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  1. Moskauer Oppositionsdemos: Pressekrieg als Nachgefecht
  2. Alle Zeichen stehen auf Rezession – aber Berlin will nicht handeln
  3. Brasiliens gefährlicher Kurs: Agrarexporte als Gift für die “Lunge der Erde”
  4. How the world’s dirtiest industries have learned to pollute our politics
  5. Mikrokredite in Kambodscha: Lukratives Geschäft mit der Armut
  6. Tierschutzversagen mit System
  7. Blackstone kauft sich bei europäischer Konkurrenz ein
  8. Zahlen steigen – Immer mehr Privatschüler in Deutschland
  9. Die Geschichte von der Lohnhochwertung
  10. Polizeigewalt in Frankreich: Außer Kontrolle
  11. Gewalt in Brasilien: Jedem seine Waffe
  12. Krieg der Kerne
  13. Prozesse zu Bild- und Tonaufnahmen: Polizei möchte ungefilmt bleiben
  14. Bundesregierung muss Erdogans Militäroffensive verurteilen
  15. US-Wirtschaftsblockade gegen Venezuela ist verbrecherisch
  16. Jugendappell vor der UNO in New York

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Moskauer Oppositionsdemos: Pressekrieg als Nachgefecht
    Beim großen Feindbildaufbau im russischen Netz wird wohlweislich unterschlagen, dass die DW Russisch auch in liberalen russischen Kreisen und deren sozialen Netzen keine zentrale Stellung hat. Beispielsweise ist die Anzahl der Twitter-Follower von DW – verglichen mit den wirklichen Protestträgern unter den liberalen russischen Medien – gering: Etwa 10 Prozent derer der Onlinezeitung Meduza oder 5 Prozent derer des liberalen TV-Senders Doschd, der wiederum, verglichen mit den landesweiten und kremlnahen TV-Stationen, ein Zwerg ist. So lässt sich die DW bestenfalls als wohlwollendes Anhängsel der russischen Liberalen bezeichnen, aber wohl kaum als treibende Kraft oder gar als Schaltzentrale. Denn auch von vielen Liberalen aus Russland wird solchen Auslandssendern mit gesundem Misstrauen begegnet, denn die ganz anderen Interessen eines solchen Regierungsmediums als die von eigenen liberalen Zeitungen ist ebenso vielen bewusst, wie der Staatsauftrag von RT deutsch unter deutschen Oppositionellen, die dem Westen nicht per se blauäugig begegnen.
    Derartige Details unterschlägt RT und füttert damit – vorsätzlich oder grob fahrlässig – Verschwörungstheorien in der prorussischen Szene Mitteleuropas, wonach die Protestierer ferngesteuerte Roboter des Westens seien. Denn der RT deutsch-Leser weiß in der Regel nichts von der geringen Bedeutung der Berichterstattung der Deutschen Welle in Russland und bekommt brühwarm serviert, die DW koche einen neuen Maidan. Er glaubt dann Bloggern wie Thomas Röper aus Sankt Petersburg, der auf seiner Homepage verkündet, der Westen stecke hinter den oppositionellen Demos. Als Beleg hierfür nennt er beispielsweise, dass die vom Westen finanzierte Organisation OVD die westlichen Medien mit Nachrichten beliefert. Dabei vergisst er aber, dass die russischen Demonstrationsteilnehmer ihre Nachrichten eben gerade nicht von dieser Quelle bezogen, sondern aus ihren eigenen, russischen Medien und Social-Media-Kanälen.
    Auch der von Röper viel zitierte US-Botschafter, der die Proteste wohlwollend bei Twitter begleitete, spielte bei deren Koordination bei weiten nicht die Rolle, wie es der Blogger glauben machen will und – Hunderte Kilometer entfernt von den Moskauer Demos – seine Stellung als scheinbar informierte Quelle in Russland selbst ausnutzt. Röpers gewagte Thesen fallen aber bei russlandfreundlich gesinnten Lesern auf fruchtbaren Boden, den RT und Sputnik bereitet haben, indem sie selbst die Deutsche Welle und andere „Westmedien“ (Originalbezeichnung von RT, nicht der Aktuellen Kamera) von freudigen Anhängseln zu treibenden Kräften der Oppositionsbewegung umlackieren.
