Hinweise des Tages

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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (JK/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Grünenabgeordnete Andreae soll Energielobbyistin werden
  2. Frankreich: Brutale Polizeigewalt bringt Regierung in Bedrängnis
  3. Bundesregierung tarnt und täuscht weiter
  4. Deutschland ist schuld am Minuszins
  5. Weniger Demokratie wagen
  6. Schattenbanken wachsen den Aufsichtsbehörden über den Kopf
  7. Deutschlands erster Clan
  8. Ärzte am Ende ihrer Kräfte
  9. Arbeit in Deutschland Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz laugt den Balkan aus
  10. Betriebsrat soll raus
  11. Muss man sich leisten können
  12. „Freie Fahrt nur für Reiche“ – Autoverbots-Idee der Grünen sorgt für Riesen-Zoff
  13. Brasiliens Präsident feuert den Wächter des Regenwaldes
  14. Leckt uns doch!
  15. Sahra Wagenknecht – Demokratie statt Lobbykratie!
  16. Für wen Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner besonders oft Zeit hat
  17. Rex Hohlbein – Der Architekt der Obdachlosen
  18. Der Kosovokrieg 1999

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Grünenabgeordnete Andreae soll Energielobbyistin werden
    Niedersachsens Umweltminister Lies sagte im letzten Augenblick ab. Statt des SPD-Politikers soll nun eine Grünenabgeordnete den Energieverband BDEW führen.
    Der BDEW vertritt 1900 Unternehmen der deutschen Strom-, Gas- und Wasserwirtschaft, darunter auch mächtige Konzerne wie RWE und E.on – und sucht einen neuen Geschäftsführer. Nachdem der niedersächsische Umweltminister Olaf Lies ein entsprechendes Angebot des Energieverbands ausschlug, soll statt des SPD-Politikers nun die Grünen-Wirtschaftsexpertin Kerstin Andreae die Organisation leiten.
    Das BDEW-Präsidium beschloss einstimmig, dem Vorstand Andreae als neue Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung vorzuschlagen. Das teilte der Verband mit. Formell muss Andreae noch vom Vorstand bestellt werden, das aber gilt als sicher. Die Sitzung ist für den 13. August geplant.
    Die baden-württembergische Abgeordnete Andreae soll damit Nachfolgerin von Stefan Kapferer werden, der bisher Vorsitzender der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) ist. Kapferer wird neuer Chef des Übertragungsnetzbetreibers 50Hertz.
    Quelle: SPIEGEL Online

    Anmerkung Jens Berger: Erstaunlich, wie leise diese Personalie von den Medien kommentiert wird. Entweder man will den Grünen keinen großen Schaden zufügen oder man erachtet es schon als selbstverständlich, dass Grünen-Politiker die Seiten wechseln und als Lobbyisten in einen Verband gehen, der auch die Interessen der Braunkohleverstromer aktiv vertritt.

  2. Frankreich: Brutale Polizeigewalt bringt Regierung in Bedrängnis
    Proteste zum Tod von Steve Maia Caniço, seltsame Auszeichnungen für Polizisten, manipulierte Beweisführungen und Unwahrheiten – der öffentliche Druck wächst
    Möglicherweise ist sie nicht vorbei, die Protestbewegung der “Gelbwesten”, die Frankreich seit Herbst 2018 in Atem hielt. Es ist eine Protestbewegung politisch und sozial heterogenen Charakters, die sich im Laufe der Monate wandelte – und von ihren anfänglich stark rechts besetzten Ausgangsmilieus ablöste, auch Gewerkschaften gesellten sich ab Anfang Dezember 2018 hinzu – und ziemlich unterschiedliche Bewertungen erfuhr.
    Darum, eine irgendwie abschließende Bewertung zu treffen, kann und soll es an dieser Stelle nicht gehen. Zumal Staatspräsident Emmanuel Macron selbst laut öffentlichen Bekundungen davon ausgeht, dass die Sache nicht abgeschlossen, also für seine Regierung nicht ausgestanden sei.
    Ebenso wenig ausgestanden ist unterdessen ein Thema, das im Zusammenhang mit den “Gelbwesten”-Protesten ebenfalls viele Debatten und Polemiken auslöste und auch aus anderen Gründen ins aktuelle Geschehen drängt: die von der französischen Polizei ausgeübte Gewalt.
    Im Zusammenhang mit der Protestbewegung der “Gelbwesten” ermittelt die Dienstinspektion IGPN – die im Folgenden noch näher vorgestellt werden wird – derzeit in 288 Fällen wegen mutmaßlicher, nicht vom Gesetz gedeckter Gewaltanwendung durch die Polizei, wie just an diesem Montag bekannt wurde.
    Quelle: Telepolis

    Anmerkung JK: Wo war hier die Empörung der deutschen „Qualitätsmedien“ im Gegensatz zu den Verhaftungen in Moskau anlässlich der Demonstrationen sogenannter „Kremlkritiker“? Nun, die Gelbwesten haben sich klar das falsche Thema ausgesucht: Gegen die Durchsetzung der neoliberalen Agenda.

