No One in Israel Knew They Were Committing a Massacre, and They Didn’t Care

Albrecht Müller
Ein Artikel von:

Die israelische Zeitung Haaretz berichtet hier von einem der typischen Massaker im Gazastreifen. Auch wenn das in englischer Sprache geschrieben ist, geben wir das unseren Leserinnen und Lesern zur Kenntnis. Es ist eine eindrucksvolle Beschreibung und Kommentierung – geschrieben von einem israelischen Publizisten, von Gideon Levy. Albrecht Müller.

So beginnt der Bericht:

The bomber pilot didn’t know. His commanders who gave him the orders also didn’t know. The defense minister and the commander in chief didn’t know. Nor did the commander of the air force. The intelligence officers who aimed at the target didn’t know. The army spokesman who lied without a qualm also didn’t know.

None of our heroes knew. The ones who always know everything suddenly didn’t know. The ones who can track down the son of a wanted man in a Damascus suburb didn’t know that sleeping inside their miserable hovel in Dir al-Balah was an impoverished family.

They, who serve in the most moral army and the most advanced intelligence services in the world, didn’t know that the flimsy tin shack had long since stopped being part of the “Islamic Jihad infrastructure,” and it’s doubtful that it ever was. They didn’t know and they didn’t bother to check — after all, what’s the worst that could happen?

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Nachtrag: Übersetzung ins Deutsche von Bernd Kammerer (textonaut.de), 18.11.2019

Keiner in Israel wusste, dass sie ein Massaker verübten – und es ihnen egal war
Von Gideon Levy, 17. November 2019

Bildunterschrift: Palästinenser beklagen die Leichen der Familie, deren Mitglieder in der Nacht durch einen israelischen Militärschlag am 14. November 2019 getötet wurden.

Der Bomberpilot wusste es nicht. Seine Kommandeure, die ihm den Befehl gaben, wussten es auch nicht. Der Verteidigungsminister und der Oberbefehlshaber wussten es nicht, ebenso wenig der Kommandeur der Luftwaffe. Die Geheimdienstoffiziere, die das Ziel ins Visier nahmen, wussten es nicht. Der Armeesprecher, der ohne Bedenken gelogen hatte, wusste es auch nicht.

Keiner unserer Helden wusste es. Diejenigen, die immer alles wissen, wussten es plötzlich nicht mehr. Diejenigen, die in der Lage sind, den Sohn eines gesuchten Mannes in einem Vorort von Damaskus ausfindig zu machen, wussten nicht, dass es sich bei den in ihrer elenden Hütte in Dir al-Balah Schlafenden um eine verarmte Familie handelte.

Sie, die in der moralischsten Armee dienen und für die fortschrittlichsten Geheimdienste der Welt arbeiten, wussten nicht, dass die dürftige Blechhütte längst nicht mehr Teil der »Infrastruktur des Islamischen Dschihad« war, und es ist fragwürdig, ob dies jemals der Fall war. Sie wussten es nicht und bemühten sich auch nicht darum, dies zu prüfen – denn was konnte ihnen denn schlimmstenfalls passieren?

Am Freitag hat Berichterstatter Yaniv Kubovich auf der Haaretz-Website die schockierende Wahrheit enthüllt: Das Ziel wurde mindestens ein Jahr vor dem Militärschlag nicht erneut untersucht, die Person, die angeblich das Ziel war, existierte nie und die Information beruhte auf Gerüchten. Die Bombe wurde trotzdem abgeworfen. Das Ergebnis: acht Leichen in bunten Leichentüchern, von denen einige schrecklich klein sind, alle nebeneinander; Mitglieder einer einzigen Großfamilie, die Asoarkas, fünf von ihnen Kinder – darunter zwei Säuglinge.

Wären sie israelische Staatsbürger gewesen, hätte der Staat Himmel und Hölle aufgeboten, um das Blut seines berühmten kleinen Jungen zu rächen, und die Welt wäre geschockt über die Grausamkeit des palästinensischen Terrors. Aber Moad Mohamed Asoarka war nur ein siebenjähriger palästinensischer Junge, der in einer Blechhütte lebte und starb, ohne Gegenwart und ohne Zukunft, dessen Leben so billig und so kurz war wie das eines Schmetterlings. Sein Mörder war ein gefeierter Pilot.