    Dabei ist die sachliche Erklärung für die Oppositionsdemos sehr viel einfacher. Eine in den russischen Metropolen gestiegene oppositionelle Stimmung, ein Misstrauen gegenüber den Herrschenden, das manch einem Mitteleuropäer gar nicht so unbekannt vorkommen dürfte. Eine verkrustete Nomenklatur, die Unterschriften von oppositionellen Wahlkandidaten mit Sicherheit nicht wohlwollend prüft, und eine ihr gegenüberstehende kritische Jugend, die wiederum dieser Prüfung schon von vornherein misstraut.
    Quelle: Russland News
  2. Alle Zeichen stehen auf Rezession – aber Berlin will nicht handeln
    Zahlen lügen nicht. Die aktuellen Wirtschaftsdaten weisen Richtung Abschwung. Darauf müsste der Staat reagieren – und Schulden machen. Doch in Deutschland regiert der Sparfetisch.
    Die Industrieproduktion ist im Juni ein weiteres Mal gefallen, und zwar mit minus 1,5 Prozent viel stärker, als von Analysten erwartet. Die Produktion folgt damit dem ebenfalls seit vielen Monaten schwächer werdenden Auftragseingang. […]
    Es gibt aber einen sehr großen Marktteilnehmer, der sich dieser Dynamik aus Eigeninteresse entgegenstellen kann – den Staat. Das ist die im Prinzip unbestrittene Lehre von Keynes. Denn der Staat ist über die Steuern am Erfolg der Privaten beteiligt und muss mehr Geld ausgeben, wenn die Arbeitslosigkeit steigt. Wenn alle sparen wollen, muss der Staat deshalb mehr Geld ausgeben, damit seine Finanzen nicht mit der Wirtschaft in den Abwärtsstrudel geraten. Dann sehen auch die privaten Akteure wieder mehr Chancen statt nur Risiken und geben wieder bereitwilliger Geld aus.
    Aber leider hat sich gerade in Deutschland das allzu lange eingeübte Mantra von der Ursünde des Schuldenmachens verselbstständigt. Finanzminister sonnen sich im Glanz des Images als Sparfuchs und wollen auf diesen Glanz nicht verzichten – selbst wenn man mit Schuldenmachen inflationsbereinigt sogar um die zwei Prozent pro Jahr verdienen kann. Die Prügel bekommen ja nicht sie, sondern ihre Amtsnachfolger, die später hohe Schulden machen müssen, wenn sinkende Steuereinnahmen, steigende Sozialausgaben und teure Bankenrettungen die Staatsfinanzen zerrüttet haben werden.
    Quelle: Norbert Häring im Handelsblatt

    dazu: Abschwung am Arbeitsmarkt? Zugänge in Arbeitslosigkeit steigen
    Der Arbeitsmarkt scheint zu schwächeln: In den letzten zwölf Monaten verzeichnete die Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) wieder mehr Zugänge in Arbeitslosigkeit von vormals Beschäftigten.
    Nach der Hochstimmung am Arbeitsmarkt in den letzten Jahren gibt es nun erste Anzeichen für eine Abkühlung. In den letzten zwölf Monaten gab es deutlich mehr Übertritte von vormals Beschäftigten in Arbeitslosigkeit als in den Jahren zuvor. Zwischen August 2018 und Juli 2019 zählte die Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) insgesamt über 2,6 Millionen Zugänge in Arbeitslosigkeit aus dem ersten Arbeitsmarkt. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum zwischen August 2017 und Juli 2018 ist das ein Zuwachs um mehr als 18 Prozent.
