Hinweise des Tages II

Ein Artikel von:

Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (AT)

Wir weisen darauf hin, dass die jeweiligen Anbieter für die Barrierefreiheit ihrer Angebote selbst verantwortlich sind und es durchaus sein kann, dass der Zugang von zunächst freien Inhalten nach einer Zeit beschränkt wird.

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Endspiel für die Türkei vor den Toren Idlibs
  2. Klimapolitische Apartheid wird nur zu mehr Tragödien im Mittelmeer führen
  3. Kampagne gegen Nullzinsen: Der deutsche Spargroschen-Trump
  4. Topökonom DIW-Chef spricht sich für harten Brexit aus
  5. Die Mahnerin
  6. Fahrzeugzulassungen im August 2019
  7. Neue Ausbildung für Hebammen: Schwere Geburt
  8. Mietpreise: Deckel drauf – Problem gelöst?
  9. Sozialer Wohnungsbau: Mini-Schritte statt Gesamtkonzept!
  10. 60 amerikanische Wissenschaftsorganisationen lehnen Unterdrückung ausländischer Forscher durch US-Regierung
  11. Bayerisches Polizeigesetz: 19 Personen wochenlang in Präventivgewahrsam
  12. Von Bobos, Hipstern und Kosmopoliten
  13. Krise der Sozialdemokratie: Die SPD verliert ihre Basis
  14. Zu guter Letzt: Mann (38) ohne Verfahren öffentlich hingerichtet

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Endspiel für die Türkei vor den Toren Idlibs
    Eigentlich hatte die syrische Armee vor genau einem Jahr ihren Vormarsch auf Idlib beschlossen. Damals konnte der türkische Präsident seinen russischen Amtskollegen im letzten Moment für eine Aufschiebung der Operation gewinnen. Seitdem Erdogan nach 2016 sein Land faktisch als Alleinherrscher regiert, zählt er auf seine persönlichen Beziehungen zu den starken Männern unseres Globus. Diplomatie und Institutionen sind ihm von zweitrangiger Bedeutung. Gemeinsam mit Putin haben sie beim sogenannten Sotschi-Abkommen die Errichtung einer Deeskalationszone vorgesehen, in der die türkische Armee 12 Beobachtungsposten errichten und mit den russischen Truppen für Sicherheit sorgen sollte.
    War Erdogan “zu naiv oder zu optimistisch” zu glauben, dass sein Wort und das Wort Putins für eine Aufschiebung der Operation gegen Idlib ewig gelten würde?, fragte sich der ehemalige türkische Aussenminister Yasar Yakis. Bei seinem Treffen mit Putin in Sotschi versprach Erdogan jedenfalls, die Dschihadisten bald entweder in die oppositionelle Gruppierung der gemässigten Islamisten einzugliedern oder schlimmstenfalls zu entwaffnen. Es war faktisch eine “mission impossible” von Anbeginn an. Die al-Kaida-nahe dschihadistische Organisation Hayat al-Sham wurde im Laufe der letzten 12 Monate nicht nur nicht geschwächt, sondern konnte den Grossteil der Provinz Idlib unter ihrer Kontrolle bringen.
    Die syrische Armee und die russische Luftwaffe haben in den letzten Wochen ihre Angriffe auf Idlib intensiviert und diese mit der Unfähigkeit der Türkei begründet, der Vorherrschaft Hayat al-Shams in der Provinz Einhalt zu bieten. Die schweren Bombardements signalisierten aber in erster Linie, dass Damaskus und Moskau nicht mehr bereit sind, eine Hochburg der sunnitischen Opposition in Idlib weiterhin hinzunehmen. Am 20. August konnte die syrische Armee in die strategisch wichtige Stadt Chan Scheichun einmarschieren. Sollte ihr ein Vormarsch auf die Städte Maaret Al-Numan und Serakib gelingen, stünde sie faktisch vor den Toren der Stadt Idlib.
    Der Fall von Chan Scheichun hat die Stimmung in der Türkei grundlegend verändert. Seit dem 20. August ist der türkische Beobachtungsposten “Morek” von der syrischen Armee eingekreist. Schon die Tatsache, dass die türkischen Soldaten von Morek nun auf das Wohlwollen der syrischen Regimetruppen angewiesen sind, dürfte für sie demütigend sein. Ende August reiste Erdogan eilig nach Moskau und liess sich bei einer Show der modernsten russischen Kampfflugzeuge Su-57 neben Putin fotographieren. Erdogan sah dabei sichtlich bleich und gekränkt aus. Putin habe die Sicherheit der 200 türkischen Soldaten in Morek zwar vorerst garantiert, habe aber zugleich Erdogan aufgefordert, Morek und einen weiteren türkischen Beobachtungsposten zu räumen, berichtete der renommierte Journalist Serkan Demirtas.
    Eine Räumung der türkischen Beobachtungsposten würde “von der türkischen Öffentlichkeit allerdings als Indiz für das totale Scheitern der Syrien-Politik der Regierung empfunden”, kommentiert Murat Yetkin. Yetkin, ehemals Chefredakteur der einflussreichen konservativen Tageszeitung Hürriyet und immer noch sehr gut informiert, ist davon überzeugt, dass der Vormarsch der syrischen Armee auf Idlib lediglich eine Frage der Zeit sei. Die “wahre Frage für die Türkei” sei nun, “wohin die Dschihadisten und die Flüchtlinge gehen können”.
    Quelle: Infosperber

