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Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Trumps nächste Clown-Nummer
  2. Krise in Venezuela: Maduro lässt internationale Hilfen zu
  3. Mieten
  4. Middle class shrinking as incomes stagnate, costs rise: OECD
  5. Reichtum verpflichtet
  6. Österreich: Mindestsicherung wird um Spenden gekürzt
  7. Unser arroganter Blick auf die Briten
  8. Berufsbildungsbericht: So viele junge Ungelernte wie noch nie
  9. Portugal: Anti-neoliberal zum Erfolg
  10. Legaland Italien
  11. Nitrat im Grundwasser: Umweltminister kritisieren Agrarministerin Klöckner
  12. Wir Verpackungsweltmeister
  13. Razzia im Cum-Ex-Skandal: Hauptverdächtiger soll 43 Millionen Euro hinterzogen haben
  14. Wall-Street-Milliardäre rufen nach der Sozialdemokratie
  15. Wahlausgang in Israel: Historiker: „Die Tendenz ist immer weiter nach rechts“

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Trumps nächste Clown-Nummer
    US-Präsident Trump braucht einen Aufschwung, den soll ihm die bisher unabhängige Fed sichern. Dafür will er zwei Kandidaten einsetzen, die fachlich niemand ernst nimmt. Aber die zwei lieben Trump. […]
    Keiner der beiden hat Ökonomie studiert. “Schmierfinken” nennt Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman sie, und: “Clowns“.
    Quelle: SPIEGEL

    Anmerkung Jens Berger: Auf die Idee, Männer, die (fast) niemand fachlich so richtig ernst nimmt, zu führenden Notenbankern zu machen, würde man in Berlin natürlich niemals kommen. Oder wie war das doch gleich mit Jörg Asmussen, den Heiner Flassbeck einst als „mittelmäßigen Ökonomen, aber zum Koffer tragen gerade recht“ beschrieben hat? Und was war mit Jürgen Stark, den internationale Medien als „finanzpolitischen Talbian“ charakterisierten? Und auch der aktuelle Bundesbankchef Jens Weidmann ist fachlich alles andere als anerkannt. Weidmann wurde zwar von Paul Krugman noch nicht als „Clown“ dafür aber als jemand beschrieben, “der sich offenbar geschworen hat, den Euro zu zerstören” – fragt sich, was schlimmer ist.

  2. Krise in Venezuela: Maduro lässt internationale Hilfen zu
    Fast ein Viertel der Venezolaner braucht laut UN dringend Hilfe. Präsident Maduro hatte sich aber lange geweigert, Hilfslieferungen ins Land zu lassen. Nun hat er sich bereit erklärt, mit dem Roten Kreuz zu kooperieren.
    Quelle: Tagesschau

    Anmerkung unseres Lesers G.R.: Es ist mal wieder ein Klassiker öffentlich-rechtlicher Berichterstattung über Venezuela. Schon die Überschrift ist irreführend, denn Maduro hat schon zuvor Hilfslieferungen zugelassen. Es geht natürlich noch weiter: “Die Bevölkerung des ölreichen Landes leidet seit Jahren unter den Folgen der Misswirtschaft.” Unstrittig ist, dass es unter Maduro politische Fehlentwicklungen gab und gibt, aber natürlich wird im Text nicht erwähnt die Blockade der USA und der Versuch der Amerikaner, die Regierung in Venezuela zu stürzen. Denn auch darunter leidet die Bevölkerung. Aber man sieht bei tagesschau.de eben immer nur das, was man sehen möchte.

    Anmerkung unseres Lesers R.K.: Die Tagesschau schreibt:

    “Fast ein Viertel der Venezolaner braucht laut UN dringend Hilfe. Präsident Maduro hatte sich aber lange geweigert, Hilfslieferungen ins Land zu lassen. Nun hat er sich bereit erklärt, mit dem Roten Kreuz zu kooperieren. […] Maduro hatte zuvor lange die Annahme von internationalen Hilfslieferungen verweigert und die venezolanische Grenze schließen lassen.”

