000 Ärzten!“
    Seit sieben Jahren belegt Rumänien den vorletzten Platz in der EU was die Anzahl von Ärzten pro Kopf der Bevölkerung angeht: 276 Ärzte auf hunderttausend Einwohner. Jährlich verlassen 3.500 Ärzte das Land, vor allem in Richtung Frankreich, Deutschland, Irland und Belgien. Um den seit Jahren anhaltenden Exodus der Ärzte aufzuhalten, suchte die derzeitige Regierung Zuflucht in deutlichen Lohnerhöhungen für Mediziner in staatlichen Krankenhäusern. Erhöhungen um teilweise 170 Prozent.
    Eine Entwicklung, die Dr. Andrei Marin aufhalten wollte. Der frischgebackene Facharzt für plastische Chirurgie gründete – noch als Assistenzarzt – einen Verein von Kolleginnen und Kollegen, um die gesetzlichen Missstände bei der Postenvergabe für junge Ärzte zu bekämpfen. Der Exodus halte weiterhin an, obwohl es Lohnerhöhungen und auch Verbesserung bei den Jobchancen für Assistenzärzte gegeben habe.
    Quelle: Deutschlandfunk
  15. Wenn Hochqualifizierte gehen und wenig Gebildete kommen – Deutschlands doppeltes Migrationsproblem
    Deutschland hingegen verbindet die Auswanderung Hochqualifizierter mit der Einwanderung Geringqualifizierter. Die auf Kosten der deutschen Steuerzahler ausgebildeten Mediziner und Ingenieure maximieren ihren persönlichen Nutzen, was nachvollziehbar und legitim ist. Vergleicht man etwa die Arbeits- und Einkommensverhältnisse von Ärzten im deutschen Gesundheitswesen mit denen in Australien oder der Schweiz, zeigt sich, dass die Einkommen in Deutschland deutlich geringer und die Arbeitsbedingungen häufig schlechter sind. Angestellte Ärzte in leitender Funktion verdienen in Deutschland ein Drittel dessen, was für vergleichbare Positionen in Australien oder den USA gezahlt wird. Dort reichen Jahresgehälter angestellter Ärzte bis zu 450 000 Euro. In Dänemark oder der Schweiz liegen die Gehälter immerhin beim Doppelten des deutschen Wertes.
    Gesundheitsminister Jens Spahn ist die Auswanderung von in Deutschland ausgebildeten Ärzten ein Dorn im Auge. Wie er dies verhindern kann, weiss er aber nicht. Schwer vorstellbar erscheint, Sanktionen über im Ausland tätige Ärzte zu verhängen. Seltsam ist, dass die naheliegende Lösung, höhere Gehälter, nicht in Erwägung gezogen wird. Es wird schwierig bleiben, Hochqualifizierte in Deutschland zu halten, solange es im Ausland sehr viel mehr zu verdienen gibt. Die Gehälter etwa von angestellten Ärzten sind in Deutschland bescheiden, zumindest im internationalen Vergleich.
    Quelle: NZZ

    Anmerkung JK: Bei Licht betrachtet eine absurde Dimension der offenen Grenzen. Auch Deutschland verliert für teures Geld ausgebildete Mediziner an andere Länder und ersetzt diese dann durch Ärzte aus den osteuropäischen EU-Ländern. Und den Letzten beißen sprichwörtlich die Hunde.

  16. Framing-Check: “Fahrverbot” – Wer von Fahrverboten spricht, verhindert Umweltschutz
    Der Begriff suggeriert ein generelles Verbot nicht nur von Diesel-Autos, sondern von Mobilität an sich. Das blendet vor allem die fatalen Folgen der Abgase aus.
    Wo Sprache ist, da ist auch Subtext. Vor allem dort, wo Sprache politisch wird. Zur Analyse dieser Subtexte hat sich in der Forschung in den vergangenen Jahren das Konzept des Framings etabliert. Framing meint einen Assoziations- und damit Deutungsrahmen für Begriffe: Wer zum Beispiel “Zitrone” hört, denkt vermutlich an “sauer” oder “gelb”. Das lässt sich politisch instrumentalisieren. Frames definieren nämlich oft ein Problem – und liefern, wenigstens implizit, auch gleich die passende Lösung. Bei einem Begriff wie “Flüchtlingsstrom” sieht man vor dem geistigen Auge vermutlich große Menschenmassen heranrauschen. Eine Naturgewalt und darin ein Bedrohungsszenario. Was die vermeintliche Lösung “Abschottung” nahelegt. […]
    “Fahrverbot” suggeriert ein generelles und umfassendes Verbot, fahren zu dürfen – was sich in Deutschland, wo laut Umweltbundesamt aktuell noch gut 80 Prozent des “Personenverkehrsaufwandes” auf Autos und Motorräder zurückgehen, schnell anfühlt wie ein grundlegendes Verbot, mobil zu sein. Fahrverbot bedeutet, in dieser Wahrnehmung, also eher: Mobilitätsverbot. […]
    “Verkehrsbeschränkungen” ist der inhaltlich präzisere Begriff. Es ist auch der Begriff, den Paragraph 40 des Bundesimmissionsschutzgesetzes verwendet.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung

    Anmerkung Jens Berger: Wenn ausgerechnet die Süddeutsche Zeitung, die bei der außenpolitischen Berichterstattung in Sachen „Framing“ neue Maßstäbe setzt, sich nun über die Benutzung des Begriffs „Fahrverbote“, den sie übrigens selbst nutzt, aufregt, ist schon drollig. Ärgerlich ist jedoch, dass der Text inhaltlich noch nicht einmal korrekt ist. §40 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes ist zwar mit „Verkehrsbeschränkungen“ überschrieben, bezeichnet die konkrete Umsetzung allerdings mit „Verkehrsverboten“, was sich nicht großartig von „Fahrverboten“ unterscheidet und präziser ist.