    dazu: Syrer in der Türkei: Erdogan fordert mehr Flüchtlingshilfe – und droht der EU
    Die Türkei hat mehr syrische Flüchtlinge aufgenommen als jedes andere Land. Nun fordert Staatspräsident Erdogan mehr Geld von der EU. Ansonsten könnte sein Land “die Türen öffnen”. […]
    Erdogan sprach auch über eine in der Planung befindliche sogenannte Sicherheitszone in Nordsyrien und sagte, er wolle dort “mindestens eine Million” Flüchtlinge ansiedeln. Die Regierung sei “entschlossen, bis zur letzten Septemberwoche im Osten des Euphrats” mit der Einrichtung der Zone zu beginnen, wie die Türkei sie haben wolle.
    Quelle: Spiegel Online

  2. Klimapolitische Apartheid wird nur zu mehr Tragödien im Mittelmeer führen
    Was ich von meinem Schiff im Mittelmeer aus gesehen habe, ist nur ein flüchtiger Eindruck von dem, was die Zukunft für Millionen bereithält, wenn wir jetzt nicht handeln.
    Verhaftet zu werden im Hafen der italienischen Insel Lampedusa zog große mediale Aufmerksamkeit auf mich persönlich: Ich bin eine junge Frau und Kapitänin eines Schiffs, der Sea Watch 3, das gerade 40 Menschen aus dem Mittelmeer gerettet und in Sicherheit gebracht hatte. Meine Verhaftung geschah nach vierzehn Tagen auf See und dem Versuch, eine politische Lösung herbeizuführen, um diese Flüchtlinge aus dem Bürgerkrieg in Libyen legal an Land zu bringen. Mein Schiff fuhr in italienische Gewässer, obwohl dem ein ausdrückliches Verbot von Matteo Salvini entgegenstand, dem weit rechts stehenden (italienischen) Innenminister: Und so wurde ich in den bzw. für die Medien zu der Frau, die sich den Rechten in Italien und Europa wiedersetzte.
    Die italienischen Behörden ermitteln noch immer gegen mich (auch wenn ein Richter den Haftbefehl aufgehoben hat, weil ich versucht habe, Leben zu retten) – aber: Bin ich besorgt? Ehrlich gesagt, nein, weil mein Vorgehen legitim war. Wovor ich wirklich Angst habe, ist der Schaden, den wir unserem Planeten zufügen und die Feinseligkeit, die möglicherweise denen entgegenschlägt, die vor Dürre, Hunger, Feuer und Stürmen fliehen. Für mich sind die Gefahren des Klimawandels und die Notwendigkeit, denen zu helfen, die das Mittelmeer zu überwinden versuchen, direkt miteinander verbunden.
    Viele Menschen machen sich verständlicherweise Gedanken darüber, die Zusammenhänge zwischen Migration und Klimakrise zu diskutieren, weil sie befürchten, dass dies zu mehr Fremdenfeindlichkeit und noch strengeren Maßnahmen an den Grenzen führen wird. Der Punkt ist allerdings, dass diese Fremdenfeindlichkeit und diese Grenzmaßnahmen längst da sind. Ich habe sie mit meinen eigenen Augen gesehen, in den Menschen, die ich aus dem Meer gezogen habe – und in denen, wo ich zu spät kam, um sie zu retten.
    Quelle 1: Carola Rackete im Guardian
    Quelle 2: Deutsche Übersetzung von Annette Brückner
  3. Kampagne gegen Nullzinsen: Der deutsche Spargroschen-Trump
    Der deutsche Sparkassenchef macht die Europäische Zentralbank zum Sündenbock, weil sie Sparer enteigne. Dabei kämen die ohne Draghi und Euro heute schlechter weg. […]