    Quelle: O-Ton Arbeitsmarkt

  3. Brasiliens gefährlicher Kurs: Agrarexporte als Gift für die “Lunge der Erde”
    Brasilien ist der weltweit größte Exporteur von Soja und Rindfleisch und gleichzeitig ein Schlüsselland im Kampf gegen den Klimawandel. Doch der Agrarsektor frisst sich immer weiter in den Regenwald. Präsident Bolsonaro kümmert das wenig. Nun schlägt sogar die Branche selbst Alarm.
    Der brasilianische Regenwald gilt als “Lunge der Erde”. Doch der Anstieg der landwirtschaftlichen Exporte bedroht das für das Weltklima so wichtige Ökosystem. Der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro – Klimaskeptiker und Freund der Agrarindustrie – begünstigt den Raubbau am Amazonaswald. Monokolturen wie der Anbau von Soja oder Rinderzucht werden zulasten umweltfreundlicherer Familienbetriebe gefördert.
    Die exportorientierte Landwirtschaft braucht immer neue Flächen. Im Regenwald und auch in der Cerrado-Savanne im Südosten Brasiliens werden riesige Wälder vernichtet. Das hat Folgen für die indigene Bevölkerung, die immer weiter zurückgedrängt wird, und für das Klima. Die brasilianische Agrarindustrie wird deshalb auch Thema im Sonderbericht des Weltklimarats (IPCC) zu Klimawandel und Landsystemen sein, der am morgigen Donnerstag vorgestellt wird.
    Das im Juni vereinbarte Freihandelsabkommen zwischen der EU und dem südamerikanischen Handelsverbund Mercosur könnte die brasilianischen Agrarexporte weiter ankurbeln. In dem Vertrag versprechen die Europäer zwar, kein Soja oder Rindfleisch einzuführen, das auf Abholzungsflächen produziert wurde. Wie dieser Vorsatz umgesetzt werden soll, bleibt jedoch vage.
    Quelle: n-tv

    Anmerkung JK: Die Segnungen des Freihandels.

  4. How the world’s dirtiest industries have learned to pollute our politics
    The oil and gas industry intends to spend $4.9tn over the next 10 years, exploring and developing new reserves, none of which we can afford to burn. According to the IMF, every year governments subsidise fossil fuels to the tune of $5tn – many times more than they spend on addressing our existential predicament. The US spends 10 times more on these mad subsidies than on its federal education budget. Last year, the world burned more fossil fuels than ever before.
    An analysis by Barry Saxifrage in Canada’s National Observer shows that half the fossil fuels ever used by humans have been burned since 1990. While renewable and nuclear power supplies have also risen in this period, the gap between the production of fossil fuels and low-carbon energy has not been narrowing, but steadily widening. What counts, in seeking to prevent runaway global heating, is not the good things we start to do, but the bad things we cease to do. Shutting down fossil infrastructure requires government intervention.
    But in many nations, governments intervene not to protect humanity from the existential threat of fossil fuels, but to protect the fossil fuel industry from the existential threat of public protest. In the US, legislators in 18 states have put forward bills criminalising protests against pipelines, seeking to crush democratic dissent on behalf of the oil industry. In June, Donald Trump’s administration proposed federal legislation that would jail people for up to 20 years for disrupting pipeline construction.
    Quelle: The Guardian
  5. Mikrokredite in Kambodscha: Lukratives Geschäft mit der Armut
    Millionen Menschen in Kambodscha haben Mikrokredite aufgenommen, das Geld kommt auch aus Deutschland. Nun zeigt ein Bericht: Mitunter kommt es infolge der Kreditvergabe zu Menschenrechtsverletzungen.