    Dazu: Moskau: Die Proteste, die Medien und das Gewaltmonopol
    Und: Wie die deutsche und die US-Regierung die Proteste in Moskau eskalieren
    Quelle: anti-spiegel

  3. Bundesregierung tarnt und täuscht weiter
    Die offiziellen Zahlen zum BIP im vierten Quartal des vergangenen Jahres geben weiter Rätsel auf. Die Bundesregierung verwickelt sich in neue Widersprüche und bestätigt indirekt unsere Kritik.
    Friederike Spiecker und ich hatten im Februar dieses Jahres die offiziellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes zur Berechnung des BIP im vierten Quartal 2018 in Frage gestellt. Das hatte die Fraktion von Die Linke im Bundestag aufgegriffen und in einer kleinen parlamentarischen Anfrage die Bundesregierung gefragt, was nach ihrer Ansicht die – gemessen an den schwachen Bereichen Industrie und Bau – relativ gute wirtschaftliche Entwicklung im vierten Quartal 2018 erklärt.
    Quelle: Makroskop
  4. Deutschland ist schuld am Minuszins
    Mit ihrer verhassten Niedrigzinspolitik löffelt die Europäische Zentralbank nur die ihr vor allem von Deutschland eingebrockte Austeritätssuppe aus. Ursächlich sowohl für die lahme Wirtschaftsentwicklung in Europa als auch dafür, dass es auf dem Sparbuch keine Zinsen mehr gibt, ist in erster Linie die dogmatische Sparpolitik des deutschen Finanzministers Olaf Scholz und seines Vorgängers Wolfgang Schäuble.
    Durch mangelnde Investitionen im eigenen Land wurde das Wirtschaftswachstum langfristig geschwächt. Das fiel ein paar Jahre lang nicht so auf, da der Export vor allem nach Übersee boomte. Doch nun bricht in China das Wachstum ein und auch die USA schwächeln. Aus den anderen Ländern der Eurozone sind ebenfalls keine Impulse zu erwarten, so lange Deutschland seine Spardoktrin auch dort durchsetzt. Das trägt dazu bei, dass die Konjunktur im Euroraum einbricht und der EZB könnte nichts anderes übrigbleiben, als die teilweise bereits negativen Leitzinsen weiter zu senken.
    Keine Zinsen ohne Gläubiger
    Zugleich baut die Bundesregierung seit Jahren ihre Schulden ab und damit den Bestand an Bundesanleihen, einer der wichtigsten Anlagemöglichkeiten für Deutschlands sicherheitsbedachte Sparer. Auch die deutschen Unternehmen und Haushalte sparen mehr, als sie investieren. Immer mehr Ersparnis stehen in Deutschland immer weniger Schulden gegenüber. Das führt gemäß den Regeln von Angebot und Nachfrage zu sinkenden Zinsen. Wir Deutschen sollten fast froh sein, wenn sich wenigstens im Ausland noch jemand unser Geld leihen will und uns ein bisschen Zinsen dafür bietet. Doch stattdessen wird jede Regierung, die bereit ist, mit Schulden das Wachstum in ihrem Land anzukurbeln, von vielen deutschen Politikern und Medien als unverantwortlich beschimpft und dafür gerügt, dass sie “über ihre Verhältnisse lebt”.
    Quelle: n-tv
  5. Weniger Demokratie wagen
    Sie meinen, über CETA & Co. schon alles zu wissen, und die Sache sei doch sowieso schon gegessen? Beides könnte ein großer Irrtum sein.
    Zur Erinnerung: Ab 2013/2014 tobte bis Ende 2016 in ganz Europa eine harte Auseinandersetzung zuerst um “TTIP” und dann um “CETA”, beides sogenannte Freihandelsverträge “der neuen Generation”, weil es in ihnen um weit mehr als bloß die Senkung von Warenzöllen gehen sollte. Sowohl mit den USA (TTIP) wie mit Kanada (CETA) wollte die EU weitreichende Liberalisierungen auch der öffentlichen Dienstleistungen, eine Paralleljustiz für Investoren (private Investitionsschiedsgerichte) und vieles mehr vereinbaren, was den KritikerInnen jedoch vor allem auf eins hinauszulaufen schien: eine weitreichende Einschränkung und Aushebelung der Demokratie. Nämlich überall dort, wo es darum geht, den Bereich der Wirtschaft im weitesten Sinn durch demokratisch beschlossene Gesetze zu regeln.
    Ausschüsse entmachten Parlamente
    Schon bei TTIP und CETA also war dieser Demokratieabbau der eigentlicher Kern des Streits, gemeinsamer Nenner all der kritisierten Einzelaspekte. Ausgerechnet die Verlagerung wesentlicher zukünftiger Entscheidungen in neu geschaffene, rein exekutive Gremien ist dabei jedoch teilweise unterbelichtet geblieben.
    Zwar wurde immer wieder kritisiert, dass ExekutivvertreterInnen der jeweiligen Vertragsparteien – bei CETA also der EU und Kanadas – neue Gesetzesvorhaben frühzeitig abstimmen sollen. Und diese “Regulatorische Kooperation” oder “Regulierungszusammenarbeit” im Sinne von CETA-Kapitel 21 (und eines entsprechenden Kapitels im seinerzeit geplanten TTIP) ist auch sicher schlimm genug, da sie an den Parlamenten vorbei und zugleich unter Mitwirkung von Industrievertretern stattfindet. Zugleich aber ist sie auch eine Nebelkerze, da sie formal freiwillig bleibt (Art. 21.2 Abs. 6 CETA), dieselben Verträge, auch CETA, zugleich aber ein viel umfassenderes System von “Ausschüssen” installieren, welche ihrerseits knallhart anstelle der Parlamente entscheiden bzw. diesen Vorgaben machen können.
    Quelle: Telepolis
  6. Schattenbanken wachsen den Aufsichtsbehörden über den Kopf
    Um einen gefährlichen Finanzcrash zu verhindern, wurden Grossbanken reguliert. Allerdings noch viel zu wenig: Noch immer profitieren Grossbanken und grosse Versicherungskonzerne von einer unausgesprochenen Staatsgarantie. In einer Krise kämen erneut die Steuerzahlenden zur Kasse. Trotzdem sollen in den USA die Vorschriften für Eigenkapital und Liquidität bereits wieder gelockert werden.
    Parallel zu diesen unzulänglichen Regulierungsbemühungen* machen sich weitgehend unregulierte Schattenbanken breit, die das ganze Finanzsystem zum Krachen bringen können. Schon vor anderthalb Jahren liefen rund ein Viertel aller weltweiten Finanztransaktionen über Schattenbanken. Die Verschiebung von Risiken in die Schattenbanken sei «die grösste Gefahr für die Finanzstabilität», hatte Goldman-Sachs-Vizepräsident Gary Cohn gewarnt.
    Neustens warnt auch der Europäische Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) vor Gefahren der Schattenbanken. Sie könnten eine Kettenreaktion der Insolvenz auslösen, was für Millionen unbeteiligter Menschen den Verlust von Arbeitsplatz und Wohlstand bedeuten würde.
    Der deutsche Wirtschaftswissenschaftler Heiner Flassbeck beschreibt in seinem «Morning Briefing», dass sich Schattenbanken wie Banken verhalten, aber warum sie keine sind:

