Hinweise der Woche

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Am Wochenende präsentieren wir Ihnen einen Überblick über die lesenswertesten Beiträge, die wir im Laufe der vergangenen Woche in unseren Hinweisen des Tages für Sie gesammelt haben. Nehmen Sie sich ruhig auch die Zeit, unsere werktägliche Auswahl der Hinweise des Tages anzuschauen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (CW)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Corona-Virus
  2. Personalmangel und Kostendruck: Wenn Stationen und Krankenhäuser schließen
  3. Neue Agentur soll bei Vermittlung ausländischer Pflegekräfte helfen
  4. Macron setzt Rentenreform ohne Zustimmung des Parlaments durch
  5. Die Herrschaft des Rechts an der EU-Außengrenze?
  6. Im Herzen der Justizfarce
  7. Volkswirt Flassbeck: “Dieses Finanzkasino ist vollkommen sinnlos”
  8. Die Party braucht neuen Stoff! – CSU und Merz als willige Dealer.
  9. Deutsche-Bank-Aktie stürzt ab – Blackrock wettet auf Kursverfall
  10. Deutsche Post will Anleger mit höherer Dividende bei Laune halten
  11. Class: The Little Word the Elites Want You to Forget
  12. Michail Gorbatschow: Zum Denkmal degradiert, als Warner ignoriert!
  13. Neue Gefahrenherde im Klimawandel
  14. Unsere Welt neu denken

Vorbemerkung: Ursprünglich hatten wir geplant, in unserer Wochenübersicht auch auf die lohnendsten redaktionellen Beiträge der NachDenkSeiten zu verweisen. Wir haben jedoch schnell festgestellt, dass eine dafür nötige Vorauswahl immer damit verbunden ist, Ihnen wichtige Beiträge vorzuenthalten. Daher möchten wir Ihnen raten, am Wochenende doch einfach die Zeit zu nutzen, um sich unsere Beiträge der letzten Wochen (noch einmal) anzuschauen. Vielleicht finden Sie dabei ja noch den einen oder anderen Artikel, den es sich zu lesen lohnt. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Corona-Virus
    1. Wie Singapur das Virus in den Griff bekommt und Panik vermieden hat
      Zu den Erfolgsfaktoren gehört die schnelle Reaktion. Bereits am 3. Januar, also drei Wochen vor dem ersten Infektionsfall auf heimischem Boden, sind am Flughafen Changi Ankommende aus Wuhan auf ihre Körpertemperatur überprüft worden. Bereits Ende Januar wurden Sanitätssoldaten für gewisse Kontrollaufgaben an der Grenze und am Flughafen sowie zur Verteilung von Material wie Schutzmasken eingesetzt. Seit der Sars-Krise gibt es auch Vorräte von anderen medizinischen Produkten, die zu den strategischen Reserven gehören. Zur raschen Reaktion gehörte die Errichtung einer Website des Gesundheitsministeriums, auf der sämtliche neuen Entwicklungen, Warnungen, Empfehlungen und Stellungnahmen von Fachleuten einsehbar sind.
      Quelle: NZZ
    2. In den Händen überforderter Ämter
      In der größten Gesundheitskrise nach dem Krieg hat nicht der Gesundheitsminister das letzte Wort, sondern unterversorgte Gesundheitsämter entscheiden. […]
      Die Gesundheitsämter aber seien schon jetzt heillos überfordert, ihren hoheitlichen Aufgaben nachzukommen, beklagt Teichert. Und das liege keineswegs an mangelndem Willen, an Schnarchnasigkeit oder Unkenntnis, die den Beschäftigten vor Ort mitunter zu Unrecht unterstellt werde. „In Folge eines stetigen Personalabbaus und nicht besetzter Stellen ist die Zahl der Ärztinnen und Ärzte in den Gesundheitsämtern in den vergangenen 20 Jahren um etwa ein Drittel zurückgegangen“, sagt Teichert. „Der öffentliche Gesundheitsdienst läuft Gefahr, seine bevölkerungsmedizinischen Aufgaben nicht mehr zu bewältigen.“
      Mit ihrer Kritik steht Teichert keineswegs allein da. Die Stadt Lübeck etwa sendete bereits vor zwei Jahren ein öffentliches SOS, weil für die Schuleingangsuntersuchungen der Abc-Schützen schlichtweg keine Ärzte mehr zur Verfügung standen. „Die personelle Ausstattung ist unter Corona zunehmend schwierig“, sagte ein Sprecher der Stadt am Dienstag der taz.
      Quelle: taz
    3. Berliner Prioritäten
      Die Bundesregierung leitet in der Coronakrise Hilfsmaßnahmen für die deutsche Wirtschaft ein und verweigert von der WHO dringend empfohlene Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung. Berlin unternehme “alles”, damit das Covid-19-Virus “die Wirtschaft in Deutschland nicht flächendeckend trifft”, ließ sich Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier schon zu Monatsbeginn zitieren. Die Maßnahmen stärken die Stellung deutscher Unternehmen in der globalen Rivalität; nächste Schritte sollen am morgigen Freitag besprochen werden. Gleichzeitig spricht sich die Bundesregierung dagegen aus, Schulen und Kitas zu schließen. Die WHO und führende Experten raten dazu, weil Kinder das Virus laut ersten Untersuchungen länger als Erwachsene übertragen. Gesundheitsminister Jens Spahn erklärt dagegen, Schulschließungen seien zu vermeiden, damit die Eltern ihren Unternehmen weiter als Arbeitskräfte zur Verfügung stünden. Damit schwindet freilich jede Chance, das Virus, wie es mehreren Ländern Asiens gelungen ist, einzudämmen. Kanzlerin Angela Merkel äußert, es könnten sich “60 bis 70 Prozent” der Bevölkerung anstecken – flächendeckend.
      Quelle: German Foreign Policy
    4. Merkels Mitleid hilft Italien nicht
      Kanzlerin Merkel dürfte so ziemlich die letzte Regierungschefin in Europa gewesen sein, die sich öffentlich zur Coronavirus-Krise äußert. Doch was sie am Mittwoch in Berlin sagte, hilft Italien nicht – es tut weh. „Das Virus ist in Europa angelangt, es ist da, das müssen wir alle verstehen“, sagte Merkel am Mittwoch in Berlin – während in Italien schon der Notstand ausgerufen wurde. „Da sind unsere Solidarität, unsere Vernunft, unser Herz füreinander schon auf eine Probe gestellt” sagte sie weiter. Es klingt wie in der Kirche, ersetzt aber keine Politik.
      Zudem bekundete Merkel Italien die deutsche Solidarität. Die Berichte von dort „bedrücken uns sehr“, sagte sie. Deutschland denke auch mit großer Sympathie an die Menschen in Italien und hoffe, dass die dort ergriffenen strengen Maßnahmen „eine Wende zum Besseren bringen“.
      Das klingt fast schon wie Hohn. Gefragt ist keine “Sympathie”, sondern solidarisches Handeln. Und daran hapert es, gerade in Deutschland. Die Bundesregierung hat bisher nicht einmal Hilfsgüter oder Medikamente bereitgestellt – dabei hat Rom auch Berlin um Hilfe gebeten.
      Quelle: Lost in Europe
  2. Personalmangel und Kostendruck: Wenn Stationen und Krankenhäuser schließen
    Mangel an Ärzten und Pflegekräften, Zwang zur Effizienz, hohe Qualitätsstandards: Die Gründe für die Schließung von Stationen oder ganzen Krankenhäusern hierzulande sind vielfältig. Wie erleben Betroffene und ihre Familien diese Entwicklung?
    10.000 Unterschriften zum Erhalt der Geburtenstation haben nichts bewirkt, erzählt Hildegard Slabik-Münter, Kinderärztin im Ruhestand: Der Kreis Vulkaneifel in Rheinland-Pfalz muss seit mehr als einem Jahr ohne Geburtshilfe auskommen, das Krankenhaus Maria Hilf hatte die Station kurzfristig dicht gemacht. 800 bis 1000 Geburten brauche eine Klinik jährlich, um kostendeckend arbeiten zu können, heißt es. 400 sind es im Einzugsgebiet des Dauner Krankenhauses.
    „Die Geburtshilfen sind ja reihenweise zugemacht worden, das war in Zell, Prüm, Gerolstein“, sagt Hildegard Slabik-Münter. „Also die rundherum sind schon alle geschlossen. Es sind weiterhin auch viele Krankenhäuser und Stationen noch bedroht.“
    Quelle: Deutschlandfunk Kultur