    Für seine Mission verfasst unser Sparchef offene Briefe, in denen er theatralisch an den EZB-Chef appelliert – um das Anliegen dann in der “Bild” auf Seite eins durchdröhnen zu lassen. Und den Eindruck zu vermitteln, dass es ohne den Draghi gar keine niedrigen Zinsen gäbe – und der das nur macht, um Finanzministern vermeintlich kriselnder Euro-Staaten zu helfen, ihre Staatsfinanzen zu sanieren. Und der Deutsche zahlt.
    Richtig ist, dass die Banken schon seit geraumer Zeit so eine Art Gebühr auf Einlagen bei der EZB zahlen müssen. Aber das hat einen Grund: Sie sollen stärker zur Vergabe von Krediten und zur Ankurbelung der Wirtschaft animiert werden, statt Geld zu horten. Richtig ist auch, dass die EZB seit 2015 Staatsanleihen kauft, um die Zinsen auf die langfristigen Papiere noch ein bisschen mehr zu senken.
    Dass dies des Deutschen Sparerdrama erklärt, ist schon deshalb unwahrscheinlich, weil die Notenbanker gemessen am Marktvolumen gar nicht so entscheidend viele Bundesanleihen kaufen: selbst zu Hochzeiten lediglich zwischen zehn und zwanzig Milliarden monatlich – bei zuletzt knapp 400 Milliarden Euro gehandelter deutscher Staatsanleihen im Monat insgesamt. Gegen die Polterthese von der bösen EZB spricht auch, dass es sehr viel mehr andere Gründe gibt, die auch so für niedrigere Zinsen sorgen.
    Wie hoch die Verzinsung auf Anleihen oder Sparbücher ausfällt, hängt von Angebot und Nachfrage insgesamt ab: davon, wie viel Geld gespart, also den Banken angeboten wird, und wie viel umgekehrt an Kredit nachgefragt wird – wofür die Banken dann umso mehr Zinsen fordern. Wird viel gespart und relativ wenig investiert, fallen die Zinsen. Der Jetztfall.
    Quelle: Thomas Fricke auf Spiegel Online
  4. Topökonom DIW-Chef spricht sich für harten Brexit aus
    Viele Ökonomen warnen vor einem No-Deal-Brexit. Der Chef des einflussreichen Instituts DIW sieht das völlig anders: Ein harter Schnitt sei besser als eine Hängepartie, sagt Marcel Fratzscher.
    Ein ungeregelter Brexit Ende Oktober wäre aus Sicht des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) für Deutschland weniger schlimm als eine erneute Verschiebung. Die erwartbaren Kosten für die Bundesrepublik seien mittel- bis langfristig eher gering, deutsche Verbraucher kaum betroffen und Chaos vermeidbar, sagte DIW-Chef Marcel Fratzscher der Nachrichtenagentur dpa. […]
    Anders als Deutschland müssen sich Großbritannien und Irland auch aus Fratzschers Sicht auf erhebliche negative Folgen einstellen. Und da es ohne Abkommen keine Übergangsfrist gäbe, stünde London unter großem Einigungsdruck mit der EU.
    “Ich glaube nicht, dass Großbritannien nach einem harten Brexit eine bessere Verhandlungsposition hätte, sondern ganz im Gegenteil: Der Druck auf Großbritannien, schnellstmöglich ein Freihandelsabkommen mit der EU auszuhandeln, wäre eher größer als kleiner”, sagte Fratzscher.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung Christian Reimann: Bedeutet das nicht, dass ein No-Deal-Austritt die allerschlechteste Variante sein wird? Was denkt sich ein Herr Fratzscher bloß dabei? Offensichtlich wären Neuwahlen und/oder ein neues Referendum mit Kenntnis der tatsächlichen Begleiterscheinungen die weitaus bessere Alternative – für alle Beteiligten. Bitte lesen Sie dazu auch bzw. erneut Der unendliche Schlamassel um den Brexit zeigt: Die Möglichkeit des Austritts ist ein Irrsinn.