    Als der kambodschanische Bauer Sokha vor drei Jahren einen Mikrokredit aufnahm, ahnte er wohl noch nicht, in welche Schwierigkeiten ihn das bringen würde. Der fünffache Vater lebt von dem, was ihm der Anbau des Maniok, auch Yuca genannt, einbringt. 3250 Dollar lieh er sich bei der Sathapana Bank, davon wollte er neue Maschinen für sein Feld kaufen. Doch dann fiel der Preis für Maniok.
    Sokha konnte seine Raten nicht mehr bezahlen. Einen Hektar seines Landes hatte er als Sicherheit hinterlegt. Zwei Mal innerhalb weniger Tage schickte die Bank einen Mitarbeiter vorbei, um nach dem ausstehenden Geld zu fragen. Sokha musste einen Teil seines Landes verkaufen – unter dem Marktwert. Also nahm er wieder einen Mikrokredit auf, um den Rest des bestehenden zu tilgen.
    Der Maniok-Preis fiel weiter und Sokha häufte Schulden an. Heute hat er nach eigenen Angaben Darlehen über 11.000 Dollar aufgenommen. Aus Verzweiflung holte er zwei seiner Kinder aus der Schule, sieben und zehn Jahre alt. Sie schuften nun mit ihm auf dem Feld.
    Quelle: Spiegel Online
  6. Tierschutzversagen mit System
    Getreten, geschlagen, brutal misshandelt – Kühe müssen vielerorts schlimmes Leid erfahren. BR-Recherchen zeigen: Tierschutzverstöße haben in Deutschland System. Experten kritisieren Behörden und Staatsanwaltschaften.
    Vor wenigen Wochen schockierten grausame Bilder aus einem der größten Milchviehhöfe in in Bad Grönenbach in Bayern. Zahlreiche Kühe sollen dort gequält worden sein. Laut Tierschützern mussten einige kranke Tiere bis zum Tod unter großen Schmerzen vor sich hinvegetieren. Missstände und Tierschutzverstöße sind in Deutschland keine Seltenheit. Erst im Frühjahr hatte BR Recherche schlimme Verstöße auf Bauernhöfen und in einem Schlachtbetrieb in Niedersachsen aufgedeckt. Kranke Tiere, die nicht mehr gehen und laufen können, wurden verbotenerweise per Seilwinde auf Transporter gezerrt und geschlachtet. Warum kommt es immer wieder zu solchen Skandalen?
    Quelle: Tagesschau

    Anmerkung unseres Lesers H.M.: Leider immer noch ein aktuelles Thema, doch auf Julia Klöckner, die als Ministerin verkleidete Lobbyisten, können die geschundenen Tiere nicht hoffen!

  7. Blackstone kauft sich bei europäischer Konkurrenz ein
    Der Private-Equity-Riese Blackstone kauft sich beim europäischen Konkurrenten BC Partners ein und sorgt damit für viel Aufsehen. In Branchenkreisen wird erwartet, dass dem Schritt des Giganten Blackstone nach Europa weitere börsennotierte Beteiligungshäuser wie KKR und Apollo folgen werden.
    Mit seinen insgesamt 545 Milliarden Dollar an verwaltetem Vermögen, davon allein gut 171 Milliarden Dollar im Beteiligungsbereich, zählt der Konzern Blackstone von Gründer und Chef Stephen Schwarzman zu den ganz Großen der Branche.
    Da können die Beteiligungshäuser aus Europa nicht mithalten. BC Partners etwa ist nur wenig später als Blackstone im Jahr 1986 gegründet worden, verfügt aber nur über rund 22 Milliarden Euro an Anlagegeldern. Den Amerikanern falle es deshalb in den heutigen Zeiten leicht, rund 500 Millionen Euro für einen Anteil von zehn bis 15 Prozent an BC in London zu bezahlen, heißt es in Finanzkreisen. […]
    BC Partners war ursprünglich Teil der Barings Bank und wurde nach deren Pleite 1995 verselbstständigt. Die Experten erzielten große Erfolge durch den Einstieg in Technologiefirmen, bis die Dotcom-Blase platzte. Danach wurde viel Geld in Branchen investiert, die andere links liegen ließen.
