Leserbriefe zum Artikel „Grünen-Politiker Habeck und die Verschleierung der Realität“

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Der Beitrag Grünen-Politiker Habeck und die Verschleierung der Realität ließ einmal mehr zahlreiche Leser zur Tastatur greifen und uns ihre Meinung mitteilen. Nachfolgend einige der Lesermails. Auch in der Redaktion wurde die Frage erörtert, ob man, so wie im Artikel geschehen, „Hoffnungsträger“ kritisch beleuchten darf. Die Antwort ist wohl, dass in diesem Fall Herr Habeck selber dafür sorgen muss, dass er glaubwürdig bleibt und man ihm dies nicht durch Unterlassung abnehmen kann. Zusammengestellt von Moritz Müller.

1. Leserbrief

Hallo NDS-Team,

zum Artikel von Marcus Klöckner möchte ich folgendes anmerken.

Zitate von Robert Habeck: “Was wir erleben, ist eine Erosion des Vertrauens in politische Handlungsfähigkeit.”

-Nein, Herr Habeck, Sie reden verallgemeinerten, verkannten Unsinn! Was Sie meinen sollten, was “wir erleben”, ist wenn dann eine Erosion des Vertrauens in die Handlungfähigkeit der etablierten Politik der Über-den-Mensch-Ideologie, nämlich die der letzten Jahrzehnte. Und ein Vertrauen in die Handlungswilligkeit der Politiker gibt es schon viel länger kaum noch. Eine Politik, die bislang stur gegen Mahnung und Vernunft, vornehmlich selbstbereichernd und über-Leichen-gehend auch von Ihresgleichen ausgeführt wurde und die Belange der restlichen und nachfolgenden Mitmenschen überhaupt nicht einbezieht, ja gar mit Füßen tritt! Ist es diese Demokratie, die es anzustreben gilt, Herr Habeck?

“Den ganzen Tag hören wir, die Klimakrise ist die Bedrohung unseres Jahrhunderts, Amazon, Google und Facebook zahlen in Europa kaum Steuern, es gibt zu viel Nitrat auf den Feldern, die Mieten explodieren. Menschen erwarten, dass entsprechend gehandelt wird.”

Ja, und fragen Sie sich doch mal selbst, Herr dem-Volk-per-Gesetz-zur-Vertretung-verpflichtet Habeck, wie oder was könnte denn für die Belange des Volkes getan werden und von wem? Wieso sollte eine Partei, die sich dem Menschenwohl nicht bloß mit Worten sondern ganz praktisch und greifbar annimmt, nicht das Interesse und Vertrauen der Wähler (zurück-)bekommen? Behaupten Sie jetzt bloß nicht auch noch: weil uns allen mit gezielten russischen Fake-News-Kampagnen der klare, unvoreingenommene abendländische Blick auf die Dinge verstellt wird!

“Der Grund für die [Regierungs-]Krise ist das Misstrauen der Menschen, dass Politik, wie wir sie kennen, angesichts globaler Umschwünge das Gebot der Fairness nicht mehr durchsetzen kann.”

Nein, siehe oben, erster Punkt. Wenn Politik sich zuvorderst etwa dem Kapital und anderen Mächten unterordnet und der allgemeine Wille des Volkes faktisch nie durchsetzt oder representiert ist, fehlt schlicht die Grundlage, die Substanz, der man überhaupt ein Vertrauen aussprechen kann. Würden Politiker ausschließlich dem nachgehen, was im klar und deutlich ausformulierten Wahlprogramm ihrer Partei steht, dann käme es auch nicht zu einer Krise des verlorenen Vertrauens (in vermeintlich funktionierende Institutionen). Jedenfalls ist das eine zeitlose und ziemlich simple Methode, Vertrauen in die politische Handlungsfähigkeit herzustellen.

“Und solange dieses Misstrauen schwelt, ist es schwer, Begeisterung für Demokratie herzustellen.”