  5. Die Mahnerin
    Kanzlerin Merkel mahnt eine friedliche Lösung für Hongkong an. Es müsse alles getan werden, Gewalt zu vermeiden. Wer wollte ihr da nicht zustimmen? Aber ist sie wirklich berechtigt, den mahnenden Finger zu heben? Wie wär’s, wenn sie einmal eine friedliche Lösung für den Jemen anmahnen würde und darauf dringen würde, dass alles getan wird, um dort Gewalt zu vermeiden? Wie wär’s, wenn sie den Bundeswehr-Einsatz im völkerrechtswidrigen Syrien-Krieg beenden würde? Wie wär`s, wenn sie überhaupt glaubwürdig an Kriegsparteien keine Waffen mehr liefern würde und die Bundeswehr nicht mehr in Kriegseinsätze schicken würde?
    Quelle: Oskar Lafontaine via Facebook
  6. Fahrzeugzulassungen im August 2019
    […] Im Vergleich zum Vorjahresmonat legten die SUVs um +11,1 Prozent zu. Sie rückten mit einem Anteil von 22,2 Prozent erstmals an die erste Stelle. Die Kompaktklasse, das langjährig stärkste Segment, büßte -11,6 Prozent ein und lag mit einem Anteil von 18,9 Prozent hinter den SUVs. Kleinwagen (13,9 %/-2,4 %) und Geländewagen (10,1 %/-1,4%) erreichten ebenfalls zweistellige Anteilswerte. […]
    61,4 Prozent der Neuwagen waren mit einem Benzinmotor ausgestattet (-2,0 %), 30,2 Prozent waren Dieselfahrzeuge (-8,2 %). 19.852 Pkw und damit 6,3 Prozent waren Hybride (+55,1 %), darunter 3.120 Plug-in-Hybride (-9,1 %/1,0 %). Die Neuzulassung von 5.001 Elektrofahrzeugen bescherte ein Plus von 103,5 Prozent. Ihr Anteil betrug 1,6 Prozent. Mit Flüssiggasantrieb waren 976 Pkw ausgestattet (+183,7 %/0,3 %), die Erdgasvariante fand sich in 710 Pkw (-45,5 %/0,2 %).
    Quelle: Kraftfahrtbundesamt

    Anmerkung Jens Berger: Mehr Elektrofahrzeuge aber auch deutlich mehr SUVs, die nun erstmals die zahlenmäßig stärkste Klasse bei den Neuverkäufen sind. Das Kaufverhalten der Deutschen ist ambivalent und man kann nicht eben sagen, dass die mediale Prominenz des Klima- und Umweltschutzes das Kaufverhalten maßgeblich beeinflusst. Der Markt wird die Probleme also nicht von alleine regeln.