    Bereits eine kurze Suche im Netz bringt hingegen Artikel aus dem Februar zu Tage, die von einer Verdoppelung der IKRK-Hilfen für Venezuela berichten sowie Berichte über Hilfen aus China und Russland. Die Lügen werden immer dreister…

  3. Mieten
    1. Mietexplosion: Zahnärzte versprechen Dialog
      Die Zahnärztekammer, das Versorgungswerk der Zahnärzte in Schleswig-Holstein und die Fortis Group haben am Dienstag Stellung zu der Mail-Aktion der Berliner Mieter genommen. […]
      „Dem Versorgungswerk der Zahnärztekammer geht es nicht darum, durch drastische Mieterhöhungen die Renten ihrer Zahnärzte zu sichern. Wir haben die Aufgabe, die Versorgungsleistungen unserer Zahnärzte sicherzustellen“, erklärte Bruno Geiger, Geschäftsführer des Versorgungswerks. „Bei Investitionen achten wir daher insbesondere darauf, dass das eingesetzte Kapital gesichert ist und eine Rendite erwirtschaftet wird.“ Das Investment in Immobilien sei in der Niedrigzinsphase einer von mehreren Wegen.
      Quelle: Kieler Nachrichten

      Anmerkung André Tautenhahn: Die Begründung des Versorgungsnetzwerkes ist gespielte Naivität. Man tut so, als wüsste man nicht, wie die tollen Renditen am Kapitalmarkt in Zeiten von Niedrigzinsen zustande kommen. Irgendwer muss halt dafür bezahlen. In diesem Fall sind es die Berliner Mieter, die sich zurecht bei den Zahnärzten darüber beklagen. Christian Lindner, Chef der FDP, ergreift dagegen Partei für die Anleger. Sie seien das eigentliche Opfer der Enteignungskampagne, wie zu lesen ist.

      Betroffen von einer Enteignung von Wohnungen „wären nicht anonyme Spekulanten, sondern alle, die private Vorsorge betreiben, weil zum Beispiel viele Versicherungen in Wohnungen anlegen“.

    2. Lausige Ein-Zimmer-Wohnung, 1100 Euro kalt
      Der Mietenwahnsinn treibt auch in Stuttgart Tausende auf die Straße. Sie versammeln sich auf dem Schlossplatz, ziehen durch die Stadt und manche von ihnen in leerstehende Häuser. Scharf beobachtet von der Polizei, die zügig zum Pfefferspray greift. […]
      Aus der Wohnungsnot in Stuttgart, die sich schon damals deutlich abzeichnete, ist inzwischen eine veritable Katastrophe geworden. Lausige Ein-Zimmer-Wohnungen in der Innenstadt werden für 1100 Euro kalt vermietet, und verzweifelte Interessenten schlagen sich bei sardinenbüchsenartig überfüllten Besichtigungsterminen schier die Köpfe ein. Studierende, Azubis und Berufseinsteiger blechen nicht selten 600 Euro im Monat und mehr für ein zwölf oder fünfzehn Quadratmeter großes WG-Zimmer. Bei Neuvermietungen sind die Preise in der Landeshauptstadt in nur einem Jahrzehnt um gut 40 Prozent gestiegen. Und nach den düsteren Prognosen des Mieterbundes werden die Angebote in deutschen Großstädten auf absehbarere Zeit nicht günstiger, sondern im Gegenteil noch schneller teurer als bisher. Dagegen formiert sich bundesweit Protest.
      Quelle: Kontext: Wochenzeitung

      Anmerkung JK: Eine interessante Reportage auch, da sie erahnen lässt, dass die deutsche Oligarchie, sollte sich der Protest gegen die Wohnungsnot weiter ausweiten, nicht vor massiver Polizeigewalt zurückschrecken wird.