    • weil sie keiner Bankenregulierung unterliegen;
    • weil sie keinen Zugang zu den Geldern der Zentralbanken besitzen;
    • weil sie nicht Teil der Einlagensicherung sind und es damit für das hier angelegte Geld keine Sicherung gegen einen Crash gibt.

    Zum Bereich der Schattenbanken zählen Hedgefonds, aber auch die Investitionsgesellschaften der Superreichen, die allesamt versuchen, durch erhöhtes Risiko dem Fluch der Nullzinspolitik zu entkommen. Der Befund des ESRB ist eindeutig: Das Vermögen der Schattenbanken wächst schneller als das der normalen Banken: Zwischen 2009 und 2017 stiegen die Vermögenswerte traditioneller Geldhäuser um 40 Prozent auf 147,6 Billionen US-Dollar, die der Schattenbanken um 70 Prozent auf 51,6 Billionen US-Dollar.
    Das verwaltete Vermögen sogenannter Private-Debt-Fonds (gut verzinste Kredite an Unternehmen, die wegen zu hoher Verschuldung keine klassischen Darlehen erhalten können), hinter denen wiederum amerikanische Pensionsfonds, Staatsfonds und die Family Offices der Vermögenden stehen, legte noch extremer zu. Seit der Finanzkrise hat es sich nahezu verdreifacht und betrug 2018 rund 769 Milliarden US-Dollar.
    Quelle: Infosperber

  7. Deutschlands erster Clan
    Seit einiger Zeit ist viel von kriminellen Clans zu hören. Sie sollen ihr Familienrecht über das bürgerliche Gesetzbuch stellen, Netzwerke aufgebaut haben, die ganze Landstriche kontrollieren, und durch illegale Geschäfte, bei denen nicht selten Gewalt im Spiel ist, großen Reichtum angehäuft haben. Die Existenz solcher Clans ist den Bürgern seit jeher bekannt, fraglich ist, warum sie gerade jetzt so ungeniert aus der Deckung treten.
    Seit fast 1.000 Jahren übt ein solcher Clan seine Herrschaft über Teile von Schwaben und Ostdeutschland aus. Vor allem der ostdeutsche Clan hat sich seit einigen Jahrhunderten brutal festgesetzt und die Geschichtsbücher mit blutigen Kapiteln gefüllt. Im Siebenjährigen Krieg wurde Preußen zu einer europäischen Großmacht, und ihr Clanchef Friedrich trug, obschon eher klein von Statur, seither den Beinamen „der Große“. Im 19. Jahrhundert schließlich führten weitere Kriege zur Gründung des Deutschen Reiches, deren Oberhaupt nicht der halbwegs demokratisch gewählte Reichskanzler war, sondern wiederum der Chef des berüchtigten Clans der Hohenzollern.
    Nun kannte der Stolz des Clans keine Grenzen mehr, und sein Chef wollte den seit den Tagen des Römischen Reichs wohl edelsten Titel „Kaiser“ tragen. Seinem Enkel bekam dieser Hochmut schlecht und er verwechselte den Titel mit dem Recht, der Welt seinen Willen aufzwingen zu können. Der erste Weltkrieg war die Quittung. Nach der totalen Niederlage musste der Clanchef zu seiner Verwunderung abtreten und reiste mit dutzenden Eisenbahnwaggons voller Hausrat und Kunst ins holländische Exil, wo er die zahlreichen Tage bis zu seinem Tod mit Holzhacken und Jagen verbrachte. Im Unterschied zu den Millionen Toten seines Krieges hatte er es ganz gut getroffen. Sein Sohn wiederum wanzte sich währenddessen an die neuen Herrscher heran. Er wurde zu einem getreuen Helfer Hitlers, dem er nach eigenen Angaben mehr als zwei Millionen Stimmen durch sein offensives Eintreten eingebracht haben will.
    Die anschließende Geschichte ist bekannt. Auch dieser Krieg ging verloren. Das Leid war sehr viel größer als beim ersten Mal und die Netzwerke des Clans wurden wiederum zurechtgestutzt. Durch die Sowjetunion radikal, durch den Westen eher moderat. Man will es kaum glauben, aber der Clan existierte weiter und tritt nun über 70 Jahre nach der letzten durch ihn mitverschuldeten Großkatastrophe ans Licht und beklagt sich, dass er nicht standesgemäß wohnen könne. Ihm fehlen die Schlösser und vor allem die wertvollen Kunstschätze.
    Quelle: Bernd Stegemann in Cicero

    Anmerkung JK: Die Clan-Kriminalität muss mit allen Mitteln des Rechtsstaates bekämpft werden!

    Dazu: Wollt ihr die Dummen sein?
    von Kurt Tucholsky
    Das deutsche Volk ist ausgesogen,
    bis zum Hemde ausgezogen
    durch die Reichswehr, durch Inflation …
    Noch nicht genug –?
    Offenbar nicht.
    Da gibt es noch eine freche Schicht.
    Weiß und unschuldsvoll wie die Lilien:
    zweiundzwanzig Fürstenfamilien.

