Leserbriefe zu Tausche Koalitionsfähigkeit gegen Mehrheitsfähigkeit. Soll das ein Gewinn sein?

Ein Artikel von:

Es kamen gleich ab heute früh mehrere Leserbriefe. Wir veröffentlichen sie gleich, was den Dialog erleichtert. Albrecht Müller.


1. Leserbrief

Hallo NDS-Team,

Bezugnehmend auf den Artikel von Albrecht Müller und dem entsprechenden Leserbrief möchte ich folgendes anmerken:

Ja, manchmal kann das sogenannte kleinere Übel die bessere Wahl sein. Manchmal aber auch nicht. Die Grünen haben seinerzeit gezeigt, was passiert, wenn eine Partei eine ihrer Wurzeln über Bord wirft. Ich meine die Wurzeln der Grünen in der Friedensbewegung. Die Grünen unterscheiden sich in Sachen Außen- und Friedenspolitik kaum von den anderen Parteien. Sie waren es, die zusammen mit der SPD erstmalig die Bundeswehr in Kriegseinsätze geschickt haben. Es gab damals auch nicht weniger Waffenverkäufe. Von der einstigen Revoluzzer-Partei ist nicht mehr viel übrig geblieben, die meisten ihrer Amtsträger fühlen sich pudelwohl im einst von ihnen so geschmähten Establishment. Die Begründung der Grünen war immer: “Wir wollen mitgestalten.” Wie hat es Volker Pispers immer ausgedrückt: “Grüne, das sind Liberale, die für Dosenpfand sind.” Passt! Wenn es um Identitätspolitik geht, können die Forderungen eines Teils dieser Leute nicht radikal genug sein. Ansonsten sind ihre Vertreterinnen und Vertreter so was von strunzbürgerlich, da wundert einen gar nichts mehr. Ländlechef Kretschmann – einst auch ein Oberrevoluzzer – ist da ein gutes Beispiel.

Es geht nicht darum, dass wir eine andere Koalition bekommen, es geht darum, dass wir eine andere Politik bekommen. Und so müssen eben die Linken nicht “regierungsfähig” werden, sondern ihr aktuelles politisches Programm muss mehrheitsfähig werden, damit sich in dieser Republik etwas grundlegend ändern kann. Wenn das noch ein paar Jahre dauert, dann ist das ebenso. Aber es ist immer noch besser, als dass die Linke zu Grün-Zwei wird. 

Es wird natürlich in den vorherrschenden Medien eifrig daran gestrickt, dass die Linke “regierungsfähig” wird. Und wer sich zum Beispiel seinerzeit die Debatten im Bundestag über Venezuela angeschaut hat, der weiß, was mit “Querfront” tatsächlich bezeichnet werden sollte: die Einheitsfront der bürgerlichen Parteien vom Rechtsausleger AfD bis zum linksliberalen Establishment gegen Politiker, die auch schon mal an den vermeintlichen Alternativlosigkeiten in dieser Republik rütteln. 

Wenn ich mir aktuell die Diskussionen in der Linken anschaue, so reiht sich ein Teil der Partei gerade in diese Querfront ein – und wird für mich damit unwählbar.

Beste Grüße
GR


2. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Müller,

Mit Interesse verfolge ich die Nachdenkseiten. Momentan sieht es eher so aus, dass Unregierbarkeit das Ergebnis der Bundestagswahl sein könnte. Einfach deshalb weil es weder für RRG noch Schwarz-Gelb und auch nicht für eine GroKo reicht. Diese Prognose beruht darauf, dass es mehr AfD-Wähler gibt als die Umfragen ergeben, die SPD und CDU beide Stimmen gegenüber der letzten Wahl verlieren werden, die Grünen vielleicht nicht das Umfrageergebnis erhalten werden, aber sich stark verbessern werden. Eine weitere Unbekannte ist wie die Splitterparteien abschneiden, wenn es hier relativ viele Stimmen gibt, dann könnte es auch wieder für die GroKo, die Schwampel (Schwarz-Gelb-Grün) oder auch nur Schwarz-Grün. Ich halte diese Koalitionen aber für sehr schwach.

Dabei hätte sowohl die FDP als auch die Linke die Chance, durch ein eigenständigeres Profil Stimmen zu gewinnen.