    3. Sieg für Deutsche Wohnen: Landgericht kippt Berliner Mietspiegel
      Höhere Mieten mithilfe von Gutachtern: Das Landgericht erlaubt diese Praxis jetzt. Für die Deutsche Wohnen gilt in Berlin die ortsübliche Miete nicht mehr.
      Die Deutsche Wohnen hat ihr Ziel erreicht: Ihre Tochterfirma Gehag hatte einen ihrer Mieter vor Gericht gezogen um eine Mieterhöhung oberhalb der Grenze des Berliner Mietspiegels durchzusetzen – und hat sich vor dem Landgericht durchgesetzt (AZ: 63 S 230/16). Als “Schlag ins Gesicht der Mieter” bewerten Mietervertreter das Urteil – die Verbindlichkeit und Rechtskräftigkeit des Mietspiegels würden damit geschwächt und Mieter massiv verunsichert, so der Alternative Mieterverein.
      Quelle: Tagesspiegel
    4. Bauen, bauen, bauen: Vier Mythen zur Enteignungsdebatte
      Falsche Vergleiche, das vermeintlich arme Berlin und abgestandene Sozialismus-Klischees: in der Enteignungsdebatte wimmelt es von schrägen Argumenten […]
      Mythos Nr. 1: Da hilft nur »Bauen, bauen, bauen«
      Es ist das derzeit wahrscheinlich am meisten verwendete, scheinbar einfache, aber auch kräftig in die Irre führende Argument. Warum? Weil hier Äpfel mit Birnen verglichen werden. Natürlich wird mit der Vergesellschaftung von wahrscheinlich 11 betroffenen Immobilienkonzernen in Berlin erst einmal keine einzige neue Wohnung gebaut. Aber darum geht es auch nicht. Mit der Vergesellschaftung würden circa 243.000 Wohnungen unter öffentliche Kontrolle gebracht werden. Deren Mieter könnten vor weiteren Mietsteigerungen und Verdrängung geschützt werden. Insgesamt fehlen derzeit laut einer Studie des Stadtsoziologen Andrej Holm 300.000 Wohnungen, die für »leistbaren Mieten« von bis zu 30 Prozent des Durchschnittseinkommens der Berliner vermietet werden. Der »größte« Teil davon müsse »aus dem Bestand kommen«, so Holm gegenüber »nd«. […]
      Die Zahl der Baugenehmigungen ist zuletzt leicht gesunken. 2018 wurden in Berlin mit rund 24.000 Baugenehmigungen erteilt. Das sind rund zwei Prozent weniger Bauerlaubnisse, als noch im Jahr zuvor. Doch die Erteilung von Baugenehmigungen nützt nichts, wenn nicht gebaut wird. Derzeit gibt es einen Überhang von 60.000 nicht realisierten Baugenehmigungen – die werden offenbar auch von den Bauherren gezielt verschleppt, die auf Profite durch die weiter steigenden Bodenpreise hoffen. Der Markt versagt offenbar bei der Bereitstellung von günstigem Wohnraum.
      Quelle: Neues Deutschland
  4. Middle class shrinking as incomes stagnate, costs rise: OECD
    The middle class has shrunk with each generation with 68 percent of baby-boomers – those born between 1942 and 1964 – belonging to the middle class when they were in their twenties compared with 60 percent for millennials, born between 1983 and 2002.
    The OECD put the decline of the middle class down in part to their largely stagnating earnings as median incomes rose a third less than the average income of the richest 10 percent over the last 30 years.
    Meanwhile, costs have risen much faster than inflation for some of the key pillars of middle class life like housing, which the OECD said had risen three times faster than household median income over the last two decades. Middle class households were also forking out more for education and healthcare.
    At the same time, workers have faced growing job insecurity, made even worse in recent years by the rise of automation, which the OECD said now threatened one in six middle class jobs.
    Quelle: Investing

    Anmerkung unseres Lesers S.N.: Diese Entwicklung war nicht die Folge einer Naturkonstante. Sie ergab sich aus bewusst gefällten politischen Entscheidungen. Mal sehen, ob und wann unsere “Wirtschaftsweisen” das einsehen.

