Julian Assange von britischer Polizei festgenommen. Hallo, Amnesty, wo bleibt Ihr?

Ein Artikel von Moritz Müller

Vor wenigen Stunden hat die Londoner Metropolitan Police den Wikileaks-Gründer Julian Assange in der ecuadorianischen Botschaft in London verhaftet. Die Regierung von Ecuador hatte die Polizei dazu in die Botschaft eingeladen, nachdem sie Julian Assange das diplomatische Asyl entzogen hatte. Die britische Polizei begründet die Festnahme mit dem Verstoß gegen Kautionsauflagen durch Herrn Assange. Der Experte für Internationales Recht, Nikolaos Gazeas, hält diesen Haftbefehl für unverhältnismäßig. Ein Bericht von Moritz Müller.

Auf den Bildern und Videos, die die Festnahme bzw. den Abtransport von Julian Assange zeigen, sieht dieser mit seinem weißen Bart recht alt aus, doch er hat das Haupt erhoben und mit lauter und kraftvoller Stimme wiederholt er die Worte “Resist, resist UK!” (Widerstehe, Vereinigtes Königreich!). Dies bezieht sich auf die nun wohl drohende Auslieferung an die USA, obwohl es bis dato kein offizielles Auslieferungsbegehren der USA gegen Assange gibt.

Update: Der britische Guardian zitiert soeben einen Regierungssprecher, dass Julian Assange aufgrund eines provisorischen US-Auslieferungsantrags wegen computerbasierter Vergehen verhaftet wurde. “We can confirm that Julian Assange was arrested in relation to a provisional extradition request from the United States of America. He is accused in the United States of America computer-related offences.” Dass die Behörden so schnell ihre Maske fallen lassen, ist nun doch überraschend.

Es hatte in den letzten Tagen nach einer Meldung von Wikileaks Spekulationen über eine Festnahme von Assange gegeben und die NachDenkSeiten berichteten. Die Behörden von Ecuador bezeichneten dies als Gerüchte und der britische Außenminister Jeremy Hunt bezeichnete Julian Assange als “freien Mann”. Heute nach der Festnahme twitterte er die folgenden Sätze: “Julian Assange ist kein Held und niemand steht über dem Gesetz. Er hat sich seit Jahren vor der Wahrheit verborgen …” “Julian Assange is no hero and no one is above the law. He has hidden from the truth for years. Thank you Ecuador and President Lenín Moreno for your cooperation with the Foreign Office to ensure Assange faces justice.” Starke Worte für jemanden, der sich somit überführt, vor einigen Tagen selbst gelogen zu haben. Mit dieser Eigenschaft ist er wahrscheinlich in der derzeitigen konservativen britischen Regierung in guter Gesellschaft.

Im Lichte dieser neuen Entwicklungen ist es dringender denn je, dass die bekannten Menschenrechtsorganisationen ihrem Anspruch gerecht werden und sich für Julian Assange einsetzen. Wir “Concerned Citizens” hatten darum letzten Freitag in einem Offenen Brief an Amnesty-International-Generalsekretär Kumi Naidoo auch gebeten bzw. dies aufgrund des langen Schweigens von AI auch eingefordert. Weitere Erläuterungen dazu in meinem Artikel vom letzten Freitag . Ich hatte diesen Brief an die deutsche, britische und die irische Sektion von AI geschickt, habe aber bis heute weder eine Antwort erhalten noch findet sich bis dato (15:12h) ein Eintrag zum Thema Assange auf der AI-Website. Traurig.

Der Guardian hat am Dienstag seine Meinung etwas geändert und schrieb, dass Julian Assange nicht an “Trumps USA” ausgeliefert werden solle. Das ist insofern pikant, als dass der Guardian die Falschmeldung, nach der Trump-Berater Paul Manafort während des US-Wahlkampfes Julian Assange dreimal in der Botschaft besucht hat, bis heute nicht korrigiert hat. Die in die US-“Demokraten” verliebten Kreise bemerken immer noch nicht, dass es, wenn es um US-Imperialpolitik geht, keine großen Unterschiede zwischen den dortigen Parteien gibt und unsere EU-Regierungen dabei helfen.

Die NachDenkSeiten werden weiter zu diesem Thema berichten.

Weitere Informationen und Hintergründe finden sich hier:

Hinweis: Heute um 17 Uhr gibt es eine Demonstration vor der britischen Botschaft in Berlin. Wer kann und will, sollte hingehen!

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