Die FDP war mal liberal und eben nicht wirtschaftsliberal. Das Lindner seine Partei jetzt wirtschaftsliberal ausrichtet ist seiner Präferenz geschuldet und der Tatsache, dass es vermutlich in der Partei keine Liberalen mehr gibt. Als Grundgesetz- und Menschenrechtspartei hätte die FDP ein weiteres Thema und könnte damit auch weitere Stimmen bekommen.

Die Linke muss mit Sicherheit Kompromissbereitschaft signalisieren, aber sie braucht auch ein eigenes Profil. Aus meiner Sicht ist es fatal, wenn die Linke eine Kopie der Grünen werden will. Damit verringert sie das Wählerpotential. Es mag ja nett sein, wenn man in Hamburg mitregieren kann, ein echtes Profil ist aber wichtiger.

Da bietet sich dann der verunsicherte Mittelstand an, Menschen, die um ihren Arbeitsplatz und ihr Einkommen fürchten, alle Solo- und Kleinselbständigen, aber auch Mittelständler gehören dazu, genauso wie ihre Beschäftigten. Die soziale Marktwirtschaft hat einen guten Ruf und sie zu verteidigen sollte für die Linke ein Thema sein. Es steht sehr schlecht um Deutschland, wenn selbst die Linke glaubt, dass die wesentlichen Werte am Hindukusch verteidigt werden müssen. Wir sollten endlich lernen, dass Kriege Probleme bringen und keine lösen. Die Linke muss sich ja nicht für Pazifismus aussprechen, aber ein neutrales Deutschland und eine bewaffnete, aber defensive EU, wären durchaus sinnvolle Ziele. Mit Säbelrasseln wird die Linke eher Wähler verlieren als gewinnen.

Mit einem sozialen Profil, moderatem Pazifismus und einer Menschenrechtsagenda, die nicht nur gegen jemanden gerichtet ist, könnte die Linke leicht punkten, wenn sie denn wollte.

Wenn RRG die nächste Regierung stellen will, dann braucht sie ein Programm, das mehr Wähler anzieht, da können SPD und Linke nicht den Grünen hinterher laufen.

Mit freundlichen Grüßen
Swanhild Bernstein


3. Leserbrief

Sehr geehrte Nachdenker,

das Prinzip „kleineres Übel“ gibt es nicht. Allein damit hat Herr Peter Dodel schon Unrecht. Wenn ich Hunger habe und beim Kaufmann gibt es kein Brot, dann kaufe ich doch keine Cola, nur weil es gegenüber Korn das kleinere Übel ist. Das musste ich auch erst begreifen, ich funktionierte jahrelang genauso. Ich gehe z.B. nicht mehr wählen, weil ich mit den kleineren Übeln in Jugoslawien eingefallen bin oder Hartz IV durchdrückte. Ich will, was ich will und nicht die Reste, die andere für mich vorsehen.

Mit freundlichen Grüßen

Florian App


4. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Müller, sehr geehrte  Redaktion der Nachdenkseiten,

den  hier folgenden Leserbrief an die FAZ zur aktuellen Thematik  habe ich am 31. August geschrieben und er wurde bisher nicht gedruckt. Ich stelle ihn gleichermaßen und mit dieser einleitenden Ergänzung den  Nachdenkseiten zur Veröffentlichung zur Verfügung. Meine am Ende enthaltene Einschätzung, dass es sich bei den großen Demonstrationen im Umfeld der sogenannten Querdenker um eine Spießer-Rebellion mit Bezug zur deutschen  Rechten handelt, halte ich auch nach Lesen so mancher guter Artikel der Nachdenkseiten zu den einschlägigen Protesten, nachdrücklich aufrecht. Ich unterstelle nicht wenigen der Teilnehmer/innen, dass sie sehr herzliche Sympathie mit in gleicher Angelegenheit protestierenden US-Bürgern und deren Trucks und Waffen haben und wie diese am ehesten jegliche Einschränkung ablehnen, die verhindern könnte, individuell auf gegebenem Niveau die Sau rauszulassen. Verbunden natürlich immer mit der ernsten Tatsache, wie schnell im Zeichen einer Krise, die eigene Existenz bedroht und fragil ist. In Deutschland fällt mir dazu historisch betrachtet als Beispiel die SA ein. Damit stellt sich selbstverständlich die Frage, wie weit man solche Leute in diesem Fall “rechts” liegen lässt und wir sind wieder bei der hier kritisierten Partei, die schon 1989/90 keinen wirklichen, historisch  begründeten sozialistischen oder gar “proletarischen” Zugang zur Frage von Volk, Staat und Nation gefunden hat, sondern im Endeffekt immer versucht hat, sich zu etablieren, modisch und modern zu sein und im Berliner Salon akzeptiert. Im Umkehrschluß muss sich niemand wundern, wenn Leute, die den Berliner Salon hassen, anderen hinterherlaufen, die diese herzliche Ablehnung aktuell manifestieren und wie bei Kleinbürgern üblich, farbenfroh, angeblich weder rechts noch links, gerne irrational und esoterisch und herrlich liberal (auch gegenüber AfD und anderen Volksgenossen).