  5. Reichtum verpflichtet
    Bei aller Schönrederei der sozialen Lage in Deutschland, die uns von interessierter Seite immer wieder begegnet, sind sich so gut wie alle Sozialverbände, Fachverbände und schließlich der DGB völlig einig: Wir haben ein unerträgliches Maß an Armut in diesem reichen Deutschland. Die Armut ist auf traurigem Rekordhoch. Mehr als 13 Millionen Menschen müssen nach dem jüngsten Armutsbericht des Paritätischen zu den Armen gezählt werden. Nie waren es mehr seit 1990.
    Und ein weiteres eint uns als Bündnis: Für uns fängt Armut nicht erst an, wenn Menschen in ihrer physischen Existenz bedroht sind, wenn sie gezwungen sind, Flaschen zu sammeln oder auf der Straße leben. In dieser tief gespaltenen Wohlstandsgesellschaft muss auch dann von Armut gesprochen werden, wenn Menschen auf Grund unzureichenden Einkommens systematisch ausgegrenzt sind vom Leben in der Mitte, wenn sie abgehängt sind, weil sie nicht mehr mithalten können. Unter den Armen sind mehr als zwei Millionen Kinder, über zwei Millionen Arbeitslose, fast drei Millionen Rentnerinnen und Rentner und sogar fast vier Millionen Erwerbstätige.
    Quelle: Ulrich Schneider in junge Welt
  6. Österreich: Mindestsicherung wird um Spenden gekürzt
    Die Pläne der Regierung sehen eine Kürzung der Mindestsicherung vor, wenn Betroffene Spenden erhalten. Arme Familien sollen durch Aktionen wie „Licht ins Dunkel“ also nicht mehr zum Leben haben – private Hilfe wird sinnlos. Die Soziallandesräte forderten Änderungen – die Sozialministerin blieb hart.
    Die geplante Kürzung der Mindestsicherung gehen so weit, dass selbst Spenden von der Mindestsicherung abgezogen werden. In Paragraph 7 des Sozialhilfe Grundsatzgesetzes heißt es, dass künftig alle Zuwendungen von Dritten auf die Mindestsicherung angerechnet werden müssen.
    Das heißt: Sozialen Organisation oder Vereine wie können armen Familien nicht mehr unter die Arme greifen, ohne die Mindestsicherung der Empfänger zu kürzen. Denn die Mindestsicherung wird um den Betrag der Spende reduziert.
    Quelle: Kontrast.at
  7. Berufsbildungsbericht: So viele junge Ungelernte wie noch nie
    In Deutschland gibt es mehr Ausbildungsplätze als mögliche Auszubildende – trotzdem schließen mehr Jugendliche keine Berufsausbildung ab. Eine Gruppe ist besonders gefährdet.
    Die Zahl der jungen Menschen in Deutschland ohne abgeschlossene Berufsausbildung hat ein Rekordhoch erreicht: 2,12 Millionen waren laut dem Berufsbildungsbericht des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zuletzt ungelernt. Das sind 130.000 mehr als noch im Jahr zuvor. Der Bericht erscheint jährlich und befasst sich mit der Gruppe der 20- bis 34-Jährigen. […]
    Jugendliche und junge Erwachsene in Deutschland stehen statistisch gesehen einem Überangebot an Ausbildungsplätzen gegenüber: Auf 100 Interessierte kommen 106 Lehrstellen. Trotzdem finden einige keinen passenden Ausbildungsplatz – nicht immer sind die Angebote in der richtigen Gegend, im richtigen Job oder von einem Chef, mit dem der Bewerber gut auskommt. Die IG Bau forderte deshalb vor Kurzem ein verpflichtendes Schulpraktikum im Handwerk. Auch die Bundesregierung bemüht sich: Sie kündigte an, die Zuschüsse für Azubis deutlich zu erhöhen, vor allem für Lehrlinge, die weit von ihrem Betrieb entfernt wohnen. Etwa 57.700 Stellen blieben 2018 unbesetzt.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung JK: Das eröffnet eine ganz andere Perspektive auf den sogenannten Fachkräftemangel.