    Anmerkung JK: Die Folgen der neoliberalen Sparpolitik, die den Krankenhäusern ein betriebswirtschaftliches Effizienz- und Kostendenken aufgezwungen hat. Es geht nicht um Menschen, die medizinische Hilfe benötigen, sondern nur um Kostenfälle. Aber das deutsche Gesundheitssystem ist ja bestens auf alles vorbereitet.

  3. Neue Agentur soll bei Vermittlung ausländischer Pflegekräfte helfen
    Berlin – Die Deutsche Fachkräfteagentur für Gesundheits- und Pflegeberufe (DeFa) wird künftig private Vermittlungsagenturen, Krankenhäuser und Pflegeheime dabei unterstützen, ausländische Pflegekräfte in den deutschen Arbeitsmarkt zu integrieren. Das erklärten Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und der Ministerpräsident des Saarlands, Tobias Hans (beide CDU), heute vor Journalisten in Berlin.
    (…) Zusammenarbeit mit Mexiko und den Philippinen
    Bislang kümmern sich Krankenhäuser, Pflegeheime oder von ihnen beauftragte Agenturen vielfach selbst darum, Pflegekräfte aus dem Ausland zu rekrutieren. Von den heute in Deutschland arbeitenden philippinischen Pflegekräften seien etwa zwei Drittel durch private Initiative nach Deutschland gekommen sowie ein Drittel auf Initiative der Bundesagentur für Arbeit, sagte Spahn.
    Der Minister betonte, dass „wir den anderen Ländern nicht die Pflegekräfte klauen wollen“. Stattdessen solle ausgebildeten Pflegenden in Ländern eine Perspektive gege­ben werden, die in ihrem Zuhause keine Arbeit finden. Die Zusammenarbeit soll mit Mexiko und den Philippinen beginnen…
    Quelle: Ärtzteblatt