Historische Möglichkeitsfenster bei beschränktem Horizont

In Gestalt ihrer Vorsitzenden Frau Kipping und des vermeintlich klügsten Kopfes Gysi sieht die Linke zum wiederholten Male “ein historisches Möglichkeitsfenster” bei der nächsten Bundestagswahl und aus dem Fenster blickt man auf eine rot-rot-grüne Bundesregierung. Wie weit man aus einem Fenster blickt, hängt bekanntlich vom Horizont ab und wie wir aus deutschem Songtext wissen, geht es hinter dem Horizont weiter.

Historische Möglichkeitsfenster hatte die deutsche Linke, in deren Tradition diese Partei sich sieht, im Ausgang des ersten Weltkrieges und der Novemberrevolution und im weiteren Verlauf der Weimarer Republik. Die historischen  Fenster im Ausgang des Sieges über die Naziherrschaft wurden im wesentlichen durch die Siegermächte definiert und geöffnet und auch wieder geschlossen.

Wenn man schon so gern den Begriff “historisch” gebraucht, sollte man auch andere große Begriffe und Zeiträume beachten, die uns noch am Wochenende zum Beispiel  in Gestalt des Auftritts deutscher Revanchisten am Reichstag an den geschichtlichen Zusammenhang erinnerten. Es wäre also auch von Staat und Nation zu reden.

Der deutsche Staat und die deutsche Nation stehen mit der avisierten Bundestagswahl und im Jahrzehnt danach als solche vor der Aufgabe, ihr historisches Möglichkeitsfenster sehr aufmerksam zu prüfen. Das beinhaltet nicht im Vordergrund die Frage, ob diese oder jene Koalition und wie lange sie regiert. Es geht grundsätzlich um die Frage, ob die Bundesrepublik Deutschland sich für eine weitere Epoche in eine Systemauseinandersetzung – jetzt mit der Volksrepublik China – pressen lässt oder begibt, die wieder in kleinen und großen Kriegen enden kann, enden wird und auch über die zweite historische Herausforderung, die Klimakrise, entscheidet.

Mit SPD und Grünen strebt Die Linke eine Partnerschaft an, die sich weder heute noch morgen von Trump und seinen Nachfolgern, von der NATO lösen wird, nicht wenige Grüne erweisen sich als Scharfmacher gegenüber Rußland und China und üben auf diese Weise Verrat an eigenen Idealen. Die Linke hat ein notwendiges Alleinstellungsmerkmal, wenn sie im Gegensatz zu den Überlegungen Gysis den Austritt aus der NATO zu ihrer unabdingbaren Grundforderung macht und Deutschlands Rolle in Europa und der Welt neu definiert, auf diese Weise auch ökonomisch-soziale und ökologische Perspektive ausweist.

Wenn denn die von klugen Köpfen langersehnte grün-rot-rote Koalition unter bisherigen kleinlauten Bedingungen tatsächlich regieren würde, wäre sie eine solch unfähige Lachnummer, dass sie auf Dauer jegliches Fenster schliesst und der Rechten alle Türen öffnet. Die Spießerrebellen von den Querdenkern und die Fahnenträger der Reichtagstreppen warten gut organisiert schon und sind aus deutscher Geschichte wohlbekannt, eine modische Uniform wird sich finden  lassen.