Wieso will ausgerechnet jemand, der einem jeden Tag genug Anlässe liefert, Misstrauen zu entwickeln, eine “Begeisterung für Demokratie” herstellen?

“Deshalb gilt, dass auch die Opposition sich verantwortungsvoll verhält, dass sie inhaltliche Vorschläge macht, aber nicht herumzündelt.”

Verstehe, keine Änderung der bestehenden Verhältnisse, keine alternativen Problemlösungsansätze oder -Vorschläge von der Partei Die Grünen. Lieber eine Koalition mit den Kriegsparteien CDU/CSU, für Stabilität und Europa und so… jaja…
Politiker, die den Pfad des Hau-drauf-Prinzips weiter beschreiten wollen, nicht zuhören können, und Ursachen für massive Missstände und Probleme sonstwo nur nicht bei denen verorten, die ja immer gleich daherargumentieren, man solle sie auch weiterhin vertrauensvoll machen lassen; nur eine Verantwortung übernehmen sie nie; die allein mit dem Gros ihrer geäußerten Gedankengänge der Realsituation von millionen von Leuten Hohn sprechen, sehen das Ende der wahrhaftesten Form der Demokratie auf uns zukommen – weil die Leute die Güte der Eliten und Investoren (das Gaucksche “Rechts”) nicht verstanden und stattdessen rechtsradikal (das Gaucksche “feindlich und rassistisch”) gewählt haben. Hoffentlich ist Bier kühlgestellt und der Spritpreis g’rad unten, sonst merken die Leute am Ende noch, für wie blöd sie sich erfolgreich halten lassen.

Beste Grüße
S.B.K.


2. Leserbrief

Danke für den großartigen investigativen Bericht: Die jungen Leute, die die Grünen gewählt haben, werden die Katze im Sack bemerken.
JS


3. Leserbrief

Hallo NDS, sehr geehrter Herr Klöckner,

“Ursachen für die Probleme unserer Zeit benennen, Verwantwortliche ans Licht zerren: Das ist das, was man von einem Politiker erwarten darf…”

Entschuldigung, aber gerade durch Unterlassung fallen doch so gut wie alle politischen Mainstreamer unangenehm auf, deren Karrieren abhängig von ihrer Bereitschaft sind, die Einflußnahmen des neuen Geldadels zu verschleiern, sie nicht zu thematisieren, ihnen nicht entgegenzuwirken.
Ich finde nicht, daß man von Politik so etwas wie Verantwortungsbewußtsein, welches sich über die Grenzen eines kleinen elitären Kreises mit Allmachtsphantasien und einer seltsamen Auffassung von Demokratie hinauserstreckt, noch erwarten sollte – ich erwarte schließlich auch nicht, daß mir Jesus erscheint oder meine tote Oma.
Sicher, die Chance ist nicht Null, aber darauf zu warten ist Quatsch.
Intransparenz als Zeugenschutz für stracheske Spendenempfänger und Lobbylieblinge ist m.M.n. nicht die Ausnahme, sondern die Regel und auch das Gebot, wie auch Relotius nicht die Nadel im Heuhaufen, sondern die Nadel im Nadelhaufen ist. Herr Habeck wird – wie so viele vor und neben ihm – wissen, daß es mit höheren Ämtern und feudalen Privilegien nichts werden wird, sollte er ehrliche Antworten geben und die Dinge beim Namen nennen, weit jenseits von Wahlkampf-PR. Da ist nichts zu erwarten, ein Revolutionär oder wenigstens Reformer sieht anders aus und redet nicht so einen leeren Stuss.
Etwas – einiges – ist megafaul im Staate D, das merkt mittlerweile sogar das träge traditionelle Wahlvieh, dem langsam dämmert, in welchem Ausmaß es vom Privatisierungswahn und Spekulantentum um seine Lebensgrundlagen gebracht wird, und quittiert die karrierebedingte Ignoranz bezüglich dieser faulen Themen entsprechend. Wieso sollte Habeck denn anders vorgehen als jeder x-Beliebige vor ihm, und warum sollte das ausgerechnet bei ihm nach einigen Jahren dem verführten Wähler nicht ebenso auffallen wie das Versagen eines x-beliebigen Betriebsblinden oder Karrierebesessenen vor ihm?