    Quelle: Das Blättchen

  8. Ärzte am Ende ihrer Kräfte
    Druck, Stress und Burn-Out: Der Alltag in deutschen Klinken macht die Beschäftigten krank. Es gibt kaum noch Zeit für die Patienten, dafür umso mehr Papierkram zu erledigen. In Bayern versuchen Mediziner, ihren Kollegen beizustehen.
    Ein ganz normaler Nachmittag in einer Notaufnahme. Der Rettungshubschrauber bringt einen Verletzten. Zwei Krankenpfleger schieben den neuen Patienten auf den Flur, der Zugang für die Infusion wurde schon im Helikopter angelegt. Auf dem Flur mehrere Betten. Ein älterer Mann mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem einen, ein weiterer mit Beinverband auf dem anderen Bett:
    „Speziell in meinem Klinikum haben wir viele Notfallpatienten, die werden uns oft selbst dann gebracht, wenn wir uns als nicht aufnahmefähig abgemeldet haben“, erklärt Anästhesist Peter Hoffmann. „Die sind halt trotzdem krank oder haben irgendeine Verletzung und müssen irgendwo hin. Wenn alle Krankenhäuser sich als nicht aufnahmefähig melden – und das ist oft der Fall in München inzwischen – dann wird das nächste Haus angefahren und dieses Haus muss den Patienten dann versorgen.“
    Peter Hoffmann arbeitet seit mehr als 20 Jahren als Oberarzt am Klinikum Harlaching. Stress gehört dazu, Notfälle sind nicht planbar, eine Überschreitung der Arbeitszeit oft nicht zu verhindern, was per Stechuhr sekundengenau dokumentiert wird.
    Quelle: Deutschlandfunk Kultur
  9. Arbeit in Deutschland Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz laugt den Balkan aus
    Die Bundesregierung will mehr Fachkräfte aus Osteuropa anwerben – bald erleichtert ein Gesetz die Migration. Doch was hier hilft, richtet dort Schäden an.
    Die verschärfte Personalnot im Gesundheitssektor lässt selbst den Minister in die Ferne schweifen. „Wir können jede Pflegekraft, die mit anpacken will, gut gebrauchen“, schlägt der deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn Mitte Juli bei einem Treffen mit angehenden Krankenpflegern in der Kosovo-Hauptstadt Pristina die Anwerbertrommel.
    Auf der Suche nach Arbeitskräften sind immer mehr Rekrutierer aus dem reichen Norden im ausgezehrten EU-Wartesaal auf dem Westbalkan unterwegs. Denn in Westeuropa werden Fachkräfte händeringend gesucht. Bei den ausgebluteten EU-Anwärtern sitzen hingegen immer mehr Auswanderwillige auf gepackten Koffern. …
    2020 tritt in Deutschland das Anfang Juni vom Bundestag abgesegnete „Fachkräfteeinwanderungsgesetz“ in Kraft. Dieses soll qualifizierten Arbeitskräften aus Nicht-EU-Staaten die Arbeit und Arbeitssuche in Deutschland erheblich erleichtern – und das nicht nur in sogenannten Engpassberufen: Es entfällt die bisherige Vorrangprüfung, die EU- Bürgern bisher einen Vorrang bei der Besetzung freier Stellen einräumt.
    Berlin erhofft sich von dem Gesetz eine Linderung des Mangels an qualifizierten Arbeitskräften. Im EU-Wartesaal fürchten Arbeitgeber hingegen, dass sich der Sog in die Ferne verstärkt, dass immer mehr Fachkräfte abwandern. Schon seit 2015 hätten jährlich mindestens 50.000 Menschen Bosnien und Herzegowina verlassen, klagt die Zeitung „Euro Blic“ im bosnischen Banja Luka: „Wenn in Deutschland das Gesetz in Kraft tritt, das die Auswanderungsprozeduren vereinfachen und beschleunigen wird, könnte es auf dem heimischen Arbeitsmarkt zu einem nie erlebten Kollaps kommen.“
    Quelle: Tagesspiegel
  10. Betriebsrat soll raus
    Schwere Geschütze fährt das Städtische Klinikum Brandenburg gegen seinen stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden, Andreas Kutsche, auf. »Arbeitszeitbetrug« soll dieser begangen haben – und dafür fristlos entlassen werden. Von einem »besonders schweren Vertrauensbruch« ist in der Antragsschrift der Klinikleitung die Rede, die jW vorliegt und über die das Arbeitsgericht Brandenburg an der Havel an diesem Donnerstag (12.30 Uhr, Saal 1, Magdeburger Str. 51) entscheiden soll. Aus der Nähe betrachtet entpuppen sich die Vorwürfe allerdings als reichlich aufgebauscht. Ob das Kündigungsbegehren – dem der Betriebsrat widersprochen hat – mit Kutsches Kandidatur als Direktkandidat der Partei Die Linke zur Landtagswahl zusammenhängt? Oder mit seiner langjährigen und erfolgreichen gewerkschaftlichen Arbeit? Fest steht: Es ist nicht das erste Mal, dass das kommunale Krankenhaus gegen unliebsame Beschäftigtenvertreter vorgeht – bislang stets erfolglos.
    Den Anlass für die Vorwürfe, die die Geschäftsführung gegen Kutsche erhebt, hat der freigestellte Betriebsrat selbst geliefert: Am 20. Mai dieses Jahres erläuterte er auf einer Teilbetriebsversammlung anhand seiner eigenen Arbeitszeiten, wie Dienst- und Urlaubswünsche im firmeneigenen Webportal einzutragen sind. Dabei wurde deutlich, dass er die Teilnahme an einer Aufsichtsratssitzung als Arbeitszeit gerechnet hatte. Die Klinikleitung nennt das »eine ganz eklatante Verletzung seiner Pflicht, die Arbeitszeit korrekt zu erfassen«. Doch so eindeutig, wie es das Management erscheinen lässt, ist die Angelegenheit nicht. Ob die Teilnahme an Aufsichtsratssitzungen als Arbeitszeit gilt oder nicht, ist unter Juristen umstritten. Einen Präzedenzfall gibt es bislang nicht.
    Seit zehn Jahren gehört Kutsche als Beschäftigtenvertreter dem Aufsichtsgremium des Klinikums an – und ebensolang trägt er seine Teilnahme als Arbeitszeit ein. So wurde es ihm zu Beginn seiner Tätigkeit bei einem Seminar erklärt. Ein »Arbeitszeitbetrug«? Das würde vorsätzliches Handeln erfordern. Ein solches sei, so heißt es in einer jW vorliegenden Stellungnahme des Berliner Anwalts Ivailo Ziegenhagen, »nicht ansatzweise erkennbar« gewesen. »Wenn ich kein reines Gewissen hätte, hätte ich wohl kaum meinen Stundenzettel öffentlich gemacht«, erklärt Kutsche auf jW-Nachfrage.
    Quelle: junge welt
  11. Muss man sich leisten können
    Klassenhass ist genauso real und wirksam wie Rassismus oder Sexismus, auch wenn seltener über ihn gesprochen wird. Es gibt nicht nur die Ablehnung gegen “die da oben”, es gibt auch die tiefe Verachtung derer, die denken, dass man bei Discountern nur “Müll” kaufen kann, obwohl dieser vermeintliche Müll das ist, was Millionen Menschen täglich essen. Klassismus findet sich in Klischees, in der Sprache, in Gesetzen, in allen möglichen Institutionen und in politischen Forderungen. Selbst bei denen, die eigentlich die Welt retten wollen.
    Ein paar Forderungen aus den vergangenen Wochen: “Fliegen muss teurer werden” – “Heizen und Tanken muss teurer werden” – “Autofahren in Städten muss teurer werden” – “Pendeln mit dem Auto muss teurer werden” -“Benutzung der Fernstraßen muss teurer werden” – “Plastik muss teurer werden” – “Reisen muss teurer werden” – “Fleisch muss teurer werden”.
    Es passiert immer wieder, und zurzeit besonders oft, dass politisch nicht gewollte Verhaltensweisen dadurch eingedämmt werden sollen, dass die Kosten für dieses Verhalten erhöht werden sollen: Mal soll klimaschädliches Verhalten teurer werden, mal gesundheitsschädliches, oft beides gleichzeitig. Fleisch, Benzin, Strom, Plastik, Zigaretten, Alkohol, Fertigprodukte, Zucker, manchmal auch Lebensmittel im Allgemeinen, all das soll immer wieder teurer werden. Das kann für manches eine Lösung sein – aber keine gerechte. Weil Preiserhöhungen verschiedene Menschen sehr unterschiedlich hart treffen.
    “Eigentlich ist es einfach: Klimasünden müssen teuer sein”, hieß es zum Beispiel neulich in einem SPIEGEL-Artikel. So einfach ist es dann aber doch nicht. Wie teuer Verkehrs- und Nahrungsmittel sind, hat auch viel mit Gesetzen und staatlichen Subventionen zu tun. Es kann sein, dass Fliegen und Autofahren teurer werden müssen, aber dann müssen Bahnfahren und generell der öffentliche Personennahverkehr billiger werden (und zwar: sehr viel billiger), sonst werden mit gut gemeinter Klimapolitik hauptsächlich arme Leute bestraft: Sie müssen sich dann, weil sie arm sind, noch mehr einschränken als ohnehin schon.
    Diskriminierung muss nicht immer offener Hass sein, sie kann auch einfach darin bestehen, dass man Leute vergisst. Oder sie kann darin bestehen, dass man findet, es sollten sich eben nicht alle Leute die gleichen Dinge leisten können.
    Quelle: SPON