    dazu: Lohndumping statt 35-Stunden-Woche: Oberösterreich holt Pflegerinnen von den Philippinen
    In Österreich streiken die Pflegekräfte für die 35 Stunden Woche und bessere Arbeitsbedingungen – auch in Oberösterreich. Und was tut die schwarz-blaue Landesregierung? Statt auf die Forderungen der Beschäftigten einzugehen, will sie mehr Pflegerinnen von den Philippinen nach Oberösterreich holen.
    Die Arbeitsbedingungen in der Pflege müssen sich rasch verbessern, sonst droht der Pflegenotstand – zu wenige Pflegerinnen bleiben im Beruf, weil die Arbeit auslaugt und die Bezahlung schlecht ist. Am Dienstag streiken Pflegerinnen und Pfleger daher in ganz Österreich für die 35-Stunden-Woche. Und was macht die ÖVP in Oberösterreich?
    Die schwarz-blaue Landesregierung hat beschlossen, mehr Pflegekräfte von den Philippinen nach Österreich holen. Die schwarz-blaue Landesregierung will eine Agentur auf den Philippinen aufbauen, um Pflegerinnen anzuwerben.
    Quelle: Kontrast.at

  4. Macron setzt Rentenreform ohne Zustimmung des Parlaments durch
    Die Opposition kritisierte die Vorgehensweise der Regierung, die Rentenreform ohne Parlamentsabstimmung durchzusetzen, mit scharfen Worten. Die linke Sammelbewegung La France insoumise sprach im Parlament von einer “simulierten Demokratie” und verließ unter Protest die Sitzung.
    Macron am 28. Februar 2020 während der Trauerzeremonie für den verstorbenen französischen Journalisten und Intellektuellen Jean Daniel im Hotel des Invalides in Paris, Frankreich.
    Auch die Mitte-rechts-Partei Les Républicains (LR) verurteilte das Vorgehen der Regierung. Der Fraktionsvorsitzende Damien Abad prangerte “den Zynismus der Regierung” an. “Sie haben die Grundlagen für ein beispielloses parlamentarisches Fiasko geschaffen”, so Abad. Die Regierung habe zu keinem Zeitpunkt darauf hingewirkt, eine sachliche Debatte zur Rentenreform zu führen.
    Der Kommunist André Chassaigne warf der Regierung vor, ein “demokratisches Desaster” herbeigeführt zu haben. “Sie bringen dem Parlament tiefe Verachtung entgegen.” Es handele sich um “eine neue Etappe der autoritären Entwicklung des Regimes”, erklärte Chassaigne.
    Eine Verfassungsklausel erlaubt es der Regierung, das Parlament zu umgehen. Kritiker sehen damit die Kompetenzen der Volksvertretung eingeschränkt. Premier Édouard Philippe warf hingegen Teilen der Opposition vor, mit Tausenden Änderungsanträgen eine Obstruktionspolitik zu betreiben.
    Der umstrittene Artikel 49,3 sei in der Vergangenheit schon häufig genutzt worden. Der im Jahr 1958 eingeführte Paragraph ermöglicht die Durchsetzung von Gesetzen ohne Abstimmung im Parlament, verknüpft dies aber mit einer Vertrauensfrage gegen die Regierung.
    Quelle: RT Deutsch

    Anmerkung JK: Das Beispiel Frankreich zeigt, dass neoliberale Politik immer gegen die Interessen der Mehrheit der Bürger gerichtet ist und letztendlich nur mit autoritären Mitteln gegen diese durchgesetzt werden kann. Das staatsstreichartige Vorgehen Macrons zur Durchsetzung seiner „Rentenreform“ erfolgt dabei ganz im Sinn der neoliberalen Ideologie und ihres geistigen Vaters Friedrich Hayek, der die nationalen Demokratien als Hindernis auf dem Weg zu einem freien globalen Markt betrachtete, da dort Entscheidungen nach der Interessenlage der Wähler getroffen werden und nicht nach vermeintlich rationalen ökonomischen Prinzipien.

    Selbstredend ist Macrons undemokratisches Vorgehen den deutschen „Qualitätsmedien“ keine Silbe wert und das, obwohl sich diese vor der Wahl Macrons zum Präsidenten Frankreichs mit triefenden Elogen überschlagen und Macron als den neuen Messias gefeiert haben. Nun sieht man der Kaiser ist endgültig nackt und entpuppt sich als das, als was ihn kritische Zeitgenossen schon immer gesehen haben, als Marionette der französischen Oligarchie.

    Nun kann man natürlich einwenden, dass die Bürger Frankreichs „La République en Marche“ zur absoluten Mehrheit in der Nationalversammlung verholfen haben, die Regierung so legitimiert ist die Rentenreform durchzusetzen. Hier stellt sich aber die Frage wie es „La République en Marche“ gelingen konnte aus dem Stand die absolute Mehrheit im Parlament zu erobern. Die Verbindung Macrons zur französischen Oligarchie, insbesondere zum, mit geschätzten 105 Milliarden Dollar Vermögen, reichsten Mann Frankreichs, dem Mehrheitseigner des Luxuskonzerns LVMH, Bernard Arnault, sind allgemein bekannt. Arnault sprach sich vor der Präsidentschaftswahl offen für Macron aus und gilt als einer der Hauptsponsoren von „La République en Marche“. Zudem befinden sich die Massenmedien in Frankreich, ähnlich denen in Deutschland, die während des Präsidentschaftswahlkampfes 2017 massiv Werbung für Macron betrieben, in Besitz weniger Superreicher.