„Der Grund für die Krise ist das Misstrauen der Menschen, dass Politik, wie wir sie kennen, angesichts globaler Umschwünge das Gebot der Fairness nicht mehr durchsetzen kann.“
Eieiei, die Sprüche, die er klopft, sind schon jetzt eindeutiges Indiz dafür, daß er voll auf Linie ist. Man könnte vielleicht sogar sagen: Auf dem Strich; nur leider nicht auf unserem, denn: Das Mißtrauen der Menschen ist ja Krisengrund, und keinesfalls ist dieses Mißtrauen gerechtfertigt, denn unsere Kaste handelt permanent zum Wohle aller und ist nicht – Studien belegen das – fremdbestimmt, gell. Frontpastor Gauck mit seinen christlichen Tips zum Kriegführen und seiner Heißluft-Realitätsverweigerung (“Die Eliten sind nicht das Problem, sondern die Bevölkerungen”) ist bestimmt so begeistert von Habeck wie ein dunkler Jedi-Meister von Darth Vader. Und auch Mutti und ihrem legendären Gefasel von marktkonformer Demokratie kommt Ignoranz dieser Größenordnung zupaß. Das sollte wahrlich zu denken geben, und zwar allen Seiten.

Daß viele Menschen selbst schreiende Gelegenheiten zum Nachdenken allerdings nicht wahrnehmen, kann ich der Politik nicht vorwerfen. Es gehören halt immer mindestens zwei zu einer Beziehung, auch wenn sie dysfunktional ist und längst beendet und durch eine neue, gesündere ersetzt werden sollte.

Mit freundlichen Grüßen

Johannes Bichler


4. Leserbrief

Moin,

habe mit Interesse den Artikel zur Glaubwürdigkeit von Herrn  Habeck gelesen.

Mag stimmen.

ABER;-) : für mich auch ein gutes Beispiel, wie fortschrittliche Autoren mit der (scheinbar immer notwendigen) Demontage von Hoffnungsträgern beginnen. Selbstverständlich immer “kritisch”. Man hat halt den Auftrag auch zu unbequemen “Wahrheiten”.
Die Zeitschrift “konkret” nennt Frau Wagenknecht in einem Atemzug mit Herrn Gauland. Nun wird auch Herr Habeck auf Ihren Seiten als kaum noch glaubwürdig beschrieben, weil er in einem Zeitinterview zu allgemein antwortet und damit verschleiert???
Ich fände es gut, wenn die Motivation für derartige Beiträge “kritisch” hinterfragt wird: es wird ziemlich einsam in dem Spitzenturm des Rechthabens, wenn man in der aktuellen politischen Landschaft auch einen Herrn Habeck für unwählbar erklärt.

herzlich
Frank Tofern


5. Leserbrief

Sehr geehrtes Team,

vielen Dank für diesen Beitrag. Die Grünen sind mit dem richtigen Personal zur rechten Zeit am Start. Union und SPD schwächeln personell und inhaltlich. Wen soll der Wähler also ankreuzen, wenn er nicht zu Hause bleiben will? Die grüne Spitze sagt nichts Falsches und wirkt sympathisch. Der von Ihnen zitierte Satz ist ziemlich inhaltsfrei. Ein echter Journalist sollte bei jedem Gebrauch des Begriffs Globalisierung sofort nachfragen, was genau gemeint ist. Habeck weiß, dass er zur Macht die Union mangels Alternative brauchen wird. Das stört ihn nicht. „Links“ sind die Grünen schon lange nicht mehr. Der Landesverband Bremen mag da eine Ausnahme sein. Wer beim nächsten Mal den Kanzler stellt, hängt entscheidend davon ab, ob es bis dahin weitere Umweltkatastrophen gibt. Ansonsten wird die unionierte Christenheit die Nase vorn haben. Auch für die „Qualitätsmedien“ stellt sich das Problem, was denn übrigbleibt auf dem demokratischen Trümmerfeld, wenn sie bei Bärbock und Co zu genau hingucken.