    Anmerkung JK: Man kann Margarete Stokowski hier wirklich einmal vorbehaltlos zustimmen, die aktuelle Klimadiskussion weist alle Merkmale eines repressiven Eliten- und Herrschaftsdiskurses auf mit dem, dem „Pöbel“ erklärt werden soll was er alles falsch macht und wie vorbildlich und fortschrittlich doch das bürgerlich linksliberale Lager ist und deswegen selbstverständlich wieder einmal die Diskurshegemonie und Deutungshoheit für sich beanspruchen kann. Das führt dann zu derart bizarren Blüten, dass den lohnarbeitenden Menschen die Hauptverantwortung für den Klimawandel auf Grund ihrer angeblich hemmungslosen Konsumneigung unterstellt wird. Was in der steilen These mündet Lohnerhöhungen seien schlecht für das Klima, da ja dann wieder mehr konsumiert werden könne, was natürlich höheren und umweltschädlichen Ressourcenverbrauch nach sich zieht (nachzulesen in der taz – wo sonst).

  12. „Freie Fahrt nur für Reiche“ – Autoverbots-Idee der Grünen sorgt für Riesen-Zoff
    Berliner Linke und SPD halten nichts davon, ab 2030 eine „Zero Emission Zone“ innerhalb des S-Bahn-Rings auszurufen, in die nur noch E-Autos einfahren dürfen. Den Plan hatten die Berliner Grünen am Freitag auf ihrer Sommerklausur in Prag beschlossen. Doch die Koalitionspartner in der rot-rot-grünen Koalition lehnen den Vorschlag ab: Die Linke befürchtet ein „massives soziales Problem“ und will keinesfalls eine „freie Fahrt nur für Reiche in der Innenstadt“, sagte Kristian Ronneburg, verkehrspolitischer Sprecher der Partei dem KURIER. „In einer Zero Emission Zone könnten nur diejenigen fahren, die sich ein teures E-Auto leisten können“, so Ronneburg weiter. „Entweder das Verbot gilt für alle oder keinen.“ E-Autos seien außerdem zwar lokal emissionsfrei, nicht aber in der Produktion und Stromversorgung.
    Laut Kraftfahrtbundesamt lag der Anteil von E-Autos an allen neu angemeldeten Fahrzeugen in Berlin 2019 bei 2,48 Prozent. 2018 waren es 1,15 Prozent.
    Die SPD hatte den Vorstoß mit Blick auf soziale Ungerechtigkeiten bereits am Freitag äußerst skeptisch kommentiert. Sie befürchtet vor allem auch Nachteile für Pendler und Menschen, die in den Außenbezirken leben. In Zeiten extrem hoher Mieten steigt die Zahl der Pendler, die jeden Morgen aus dem Umland nach Berlin fahren – nach jüngsten Zählungen der Agentur für Arbeit waren es 21,5 Prozent der in der Hauptstadt Beschäftigten, also jeder Fünfte.
    Kritik an Verkehrssenatorin Günther
    Ronneburg kritisierte außerdem die von der grünen Senatorin Regine Günther geleitete Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz: Schon jetzt habe die Senatsverwaltung große Umsetzungsprobleme bei Verkehrsprojekten, um den Umstieg vom Auto zu befördern, sagte der Verkehrsexperte der Linken. Die Menschen warteten auf Alternativen. Doch die würden ihnen nicht geboten. Stattdessen sollten sie jetzt auch noch „aus der Innenstadt ausgesperrt werden“.
    Quelle: Berliner Kurier

    Anmerkung JK: Gerade aus Perspektive der Wählerklientel der Grünen durchaus konsequent gedacht. So sinkt auch die Schadstoffbelastung in den gentrifizierten innerstädtischen Wohnbezirken.