    Belohnt wurde die Strategie mit Renditen von 20 Prozent. Doch dann litt BC unter wenig erfolgreichen Beteiligungen wie der an dem britischen Immobilienvermittler Foxtons und dem schwierigen Investment in die Satellitengruppe Intelsat. Die Renditen fielen.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung JK: Die Macht der Finanzinvestoren ist nach wie vor einer der größten Gefahren für die Weltwirtschaft und letztendlich der Demokratie.

  8. Zahlen steigen – Immer mehr Privatschüler in Deutschland
    Jeder elfte Schüler lernt in Deutschland inzwischen an einer Privatschule – Tendenz steigend. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) spricht von sozialer Selektion.
    Privatschulen haben in Deutschland deutlichen Zulauf – mit konstanten oder weiter steigenden Schülerzahlen in den einzelnen Bundesländern. Das hat eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergeben. Aus Sicht der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) wirken private Schulen “sozial selektiv” und verschärfen die soziale Spaltung.
    Unionsfraktionsvize Carsten Linnemann hatte mit einer Äußerung über häufig unzureichende Sprachkompetenz vor der Einschulung Wirbel ausgelöst. Dabei hatte er der “Rheinischen Post” auch gesagt: “Bis tief hinein in die Mittelschicht erlebe ich Eltern, die ihre Kinder auf Privatschulen schicken, weil das Niveau an staatlichen Schulen sinkt.”
    Zu Privatschulen gehören etwa Waldorf- und Montessorischulen oder Einrichtungen in kirchlicher Trägerschaft. Sie müssen allesamt staatlich genehmigt werden und haben eine “heterogene Schülerschaft”, wie der Verband Deutscher Privatschulverbände betonte. Jeder elfte Schüler lerne inzwischen in einer Privatschule. Die GEW in Nordrhein-Westfalen kritisierte, auch der schlechte Zustand vieler öffentlicher Schulen habe zu der steigenden Privatschulnachfrage beigetragen. Die Politik müsse diesem Trend entgegenwirken.
    Quelle: ZDF
  9. Die Geschichte von der Lohnhochwertung
    Für viele Ostdeutsche bringt das neue Rentenüberleitungsgesetz Nachteile
    Mit dem kürzlich beschlossenen Rentenüberleitungs-Abschlussgesetz sollen schrittweise die ostdeutschen Rentenwerte und die Berechnung der Entgeltpunkte an das Westniveau angeglichen werden. Der aktuelle Rentenwert in den neuen Ländern für das Jahr 2016 lag mit 94,1 Prozent unter dem Westniveau und soll bis 2024 auf 100 West angehoben werden. Soweit die gute Nachricht. Im Gegenzug wurde festgelegt, dass die so genannte Hochwertung der ostdeutschen Entgeltpunkte schrittweise bis 2025 abgeschafft werden soll.
    Unter Abschaffung der Hochwertung der niedrigeren Löhne Ost versteht man im neuen Gesetz, dass schrittweise bis und ab 2025 vollständig die Entgeltpunkte Ost berechnet werden, indem die niedrigeren ostdeutschen Löhne künftig nicht mehr durch den entsprechend niedrigeren Durchschnittslohn Ost, sondern durch den höheren Durchschnittslohn West dividiert werden – also niedriger ausfallen, wenn es bis 2025 keine Lohnangleichung gibt.
    Die Autoren des Rentenüberleitungs-Abschlussgesetzes gehen davon aus, dass es bis 2025 keine Lohnangleichung geben wird. Dass bedeutet, dass das neue Gesetz zu einer drastischen Absenkung der Rentenansprüche für die künftigen ostdeutschen Beitragszahler und Rentner führen wird und dies vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Erwerbsbiografien künftiger ostdeutscher Beitragszahler und Rentner in den vergangenen 30 Jahren oft durch längere Arbeitslosigkeit unterbrochen waren und sie dadurch weniger Rentenansprüche erwerben konnten.
