US-Präsidentschaftswahlen 2020: Bürgerliche Demokratie trifft Global Governance

Diana Johnstone
Ein Artikel von Diana Johnstone

Die Autorin Diana Johnstone hat Ende August einen Artikel in Consortium News veröffentlicht. Da dieser von Relevanz für die kommenden Auseinandersetzungen in den USA sein könnte, hat Susanne Hofmann diesen Text für die NachDenkSeiten übersetzt. Es geht um CAMPAIGN 2020COMMENTARYTRUMP ADMINISTRATIONU.S. ELECTION 2020: Bourgeois Democracy Meets Global Governance. August 28, 2020. Danke für diesen Hinweis und danke für die Übersetzung. Albrecht Müller.

Während der vier Jahre seiner Präsidentschaft wurde Donald Trump vom neoliberalen Machtgefüge als unwillkommener Außenseiter behandelt. Es gelang ihm nicht einmal, die Kontrolle über den Staatssicherheitsapparat zu erlangen. Die einflussreichsten Medien behandeln ihn als Usurpator. Im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen wird eine außerordentliche Spannung aufgebaut. Seine Gegner warnen davor, dass er sich – ungeachtet des Wahlergebnisses – weigern könnte, sein Amt zu verlassen. Einflussreiche Vertreter des Washingtoner Establishment organisierten das „Transition Integrity Project (TIP)“, um in einem Rollenspiel zweier Teams, dem Team Trump und dem Team Biden, in vier Szenarien den möglichen Ausgang der US-Präsidentschaftswahlen durchzuspielen, “Regime Change” eingeschlossen. Von Diana Johnstone. Übersetzung von Susanne Hofmann.

Eine kleine Anzahl sehr reicher Männer meint genau zu wissen, was für die Zukunft der Welt am besten ist, und sie verfügen über genug Vermögen und Einfluss, um zu glauben, dass sie es erreichen können. Man kann sie als Oligarchen bezeichnen, aber der Begriff trifft es nicht ganz. Sie sind eine Klasse für sich, die Global Governors, die Gestalter der Global Governance, welche die bürgerliche Demokratie ersetzen soll. Zwei Vertreter seien genannt: Der eine ist berühmt, sogar berüchtigt, aber sehr alt, und der andere ist eine Generation jünger, noch nicht so bekannt oder so reich, aber wahrscheinlich sogar noch einflussreicher.

Die Global Governors

Der alte ist natürlich George Soros, er bedarf keiner Vorstellung. Er hat keinen Zweifel daran, dass die Welt eine große offene Gesellschaft (in Anspielung auf seine „Open Society Foundations“, Anmerkung der Übersetzerin) sein sollte – eine globalisierte Welt also, in der sich Grenzen und Nationalstaaten in eine kaleidoskopische Mischung kultureller Identitäten auflösen, in der wichtige Entscheidungen von brillanten Finanzoligarchen wie ihm getroffen werden.

Der jüngere ist Nicolas Berggruen, der flotte 59-jährige, in Paris geborene Sohn eines führenden Kunstsammlers. Berggruen genießt die doppelte US-amerikanische und deutsche Staatsbürgerschaft und ist Mitglied im Council on Foreign Relations, der NYU Commission on Global Citizenship, dem Brookings International Advisory Council, dem Leadership Council im Kennedy School Center for Public Leadership in Harvard, dem World Economic Forum – und so weiter und so fort. Er half Emmanuel Macron, zum Präsidenten Frankreichs gewählt zu werden und unterhält freundschaftliche Beziehungen zu Ursula von der Leyen, der Präsidentin der EU-Kommission.

Der Milliardär hat seinen eigenen „Think and Action Tank“, das Berggruen Institut, zur Förderung seiner Interessen, die sich auf „Global Governance“ konzentrieren. Er interessiert sich besonders für technologische Methoden, um die Welt der Zukunft zu gestalten und sie zu dirigieren. Die Zukunft für Berggruen liegt in der Digitalisierung und vor allem im Transhumanismus, der Verschmelzung von Mensch und Technologie.