  17. Altkanzler Schröder wird 75 – „Ich wollte immer meine eigene Situation verbessern“
    Von den Deutschen verlangte er mehr Eigenverantwortung und proklamierte die Agenda 2010. Heute ist Altkanzler Schröder zum fünften Mal verheiratet, pflegt seine Freundschaft zum russischen Präsident Putin und ärgert die SPD mit seinen Kommentaren.
    Da, ein Ball auf saftig grünem Rasen. Ein Fernsehteam hat ihn da hingelegt. Gerhard Schröder kann es nicht lassen: „Pass auf! Das war ‚ne Flanke für’n Kopfball.“
    Da ist er wieder, der junge Fußballer: schnell, kopfballstark, Kampfname „Acker“. Auf dem Platz ist nicht wichtig, dass der Junge aus einer bitterarmen Familie kommt und seinen Vater nie gesehen hat.
    „Meine Mutter hat uns sehr liebevoll allein aufgezogen, obwohl sie wegen Arbeit – sie hat lange als Putzfrau gearbeitet – nur wenig Zeit hatte. Wir waren also sehr früh auf uns selbst angewiesen.“
    „Meine eigene Situation verbessern“
    Die Familie lebt auf dem Land, im Nordosten des heutigen Nordrhein-Westfalen. Gerd, der am 7. April 1944 auf die Welt kommt, lernt Kaufmann, macht sein Abi nach, studiert, wird Rechtsanwalt. Und verspricht Mutter Erika: „Vielleicht schaffe ich das dann noch, dass ich dich mal mit ‚nem Mercedes abholen kann.“
    Was ihn antreibt?
    „Ich wollte immer meine eigene Situation verbessern, vor allen Dingen über Bildung und über Wissen. Aber ich wollte es eben nicht nur für mich, ich wollte es auch für andere. Und deshalb bin ich zur Politik gegangen.“
    Quelle: Deutschlandfunk Kultur

    Anmerkung Christian Reimann: Das Verklären des Alt-Kanzlers Schröder übernehmen die Medien wie der Deutschlandfunk offenbar selbst gerne. Zur Motivation von Herrn Schröder: Erst die eigene Situation verbessern und dann “Eigenverantwortung fordern, mehr Eigenleistung von jedem Einzelnen abfordern”. Asozialer geht es wohl kaum noch.

    Dazu: Merz lobt Schröder in höchsten Tönen für Agenda-Politik
    Friedrich Merz hat die wirtschaftspolitischen Leistungen von Gerhard Schröder gelobt. Die aktuell gute Lage auf dem Arbeitsmarkt sei in erster Linie dem SPD-Altkanzler zu verdanken, erklärte Merz.
    „Schröder hat gezeigt, dass man als Bundeskanzler nicht lange Zeit im Amt bleiben muss, um Großes zu leisten: Die Vollbeschäftigung von heute verdankt unser Land in erster Linie diesem Bundeskanzler und seiner erfolgreichen Agenda 2010“, sagte Merz der „Bild am Sonntag“. Er äußerte sich anlässlich des 75. Geburtstages Schröders an diesem Sonntag.“40,9 Prozent und 38,5 Prozent – diese Wahlergebnisse hat die SPD mit Gerhard Schröder erreicht“, sagte Merz weiter. „Damals war die SPD noch Volkspartei – und man muss kein Sozialdemokrat sein, um ihr heutiges Erscheinungsbild mit Bedauern und Sorge zu betrachten.“ Schröder habe Deutschland in seinen sieben Amtsjahren „mit Mut und Weitsicht“ geführt: „Es gab für ihn wichtigere Dinge als sein Amt des Bundeskanzlers. Allerdings: Auch nach dem Verlassen des Bundeskanzleramts gehört man sich nicht wieder ganz allein.“
    Quelle: Rheinische Post

    Anmerkung JK: Noch irgendwelche Fragen?

  18. Die Anstalt
    am Dienstag, 9. April 2019, 22:15 Uhr
    Die Gäste der nächsten Sendung
    Als Besetzer eines ZDF-Fernsehstudios rütteln die Vollblutkabarettisten Max Uthoff und Claus von Wagner an den bestehenden politischen und gesellschaftlichen Verhältnissen des Landes. Gemeinsam mit ihren Gästen wollen sie hier “Stimme sein für Ungehörtes und Unerhörtes”. Tatkräftig unterstützt werden sie von Nils Heinrich, Maike Kühl und Abdelkarim – – live im ZDF.
    Quelle: ZDF