Corona: Die bizarre Selbstsicht der Medien

Corona: Die bizarre Selbstsicht der Medien

Corona: Die bizarre Selbstsicht der Medien

Ein Artikel von: Tobias Riegel

Beim Deutschen Fernsehpreis wurden unter anderem ARD, ZDF und RTL für ihre Corona-Berichterstattung ausgezeichnet. Die Sender hätten diese Aufgabe – keine Satire! – „mit Bravour“ gemeistert. Dieser Aussage muss entgegengetreten werden. Von Tobias Riegel.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Es gibt Meldungen, die möchte man zunächst als Satire abtun: Mehrere deutsche Fernsehsender erhalten in diesem Jahr laut Medienberichten eine Sonderehrung des Deutschen Fernsehpreises für ihre Berichterstattung über die Corona-Episode. Die Jury zeichnete laut den Berichten die ARD, das ZDF, RTL, ProSieben, Sat.1 und n-tv mitsamt den verantwortlichen Journalisten für ihre Nachrichten- und Sondersendungen über das Virus aus. Der Jury-Vorsitzende Wolf Bauer erklärte, die Jury verstehe diesen Sonderpreis als Verpflichtung zu Qualitätsjournalismus im digitalen Medienzeitalter und als Ermutigung für verantwortungsbewusste Journalisten. Die Corona-Pandemie sei gerade im Bereich Information zur Bewährungsprobe geworden – die habe man „mit Bravour gemeistert“.

Zeichnen sich die großen TV-Sender – indirekt – selber aus?

Die Kritik an dem absurden Vorgang beginnt bereits bei den Formalien: Der Deutsche Fernsehpreis wird seit 1999 von den großen TV-Anbietern ARD, ZDF, RTL und Sat.1 vergeben. Das sind unter anderem genau die Sender, die nun ausgezeichnet werden. Das Prinzip der Propaganda durch Preisverleihungen haben die NachDenkSeiten bereits in diesem Artikel beschrieben. Bereiten sich beim Deutschen Fernsehpreis also die großen deutschen TV-Sender indirekt selber eine große Bühne? Zeichnen sich die Journalisten auf dieser Bühne – über den Umweg einer „unabhängigen Jury“ – indirekt selber aus? Die Organisatoren stellen sich folgendermaßen vor:

„Seit 1999 wird der Deutsche Fernsehpreis von ARD, RTL, Sat.1 und ZDF zur Würdigung hervorragender Leistungen für das Fernsehen vergeben. (…) Das Stiftergremium setzt sich bis heute zusammen aus den Geschäftsführern und Intendanten der beteiligten Sender zusammen. Den Vorsitz übernimmt turnusgemäß der Geschäftsführer bzw. Intendant des federführenden Senders, in diesem Jahr RTL. Seit 2020 ist die Deutsche Telekom als Kooperationspartner an Bord.“

Selbstlob der Medien soll kommender Kritik vorbeugen

Die Leser der NachDenkSeiten wissen schon lange, dass die Feststellung mit der bravourös gemeisterten Berichterstattung ein Mythos ist. Die Äußerungen könnten als Teil einer Vorwärtsverteidigung verstanden werden: Die betreffenden Sender wissen, dass in einer eventuell stattfindenden Rückschau auf die Corona-Episode vernichtende Kritik auf sie zukommen wird. Soll dem durch exzessives Selbstlob und auftrumpfende Behauptungen vorgebaut werden? Und diese Kritik – wenn es denn einst zu einer aufklärenden Bilanz des Medienverhaltens in der Corona-Krise kommen sollte – wäre nur zu berechtigt. Auf den NachDenkSeiten wird sie schon lange formuliert. So lautete etwa eine Einordnung des Medienverhaltens in dem Artikel „Pandemie und Propaganda: Die ganz große Verwirrung“:

„Die Irreführung durch große Medien in der Corona-Krise ist gewaltig: Die wackelige Datenbasis für den verstörenden Zickzack-Kurs wird nicht hinterfragt. Zentrale Debatten finden kein mediales Forum. Die im Schatten des Virus lauernden geo- und finanzpolitischen Gefahren (und Chancen) werden nicht angemessen betrachtet. Stattdessen: Stimmungsmache gegen Russland und Alternativmedien.“

Aggressiv gegen Alternativmedien und „Verschwörungstheoretiker“

Dass die jüngsten Demonstrationen für Grundrechte von großen Medien noch schlimmer diffamiert werden als die 68er-Demos, das hat Albrecht Müller in diesem Artikel beschrieben. In diesem Artikel wird thematisiert, wie etwa die Stuttgarter Demo vom 2. Mai im TV verzerrt wurde. Dass auch aktuell der mediale „Wippschaukeleffekt“ zum Tragen kommt, wird in diesem Artikel analysiert. Und zum momentan inflationär genutzten Kampfbegriff „Verschwörungstheorie“ haben sich die NachDenkSeiten unter anderem in diesem Artikel und in diesem Artikel geäußert. Es gab zwar auch vereinzelte gute Berichte im TV, doch diese können den Eindruck der Kampagnenhaftigkeit nicht aufwiegen.

Die (unvollständige) Liste der wichtigsten Vorwürfe an die großen deutschen Medien und damit auch an die nun ausgezeichneten TV-Sender beinhaltet folgende Punkte: Eine giftige Diffamierung der Lockdown-Kritiker, bereits Fragende wurden teils aggressiv als Spinner abserviert. Keine angemessene Thematisierung der starken Widersprüche bei den täglich verkündeten Zahlen. Kein angemessenes Problematisieren des unwissenschaftlichen Charakters der „Datenbasis“ des Lockdowns. Keine angemessene Abwägung zwischen dem Nutzen und den teils dramatischen Schäden durch einen Lockdown. Keine angemessen scharf gestellten Fragen nach den Verhältnismäßigkeiten. Unseriöse und pauschale Verleumdung der Alternativmedien.

Bevormundung und Panikmache: Berichterstattung noch gleichförmiger als zum Maidan

Es gab in den letzten Wochen – auch in den betreffenden TV-Sendern – keine angemessene und distanzierte Gegenüberstellung der verschiedenen Ansichten, damit sich die Bürger selber ein Urteil hätten bilden können. Statt dessen waren (einmal mehr) Tendenzen zu Bevormundung, Emotionalisierung, Panikmache und Erziehung zu beobachten und ein starker Filter bezüglich der Themen, die überhaupt besprochen werden „dürfen“. Die deutsche Medienlandschaft hat in den letzten Wochen sogar die z.B. beim Maidan 2014 erlebte Gleichförmigkeit mutmaßlich noch einmal übertroffen.

Diese Gleichförmigkeit wird naturgemäß in den großen Medien selber nicht thematisiert: Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus. Kritik kommt daher nur von den alternativen Medien aus dem Internet – darum wurde auch und besonders in den letzten Wochen versucht, die Alternativmedien so gründlich zu diffamieren, dass eine Beschäftigung mit ihren teils guten Argumenten nicht mehr nötig erscheint.

Die ARD berichtet in diesem Artikel und das ZDF in diesem Artikel über die Verleihung des Deutschen Filmpreises.

Titelbild: Mopic / shutterstock.com