In der CDU steckt eine Menge SED

Ein Artikel von Gerhard Rein

Wenn es um eine mögliche Kooperation mit Bodo Ramelow und dessen Linkspartei geht, verweist die CDU vor allem auf die DDR-Vergangenheit der SED-Nachfolgepartei, auf Diktatur, Mauer-Tote und Unrechtsstaat. Daher sei der Unvereinbarkeitsbeschluss des CDU-Parteitags völlig berechtigt. Von Äquidistanz ist die Rede. Weder mit der AfD noch mit der Linken dürfe man zusammenarbeiten, geschweige denn, Verabredungen treffen. Von Gerhard Rein.

Norbert Röttgen wirft der Linkspartei eine gewisse Mitverantwortung für Putins Überfall und Annexion der Krim vor. Friedrich Merz behauptet, Bodo Ramelow sei nicht vom Himmel gefallen, sondern vom Westen nach Thüringen gekommen und der Linken beigetreten.

Mögliche künftige CDU-Vorsitzende übertreffen sich mit dunklen, merkwürdigen Andeutungen, aus denen aber eindeutig hervorgehen soll, dass die CDU ohne jede Schuld, die Anderen aber viel davon im Gepäck haben und bis heute mit sich herumschleppen.

Viel Geschichtsvergessenheit, viel Verdrängung und auch Verlogenheit kommt damit ans Licht. Denn: Die ostdeutsche CDU ist alles andere als unbelastet. Auch in ihr steckt eine Menge SED. In der „Thüringer Allgemeinen“ konnte man kürzlich nachlesen, was der Parteienforscher Michael Lühmann festgestellt hatte: „Personell ist die CDU ein ganzes Stück weit Nachfolgepartei nicht nur der Ost-CDU, sondern auch der SED“.

Dass die CDU ihre eigene Verwobenheit im DDR-System unerwähnt lässt, die Linkspartei aber stets an ihre SED-Vergangenheit erinnert, sei „eine christdemokratische Lebenslüge“, meint Michael Lühmann.

Auch dieses Zitat aus der „Thüringer Allgemeinen“. Wer als CDU-Mitglied diesen Erkenntnissen nicht folgen mag und mit einem erneuerten „Auf sie mit Gebrüll“ auf Bodo Ramelow und die Linkspartei in Thüringen eindrischt, dem sei eine andere Lektüre dringend empfohlen:

Im Jahr 2015 beauftragte die Konrad-Adenauer-Stiftung eine Kommission, die überwiegend aus Historikern bestand, über die CDU als Blockpartei in der DDR zu forschen. Im Jahr 2018 wurde ihre Arbeit veröffentlicht. Daraus zitiere ich einige Sätze, im Wortlaut:

„Die CDU diente dazu, den diktatorischen Charakter des Systems zu verschleiern…
Die CDU war integrativer Bestandteil des politischen Systems und hat damit zum Erhalt der Diktatur beigetragen….
Die Parteiführung solidarisierte sich nicht mit ihren Mitgliedern, wenn diese in Konflikt mit der Staatsmacht gerieten. Ausreisewillige wurden zum Beispiel umgehend aus der Partei ausgeschlossen….
Die CDU blieb eine staatsloyale Partei bis zum Ende der SED- Herrschaft“

Soweit Sätze aus der Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung von 2018. Wenn sie von Menschen zur Kenntnis genommen würden, die sich in der Nähe von CDU-Positionen wähnen, könnten sie vielleicht dazu beitragen, von weiteren Polarisierungen abzulassen, Schluss zu machen mit eigenen selbstgerechten Formeln, nach denen sie sich selbst als die Richtigen und die Anderen als die Falschen empfinden. Das könnte ihre Glaubwürdigkeitskrise beenden und möglicherweise am kommenden Mittwoch bei der nächsten Abstimmung im Thüringer Landtag den Weg freimachen für eine parlamentarische Lösung, die dem Land Thüringen aus der Krise hilft.

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