  5. Die Herrschaft des Rechts an der EU-Außengrenze?
    An der griechisch-türkischen Grenze scheint der Ausnahmezustand zu herrschen: Geflüchtete werden beschossen, mit Tränengas und Schlagstöcken an der Einreise nach Griechenland gehindert. In der Ägäis hindern Beamt*innen der griechischen Küstenwache mit massiver Gewalt Flüchtlingsboote an der Weiterfahrt, am Montag ertrinkt ein Kind von einem kenternden Boot auf dem Weg nach Lesbos. Maskierte Bürgerwehren auf den griechischen Inseln beteiligen sich an der Migrationsabwehr und greifen Journalist*innen und Mitarbeiter*innen von NGOs an. Nachdem die türkische Regierung die Grenzschließung aufgehoben hat, und zahlreiche Menschen regelrecht zur Ausreise zwingen will, sitzen Tausende Geflüchtete zwischen zwei Ländern im Niemandsland, ohne Unterkunft und Versorgung, fest.
    Diejenigen Menschen, die die Grenze trotz der vehementen Abschottung passieren, werden von den griechischen Behörden inhaftiert. Am vergangenen Sonntag schließlich setzte die griechische Regierung das Asylrecht aus und will keine Asylanträge mehr annehmen. Die Regierungen der anderen europäischen Länder unterstützen die griechische Regierung in ihrem Vorgehen, die europäische Grenzschutzagentur Frontex hat zusätzliches Personal in die Region entsandt, um die Behörden vor Ort bei der Grenzsicherung zu unterstützen.
    Herrscht an der griechisch-türkischen Grenze ein rechtlicher Ausnahmezustand, der Menschenrechte und rechtsstaatliche Gewährleistungen außer Kraft setzen kann? Die Antwort ist klar: Nein. Die Zustände an der griechisch-türkischen Grenze und auf den Inseln in der nordöstlichen Ägäis sind keine humanitäre Katastrophe, die vom Himmel gefallen ist. Gewalt, pushbacks, Internierungen und elende Zustände in völlig überfüllten Lagern sind menschen- und staatsgemachte Verletzungen fundamentaler Rechte, die durch nichts gerechtfertigt sind …
    Quelle: Verfassungsblog
  6. Im Herzen der Justizfarce
    Als Julian Assange hereingeführt wird, grüßt er mich mit der erhobenen linken Faust. Ich grüße zurück (…)
    Sein Verteidiger Fitzgerald beantragt, dass Assange aus dem Glaskäfig gelassen wird, er sei „ein sanfter Mann von intellektueller Natur, und es gibt keinen Grund, warum er nicht während der Anhörung bei uns sitzen und mit uns kommunizieren sollte“. Selbst der US-Ankläger hat nichts dagegen, trotzdem weist die Richterin den Antrag ab. Die Beobachter sind fassungslos. Selbst Beate Zschäpe durfte ihrem Prozess zusammen mit ihren Anwälten folgen, selbst Kriegsverbrecher aus den Jugoslawienkriegen in Den Haag. Wenn in Europa Kriegsverbrecher besser behandelt werden als einer, der Kriegsverbrechen aufgedeckt hat, dann ist das ein Albtraum.
    Im weiteren Verlauf gelingt es den Anwälten, alle Punkte der Anklage zu entkräften. Doch bei mir will sich kein Optimismus einstellen. Juristische Argumente scheinen hier zweitrangig zu sein. Am letzten Abend der Verhandlung treffe ich Assanges Anwältin Jennifer Robinson, die ich seit 2011 kenne. Sie bestätigt mir, dass beide Seiten bereit sind, durch alle Instanzen der britischen Gerichtsbarkeit zu gehen – was drei bis vier Jahre dauern kann.
    Wird Julian Assange das unter den jetzigen Haftbedingungen überleben können? Seine Verteidiger haben klargemacht, dass die psychiatrischen Gutachten von einem Suizidrisiko ausgehen, solle er an die USA ausgeliefert werden.
    Was bleibt uns, um sein Leben und unsere Pressefreiheit zu retten? Proteste reichen nicht mehr – Assange braucht jetzt die Hilfe aller, die 2010 von seinen Enthüllungen profitiert haben: New York Times, Guardian, El Pais, Le Monde und Spiegel müssen fordern, ihn sofort freizulassen – es bedarf einer großen konzertierten Aktion der mächtigsten Zeitungen der Welt. Denn es geht auch um ihre Freiheit. Free Press! Free Assange!
    Quelle: der Freitag

    Anmerkung Christian Reimann: Für die NachDenkSeiten berichtet Moritz Müller auch vor Ort über das Gerichtsverfahren. Bitte lesen Sie dazu z.B. auch Ein Resümee der Anhörung zu Assange in London und Verfolgung von Assange. Ein Ausrutscher oder systemtypisch?.