Es war ein Massaker. Niemand wird dafür bestraft werden. »Die Zieldaten waren nicht aktualisiert worden«, sagten Armeebeamte. (Nachdem die Untersuchung von Yaniv Kubovich veröffentlicht worden war, gab der IDF-Sprecher eine andere Erklärung heraus: »Das Gebäude wurde einige Tage vor dem Angriff als Ziel bestätigt«). Dieses Massaker war jedoch schlimmer als die gezielte Tötung von Salah Shehada und wurde in Israel mit einer immer abscheulicheren Gleichgültigkeit bejubelt.

Am 22. Juli 2002 warf ein Pilot der israelischen Luftwaffe eine 1-Tonnen-Bombe auf eine Wohngegend, wobei 16 Menschen getötet wurden, darunter ein tatsächlich gesuchter Mann. Im Morgengrauen des Donnerstag warf nun ein Pilot eine viel raffiniertere Bombe, eine JDAM, auf eine Blechhütte, in der sich kein gesuchter Mann versteckt hielt.

Es stellte sich heraus, dass selbst der gesuchte Mann, den ein Armeesprecher benannte, das Produkt seiner Einbildungskraft war. Die einzigen, die es gab, waren Frauen, Kinder und unschuldige Männer, die im Schrecken der Gaza-Nacht schliefen. In beiden Fällen benutzten die israelischen Streitkräfte dieselbe Lüge: Wir dachten, das Gebäude sei leer. »Die IDF versucht immer noch zu verstehen, was die Familie vor Ort getan hat«, war die dreiste, unterkühlt-lakonische Reaktion, die darauf hindeutete, dass die Familie schuld war. Nun, was taten sie wohl dort, Wasim (13), Mohand (12) und die beiden Babys, deren Namen nicht bekannt gegeben wurden?

Am Tag nach den Morden an Shehada und 15 seiner Nachbarn – und nachdem die IDF weiterhin behauptete, ihre Häuser seien »unbesetzte Hütten« – begab ich mich zum Ort des Bombenanschlags, dem Stadtteil Daraj in Gaza-Stadt: keine Hütten, sondern ein paar Stockwerke hohe Wohnhäuser, die alle dicht besiedelt waren, wie jedes Haus in Gaza. Mohammed Matar, der 30 Jahre lang in Israel gearbeitet hatte, lag erschöpft, mit verbundenem Arm und verbundenen Augen am Boden, inmitten der Ruinen, neben dem riesigen Krater, der durch die Explosion entstanden war. Seine Tochter, seine Schwiegertochter und vier seiner Enkelkinder starben bei der Explosion; drei seiner Kinder wurden verletzt. »Warum haben sie uns das angetan?«, fragte er mich geschockt. – Damals hatten 27 der mutigsten Piloten der IAF den sogenannten »Pilotenbrief« unterschrieben und weigerten sich, an Einsätzen im Westjordanland und im Gazastreifen teilzunehmen. Dieses Mal hat sich kein einziger Pilot geweigert, daran teilzunehmen, und es ist fraglich, ob dies in Zukunft der Fall sein wird.

»Menschen. Es sind Menschen. Hier gab es einen Kampf: Krankenschwestern und Ärzte gegen den Tod«, schrieb der mutige norwegische Arzt Dr. Mads Gilbert, der den Bewohnern des Gazastreifens bei Bombenanschlägen zu Hilfe eilt und die Verwundeten mit grenzenloser Hingabe behandelt. Gilbert fügte ein Foto des Operationssaals im Shifa-Krankenhaus von Gaza-Stadt bei: Blut auf dem Tisch, Blut auf dem Boden und überall blutgetränkte Bettwäsche. Am Donnerstag kam das Blut der Asoarka-Familie hinzu, das nun zu Ohren schreit, die nicht zuhören werden.

Rubriken:

Militäreinsätze/Kriege

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