    Dem neuen Gesetz zufolge werden die Rentenansprüche der künftigen ostdeutschen Rentner bei der Berechnung der ostdeutschen Entgeltpunkte durch die Formel »Niedrigere Löhne Ost dividiert durch den Durchschnittslohn West« um 8 bis 10 Prozent sinken.
    Quelle: Neues Deutschland

    Anmerkung unseres Lesers H.U.: Das Rentenüberleitungs-Abschlussgesetz ist ein trojanisches Pferd, dass die Rentenungleichheit zementiert.

  10. Polizeigewalt in Frankreich: Außer Kontrolle
    Frankreichs Sicherheitskräfte haben jedes Maß verloren. Das Gefühl der Ohnmacht gegenüber der Staatsmacht radikalisiert den Protest zusätzlich.
    In Frankreich hat sich in den letzten Monaten bei Demonstrationen und damit bei der Meinungsfreiheit in signifikanter Weise etwas verändert. Zuerst für die Medien: Die Kameraleute, die FotografInnen und ReporterInnen kommen zum Arbeitseinsatz inzwischen systematisch mit Helm und Schutzmasken ausgerüstet. Man muss daraus schließen, dass ihre Armbinde mit dem Hinweis „Presse“ nicht reicht, um sie vor tätlichen Angriffen zu schützen.
    Wie die Journalistengewerkschaft SNJ bestätigt, wurden im Verlauf der Demonstrationen der „Gilets jaunes“ VertreterInnen der Medien von Polizisten nicht nur in der Ausübung ihrer Berufstätigkeit behindert oder sogar vorübergehend festgenommen, sondern mehrfach und gezielt attackiert.
    Natürlich hieß es dann später von vorgesetzten Stellen, es habe sich da um ein bedauerliches Versehen gehandelt. Nur häufen sich diese Fälle in zu offensichtlicher Weise, um dies glaubwürdig erscheinen zu lassen. Über Demonstrationen live zu berichten ist heute in Frankreich ein Risikojob. Aber noch viel krasser sieht diese Entwicklung für die TeilnehmerInnen an Demonstrationen aus.
    Quelle: taz

    Anmerkung JK: Man kann es nur wiederholen, man vergleiche dies mit der aktuellen Berichterstattung über die Demonstrationen in Moskau. Die Sichtweise der deutschen “Qualitätsmedien lässt sich mit der primitiven Formel beschreiben: Demonstrationen gegen den Neoliberalismus = böse, Demonstrationen gegen Putin = gut.

  11. Gewalt in Brasilien: Jedem seine Waffe
    Der Zugang zu Waffen ist in Brasilien einfach – dafür sorgt seit einem Jahr die Regierung Bolsonaro. Wie sein Vorbild aus den USA vertritt der „Trump der Tropen“ die These: Viele Waffen sorgen für viel Abschreckung und damit für viel Sicherheit. […]
    Polizeigewalt, vor allem von Seiten der Militärpolizei, ist in den brasilianischen Favelas seit Jahren an der Tagesordnung. Zuletzt hat sie aber Rekordhöhen erreicht. Ein Blick auf die Statistik der ersten vier Monate dieses Jahres zeigt: Die Militärpolizei hat in Rio 434 Menschen erschossen, so viele wie nie – im Vorjahreszeitraum waren es 368. Dieser Anstieg hat auch mit der Politik und vor allem der Rhetorik eines Mannes zu tun hat.
    Jair Bolsonaro rief bei einer Wahlkampfveranstaltung im Bundesstaat Acre im vergangenen Jahr dazu auf, Anhänger der PT, der Brasilianischen Arbeiterpartei zu erschießen. Damals war er Präsidentschaftskandidat, heute regiert er das 200-Millionen-Volk. In der Hand hält er damals ein schwarzes, langes Kamerastativ diagonal in die Höhe. Das soll eine Waffe darstellen. Er hält sie in die Luft und tut so, als würde er schießen. Dafür wird er von der jubelnden Menge gefeiert.