Bernd Jacoby, Wiesbaden

Anmerkung A.M.: Na ja. Eine eigenartige Sicht der Vorgänge.


5. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Müller,

die Linke hat ihren Markenkern schon lange verloren und es sich am Katzentischchen der Mächtigen und in den Mainstreammedien bequem gemacht. Das zeigt sich in so vielem, dass ich hier nur beispielhaft auf linke Beteiligung an Privatisierungsorgien zum Schaden der Allgemeinheit (u.a. Wohnungen und öffentliche Infrastrukturen in Berlin) und das volksferne Agieren der Partei in der inszenierten “Coronapandemie” hinweisen möchte, wo Linkenpolitiker (Kipping) sich darin gefallen haben, selbst Merkel und Söder noch rechts überholen zu wollen, natürlich – genau wie bei diesen – unter Absonderung moralisierender Phrasen, was sich auch in ihrem unterirdischen Umgang mit der entstehenden Volksbewegung für Grundrechte manifestiert. Es ist nur noch traurig. Regierungsfähigkeit erlangt man nicht durch Anpassung an vorhandene schlimme Zustände, sondern durch die Entwicklung echter Alternativen dazu.

Von Kipping und Bartsch habe ich nie irgend etwas (positives) erwartet, Riexinger und Gysi haben mich tief enttäuscht.

Ihrem Leserbriefschreiber können Sie sagen, dass ich gar kein Übel wählen werde, weder das größere noch das vermeintlich kleinere!

Mit freundlichem Gruß,

Dr. H. Demanowski


6. Leserbrief

Guten Tag Herr Müller,

Danke für die wichtige und klare Antwort auf den Leserbrief von Peter Dodel.

Zu dessen Schreiben fällt mir direkt die Frage an ihn ein „Haben Sie eigentlich schon mal was von Tucholskys / Eislers „Lied vom Kompromiss“ gehört?“

Das Lied vom Kompromiß

Manche tanzen manchmal wohl ein Tänzchen
immer um den heißen Brei herum,
kleine Schweine mit dem Ringelschwänzchen,
Bullen mit erschrecklichem Gebrumm.
Freundlich schaun die Schwarzen und die Roten,
die sich früher feindlich oft bedrohten.
Jeder wartet, wer zuerst es wagt,
bis der eine zu dem andern sagt:
»Schließen wir nen kleinen Kompromiß!
Davon hat man keine Kümmernis.
Einerseits – und andrerseits –
so ein Ding hat manchen Reiz …
Sein Erfolg in Deutschland ist gewiß:
Schließen wir nen kleinen Kompromiß!«
 
Seit November klingt nun dies Gavottchen.
Früher tanzte man die Carmagnole.
Doch Germania, das Erzkokottchen,
wünscht, dass diesen Tanz der Teufel hol.
Rechts wird ganz wie früher lang gefackelt,
links kommt Papa Ebert angewackelt.
Wasch den Pelz, doch mache mich nicht naß!
Und man sagt: »Du, Ebert, weißt du was:
Schließen wir nen kleinen Kompromiß!
Davon hat man keine Kümmernis.
Einerseits – und andrerseits –
so ein Ding hat manchen Reiz …
Sein Erfolg in Deutschland ist gewiß:
Schließen wir nen kleinen Kompromiß!«
 
Seit November tanzt man Menuettchen,
wo man schlagen, brennen, stürzen sollt.
Heiter liegt der Bürger in dem Bettchen,
die Regierung säuselt gar zu hold.
Sind die alten Herrn auch rot bebändert,
deshalb hat sich nichts bei uns geändert.
Kommts, dass Ebert hin nach Holland geht,
spricht er dort zu einer Majestät:
»Schließen wir nen kleinen Kompromiß!
Davon hat man keine Kümmernis.
Einerseits – und andrerseits –
So ein Ding hat manchen Reiz … «
Und durch Deutschland geht ein tiefer Riß.
Dafür gibt es keinen Kompromiß!