    dazu: „Da herrscht teilweise Wildwest in diesem Bereich“
    An fehlenden Förderprogrammen zur beruflichen Bildung liege es nicht, dass mehr als 2,1 Millionen junge Menschen in Deutschland keinen Berufsabschluss haben. Es gäbe zu viele dieser Programme, sagte der Sozialwissenschaftler Stefan Sell im Dlf. Er plädiert für weniger, dafür langfristigere Projekte. […]
    Brinkmann: Jetzt sprechen Sie die jüngeren Auszubildenden an. Was ist denn mit denjenigen, die vielleicht mit Ende 20 noch keine Ausbildung haben. Wie sehr ist denn da zum Beispiel die Wirtschaft daran interessiert, auch ältere Azubis einzustellen?
    Sell: Das ist ein ganz, ganz wunder Punkt. Denn hier handelt es sich um Leute, die vor vielen Jahren, als wir noch viel zu wenig Ausbildungsplätze hatten, das ist noch gar nicht so lange her, sind die durch das Raster gefallen. Und dann haben die keine Ausbildung gemacht oder machen wollen und jetzt hängen die da, und das ist eine Hochrisikogruppe. Es gibt schon seit Jahren die Forderung, dass man gerade hier ein großes Reservoir hat, ein paar Hunderttausend, die man zu Handwerkern, Facharbeitern weiterqualifizieren könnte. Aber die sind ja in einer anderen Lebenslage, die werden sich nicht mit 300, 400 Euro Azubivergütung und einem normalen Berufsschulbesuch abspeisen lassen.
    Hier wird gefordert, dass wir Geld in die Hand nehmen und sagen: Okay, die bekommen auch einen größeren Geldbetrag, damit sie sich überhaupt dieser Anstrengung einer Ausbildung unterziehen und einen Anreiz haben, das zu machen. Und hier hat die Bundesregierung bisher immer in der Vergangenheit geblockt, Geld in die Hand zu nehmen, das aber gut angelegt wäre. Stellen wir uns mal vor, wir schaffen das: Die zahlen dann ja die Jahre danach Steuern und Sozialversicherungsbeiträge aus höheren Einkommen, das würde sich mehrfach refinanzieren. Aber am Anfang steht erst mal natürlich eine größere Summe, die man investieren müsste.
    Quelle: Deutschlandfunk