  13. Brasiliens Präsident feuert den Wächter des Regenwaldes
    Experten warnen: Die Rodung am Amazonas erreiche neue Höchstwerte. Doch Präsident Bolsonaro bestreitet die Daten und feuert einen Wissenschaftler.
    Ricardo Galvão ist einer der renommiertesten Wissenschaftler Brasiliens. Der Physiker leitete das Inpe, das Nationale Institut für Weltraumforschung. Es ist unter anderem für die Auswertung der Satellitenbilder zuständig, die die Abholzung des Amazonaswaldes zeigen. Anhand dieser Aufnahmen veröffentlicht das Inpe regelmäßig Daten über illegale Rodungen. So war es zumindest bisher.
    Nun hat Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro den 71-jährigen Galvão entlassen. Der Grund ist simpel: Dem Rechtsextremisten passen die Daten nicht, die das Inpe veröffentlicht. Sie zeigen einen drastischen Anstieg der illegalen Abholzung im Amazonas in seiner Amtszeit. So registrierte das Institut für Juni eine Zunahme der Rodungen um 88 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Erste Auswertungen der Juli-Daten zeigen eine Zunahme von mehr als 100 Prozent. Experten gehen bereits jetzt davon aus, dass 2019 das schlimmste Jahr für den Amazonaswald seit einem Jahrzehnt werden wird.
    Präsident Bolsonaro will das nicht wahrhaben. Er behauptet, dass die Daten aufgebläht worden seien, um das Image Brasiliens in der Welt zu schädigen. Mit seinem Umweltminister Ricardo Salles präsentierte er bereits alternative Daten, die zeigen sollen: Alles nicht so schlimm. Das Observatorium des Klimas, ein Zusammenschluss von Forschungsinstituten und Umweltorganisationen, nannte die Präsentation „in ihrer Einfältigkeit beschämend“. …
    Ohnehin führt Bolsonaro gegen Brasiliens Indigene, deren Reservate als letzte Bollwerke gegen die Zerstörung gelten, einen regelrechten Krieg. Mit seinem Amtsantritt hat er die Anerkennung neuer Reservate aussetzen lassen. Dann ernannte er den Polizisten Marcelo Xavier da Silva zum neuen Chef der Indio-Behörde Funai. Er hat enge Verbindungen zur Agrarindustrie und ist ein erklärter Feind der Indigenen. Er soll dem Präsidenten nun helfen, die Reservate für die wirtschaftlich Ausbeutung zu öffnen. Gerade erst hat Bolsonaro US-Präsident Donald Trump angeboten, dort gemeinsam mit Brasilien nach Mineralien zu schürfen. Auch die illegalen Goldgräber, die den Amazonas mit Quecksilber verseuchen, fühlen sich von Bolsonaro ermutigt. Mitte Juli meldete „Mongabay“, eine Web-Seite für Umweltnachrichten, dass rund 20.000 Goldgräber in den Yanomami-Park eingedrungen seien, eins der größten Indio-Reservate Brasiliens.
    Quelle: Tagesspiegel
  14. Leckt uns doch!
    Knapp 25 Jahre nach der Privatisierung der Deutschen Post und gut zehn Jahre nach der vollständigen Liberalisierung der Zustelldienste steht bei der Verteilung von Briefen, Päckchen, Paketen und Zeitungen längst die Renditemaximierung im Vordergrund. Doch bei der im Postgesetz festgeschriebenen »Grundversorgung« stößt sie an Grenzen. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) nimmt sich der Sache nun an.
    Der erste Abschnitt des Rechtsakts von 1997 definiert den Anspruch einer »flächendeckenden Grundversorgung mit Postdienstleistungen zu erschwinglichen Preisen«. »Ausreichende« Angebote sollen zur Verfügung gestellt und »soziale Belange« berücksichtigt werden. Doch kräftige Portoerhöhungen bei immer weiter steigenden Gewinn- und Umsatzzahlen der Deutschen Post AG verdeutlichen dessen Widerspruch zur Realität eines liberalisierten Zustellmarktes: 2018 steigerte der Konzern seinen Umsatz von 60,4 auf 61,6 Milliarden Euro. Zur Jahresmitte 2019 wurde das Porto für sämtliche Formate erhöht, etwa für den Standardbrief von 70 auf 80 und für die Postkarte von 45 auf 60 Cent.
    Dennoch will Altmaier dem früheren Staatsunternehmen samt seiner Dumpingsparte DHL und Wettbewerbern à la Pin AG, Fedex oder UPS weitere Hürden beim Gewinnstreben aus dem Weg räumen. Das Postgesetz soll »modernisiert« werden. Wie einem Eckpunktepapier seines Ministeriums vom Donnerstag zu entnehmen ist, will Altmaier an verschiedenen Konkretisierungen des Versorgungsauftrags Hand angelegen – etwa der Vorgabe, dass Postzustellungen an sechs Tagen pro Woche erfolgen müssen oder an der Lizenzpflicht, der die gewerbliche Briefzustellung unterliegt, um die Zuverlässigkeit und Fachkunde der Anbieter sicherzustellen.
    Quelle: junge welt
  15. Sahra Wagenknecht – Demokratie statt Lobbykratie!
    Die Berichte über Monsantos Politiker-Akten geben einen interessanten Einblick in die Machenschaften der Lobbyisten. Ich habe es in Brüssel selbst erlebt: Die Einladungen zu Luxus-Abendessen, die falsche Hilfsbereitschaft, die charmanten Bitten, sich auf ein unverbindliches Gespräch zu treffen. Es heißt, dass auf EU-Ebene auf jeden Abgeordneten zwanzig Lobbyisten kommen. Das Jahresbudget der Konzernvertreter beläuft sich auf 1,5 Milliarden Euro, rechnet Lobbycontrol vor.
    Wer möchte, kann jeden Abend auf einem anderen Empfang gut essen. Die Lobbyisten bieten ihren “Sachverstand” und Zuarbeit an, im Tausch gegen “kleine Anpassungen” an der einen oder anderen Stelle. Im EU-Wirtschafts- und Finanzausschuss habe ich erlebt, dass viele Abgeordnete gerade aus dem konservativen und liberalen Lager diese “Hilfe” gerne annehmen. Das spart ihnen Arbeit, und viele von ihnen glauben tatsächlich, dass alles, was den Konzernen nützt, der Allgemeinheit dient.
    Es überrascht mich daher kein bisschen, dass Monsantos PR-Agenturen listenweise Dossiers zu Politikerinnen und Politikern anlegen. Darin kategorisieren sie mit einem Ampelschema, bei wem sich ihr “Engagement” besonders lohnt.
    Auch im Bundestag versuchen Lobbyisten ständig, die Politik zu beeinflussen. Wie hoffnungslos dieses Unterfangen bei uns LINKEN ist, zeigt sich daran, dass wir im letzten Jahr erneut als einzige Partei im Parlament keine Großspenden erhalten haben — und das ist auch gut so.