Viele Grüße sendet Thorsten Peitzmeier


6. Leserbrief

Liebe NachDenkSeiten!

Ein weiteres Mal möchte ich Ihnen danken, daß Sie das Gehype um die Kriegspartei Bündnis 90/Die Grünen nicht mitmachen.

Der von Ihnen herausgestochene Satz von Habeck (bzw. der „Zeit“) offenbart bei näherer Exegese noch Weiteres als nur das oberflächliche Nicht-Sprech heutiger Polit-Schranzen.

Er codiert in der Tat die gesamte bellizistische Ideologie der Post-Fischer-Grünen:

„Vertrauen, daß Politik, wie wir sie kennen, […] das Gebot der Fairneß nicht mehr durchsetzen kann“

Das heißt: Um das „Gebot der Fairneß“ durchzusetzen, braucht es eine andere – eine deutliche, eine robuste – Politik. Kein diplomatisches Weicheitum mit vogeschobenen Wirtschaftsinteressen und kein Appeasement, sondern knallharte Ansagen im Stile eines Wilhelm Zwo.

Die „Fairneß“, um die es geht, bezieht sich natürlich darauf, daß keine Region der Welt sich einfach erfrechen darf, auf die hybriden Kriege der NATO zur knallharten Ausweitung ihrer Interessensphäre mit Gegenwehr, präventiven Maßnahmen oder gar symmetrischen Antworten zu reagieren. Wie soll man sonst in Ruhe Brunnen, Mädchenschulen und Flüchtlings(Sklaven)camps bauen?

Es geht da nicht um Renten oder Steuergerechtigkeit, nicht um die Generationenfrage oder um das Klima – es geht darum, Gebiete wie Syrien und die Krim endlich heim ins Reich der marktkonformen Postdemokratie zu holen. Um das zu erreichen, streben Habeck und seine Partei offenbar eine andere Politik, als „wir sie kennen“, an.

Mit lieben Grüßen,
Ihr
M.J.

P.S.: Wer von der AfD immer fordert, sich eindeutig von verfassungs- und menschenfeindlichen bzw. volksverhetzenden Positionen und ihren Vertretern loszusagen, sollte eigentlich ganz analog auf eigene Sympathisanten wie M.-L.Beck, J.Fischer und R.Harms angesprochen werden!


7. Leserbrief

Einen schönen guten Tag,

beim Lesen des Artikels  “Grünen-Politiker Habeck und die Verschleierung der Realität“ fiel es mir wieder ein: Zu der Zeit Habecks als Umweltminister von Schleswig-Holstein gab es eine Bürgerinitiative „Hände weg von Schwedeneck“, weil der Minister in diesem Weltkulturerbe und Naturschutzgebiet der DEA genehmigt hatte, dort Öl zu fördern!. Nicht ausgeschlossen per Fracking.

Das reiht sich ein in die bereits von Ihnen erwähnten Handlungen, die nicht von den Medien problematisiert werden.

Alles Gute und viele Grüße

Joachim  Groß

Anm. Moritz Müller: Hier einige Links zum Thema „Schwedeneck“:

https://haendewegvonschwedeneck.wordpress.com/
https://www.erdoel-erdgas-deutschland.de/haende-weg-von-schwedeneck-betrachtung-einer-unglaublichen-desinformationskampagne/
http://www.ak-gewerkschafter.de/2016/03/13/haende-weg-vom-schwedeneck-eine-kritische-zwischenbilanz/


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