  8. Unser arroganter Blick auf die Briten
    Wie geht es weiter beim Brexit? Darüber müssen ‘mal wieder die Staats- und Regierungschefs der EU entscheiden. Müssen sie das wirklich? Oder steckt vielleicht schon in der Frage eine gehörige Portion Arroganz?
    Diesen Eindruck vermitteln nicht nur die deutschen Talkshows, in denen selbsternannte Experten fast schon mitleidig auf die früher mal tollste Demokratie der Welt hinabblicken. Die kriegen nix gebacken, heißt es da gern. Die wissen nicht, was sie wollen, und können nur “No” sagen. Jetzt müssen wir ihnen auch noch sagen, wie es weiter geht – usw. usf. Arroganz pur – denn natürlich wissen die britischen Abgeordneten sehr genau, was sie wollen: Den EU-Austrittsvertrag aufschnüren und den Backstop für Irland ändern.
    Doch die EU sagt “No”. Sie ignoriert auch die Wünsche von Premierministerin Theresa May. Sie fordert nun schon zum zweiten Mal, die Deadline für den Brexit auf den 30. Juni zu verlängern. Doch die EU-Chefs wollen sich wieder darüber hinwegsetzen. Sie bringen monate- und jahrelange Verlängerungen ins Spiel – ganz so, als müssten sich die Briten erst einmal sammeln. Müssen sie das? Mag sein – doch das Urteil darüber steht nicht uns zu, sondern einzig und allein den Briten. Wenn die EU vorgibt, besser zu wissen, was gut für UK ist, dann ist sie ziemlich arrogant.
    Quelle: Lost in Europe
  9. Portugal: Anti-neoliberal zum Erfolg
    Überall in Europa steckt die Sozialdemokratie tief in der Krise. Hoffnungsträger gibt es wenige, außer vielleicht den mit reichlich Vorschusslorbeeren bedachten Jeremy Corbyn und die wieder auf Linkskurs gebrachte Labour Party. Doch Corbyn und seine Truppe müssen erst noch zeigen, dass sie Wahlen gewinnen und die Austeritätspolitik erfolgreich beenden können. Die portugiesischen Sozialisten hingegen haben das schon längst bewiesen.
    Seit Herbst 2015 regieren sie mit einem erklärt linken Programm. Ein Ende der Sparpolitik und die Restauration des demolierten Sozialstaats haben sie versprochen – und in den Augen der portugiesischen Wählerschaft auch Wort gehalten. Inzwischen kommt die Partido Socialista (PS) in Umfragen auf 44 Prozent, sogar eine absolute Mehrheit zusammen mit dem Bloco de Esquerda (Linksblock, BE) scheint bei den kommenden Parlamentswahlen im Oktober möglich. Schon die Kommunalwahlen im Herbst 2017 und 2018 bescherten der PS historische Wahlsiege: Zum ersten Mal stellt sie in gut der Hälfte der Gemeinden und Gemeindeverbände die Bürgermeister. Nach anfänglicher Skepsis und zum Teil erbittertem Widerstand gegen den Kurs der sozialistischen Regierung hat sich selbst die Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und IWF überzeugen lassen: Im ehemaligen Programmland Portugal gibt es Alternativen zu der von ihr verkündeten Orthodoxie des Sparens um jeden Preis.
    Quelle: Blätter für deutsche und internationale Politik
  10. Legaland Italien
    Ein Jahr nachdem am 4. März 2018 starke Verluste bei der Parlamentswahl die Demokratische Partei (PD) von Matteo Renzi in eine tiefe Identitätskrise gestürzt und zur Übergabe der italienischen Regierungsverantwortung an die Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) und die Lega geführt hatten, gibt es erste Zeichen der Wiederbelebung einer scheintoten Opposition. Am 3. März ließ die PD in einer sogenannten offenen Primärwahl einen neuen Parteisekretär wählen. 1,6 Millionen beliebige Wähler gaben ihre Stimme ab. Es war der letzte Versuch, das Auseinanderbrechen der Partei zu verhindern, denn Renzi und seine Hausmacht wollten sich selbständig machen. Gegen zwei Kandidaten aus dem Renzi-Lager gewann nun haushoch Nicola Zingaretti, der Chef der Region Latium, ein erfahrener linker Pragmatiker und last but not least Bruder von Luca Zingaretti, als Commissario Montalbano einer der beliebtesten Schauspieler Italiens.
    Bei schönstem Sonnenschein hatte es am Tag zuvor in Mailand eine Demo von fast 250.000 Rassismusgegnern aus dem ganzen Lande gegeben, die weit größer war, als erwartet, denn Veranstalter waren allein diverse Bürgerbewegungen, die das Weiterbestehen eines »anderen« Italien bezeugen wollten, in dem alle zusammen leben können. Schon einen Monat zuvor hatten am 9. Februar in Rom die drei großen, nach langem wieder vereint auftretenden Gewerkschaften (CGIL, CISL, UIL) gegen die Regierungspolitik und für eine »Zukunft der Arbeit« demonstriert. Matteo Landini, der bisherige Chef der linken Metaller (FIOM), ist neuer Generalsekretär der CGIL. Auch daran knüpfen sich neue Hoffnungen auf wachsenden Widerstand gegen ein Versinken Italiens in faschistoiden Niederungen. Denn der abenteuerliche Regierungspakt zwischen zwei so heterogenen Parteien wie der nationalen Lega und der M5S hat das Land weiter nach rechts gerückt und dem einst hemdsärmeligen Volkstribunen Matteo Salvini ermöglicht, das politische Kräfteverhältnis in der Koalition zu seinen Gunsten umzukehren.
    Quelle: Ossietzky
  11. Nitrat im Grundwasser: Umweltminister kritisieren Agrarministerin Klöckner
    Aktionismus, mangelnde Einbindung der Länder: Sieben Länder – darunter Berlin – fordern eine echte Reform der Düngeverordnung. Klöckner weist die Kritik zurück.
    Die Kritik an Bundesagrarministerin Julia Klöckner wegen der Reform der Düngeverordnung wächst. In einem Schreiben, das dem Tagesspiegel vorliegt, werfen sieben Bundesländer der CDU-Politikerin schlechtes Politikmanagement und inhaltliche Mängel vor. Klöckner hatte am Montag kurzfristig einen Güllegipfel in ihrem Ministerium veranstaltet, um über die von der EU geforderte Verschärfung des deutschen Düngerechts zu sprechen. Die Einladung an Verbände, Fraktionsspitzen und Länderministerien war erst am Freitag erfolgt.
    Quelle: Tagesspiegel