    Quelle: Deutschlandfunk Kultur
  12. Krieg der Kerne
    Für den Koalitionsfrieden mit den Konservativen nimmt Ministerpräsident Winfried Kretschmann viel Gemurre seiner ParteifreundInnen in Kauf. Die umstrittene Verschärfung des Polizeigesetzes aber ist ein ganz anderes Kaliber – hier steht Markenkern gegen Markenkern.
    “Die Regierung ist stabiler, als man uns immer einreden will”, sagt die konservative Kultusministerin Susanne Eisenmann, die bei den nächsten Landtagswahlen als Herausforderin von Ministerpräsident Winfried Kretschmann antritt. Tricky formuliert. Wer ist denn “man”? Vor allem in der CDU und ganz besonders in ihrer Landtagsfraktion wird fröhlich darüber spekuliert, wann und wie die ungeliebte Koalition mit den Grünen vorzeitig scheitern könnte. Anlässe gäbe es reichlich: das Tauziehen um den Landeshaushalt, das diesmal besonders heikel werden dürfte angesichts sinkender Steuereinnahmen und der herannahenden Schuldenbremse; Fahrverbote auch für Euro-5-Diesel in Stuttgart; oder eben die umstrittene Novellierung des Polizeigesetzes. Speziell die GralshüterInnen der inneren Sicherheit bei der CDU erfreuen sich an einem Szenario, bei dem dieses Thema dem ohnehin labilen Koalitionsfrieden zwischen den nach wie vor ziemlich unterschiedlichen Partnern heftige Rammstöße versetzt.
    Quelle: Kontext: Wochenzeitung
  13. Prozesse zu Bild- und Tonaufnahmen: Polizei möchte ungefilmt bleiben
    Neuer Vorwurf der Beamten nach aktuellen Fällen: Filme von Polizeieinsätzen verletzen die Vertraulichkeit des Wortes – wegen der Tonspur.
    Dürfen Bürger Polizeieinsätze filmen? Eigentlich hatte das Bundesverfassungsgericht die Frage bejaht und damit geklärt. Doch die Polizei hat sich neue Begründungen für eine Bestrafung filmender Bürger einfallen lassen, wie aktuelle Vorgänge in Kassel zeigen.
    Am 20. Juli demonstrierte dort die Neonazi-Partei „Die Rechte“. Dagegen formierte sich eine Gegendemonstration. Weil sich auch die oft militante Antifa aus dem nahen Göttingen angekündigt hatte, gab es am Kasseler Bahnhof Polizeikontrollen. Eine 35-jährige Kasseler Politologin wollte eigentlich zur Gegendemo. Doch als sie die aus ihrer Sicht „ruppigen“ Polizeikontrollen sah, nahm sie ihr Smartphone und filmte. „Dann hält sich die Polizei vielleicht etwas zurück“, hoffte sie.
    Die Frau filmte, wie ein Mann an die Wand gestellt wurde und ihm beim Abtasten ein Polizist an die Genitalien griff. Wenig später wurde sogar ihr Freund, der sie begleitete, kontrolliert. Wieder griff sie zum Smartphone. Doch nun wurde das Gerät von der Polizei beschlagnahmt, denn sie habe eine Straftat begangen.