  7. Neue Ausbildung für Hebammen: Schwere Geburt
    Hebammen sollen künftig studieren. Doch das ändert vorerst wenig an ihren schlechten Arbeitsbedingungen in den Krankenhäusern.
    Josephine Neubert wollte auf Nummer sicher gehen. Als die Berlinerin schwanger war, entschied sie, ihr Kind in einer Klinik zu bekommen. Sie suchte ein Krankenhaus in ihrer Nähe aus, in der es eine Intensivstation für Neugeborene gibt. Neubert sitzt in ihrer hellen, freundlichen Wohnung in Berlin-Moabit, an den Wänden hängen Fotos von ihrem Mann und ihrem Sohn. „Ich bin total optimistisch an die Geburt herangegangen“, sagt die 33-Jährige, die als Fotografin arbeitet. „Aber mit Betreten der Klinik ging es bergab.“
    Niemand habe Zeit gehabt, sich um sie zu kümmern, „ich musste betteln, um überhaupt wahrgenommen zu werden“. Wenn alle ein, zwei Stunden eine neue Person in das Zimmer kam, sei nicht auf sie eingegangen worden – im Gegenteil sei es darum gegangen, möglichst schnell irgendetwas zu tun. Erst wurde die Fruchtblase geöffnet, um die Geburt voranzubringen. Ein Wehenhemmer folgte, um dem Baby doch noch etwas Zeit zu geben. Dann kam ein Wehenverstärker. Um Blut aus dem Kopf des Babys zu nehmen, damit der Sauerstoffgehalt und damit der Stresslevel des Kindes überprüft werden konnte, wurde Neuberts Muttermund gedehnt, eine extrem schmerzhafte Prozedur. Eine Betäubung von Rückenmarksnerven, die aber nicht wirkte, folgte, dazu genervte Kommentare: Es könne gar nicht sein, dass Neubert jetzt noch Schmerzen habe.
    Quelle: taz
  8. Mietpreise: Deckel drauf – Problem gelöst?
    Um die Mieterinnen und Mieter zu entlasten will der Berliner Senat einen Mietendeckel einführen. Damit wären die Bürger der Hauptstadt für fünf Jahre vor Mieterhöhungen geschützt. Ein Mietendeckel allein reicht aber nicht aus. Zusätzlich müssen weiterhin neue Wohnungen gebaut werden, fordert der DGB-klartext.
    Die Bundesländer haben seit 2006 die Gesetzgebungskompetenz für das Recht des Wohnungswesens. Wie weit diese Kompetenz geht, werden wohl bald auch Gerichte entscheiden. Denn am 2. September 2019 veröffentlichte der Berliner Senat einen Referentenentwurf für einen Mietendeckel, der Anfang 2020 in Kraft treten soll. Die Opposition kündigte bereits rechtliche Schritte an
    Die Diskussion um einen Mietendeckel oder Mietenstopp mit definierten Höchstmieten ist voll im Gange. Der DGB begrüßt es, dass Landesregierungen in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt selbst aktiv werden, um die Mieten zu begrenzen. Nach enormen Mietsteigerungen, vor allem in Ballungsgebieten und Universitätsstädten, brauchen Mieter*innen dort eine Atempause.
    Sollte der Berliner Gesetzesentwurf erfolgreich sein, wären die Mieter*innen in der Hauptstadt für vorerst fünf Jahre weitgehend vor Mieterhöhungen geschützt. Der Senat ist jedoch weiterhin – vor allem wohnungsbaupolitisch – gefordert. Denn eine Landesregierung, die sich für den Mietendeckel ausspricht, muss verbindlich darstellen können, wie sie in der Zwischenzeit Planungsprozesse beschleunigt, Wohnungsbaupotenziale aktiviert und vorrangig öffentliche und genossenschaftliche Wohnungsbaugesellschaften durch gezielte Neubauförderung und aktive Bodenpolitik unterstützt. Die Verwerfungen auf dem Wohnungsmarkt werden nur durch eine entschlossene Kombination aus Regulation und Erweiterung des Angebots von bezahlbarem Wohnraum behoben.
    Quelle: DGB klartext