    In vielen Bundesministerien und den anderen Fraktionen kehren Lobbyisten dagegen tagtäglich ein. Sie schreiben an Gesetzesentwürfen mit, beeinflussen über Hinterzimmertreffen, Sponsoring und Parteispenden die politische Agenda. Der Einfluss der Lobbyisten auf die Politik hat ein unerträgliches Ausmaß erreicht, weil Anti-Korruptions-Regeln zu lasch sind und zu wenig kontrolliert werden.
    Das Ergebnis ist eine käufliche Politik – und eine politische Agenda in diesem Land, die sich nach den Interessen von Superreichen und Konzernen richtet. Kein Wunder, dass immer mehr Menschen an der Demokratie und der Unabhängigkeit politischer Entscheidungen zweifeln.
    Warum gibt es kein verpflichtendes Lobbyregister beim Bundestag und den Ministerien? Wo bleibt die Transparenz über die Einflussnahme von Interessenvertretern bei Gesetzesinitiativen? Wir brauchen Karenzzeiten für ausscheidende Politiker, die direkte Wechsel aus politischen Spitzenämtern an Konzernspitzen und in Interessenverbände unterbinden. Mit einem Verbot von Unternehmensspenden an Parteien können wir sicherstellen, dass sich die Politikerinnen und Politiker an den Interessen der Wähler orientieren und nicht am dicksten Geldbeutel.
    Quelle: DIE LINKE
  16. Für wen Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner besonders oft Zeit hat
    Mindestens 25 Mal hat sich Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) in ihrer Amtszeit bisher zu Einzelgesprächen mit Vertretern von Lebensmittelkonzernen und der klassischen Agrar-, Fleisch- und Ernährungswirtschaft getroffen.
    Dagegen ist sie nur fünf Mal zu solchen Gesprächen mit Vertretern von Organisationen wie dem Bund ökologische Landwirtschaft zusammen gekommen. Das geht aus einer Antwort des Landwirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion hervor, die dem „Tagesspiegel“ vorliegt.
    Klöckner habe sich seit ihrem Amtsantritt im Frühjahr 2018 unter anderem mit Vertretern von Bayer, Nestlé, Mars und Rewe getroffen. Insgesamt drei Mal habe sie sich mit dem Deutschen Bauernverband getroffen.
    Dass eine Landwirtschaftsministerin sich mit dem Bauernverband und Konzernvertretern trifft, ist alles andere als ungewöhnlich. Pikant sind die Zahlenverhältnisse in der Aufstellung vor allem deshalb, weil Klöckner zuletzt für ein Video mit dem Chef der deutschen Nestlé-Tochter heftig in die Kritik geraten war. Darin hatte der Nestlé-Chef sein Unternehmen in bestem Licht präsentiert und gesagt, dass Nestlé in vielen Fertigprodukten Zucker und Fett reduziert habe. Das Video wurde über den Twitter-Kanal des Ministeriums verbreitet.
    Die Ministerin setzt auf Selbstverpflichtungen der Wirtschaft, statt die Hersteller per Gesetz zu einem gesünderen Angebot zu verpflichten.
    Quelle: Leipziger Volkszeitung
  17. Rex Hohlbein – Der Architekt der Obdachlosen
    Rex Hohlbein entwirft in Seattle 20 Jahre lang preisgekrönte Häuser für Millionäre. Dann lernt er einen Obdachlosen kennen. Das verändert das Leben der beiden radikal.
    In Seattle und den Vororten leben mehr als 11 000 Menschen ohne eigene Wohnung, mehr als die Hälfte davon … auf der Straße. Zum Vergleich: Von den 3100 Wohnungslosen in der ähnlich großen Stadt Frankfurt am Main leben nur schätzungsweise zehn Prozent auf der Straße. Man kann nicht durch Seattle gehen, ohne die unzähligen Zelte zu sehen, die Verschläge, die kleinen Siedlungen, in denen Menschen leben, ohne Wasser, Strom oder Toiletten, ohne Sicherheit, oft ohne Hoffnung. Abends sieht man die vielen Autos am Straßenrand, mit von Atemluft beschlagenen Scheiben – jedes ein Zuhause für Menschen ohne Wohnung.
    Im Jahr 2015 hat die Stadt wegen eines dramatischen Mangels an Wohnraum den Notstand ausgerufen, so lässt sich mehr öffentliches Geld lockermachen. Seattle gilt längst als Negativbeispiel für die Folgen ungelenkten Wachstums. Denn es sind nicht nur die psychisch Kranken und die vom Krieg gezeichneten Veteranen, die Drogenabhängigen und die Trinker, die hier auf der Straße leben. Im vergangenen Jahr gaben bei einer Umfrage etwa 20 Prozent der Obdachlosen an, einen Job zu haben. Viele haben Kinder, die zur Schule gehen, besitzen ein Auto, einen Laptop, sind per E-Mail erreichbar. Längst ist in Seattle die Mittelschicht betroffen. Eine Operation, die die Kasse nicht zahlt, ein Rausschmiss aus dem sicher geglaubten Job – schon ist die Wohnung weg und ein Zelt das neue Zuhause. …
    Das erste Treffen mit Rex Hohlbein beginnt am Samstagmorgen mit einer Umarmung. „Free Hugs“ steht auf dem braunen Pappschild, das er vor seinem Bauch hält, auf dem Rundweg am Green Lake im Norden Seattles. Freie Umarmungen also für Spaziergänger, Jogger und die vielen Menschen, die auf ihre Smartphones starren, weil es hier und heute ein besonderes Pokemon zu fangen gibt. Hohlbein ist mit ein paar Freunden da, Shelly Cohen ist darunter, der das örtliche Straßenmagazin »Real Change« verkauft – und ein breites Lächeln hat, das kaum jemanden die Umarmung ausschlagen lässt. Dazu gibt es noch einen grünen Aufkleber mit dem Satz „Just Say Hello!“ – das Motto der Hilfsorganisation Facing Homelessness, die Rex Hohlbein gegründet hat.
    Quelle: Brand eins
  18. Der Kosovokrieg 1999
    1999 entschied die NATO, in die Auseinandersetzungen zwischen der paramilitärischen UÇK, die für die Unabhängigkeit des Kosovo kämpfte, und der serbisch-jugoslawischen Armee einzugreifen. Damit wollte sie die Regierung Slobodan Miloševics zum Rückzug der Armee aus dem Kosovo zwingen. An den Luftschlägen der NATO gegen Serbien beteiligte sich auch Deutschland, dessen rot-grüne Regierung sich zu dieser militärischen Maßnahme mit dem Verweis auf serbische Menschenrechtsverletzungen durchrang. Eine schwierige Entscheidung – schließlich stand nicht nur die Zukunft der krisengeschüttelten Balkanregion, sondern auch das Selbstverständnis der Bundeswehr und damit der Bundesrepublik auf dem Spiel.
    Hans-Peter Kriemann blickt auf die Ereignisse des Jahres 1999 zurück und erläutert darüber hinaus die politischen wie diplomatischen Hintergründe des Kampfeinsatzes.
    Quelle: Reclam