Beste Grüße aus Köln
Heinz Klauke


7. Leserbrief

Lieber Herr Müller

sehr richtig, was Sie schreiben. Was hier passiert, ist ein weiterer Versuch, die Linke in die Mitte zu ziehen mit dem Argument “Regierungsfähigheit”. Selbst wenn das Argument ziehen würde, was hiesse denn regierungsfähig? Fähig, das zu tun, was wir jeden Tag, in Deutschland und anderswo, als Regierung erleben? Wie das zu beurteilen ist, wissen vor allem NDS-Leser. Regierungsfähigkeit ist kein politischer Wert an sich. In der Politik sollte es darum gehen, die richtige Politik zu machen, nicht nur an den Schalthebeln der Macht sitzen, wie man so sagt. Wenn man an den Schalthebeln sitzt, ganz gleich wer, kriegt man sehr schnell gesagt, wie die Hebel umzulegen sind.

Es sollte darum gehen, wie man die andere Politik möglich macht, deren Notwendigkeit den kritischen Leuten bewusst ist, ob es um Krieg und Frieden geht, um Klima, Umwelt, Ungleichkeit, Armut, prekäre Arbeitsverhältnisse, Pandemien und ihre Bekämfung, Elend und Ausbeutung der Menschen in aller Welt oder um andere Probleme, die Liste ist bekanntlich lang.

Um ein geflügeltes Wort abzuwandeln: Es gibt keine richtige Politik in der falschen.

Und schliesslich das vielzitierte “kleinere Übel”. Wie oft habe ich das gehört im Leben, und immer, aber auch immer, hat sich das als grandioser Selbstbetrug herausgestellt. Das angeblich kleinere Übel ist immer das gleiche grosse Übel geworden. Wer an das kleinere Übel glaubt und danach wählt, macht sich einfach was vor.

In diesem Sinne, Herr Müller und Sie alle im NDS-Team, bleiben Sie unnachgiebig.

Viele Grüsse Ihr

L.G. Portugal


8. Leserbrief

Liebe NDS!

Ich möchte dem Herrn Dodel und allen die wie er gerne mit dem Sophismus des “kleineren Übels” argumentieren mit einer Allegorie klarmachen warum das falsch ist. Hoffentlich sind sich alle  Leser der NDS darüber einig, dass Kinder zu schlagen keine Form der Pädagogik ist, die wir in einer zivilisierten Welt haben wollen. Die vorgetragene Argumentation, entspricht der eines schlagenden Elternteils das auf andere Eltern zeigt und seinem Kind sagt, dass es doch froh sein soll nur zweimal die Woche geschlagen zu werden. In dem Moment wird Schlagen aber zur gesellschaftlichen Norm hochgestellt, während die wirklich bessere Alternative des Nichtschlagens aus dem Fokus des Diskurses völlig verschwindet. Eine typische Verengung, wie wir sie in vielen Bereichen der Manipulation finden.

Was die Linke betrifft, sollte sie langsam mal der Öffentlichkeit, warum sie ihre Koalitionsangebote nicht auch an Union und FDP sendet, denn zwischen dem was SPD und Grüne im Bund machen gibt es keinen Unterschied und da bin ich noch so nett, das nicht mal auf die Ebene der Länder oder gar Kommunen herunter zu brechen, denn dort ist die Linke bereits seit Jahr(zehnt)en von allen Parteien ununterscheidbar. Der Frieden ist überhaupt das Letzte was die Linke noch von den anderen unterscheidet.

Doro


9. Leserbrief

Lieber Herr Müller,

ich stimme Ihren Ausführen zu. Den folgenden Abschnitt würde ich aber gerne noch durch eine Sache ergänzen. Sie schreiben:

“Die Strategie der Linkspartei müsste ganz anders aussehen: Sie müsste mit einer klaren Position gegen die neue Konfrontation in Europa, gegen die Konfrontation mit Russland, und mit einer klaren Position gegen das Zündeln im Verhältnis zu China …”

…und sie müsste unbedingt noch das Medienproblem aufgreifen.

Leider weiß ich auch nicht wie, aber das Problem ist riesig und steht uns immer wieder massiv im Weg, wie der berüchtigte Elefant im Wohnzimmer. Ich glaube inzwischen, dass Medien-Demos fast schon gleichwichtig wie Friedensdemos wären.

