Ein paar grundsätzliche Anmerkungen zum Umgang der NachDenkSeiten mit strittigen Problemen

Albrecht Müller
Ein Artikel von:

Als Herausgeber der NachDenkSeiten möchte ich angesichts der heißen Debatte um die Dramatik der Coronavirus-Pandemie einiges anmerken: von den meisten unserer Leserinnen und Leser wissen wir, dass die NachDenkSeiten für ihre Meinungsbildung und dabei vor allem für den Blick hinter die Kulissen von Manipulationen und Kampagnen wichtig sind. Deshalb können wir als Medium vermutlich eine überdurchschnittliche Leserbindung notieren. Mit diesem Glaubwürdigkeitspfund kann man wuchern, man muss aber vor allem damit sorgfältig umgehen. In der Praxis bedeutet das: wenn wir bei der Betrachtung und Analyse eines Problems unserer Einschätzung sicher sind, dann lassen wir das in unseren Texten erkennen. Wenn wir selbst unsicher sind, dann machen wir es uns normalerweise zur Regel, die verschiedenen Sichtweisen zur Sprache zu bringen. Albrecht Müller.

Die Corona-Pandemie und der Umgang damit ist eines dieser verschieden gesehenen, also strittigen Probleme:

  • Es gibt die besorgte Position, wie sie auf den NachDenkSeiten vor allem von Jens Berger hier in seinem Artikel Kontrollverlust geteilt worden ist und von den meisten in der Redaktion vermutlich, wenn auch nicht so offensiv, mit vertreten wird.
  • Andere warnen vor Panikmache. Diese Position kam beispielsweise gestern in frontal 21 zum Vorschein und wird auch von engen Freunden der NachDenkSeiten wie zum Beispiel dem Verleger des Westendverlages Markus Karsten vertreten. Diese vor Panikmache warnende Position wurde auch in einigen Leserbriefen zu Jens Bergers Beitrag sichtbar. Sie werden in die Leserbriefsammlung aufgenommen.

Fazit: Bei solchen strittigen Fragen werden wir wie bisher die verschiedenen Positionen beschreiben und verlinken.

Es gibt eine Fülle anderer wichtiger Fragen und Probleme, bei denen die NachDenkSeiten-Redaktion mehrheitlich eine eindeutige Antwort hat. Diese werden wir dann auch erkennbar machen. Zum Beispiel:

  • Wir sind uns einig, dass die Agenda 2010 ein gravierender Fehler war und der Niedergang zum Beispiel der SPD wesentlich davon angetrieben worden ist.
  • Wir meinen, dass das Ende der West-Ost-Konfrontation ein Riesenfortschritt war.
  • Wir kritisieren ohne Zweifel, dass der neue Feindbild-Aufbau gegenüber Russland eine Katastrophe ist.
  • Wir halten die Russen genauso wie die Balten, die Polen, die Tschechen, die Rumänen usw. nicht für Gegner, sondern für Freunde..
  • Deshalb sehen wir eher im kriegerischen und imperialen Verhalten der USA ein Problem als in Russland und Putin.
  • Die negative Bewertung von Putin halten wir für leichtfertig; das ist als Kampagne erkennbar.
  • Wir halten Kriege nicht für eine mögliche Fortsetzung der Politik und sind schon deshalb gegen Auslandseinsätze der Bundeswehr.
  • Wir halten Abrüstung und nicht Aufrüstung für das Gebot der Stunde.
  • Wir sind dagegen, dass wichtige politische Entscheidungen durch massive Meinungsmache und Lobbyismus getroffen werden und nicht durch das Volk und das von ihm gewählte Parlament.
  • Deshalb werden wir auch künftig laut lachen müssen, wenn mit dem Brustton der Überzeugung behauptet wird, wir lebten in einer Demokratie. Wir sind weit davon entfernt, wie auch schon die Anfänge der Bundesrepublik Deutschland West eher vom Großen Geld und von fremdem Geld als vom Volkswillen bestimmt war.
  • Wir sind unumwunden für beschäftigungspolitische Maßnahmen, wenn diese nötig sind. Wir halten nichts von der Schwarzen Null, weil wir durchschauen, dass dies kein wirtschafts- und finanzpolitisches Gebot, sondern eine PR-Erfindung ist.
  • Wir sind skeptisch gegenüber der Idee und vor allem der Realisierbarkeit eines bedingungslosen Grundeinkommens.
  • Wir halten die Verteilung von Einkommen und Vermögen für skandalös und befürworten deshalb jede vernünftige Maßnahme zur Verbesserung der Verteilung.

Usw. und sofort. Bei diesen und ähnlichen Fragen und Problemen werden wir Sie mit einer eindeutigen Positionierung nicht verschonen. Bei wenigen anderen Fragen sind die Antworten strittig. Das galt und gilt zum Beispiel auch für die Bewertung des Vorgangs 9/11. Wir bitten Sie, uns dann gegebenenfalls nicht nachhaltig böse zu sein, wenn wir die damit verbundene Unsicherheit offenlegen.