    Anmerkung unseres Lesers H.M.: Weglächeln reicht offenbar nicht mehr…

  12. Wir Verpackungsweltmeister
    Eine Regierung, die Berichte zur Situation der Menschenrechte weichspült. Deutschland, du bist kein Land mit Inhalten – du bist eine geile Verpackung.
    Ausgerechnet am 1. April berichteten einigen Medien darüber, dass das Kanzleramt und das Wirtschaftsministerium den Menschenrechtsbericht mit dem einprägsamen Namen »Monitoring des Umsetzungsstandes der im Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte 2016-2020 beschriebenen menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht von Unternehmen« neu aufstellen möchte. Das von einer Unternehmensberatung koordinierte Projekt soll prüfen, wie deutsche Unternehmen an ihren Auslandsstandorten mit ihrem Personal umgehen. Es geht hierbei um die eventuelle Etablierung eines Gesetzes, welches deutsche Global Player zur Einhaltung von Menschenrechten verpflichtet – ein Gesetz, das sich aus den Leitprinzipien der UNO ergäbe und freilich von wirtschaftsnahen Kreisen in der Politik nicht gewollt ist.
    Quelle: Heppenheimer Hiob
  13. Razzia im Cum-Ex-Skandal: Hauptverdächtiger soll 43 Millionen Euro hinterzogen haben
    Nach Informationen des Handelsblatts treffen die neuen Durchsuchungen Thorsten W., Geschäftsmann und Börsenhändler. Er gilt als Hauptbeschuldigter. Der Steuerschaden, den W. angerichtet haben soll, ist gewaltig. Nach Erkenntnissen der Ermittler gelang es dem 46-Jährigen in den Jahren 2007 bis 2010, den Fiskus um 42,7 Millionen Euro zu erleichtern. Die Staatsanwaltschaft spricht von „falschen Steuerbescheinigungen“, die der Hauptbeschuldigte den „gutgläubigen Finanzbeamten“ vorgelegt habe.
    Für 2011 hatte W. dasselbe vor, wurde beim Griff in die Steuerkasse aber abgewehrt. Seinen Antrag auf Erstattung von 27,8 Millionen Euro legte das Finanzamt erst einmal auf Eis, Auszahlungen gab es nicht.
    W. zeigte sich von der Durchsuchung überrascht. „Mein Klient hat erst gestern davon erfahren“, teilte sein Sprecher mit. Man wolle nun zunächst mit den Strafverfolgungsbehörden sprechen. „Aus diesem Grunde ist eine Äußerung zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht möglich.“ Sein Anwalt beharrte darauf, W. dürfe nicht namentlich genannt werden.
    Quelle: Handelsblatt
  14. Wall-Street-Milliardäre rufen nach der Sozialdemokratie
    Irgendetwas läuft schief, wenn Systemkritik von den führenden Köpfen des Systems kommt. Innerhalb einer Woche haben der Chef der größten US-Bank und der Gründer der größten Hedgefonds-Gesellschaft Streitschriften verfasst, in denen sie vor “Revolution” und “Sozialismus” warnen und Reformvorschläge machen, um Amerikas Kapitalismus vor sich selbst zu retten.
    Jamie Dimon (63), seit 2006 an der Spitze von JPMorgan Chase, Bestverdiener an der Wall Street und inzwischen Milliardär, nutzte den Jahresbericht seiner Bank zu einem 50-seitigen Brief an die Aktionäre über die politische Weltlage.
    Ray Dalio (69), mit seiner Hedgefonds-Firma Bridgewater ebenfalls noch spitze im Geldverdienen und persönlich 18 Milliarden Dollar schwer, legte in zwei Posts auf LinkedIn seine Analyse der gesellschaftlichen Krise dar. Er selbst habe einfach Glück gehabt, schreibt Dalio, der mit 12 sein erstes selbst verdientes Geld an der damals boomenden Börse investierte – als Kind aus wohlgehüteten Verhältnissen. Der Kapitalismus sei der beste denkbare Motivator, funktioniere aber für die Mehrheit in Amerika nicht mehr.
    Als Investor sehe er, dass “das Geld sich an der Spitze staut” – zu viel für die wenigen, zu wenig für die vielen. Dalio schreibt von “sich selbst verstärkenden Spiralen: aufwärts für die Besitzenden, abwärts für die Besitzlosen”. Das sprenge nicht nur den sozialen Zusammenhalt, sondern wirke auf Dauer auch unproduktiv. Wenn in den kommenden Jahren keine Koalition zwischen Kapitalisten und Sozialisten gelinge, um gerechtes Wachstum zu sichern, “werden wir irgendeine Art von Revolution erleben, die praktisch jedem schadet”.
    Quelle: manager magazin