Mit freundlichen Grüßen
Bernhard Meyer


10. Leserbrief

Sehr geehrter Herr Müller,

den Glauben an die Linkspartei habe ich sowieso verloren, nachdem der Wagenknecht-Flügel untergebuttert wurde. Ich habe da kein Vertrauen mehr und ich wähle auch keine Antideutschen in gut versorgte Positionen. Mit dem Wechsel zum Kipping-Flügel war es logisch, dass die Partei so eine Art Sub-Grüne Richtung einschlägt, also auch ganz abgesehen von der Friedenspolitik kein Original mehr darstellt.  Noch dazu ist die Sub-Grüne Position mit einer urban-queer-feministischen Identitätspolitik  gekoppelt, der ich eine Verbundenheit zu den Problemen der Arbeitnehmer im ganzen Land und den sozial Benachteiligten nicht mehr abkaufe und die mir selbst auch unsympathisch ist..

Ihre Argumentation kann ich nachvollziehen und stimme ihnen zu, dass es für rot/grün/rot eher gar nicht reichen würde. Die Strategie Auslandseinsätze beenden und Rüstungsexporte verbieten und vielleicht auch noch aus der NATO austreten halte ich und hielt ich schon immer für überzogen und von daher falsch. Genau das hat wahrscheinlich frühere, sehr viel bessere Optionen für rot/grün/rot verhindert und damit eben auch die Chancen bei den Löhnen und im Sozialen Änderungen herbeizuführen. Und es hat eben darum auch die Chance verhindert eine friedlichere Russlandpolitik zu betreiben oder die amerikanischen Atombomben loszuwerden. Strategisch würde ich das alles also eher als Desaster einordnen.

Bei der nächsten Bundestagswahl wähle ich eine Satirepartei oder gar nichts mehr, denn schwarz/grün ist am wahrscheinlichsten.  Vielleicht wähle ich auch aus Nostalgie nach über 20 Jahren auch nochmal die SPD, denn die zu wählen wird nicht mehr groß ins Gewicht fallen. Den Nachdenkseiten bleibe ich weiter treu, denn sie und auch Sie haben es wirklich verdient treue Leser zu haben. Die Unterstützung der sogenannten Corona-Gegner bereitet mir zwar ziemliche Bauchschmerzen, aber ich bin im Grunde Fehlertolerant. Jedenfalls eine ganze Weile.

mfG
Volker Henning


11. Leserbrief

Betrifft: “Tausche Koalitionsfähigkeit gegen Mehrheitsfähigkeit. Soll das ein Gewinn sein?” Albrecht Müller vom 02. September – und Leserbrief von Peter Dodel, Rhodt

Lieber Herr Müller, liebe NDS-Redakteure,

zu der Aussage des Leserbriefschreibers Herrn Peter Dodel möchte ich mit einem Zitat der von mir sehr geschätzten, 1994 verstorbenen Kabarettistin Lore Lorentz, die 1947 mit ihrem Mann Kay Lorentz das „Düsseldorfer Kom(m)ödchen“, antworten:

„Mit der Politik des kleineren Übels sind 6.000 Jahre lang die großen Übel gemacht worden.“

Dem schließe ich mich als 73-Jährige an, die ich die Brandt-Ära erleben durfte, aber auch den unsäglichen Wandel der SPD zur unsozialen Partei, den recht frühen Niedergang der Grünen mit dem „Kriegsminister“ Joschka Fischer und eine LINKE-Partei, die ihre überdurchschnittlich intelligente, kluge und gebildete Fraktionschefin erfolgreich aus der Partei gemobbt hat.

Frau Dr. rer. pol. Sahra Wagenknecht, Diplom-Philosophin und Wirtschaftswissenschaftlerin war diejenige, die die LINKE überhaupt wählbar machte. Aber fortan erlebte ich bis heutezu, was für große Übel die „kleinere Übel“-Parteien mit Unterstützung ihrer WählerInnen angerichtet haben, und ein „Weiter so“ ist schon absehbar, politisch gewollt…

Mit freundlichem Gruß und einem fetten Dankeschön für so viel unermüdliche, gute und aufklärerische journalistische Arbeit!

Brigitte Breidenbach, Aachen/NRW

“Die Deutschen – man hieß sie einst das Volk der Dichter und Denker: Denken sie heute überhaupt noch?”
Friedrich Nietzsche (1844-1900)


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DIE LINKE Leserbriefe Parteien und Verbände

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