    dazu: “Mietpreisdeckel läuft auf generelle Enteignung hinaus”
    Als Wurzel des Problems sieht Vogel „die seit Jahrzehnten andauernden Steigerungen der Baulandpreise, die dann eben auch die Mietpreise explodieren lassen.“ Der Baulandpreis in München sei zum Beispiel „von 1950 bis heute um 39.000 Prozent gestiegen“, sagt Vogel. Er wundere sich, „wie selbstverständlich die Medien und die Politik das hinnehmen.“
    Vogel fordert als Gegenmaßnahme, dass Städte und Gemeinden „ihren Bestand an Flächen und Wohnungen erweitern und so den Mietmarkt beruhigen können.“ Vogel, der auch einmal Bundesbauminister war, schlägt nach Wiener Vorbild eine langfristige Strategie vor, damit die Kommunen „einen größeren Anteil des Wohnungsmarktes in die Hand bekommen“. Enteignungen allerdings lehnt der Jurist Vogel ausdrücklich ab.
    Zudem fordert Vogel im Gespräch mit der ZEIT, dass Grundstückseigentümer, deren Immobilien durch Entscheidungen des Staates im Wert steigen, diese Wertsteigerung zu 100 Prozent an den Staat abführen müssen. Es sei eine „tiefe Ungerechtigkeit“, so Vogel, die „die Gesellschaft in die Spaltung“ treibe, dass die enormen Wertzuwächse von Bauland einer sehr kleinen Gruppe von Menschen zugutekomme, die ohnehin schon sehr wohlhabend seien. „Grund und Boden, der für Wohnungsbau relevant ist, soll nicht mehr den Marktregeln unterliegen“. Denn, so Vogel: „Wohnen ist ein Menschenrecht.“
    Quelle: Tagesspiegel

  9. Sozialer Wohnungsbau: Mini-Schritte statt Gesamtkonzept!
    Immer mehr Wohnungen in Niedersachsen fallen aus der Sozialbindung. Zu wenig neue werden gebaut, seitdem das Land seine eigene Wohnbaugesellschaft abgewickelt hat. Der Bedarf wird jetzt schon nicht mehr gedeckt. Bis 2025 verschärft sich das Problem noch. Das Land muss dringend wieder selbst Wohnraum schaffen – und das bezahlbar – rät das #schlaglicht Nummer 31/2019.
    Die staatliche Infrastruktur hat schlechte Zeiten hinter sich. Der jahrelange Sparkult hat die Substanz von Straßen, Schulen, Krankenhäusern und anderen Bereichen ausgehöhlt. Aber nicht nur das: Im blinden Vertrauen auf die Effizienz der Märkte kam in den 90er Jahren eine Privatisierungswelle in Gang, der bis heute viele öffentliche Güter zum Opfer fielen. Das gilt auch für die Wohnungsbestände, die großflächig an profitorientierte Investoren verscherbelt wurden. Als Folge gingen unzählige Sozialwohnungen verloren, wodurch Menschen mit geringem Einkommen erheblich unter Druck geraten sind. Niedersachsen ist dafür ein Paradebeispiel!
    Quelle: DGB Niedersachsen
  10. 60 amerikanische Wissenschaftsorganisationen lehnen Unterdrückung ausländischer Forscher durch US-Regierung
    60 amerikanische Wissenschaftsorganisationen haben am Mittwoch in einem öffentlichen Schreiben die US-Regierung aufgerufen, eine Unterdrückung ausländischer Forscher sowie eine Verhinderung der internationalen wissenschaftlichen Kooperation einzustellen.
    Weiter hieß es im Schreiben, Wissenschaftler amerikanischer und ausländischer Abstammung zeigten sich besorgt über die jüngste Politik und Handlungsweise der US-Regierung zur „Reduktion der Sicherheitsrisiken”. Sie seien der Ansicht, dass dies die wissenschaftliche Entwicklung schädigen würde.
    Am 21. August hatten zirka 150 amerikanische Spitzenwissenschaftler ihre Ablehnung gegen die Verdrängung bzw. Unterdrückung chinesischer Wissenschaftler durch die US-Regierung und manche Hochschulen zum Ausdruck gebracht. Sie betonten, aufgrund dieser Abschreckungsatmosphäre würden zahlreiche in den USA tätige ausgezeichnete chinesische Wissenschaftler die Vereinigten Staaten verlassen. Zudem sei dadurch anderen in den USA arbeitenden ausländischen Wissenschaftlern ein beunruhigendes Signal gesendet worden.
    Quelle: CRI online