    dazu: Das kapitalistische System muss mit Nachdruck reformiert werden
    Die reichsten Männer der USA fordern bessere Bedingungen für Normalverdiener. Die Politik sollte genau hinhören. Einfacher als jetzt wird es nicht mehr werden.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung unserer Leserin E.R.: Es scheint wohl manchen zu dämmern, dass die Massenverelendung immer mehr zu einer tickenden Zeitbombe wird.

  15. Wahlausgang in Israel: Historiker: „Die Tendenz ist immer weiter nach rechts“
    Von Wahl zu Wahl bekämen rechte, nationalistische Parteien mehr Unterstützung, sagte der israelische Historiker Moshe Zimmermann im Dlf. Benjamin Netanjahu kenne diese Dynamik und müsse nun nur noch richtig zwischen den rechtsorientierten Parteien taktieren. […]
    Müller: Herr Zimmermann, das fragen sich ja viele auch in Deutschland. Sie haben das gerade ganz kurz schon skizziert, ganz kurz beschrieben: Warum ist die Linke immer kleiner geworden, zu der Sie gehören?
    Zimmermann: Die Tendenz in Israel, da geht es um die Erziehung und die Sozialisation, um die politische Dynamik, die Tendenz ist immer weiter nach rechts, immer mehr nationalistisch, immer mehr gegen die arabische Minderheit innerhalb des Staates Israels, immer mehr für eine Fortsetzung der Annexion der Westbank. Und deswegen kann man aus diesem Teufelskreis nicht mehr heraus, deswegen geht es von Wahl zu Wahl in die Richtung, die mehr und mehr Unterstützung für die rechte, nationalistische Politik schafft.
    Müller: Das ist die Tendenz, die Sie beschreiben. Aber noch mal die Frage, warum ist das denn so gekommen, warum gibt es nicht mehr Liberale, Moderate, sagen wir in unserem Sinne, nach einem europäischen Verständnis, die auf Ausgleich plädieren, auf Ausgleich setzen?
    Zimmermann: Weil eben die Erziehung zum Nationalismus, die Betonung der Verteidigung, der Sicherheit, der Animosität gegenüber Arabern immer mehr im Vordergrund steht. Auch in der Sozialisation, in der Erziehung – wenn man schon von der Schule auf in diese Richtung erzogen wird, hat es am Ende Konsequenzen. Und die Konsequenzen findet man nachher bei den Wahlen selbst.
    Quelle: Deutschlandfunk

    dazu: Erinnerung an Amos Oz und Uri Avnery: Wie sich Israel verändert hat
    Zweistaatenlösung? Davon redet in Israel heute kaum noch jemand. Dabei wäre sie eine Möglichkeit, den Nahostkonflikt zu befrieden – davon waren die im vergangenen Jahr verstorbenen Schriftsteller Amos Oz und Uri Avnery bis zuletzt überzeugt.
    November 1947 in New York. Die Vollversammlung der Vereinten Nationen beschließt die Teilung Palästinas in einen jüdischen und einen arabischen Staat – mit 33 zu 13 Stimmen. Der Schriftsteller Amos Oz war damals acht Jahre alt.
    „Ich war bis zwei Uhr morgens wach und als ich ins Bett gegangen bin, kam mein Vater mit“, erinnerte Oz sich später. „Er erzählte mir, dass er als Kind in Polen von Antisemiten geschlagen wurde. Und er hat mir gesagt: ‚Ab heute kann es zwar sein, dass du in der Schule schikaniert oder geschlagen wirst, aber nicht mehr, weil du Jude bist. Das ist vorbei.‘ Das hat mir deutlich gemacht, wie wichtig es war, einen jüdischen Staat zu schaffen.“
    Quelle: Deutschlandfunk Kultur

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