    Dazu aus der Rezession der Süddeutschen Zeitung:

    „Der Kosovo-Krieg war nicht vom UN-Sicherheitsrat abgesegnet und also völkerrechtswidrig. Ausgerechnet an diesem Krieg war erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg Deutschland beteiligt. Das musste der Bevölkerung schmackhaft gemacht werden. Der grüne Außenminister Joschka Fischer, der Madeleine Albright, der amerikanischen Außenministerin und Hardcore-Militaristin, so gut wie auf dem Schoß saß, hatte schon bewiesen, dass er vor dem Vergleich mit Auschwitz nicht zurückscheute. Nun verkündete er zum zweiten Mal binnen weniger Jahre: “Nie wieder Auschwitz.” Es gelte, die Kosovo-Albaner zu schützen. Der SPD-Verteidigungsminister Rudolf Scharping, ein Gefühlsmensch, ging dem sogenannten Hufeisen-Plan auf den Leim, demzufolge Miloševics Regierung die Albaner einkreisen und aus dem Kosovo vertreiben wollte. Der Plan war ein manipuliertes Machwerk – so schlecht fabriziert, dass die Lokalzeitung Hamburger Abendblatt ihn als Fälschung entlarven konnte (der Plan war nicht in serbischer Orthografie abgefasst).“