    Anmerkung Christian Reimann: Offenbar möchte die Trump-Administration den Konflikt mit China nicht lediglich auf ökonomische Frage beschränken, sondern auf weitere Felder wie der Wissenschaft ausdehnen. Ein “kalter Krieg” kündigt sich also an.
    Und Deutschland – so ist zu befürchten – steht eng an der Seite der USA. Daran dürfte auch der aktuelle Merkel-Besuch in China kaum etwas ändern.

  11. Bayerisches Polizeigesetz: 19 Personen wochenlang in Präventivgewahrsam
    Das bayerische Polizeiaufgabengesetz erlangte letztes Jahr bundesweite Bekanntheit. Im Eilverfahren führte die CSU damit den zeitlich unbegrenzten Präventivgewahrsam ein. Seit das Gesetz in Kraft ist, sind mindestens 19 Personen für mehrere Wochen eingesperrt worden – ohne Anklage und oft ohne den Beistand einer Anwältin. Nun wurde bekannt, dass fast ausschließlich Ausländer:innen betroffen sind.
    Seit einer Änderung im bayerischen Polizeigesetz im August 2017 genügt es, eine Person als abstrakt gefährlich einzustufen, um sie wochenlang einzusperren. Das gab es in der Bundesrepublik Deutschland noch nie. Mit der Regelung verschob die CSU die Grenzen des Denkbaren. Es folgten weitere Verschärfungen im Mai 2018. Seither laufen mehrere Verfassungsbeschwerden gegen das bayerische Polizeigesetz.
    Am Freitag wurde der Abschlussbericht der Prüfkommission zum bayerischen Polizeiaufgabengesetz (PAG) vorgestellt. Daraus geht hervor, dass fast ausschließlich Personen ohne deutschen Pass vom mehrwöchigen Präventivgewahrsam betroffen sind. Einige wurden anschließend abgeschoben.
    Quelle: netzpolitik
  12. Von Bobos, Hipstern und Kosmopoliten
    Achtung, es geht um eine Minderheit! Sie ist kulturhegemonial wirkmächtig und stellt sich selbst unter besonderen Artenschutz. Eine polemische Einordnung postmoderner Bürgerlichkeit in Zeiten des Strukturwandels von Ökonomie und Staat.
    Sein oder Nichtsein? Diese Frage beantworten heute die sozialen Netzwerke, die Werbeindustrie und Feuilletons der linksliberalen Intellektüllen. Dort erfahren die bedarften und unbedarften Zeitgenossen, was die richtige, erstrebenswerte Lebensform- und weise ist. Mehr oder weniger subtil wird definiert, was hipp, modern, nachhaltig, korrekt und moralisch zu sein hat.
    Oder anders gesagt, das Sein einer Minderheit bestimmt das Nichtsein der Übrigen. Sie bestimmt, wer dazugehört und wer nicht. Gleichzeitig will sie keine Diskriminierungen. Also schreibt sie sich ihrerseits wiederum den Kampf für die Rechte von allen möglichen Subminderheiten auf die Fahnen – seien sie noch so klein und alle Benachteiligungen, die heute ihren Weg in die Headlines der Massenmedien finden, vielleicht nur gefühlt. Diese Minderheit, ausgestattet mit der Deutungshoheit, ist die Fahnenträgerin der Identitätspolitik.
    Gemeint sind der Bobo, Hipster und Kosmopolit – ein relativ neues Phänomen des noch jungen 21. Jahrhunderts, um das sich zahllose politische Kontroversen ranken. Kulturfremde (damit sind keine „Neubürger“ gemeint, sondern alle Alteingessenen mit altindustriellen Habitus – dazu später mehr) oder auch solche, die das Dasein innerhalb dieses Milieus für das selbstverständlichste der Welt halten, werden nun vielleicht fragen, wer oder was zum Teufel ist das, ein Bobo, Hipster oder Kosmopolit?
    Quelle: Sebastian Müller auf Makroskop