    dazu: Simulierter Journalismus
    Von einer umfassenden Berichterstattung waren deutsche Medien in der ersten Woche der Anhörungen zur Auslieferung von Julian Assange weit entfernt. Statt authentischen Schilderungen der Auseinandersetzung im Gerichtssaal präsentierte man eine Fassade von Journalismus – zusammenkopiertes Halbwissen, vorgetragen in selbstbewusstem Tonfall. (…)
    Beunruhigend ist, dass diese Vorgänge in den Leitmedien nicht einmal ansatzweise reflektiert werden und die meisten Kollegen dort sich weiterhin für großartige und kenntnisreiche Journalisten halten, die die Öffentlichkeit „aufklären“ – eine tragische Selbsttäuschung.
    Eine direkte und sachkundige Berichterstattung aus erster Hand ist fast vollständig verschwunden und wird allenfalls von kleinen „Alternativmedien“ und Blogs geleistet – die vom Mainstream dann gern als „unseriös“ abgekanzelt werden. In den USA ist das etwa Kevin Gosztola, in Deutschland berichten über die Assange-Hearings aktuell die NachDenkSeiten sowie die Theaterregisseurin (!) Angela Richter, die den Prozess, genau wie Gosztola und Murray, vor Ort in London beobachtet und ihre Eindrücke in Jakob Augsteins Wochenzeitung Freitag veröffentlichen kann. Sie schrieb zuletzt:
    „Es gibt hier nur 24 Plätze für Journalisten und 16 für die Öffentlichkeit, deshalb war ich bereits im Morgengrauen gekommen. Die italienische Journalistin Stefania Maurizi stand schon am Eingang. Sie hat, als einzige Vertreterin der Presse überhaupt, die Verfahrensdokumente des Assange-Falles aus Schweden (hier ging es um den Vorwurf der Vergewaltigung) angefordert und erhalten. Damit hat sie dem UN-Sonderbeauftragten für Folter, Nils Melzer, genaue Akteneinsicht ermöglicht.“
    Das heißt: Die Tatsache, dass zumindest ein kleiner Teil der Öffentlichkeit inzwischen, vermittelt über Nils Melzer, erfahren konnte, mit welch illegalen Methoden der Vergewaltigungsvorwurf von den schwedischen Behörden konstruiert wurde (was bei der Tagesschau immer noch nicht angekommen ist), verdankt sich der privaten Initiative einer italienischen Journalistin.
    Anders gesagt: Die tatsächliche Übermittlung der Wahrheit in diesem Fall liegt in den Händen einer winzigen Gruppe von Engagierten aus verschiedenen Ländern, die nur ausnahmsweise im Mainstream Gehör finden. Das ist der Zustand der Medien 2020.
    Quelle: Multipolar

    dazu auch: Chelsea Manning Attempted Suicide in Jail, Is Recovering, Lawyers Say
    Imprisoned activist and former Army intelligence analyst Chelsea Manning attempted suicide on Wednesday in the Alexandria, Virginia, jail where she’s been held for a year following her refusal to testify before a federal grand jury investigating WikiLeaks.
    Manning’s legal team confirmed the incident in an statement to Gizmodo. She is currently in the hospital and is recovering, they said. Manning was scheduled to appear before a judge on Friday regarding a motion to terminate the sanctions she’s faced for refusing to testify.
    Quelle: Gizmodo

  7. Volkswirt Flassbeck: “Dieses Finanzkasino ist vollkommen sinnlos”
    Anstieg der Börsenkurse sei überzogen gewesen, sagt Heiner Flassbeck. Italien benötige jetzt dringend öffentliche Gelder
    STANDARD: Die Märkte brechen auf breiter Front ein. Wie stark ist – neben der höheren Ölförderung Saudi-Arabiens – der Einfluss des Coronavirus auf den Absturz?
    Flassbeck: Corona ist nur vordergründig der Grund dafür. Die Börsen sind seit Monaten und Jahren dramatisch überbewertet. Es war immer klar, dass die Märkte bei wachsender Verunsicherung einen Einbruch erleben. Für sich genommen ist das noch nicht dramatisch. Das hat es in der Vergangenheit schon öfters gegeben, und davon erholen sich die Märkte meistens schnell.
    (…) STANDARD: Können die Märkte nicht die Realwirtschaft infizieren?
    Flassbeck: Man muss in dem Fall ein wenig zwischen den USA und Europa unterscheiden. Europa hat seit zwei Jahren eine schwache wirtschaftliche Entwicklung, Deutschland sogar eine Rezession, zumindest eine Industrierezession. Insofern trifft die Entwicklung auf eine labile Wirtschaft, und von daher besteht eindeutig eine Gefahr.
    (…) STANDARD: Vor dem Fall ging es an den Börsen steil bergauf. Sind die Finanzmärkte fehlgeleitet?
    Flassbeck: Die Märkte schießen immer über, in die eine wie in die andere Richtung. Es kann durchaus sein, dass in einem Monat alles vorbei ist und die Börsen wieder euphorisch sind. Das darf man nicht überbewerten, zumal die Rolle der Finanzmärkte für die Unternehmen überschätzt wird. Der Aufschwung an den Börsen in den letzten Jahren war total überzogen, aber nicht so schlimm wie 2008. Damals hatten wir viel größere Blasen an viel mehr Märkten. Allerdings zeigt sich jetzt wieder einmal: Es wird jeden Tag mit Billionen an den Börsen gezockt. Dieses Finanzkasino ist vollkommen sinnlos.
    Quelle: Der Standard
  8. Die Party braucht neuen Stoff! – CSU und Merz als willige Dealer.
    Die Riester-Ölquelle versiegt. Der „Betriebsrenten“zufluss bleibt ein Rinnsal. Aber die Party an den Finanzmärkten ist im vollen Gange – sie braucht dringend neuen Stoff. Die 4. Rentensäule der CSU und eine Kanzlerschaft von Friedrich Merz könnten den Rausch verlängern. Dabei steht viel auf dem Spiel. Es geht um den Zusammenhalt und die Zukunft unserer Gesellschaft. […]
    Vermutlich bekommen selbst die hartgesottenen Vorstände der Finanzkonzerne Black Rock, Allianz und Co. bei diesen Zahlen feuchte Augen. Es wird ja ihre Aufgabe sein, mit diesen gewaltigen Summen zu „arbeiten“ und dabei Jahr für Jahr wachsende Gebühren, Boni und Dividenden zu kassieren. Und ihre exklusiven Partygäste auf dem Finanzmarktparkett bleiben bei bester Laune.
    Ob der Billionen-Wahnsinn kommt?
    Das CSU-Projekt wäre aus drei Gründen der helle Wahnsinn:

    • Es würde riesige Summen aus dem Wirtschaftskreislauf herausleiten. Der sinkende Konsum würde Rezessionen provozieren bzw. verstärken.
    • Das umgeleitete Geld wird nach Lage der Dinge ausschließlich in die Finanzmärkte fließen und damit die Mega-Blase, die zur Zeit aufgepumpt wird (siehe Grafik), oder die darauf folgende Blase, enorm befeuern.
    • Die Rentenerträge für die Einzahler sind total unsicher, die Fonds könnten gegen Null abstürzen, wenn die Blase platzt und die Finanzmärkte kollabieren. Eine Möglichkeit aus den Fondsanlagen in Minuten- oder Tagesfrist auszusteigen, wie die Finanzpartygänger, haben die Sparer der 4. Rentensäule nicht. Ihre Verträge gelten etliche Jahrzehnte (*4).

    Quelle: Seniorenaufstand

    dazu: Rentenexperten? Scharlatane!
    Bis vor kurzem haben „Rentenexperten“ wie der Kandidat für den CDU-Vorsitz Friedrich Merz und die ARD-Börsenexpertin Anja Kohl den deutschen Arbeitnehmern empfohlen, zur Sicherung ihrer Altersvorsorge Aktien zu kaufen. Jetzt ist der DAX im Vergleich zu seinem Höchststand um ein Viertel gefallen. Man stelle sich vor, die Arbeitnehmer hätten auf diese beiden „Experten“ gehört und müssten jetzt entsetzt mit ansehen, wie ihr mühsam Erspartes innerhalb kurzer Zeit um ein Viertel schrumpft. Vielleicht haben ja auch Einige auf den „Experten“-Rat gehört und hoffen jetzt, dass es nicht weiter runter, sondern bald wieder aufwärts geht.
    Es ist bedauerlich, dass solche Scharlatane seit Jahren die einzig sichere Altersvorsorge für Arbeitnehmer, die gesetzliche Rente, schlecht reden, und die Menschen im Interesse der Finanzindustrie überreden wollen, Aktien zu kaufen.
    Wieder einmal zeigt sich, dass die Propheten des Neoliberalismus die Lebensbedingungen der Mehrheit der Bevölkerung verschlechtern und die Hauptverantwortlichen für die zunehmende gesellschaftliche Spaltung und das Wieder-Erstarken des Rechtsradikalismus sind.
    Quelle: Oskar Lafontaine via Facebook

  9. Deutsche-Bank-Aktie stürzt ab – Blackrock wettet auf Kursverfall
    Blackrock zählt zu den größten Aktionären der Deutschen Bank. Das hält den weltgrößten Vermögensverwalter allerdings nicht davon ab, auf einen Kurssturz an den Börsen zu spekulieren. Und die Wette scheint aufzugehen.
    Aktionäre der Deutschen Bank haben angesichts des heftigen Kursrutsches ziemlich schlechte Laune – eine Ausnahme dürfte Blackrock sein. Denn der weltgrößte Vermögensverwalter hatte wie andere Anleger auch vor dem Absturz die Wetten auf einen Kursrückgang erhöht. Allerdings ist Blackrock zugleich einer der größten Aktionäre der Deutschen Bank und war in den vergangenen Monaten nicht als Leerverkäufer bei dem Geldhaus aufgetreten. Ein Blackrock-Sprecher lehnte eine Stellungnahme ab.
    Quelle: n-tv

    Anmerkung Jens Berger: Was hier als Widerspruch dargestellt wird, ist keiner. BlackRock ist schließlich nicht selbst, also auf eigene Rechnung, an der Deutschen Bank beteiligt, sondern indirekt und treuhänderisch als Verwalter im Namen seiner Kunden.

  10. Deutsche Post will Anleger mit höherer Dividende bei Laune halten
    Die Deutsche Post hat im abgelaufenen Geschäftsjahr unterm Strich mehr verdient und will nun die Dividende erhöhen. Für 2019 sollen die Anteilseigner 1,25 Euro je Aktie erhalten und damit 10 Cent mehr als ein Jahr zuvor, teilte der Logistikkonzern am Dienstag mit. Das Konzernergebnis stieg im vergangenen Jahr um gut 26 Prozent auf 2,6 Milliarden Euro, lag damit jedoch leicht unter den durchschnittlichen Erwartungen von Analysten. Die Dividende fällt hingegen höher aus als erwartet.
    Quelle: manager magazin

    Anmerkung unseres Lesers H.L.: Wurde deshalb deshalb das Porto erhöht?