    Quelle: taz
  14. Bundesregierung muss Erdogans Militäroffensive verurteilen
    „Die Bundesregierung muss die vom türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan angekündigte militärische Invasion im Norden Syriens in aller Schärfe verurteilen. Der geplante Einmarsch der türkischen Armee ist eine Aggression und wie schon die Besetzung der Region Afrin völkerrechtswidrig“, erklärt Sevim Dagdelen, stellvertretende Vorsitzende und abrüstungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. Dagdelen weiter:
    „Die Militäroffensive zur Annektierung großer Gebiete östlich des Euphrat ist Teil der neoosmanischen Außenpolitik Erdogans wie auch seine jahrelange Unterstützung für islamistische Terrorgruppen in Syrien. Die Bundesregierung darf sich durch Waffenlieferungen nicht zum Komplizen der geplanten Offensive und Okkupation durch die türkische Armee machen. Rüstungsexporte in die Türkei müssen mit Blick auf die aggressive Außen- und repressive Innenpolitik Erdogans sofort gestoppt werden.
    Bundesaußenminister Heiko Maas muss auf die umgehende Freilassung des deutschen Staatsbürgers Osman B. drängen, der bei seiner Urlaubsreise in der Türkei wegen unliebsamer Facebook-Kommentare von Erdogans Schergen verhaftet wurde. Die neuerliche Geiselnahme zeigt, dass niemand sicher ist vor Erdogan. Maas muss mit einer Reisewarnung für die Türkei der desolaten Menschenrechtslage dort Rechnung tragen.“
    Quelle: DIE LINKE. im Bundestag
  15. US-Wirtschaftsblockade gegen Venezuela ist verbrecherisch
    „Die Regierung Trump scheint entschlossen zu sein, die Bevölkerung Venezuelas auszuhungern, um sie zur Rebellion gegen Maduro zu zwingen. Diese Politik ist verbrecherisch, sie wird jedoch nicht funktionieren. Sie wird aber das Leid der Menschen in Venezuela ins Unermessliche steigern und zahllose Tote zu verantworten haben“, erklärt Andrej Hunko, europapolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE, anlässlich der Ausrufung einer US-Wirtschaftsblockade gegen Venezuela. Hunko weiter:
    „Die Bundesregierung und die Europäische Union müssen sich in der Venezuela-Politik endlich vom Rockzipfel der USA lösen und sich von dieser unmenschlichen und dysfunktionalen Politik distanzieren. Statt an der völkerrechtswidrigen Anerkennung Guaidós festzuhalten, sollten sie konsequent eine Verhandlungslösung unter Respekt des Völkerrechts unterstützen.
    Venezuela braucht eine politische Lösung. Die Verhandlungen zwischen Regierung und Opposition unter Vermittlung Norwegens sind hierfür der derzeit hoffnungsvollste Versuch. Die neuen Maßnahmen der USA drohen auch diesen zu zerstören.“
    Quelle: DIE LINKE. im Bundestag
  16. Jugendappell vor der UNO in New York
    Der Appell der DFG-VK Jugenddelegation vor dem Plenum der Konferenz zum Atomwaffensperrvertrag bei den Vereinten Nationen in voller Länge auf Englisch und in deutscher Übersetzung.
    Herr Vorsitzender, verehrte Delegierte, sehr geehrte Damen und Herren,
    wir sind dankbar und fühlen uns geehrt, für die Möglichkeit heute vor Ihnen zu sprechen. Wir fühlen uns geehrt, heute vor Ihnen stehen zu können und die Stimmen der Jugend von überall auf der Welt zu vertreten: China, Deutschland, Indien, Kasachstan, Japan, Malaysia, Mexiko, Neuseeland, Vietnam und die Vereinigten Staaten von Amerika. Wir sind über unsere Grenzen hinweg zusammengekommen, um für unsere Zukunft zu kämpfen.
    Wir, als globale Bürger*innen, wissen, dass es an unserer Generation liegt, aufzustehen und zusammenzukommen, um dem nuklearen Zeitalter ein Ende zu setzen. Wir sind hier, weil Atomwaffen noch immer eine massive Bedrohung für unsere Welt darstellen. Eine Bedrohung, die unsere Grenzen überschreiten. Atomwaffen sind willkürlich. Sie haben negative Auswirkungen auf indigene Völker und zerstören das Leben von Kindern und Frauen.
    Quelle: DFG-VK

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