    Anmerkung Jens Berger: Lesenswert – vor allem für Funktionäre der Linkspartei.

  13. Krise der Sozialdemokratie: Die SPD verliert ihre Basis
    Die SPD will wieder mehr unter die Leute gehen. Doch personell hat sich die frühere Partei der Angestellten und Arbeiter von den Wurzeln entfernt.
    Es gibt sie noch, auch in Berlin: Politisch aktive Sozialdemokraten, die mit beiden Beinen im normalen Berufsleben stehen. Robert Willemelis beispielsweise, der den SPD-Ortsverein Adlershof leitet und IT-Spezialist bei der Strato AG ist. Oder den Lehrer Kevin Hönicke, der in Friedrichsfelde die Fahne der Sozialdemokratie hochhält und im Landesvorstand der Berliner SPD sitzt. Einer Partei, die einst von Arbeitern und Handwerkern gegründet wurde. Oder die Ärztin Franziska Prütz, Vorsitzende der SPD rund um das Rathaus Charlottenburg.
    Aber diese und andere Genossen, die als Arbeiter und Angestellte in privaten Unternehmen tätig sind oder sich in bescheidenem Rahmen selbstständig machen, sind die Ausnahme im Berliner SPD-Landesverband. Jedenfalls soweit es sich um jene Funktionärsschicht handelt, die den Laden in der Partei am Laufen hält, die zu 80 Prozent aus nicht aktiven Mitgliedern besteht.
    Quelle: Tagesspiegel
  14. Zu guter Letzt: Mann (38) ohne Verfahren öffentlich hingerichtet
    Düsseldorf (dpo) – Ein 38-jähriger Deutscher ist innerhalb der letzten Stunden ohne gerichtliches Verfahren öffentlich hingerichtet worden. Die für die öffentliche Hinrichtung nötige Aussetzung der Unschuldsvermutung wurde zuvor unrechtskräftig von Boulevard-Journalisten und mutmaßlichen Informanten von Staatsanwaltschaft oder Polizei beschlossen.
    In einem beschleunigten Eil-Nichtverfahren wurde anschließend das Urteil gegen den noch nicht Angeklagten mittels nicht-anonymisierten Medienartikeln sowie Spekulationen und Beschimpfungen in sozialen Netzwerken vollstreckt.
    Auch der Arbeitgeber des Mannes, der eigentlich so lange als unschuldig zu gelten hätte, bis seine Schuld bewiesen ist, hat nur wenige Stunden nach der Urteilsvollstreckung angekündigt, das Arbeitsverhältnis ruhen zu lassen.
    Immerhin: Nach der öffentlichen Hinrichtung soll nun in einem ordentlichen Gerichtsverfahren herausgefunden werden, ob die Anschuldigungen gegen den Hingerichteten gerechtfertigt waren.
    Quelle: Der Postillon

Rubriken:

Hinweise des Tages

Schlagwörter:

Die NachDenkSeiten sind für eine kritische Meinungsbildung wichtig, das sagen uns sehr, sehr viele - aber sie kosten auch Geld und deshalb bitten wir Sie, liebe Leser, um Ihre Unterstützung.
Herzlichen Dank!