  11. Class: The Little Word the Elites Want You to Forget
    Aristotle, Niccolò Machiavelli, Alexis de Tocqueville, Adam Smith and Karl Marx grounded their philosophies in the understanding that there is a natural antagonism between the rich and the rest of us. The interests of the rich are not our interests. The truths of the rich are not our truths. The lives of the rich are not our lives. Great wealth not only breeds contempt for those who do not have it but it empowers oligarchs to pay armies of lawyers, publicists, politicians, judges, academics and journalists to censure and control public debate and stifle dissent. Neoliberalism, deindustrialization, the destruction of labor unions, slashing and even eliminating the taxes of the rich and corporations, free trade, globalization, the surveillance state, endless war and austerity — the ideologies or tools used by the oligarchs to further their own interests — are presented to the public as natural law, the mechanisms for social and economic progress, even as the oligarchs dynamite the foundations of a liberal democracy and exacerbate a climate crisis that threatens to extinguish human life. …
    The oligarchs are happy to talk about race. They are happy to talk about sexual identity and gender. They are happy to talk about patriotism. They are happy to talk about religion. They are happy to talk about immigration. They are happy to talk about abortion. They are happy to talk about gun control. They are happy to talk about cultural degeneracy or cultural freedom. They are not happy to talk about class.
    Quelle: Truthdig

    Anmerkung JK: Der Autor bingt es auf den Punkt: „Race, gender, religion, abortion, immigration, gun control, culture and patriotism are issues used to divide the public, to turn neighbor against neighbor, to fuel virulent hatreds and antagonisms.“ Interessant auch die Verweise des Autors auf die Politik Roosevelts, der mit einer massiven staatlichen Beschäftigungspolitik, einer starken Regulation der Banken, hoher Besteuerung der Reichen und Unternehmen, der Stärkung der Gewerkschaften und Arbeitnehmerrechte, nicht nur die Folgen der Weltwirtschaftskrise überwinden konnte, sondern vermutlich auch das Aufkommen einer faschistischen Bewegung in den USA verhindert hat. Während zur gleichen Zeit in Deutschland die Regierung Brüning mit einer harten Austeritätspolitik die erste deutsche Demokratie in den Abgrund der faschistischen Barbarei stürzte. Was zur aktuellen verlogenen Diskussion in Deutschland über die AfD und die Zunahme rassistischer Gewalt zurückführt. In Abwandlung eines Bonmots von Max Horkheimer lässt sich sagen: Wer vom Neoliberalismus nicht reden will, sollte vom Faschismus schweigen.

