Ein weiteres Beispiel für die Weltmachtansprüche des US-Imperiums

Ein weiteres Beispiel für die Weltmachtansprüche des US-Imperiums

Ein weiteres Beispiel für die Weltmachtansprüche des US-Imperiums

Jens Berger
Ein Artikel von: Jens Berger

Vor ein paar Tagen zeichnete Albrecht Müller anhand zahlreicher Beispiele auf den NachDenkSeiten nach, wie sehr das Gerede vom „Niedergang der USA“ den Fakten widerspricht. In diese Reihe passt auch ein sehr aktuelles Beispiel: Ab Anfang Mai wollen die USA alle Staaten bestrafen, die iranisches Erdöl importieren. Dies verstößt zwar gegen alle nur denkbaren internationalen Gesetze und Abkommen; dennoch folgen fast alle Staaten dem Befehl des US-Imperiums – allen voran übrigens die Maulhelden der EU, die zwar gerne über Trump lästern, jedoch auch stets die Ersten sind, die Männchen machen, wenn das Herrchen aus dem Weißen Haus den mahnenden Finger erhebt. Von Jens Berger.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Im November 2018 haben die USA ihr bislang schärfstes Sanktionspaket gegen Iran in Kraft gesetzt. Der wohl bemerkenswerteste Teil dieses Sanktionspakets besteht dabei in der Drohung, künftig auch andere Staaten und Unternehmen aus Drittländern aktiv zu bestrafen, die sich ihrerseits nicht an die Richtlinien der US-Sanktionen halten. Dieser Passus bedeutet nichts anderes als eine „Lex Americana“, ein Anspruch des US-Präsidenten, Gesetze und Verordnungen zu erlassen, an die sich die gesamte Welt zu halten hat.

Im konkreten Fall kommt erschwerend hinzu, dass die unilateralen Sanktionen der USA gegen so ziemlich jedes internationale Regelwerk verstoßen. Die USA mischen sich unter Gewaltandrohung (Wirtschaftssanktionen sind ein Akt der Gewalt) in die Politik von Drittländern ein, die mit den politischen Problemen zwischen den USA und Iran gar nichts zu tun haben. Dies stellt eine massive Verletzung der Charta der Vereinten Nationen dar. Art. 2 Ziff. 7 der Charta untersagt es Staaten, in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten einzugreifen. Und dazu gehören auch die Regelung der eigenen Handelspolitik und die Ausgestaltung der Außenpolitik. Völkerrechtswidrig ist die Intervention, wenn ein Nötigungselement hinzutritt, was hier ganz klar der Fall ist.

Ferner verstoßen die Sanktionen und genau so die Sanktionsdrohungen an Drittländer direkt und indirekt gegen das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen GATT der Welthandelsorganisation WTO. Der gerade von den USA immer wieder für eigene Zwecke instrumentalisierte „Freihandel“ lässt sich selbstverständlich nicht mit dem Anspruch der USA vereinbaren, Drittländern ohne einen WTO-Beschluss Handelsverbote mit einem anderen Staat aufzuerlegen.

Nach der Verabschiedung dieses völkerrechtswidrigen Sanktionspakets haben die USA im konkreten Fall der Öllieferungen Irans für acht Staaten eine „Auslaufklausel“ aufgelegt – dies betrifft die Staaten Italien, Griechenland, Türkei, Indien, Japan, China, Taiwan und Südkorea, die auch schon vor den Sanktionen die größten Importeure iranischen Öls waren. Diese Klausel läuft jedoch am 1. Mai aus und am Osterwochenende hat die Trump-Regierung nun klar festgestellt, dass sie mit dem Auslaufen der Klausel nun auch Strafen und Sanktionen gegen diese acht Staaten und dort ansässige Unternehmen verhängen wird, wenn sie fortan noch Öl aus Iran importieren.

Welcher Staat hatte jemals historisch die Macht, Handel zwischen zwei Staaten zu untersagen, die am anderen Ende der Welt liegen? Konnte Kaiser Augustus den Handel zwischen Kelten und Pikten verbieten? Hatten Karl V., Napoleon oder Queen Victoria die Macht, Persien den Handel mit China oder Japan zu verbieten? Wenn es jemals ein Weltreich gab, das es vermocht hat, seinen Gesetzen und Verordnungen bis in den letzten Winkel der Welt Geltung zu verschaffen, dann ist es wohl das US-Imperium unserer Tage.

Interessanterweise waren es zuerst die zwei EU-Staaten Italien und Griechenland, die nach den Drohungen der USA den Schwanz eingezogen und ihre Handelsbeziehungen zu Iran eingestellt haben. Dies zeigt einmal mehr, dass wenn es hart auf hart kommt, die EU keine eigenständige Politik betreibt, sondern auch dann die Interessen Washingtons umsetzt, wenn diese im Widerspruch zu den Interessen der europäischen Staaten und ihrer Bürger stehen. Auch die Sanktionen gegen Russland sind ein Beispiel dafür. Die Sonntagsreden, in denen man sich aufplustert und der USA gar die Gefolgschaft verweigert, sind eben nur das – Sonntagsreden. Realpolitisch ist die EU im Konfliktfall kein eigenständiger Akteur.

Ebenfalls klein beigegeben hat erwartungsgemäß Taiwan und auch Südkorea und Japan haben schon Schritte eingeleitet, um Iran als Öllieferanten zu ersetzen. Die letzten drei Kunden Irans sind demnach die Türkei, Indien und China, die ihrerseits die Sanktionsdrohungen offenbar nutzen wollen, um mit den USA auf anderen Feldern zu „feilschen“. Türkei und Indien liebäugeln mit dem Kauf russischer Rüstungsgüter und China befindet sich bekanntlich in fortgeschrittenen Verhandlungen bezüglich des eskalierenden Handelsstreits – umsonst werden die USA diese drei Staaten demnach wohl nicht ins Boot holen können. Aber allein schon der Umstand, dass diese drei Staaten sich von den USA diktieren lassen, über derlei völkerrechtswidrige Sanktionen überhaupt zu verhandeln, zeigt die Schieflage in den internationalen Beziehungen auf.

Als Ausgleichslieferanten schlägt Präsident Trump übrigens allen Ernstes das Königreich Saudi Arabien vor – also dem wohl schlimmsten Schurkenstaat der Region. Offiziell begründen die USA die Sanktionen übrigens damit, dass Iran den „Terrorismus“ finanzieren und den Nahen Osten „destabilisieren“ würde – sich also genau der Untaten schuldig macht, die die USA ohne Zweifel jahrelang begangen haben und immer noch begehen.

Was sagt eigentlich Kanzlerin Merkel zu diesem Verhalten? Hatte sie nicht angekündigt, die EU zu einem Gegenpol zur aggressiven US-Außen- und -Wirtschaftspolitik zu machen? Und wo ist Heiko Maas? Ist er etwa voll und ganz damit ausgelastet, zusammen mit Angelina Jolie wohlfeile offene Briefe zu schreiben? Es wäre doch schön, wenn er seinen Wählerinnen und Wählern einmal mitteilen würde, wie das Auswärtige Amt das US-Vorgehen bewertet und was man zu tun gedenkt. Hat Deutschland schon Beschwerde vor dem UN-Sicherheitsrat eingebracht? Wird Deutschland die WTO anrufen? Und wenn nein – warum nicht?

Titelbild: BPTU/shutterstock.com

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