  12. Michail Gorbatschow: Zum Denkmal degradiert, als Warner ignoriert!
    (…) Mit der Gorbatschow-Rezeption in Deutschland ist das so eine Sache. Einerseits ist er der Held, der den INF-Vertrag und eine weitgehende nukleare Abrüstung erzwang, den Kalten Krieg und das Wettrüsten (wie sich leider jetzt herausstellt: für eine gewisse Zeit) beendete, die Mauer zum Einsturz brachte und die Deutsche Einheit ermöglichte. Als solcher wird er hier gefeiert, mit Preisen überhäuft und zu jeder Jubiläumsveranstaltung als gern gesehener Ehrengast eingeladen.
    Aber wehe, wenn Michail Gorbatschow sich mal zu aktuellen Themen äußert und hier Meinungen vertritt, die nicht dem deutschen medialen Mainstream entsprechen oder gar Kritik an der deutschen Russlandberichterstattung äußert! Dann ist schnell Schluss mit lustig, will sagen: mit der Gorbi-Verehrung. Am Allerschlimmsten ist es jedoch, wenn der Präsident der ehemaligen Sowjetunion offen und ungeschminkt den aktuellen militärpolitischen Kurs von USA und NATO kritisiert und dabei Positionen vertritt, die – da hört sich doch alles auf! – sich auch noch in vielen Punkten mit denen des aktuellen Präsidenten Russlands decken.
    „Als ob man es mit einer gezielten Kampagne zu tun hat“
    Bereits vor zwölf (!) Jahren verfasste Gorbatschow, damals noch Vorsitzender des russischen Lenkungsausschusses des Petersburger Dialoges, einen offenen Brief „An meine Freunde, die deutschen Journalisten“, in dem er mehr Sachlichkeit und Verständnis (das zweifelhafte Etikett „Russlandversteher“ war damals noch nicht erfunden) in der deutschen Russlandberichterstattung einforderte. Er kritisierte hier nicht nur das was, sondern auch das wie. Unter anderem schrieb er:
    „Beim aufmerksamen Blick auf die Flut von Veröffentlichungen in Deutschland wird man schwer den Eindruck wieder los, als ob man es mit einer gezielten Kampagne zu tun hat, als ob alle aus einer einzigen Quelle schöpften, die eine Handvoll Thesen enthält (in Russland gebe es keine Demokratie; die Meinungsfreiheit werde unterdrückt; eine arglistige Energiepolitik werde durchgesetzt; die Machthaber drifteten immer weiter in Richtung Diktatur ab – und so weiter und so fort.) Diese Thesen werden in verschiedenen Tonarten wiederholt. Die Zeitungsmacher scheinen auch keinerlei Interessen jenseits dieser Aussagen zu haben. Mehr noch: diejenigen, die aus der Reihe tanzen, bekommen das zu spüren.“
    Wohlgemerkt: Das Zitat stammt vom März 2008, einem Zeitpunkt, als das Wort „Mainstream“ noch nicht Mainstream war. Und mit „denjenigen, die aus der Reihe tanzen und das zu spüren bekommen“, war damals bereits die ehemalige Russlandkorrespondentin der ARD, Gabriele Krone-Schmalz gemeint. Dass sich die Situation seitdem verbessert hätte, wird wohl niemand ernsthaft behaupten! …
    Quelle: Ostexperte
  13. Neue Gefahrenherde im Klimawandel
    Neue ökologische und technologische Gefahren untersuchen Wissenschaftler in Cambridge. Die größten Risiken bergen Klimawandel, zusammenbrechende Ökosysteme, Aufrüstung, neue Gentechnik, künstliche Intelligenz und Geoengineering. Solche brisanten Gefahren dürfen nicht ignoriert werden. (…)
    Die ökologisch beunruhigendste Form ist die “Gene Drive”-Methode, die zur gezielten Ausrottung von Tierarten führen kann. Die Methode besteht im Kern darin, Gene oder Gen-Fehlstellen, die typischerweise nur auf einem von zwei homologen Chromosomen-Strängen vorkommen, auf den anderen Strang zu kopieren. So kann die Ausbreitung auch tödlicher Defekte herbeigeführt werden.
    Was vordergründig positiv begründet wird, zum Beispiel mit der Möglichkeit, die Malariamücke gentechnisch auszumerzen, ist bei genauerem Hinsehen zwiespältig. So spielt die Malariaübertragung im Leben dieser Mücke kaum eine Rolle, aber ihre ökologische Funktion ist sehr umfangreich, etwa als Nahrung für Fische und Amphibien.
    Das Pentagon interessiert sich für solche Technologien. Nicht auszuschließen ist die Verwendung von Gene Drive zur Schädigung oder sogar Ausrottung von missliebigen Menschengruppen. Das naive Herumhantieren mit dieser Technologie ist schlicht unverantwortlich.
    Das CSER hat auch die Risiken künstlicher Intelligenz beschrieben. Eine mögliche Superintelligenz wird beispielsweise schnell merken, dass der Mensch eine große Gefahr für ihre Existenz ist. Also wird sie versuchen, ebendiese Gefahr auszuschalten. Und dann müssen wir befürchten, dass sich diese künstliche Intelligenz Zugriff zu Massenvernichtungswaffen verschafft. Wer kann dann noch Sicherheit für die Menschheit garantieren?
    Quelle: Ernst Ulrich von Weizsäcker in klimareporter
  14. Unsere Welt neu denken
    Wie können die Menschen auf der voller gewordenen Erde gut leben, ohne ihre Lebensgrundlage zu verzehren? Die Polit-Ökonomin Maja Göpel stellt unser auf ewiges Wachstum ausgerichtetes Wirtschaftssystem in Frage und sucht nach einem zukunftsfähigen Entwicklungsmodell.
    In ihrem Buch plädiert Maja Göpel für mehr Verteilungsgerechtigkeit und für eine Rückkehr zum menschlichen Maß. Das Narrativ vom ewigen Wachstum, von dem letztlich alle profitieren sollten, sei nicht aufgegangen, weder ökologisch noch sozial. Wirklich profitiert, im wahrsten Sinne des Wortes, haben nur wenige.
    Bill Gates, einer der drei reichsten Menschen der Welt, verbrachte 2017 zirka 350 Stunden in der Luft und verbrauchte dabei das Kohlendioxid-Lebensbudget von 38 Menschen. Das heißt: Diejenigen, die es sich leisten können, seien in der Lage, ihre Umwelt zerstörende und Rohstoffe vernichtende Lebensweise uneingeschränkt fortzusetzen, resümiert die engagierte Wissenschaftlerin.
    Zitat: „Es sind die gleichen finanziellen Mittel, mit denen sie dann etwas tun können werden, das die Menschen, deren Budget sie verflogen haben, ebenfalls nicht können – sich an den Klimawandel anpassen, dahin ziehen, wo es noch schön ist, die steigenden Preise für weniger Nahrungsmittel zahlen und die Zerstörung ihrer Häuser von Versicherungen übernehmen lassen. […] Finden Sie das gerecht?“
    Man könne die ökologische Frage nicht lösen, wenn man sie nicht auch als soziale Frage verstehe, schreibt Maja Göpel. Um der Mehrheit eine nachhaltigere Lebensweise zu ermöglichen, müssten hohe Einkommen massiver besteuert werden. Ebenso Unternehmen, die Infrastruktur und Ressourcen der Allgemeinheit nutzen, Gewinne privatisieren und die Umwelt belasten. Ja, es geht auch um Umverteilung, darum, dass sich die Menschheit wieder als solidarische Gemeinschaft versteht.
    Quelle: Deutschlandfunk