Wir sind alle miteinander verbunden und „weniger frei“, aber wir sind alle „Teil von etwas Größerem – Gemeinschaften, Familien, Freunde“. Die digitale Welt „sieht weniger menschlich aus, wird aber immer noch von uns geschaffen“. (Und wer genau ist dieses „wir“?) Berggruens Modell der zukünftigen Familie lässt sich an seiner eigenen Wahl ablesen: zwei mutterlose Kinder, die mit gespendeten Eizellen erzeugt und von zwei Leihgebärmüttern geboren wurden.

Für die in Europa geborenen Soros und Berggruen sind die Vereinigten Staaten in erster Linie das aktuelle Kommando- und Kontrollzentrum der westlichen Welt, das immer noch danach strebt, der Kern eines globalen Imperiums zu werden. Die Wahlen in den USA sind für diese Weltvisionäre wichtig, um die Welttransformation auf Kurs zu halten. Für beide kann Präsident Donald Trump nur ein untragbarer Störimpuls auf dem Bildschirm sein. Das muss im Jahr 2020 korrigiert werden. Die gesamte liberale Elite ist sich darin völlig einig.

Das Transition-Integrity-Projekt

Es war also einfach, im Washingtoner Establishment und darüber hinaus geradezu Panik angesichts der Vorstellung zu schüren, dass Trump durch die Wahlen im November 2020 womöglich nicht aus dem Amt entfernt wird. Man verbreitet weniger die Angst, dass Trump die Wahl gewinnen könnte (undenkbar, das auch nur anzunehmen), als dass er die Wahl verlieren, sich aber weigern wird, zu gehen. Diese Vorstellung erhielt entscheidenden Auftrieb durch ein außergewöhnliches Projekt, organisiert von Professor Rosa Brooks von der Georgetown University, einer führenden Verfechterin der Beteiligung von Frauen am Nationalen Sicherheitsstaat, mit engen Verbindungen zur “Open Society” von George Soros und dem Historiker Nils Gilman, einem leitenden Forscher am Berggruen-Institut.

Dieses gut vernetzte Paar gewann mit Leichtigkeit Dutzende von Power-Point-Präsentatoren für die Teilnahme an einer, wie es The Boston Globe nannte, „Washington-Version von Dungeons and Dragons“. Das Ganze funktioniert nach dem Vorbild von Pentagon-Strategen, die Teams bilden, um Szenarien einer Atomkriegskonfrontation zwischen den USA und Russland durchzuspielen. Sie nannten ihr Rollenspiel „Transition Integrity Project (TIP)“ (‘Projekt Integrität des Übergangs), was deutlich darauf hinweist, dass es ihnen vor allem um die „Integrität“ des erwarteten Übergangs von Trump zu Biden ging.

Von den 67 Teilnehmern sind nur wenige namentlich bekannt: der Anti-Trump-Republikaner Michael Steele, der Stabschef des ehemaligen Präsidenten Bill Clinton im Weißen Haus, John Podesta, der Ghostwriter der Rede von Präsident George W. Bush zur „Achse des Bösen“, David Frum, und der neokonservative politische Analyst William Kristol.

Am 3. August veröffentlichte das Transition Integrity Project seinen Bericht mit dem Titel „Verhinderung einer fehlgeschlagenen Präsidentschaftswahl und Machtübergabe“. Dieser Bericht präsentierte die Ergebnisse fiktionaler Spielszenarien, welche die immer häufiger vorgebrachte Hypothese der liberalen Demokraten stützen, dass Trump entschlossen sei, die November-Wahlen zu fälschen.

Laut TIP-Bericht habe Trump „wie viele autoritäre Führer begonnen, die Grundlagen dafür zu schaffen, das Abstimmungsverfahren möglicherweise zu ignorieren oder zu stören, indem er beispielsweise behauptet, dass Briefwahlen betrugsanfällig sind und dass seine Gegner versuchen werden, mittels Betrug Nicht-Staatsbürger wählen zu lassen.“ TIP ging selbstverständlich davon aus, dass Trumps Ängste und Anschuldigungen falsch, hingegen die Ängste und Anschuldigungen seiner Gegner gut begründet seien.

Der Bericht des „Transition Integrity Project“ machte einen schwachen Versuch, neutral zu erscheinen: „TIP nimmt weder Stellung dazu, wie Amerikaner abstimmen sollten noch zum möglichen Gewinner der bevorstehenden Wahlen; beide Parteien könnten bei den Wahlen im November die Nase vorne haben, ohne auf „schmutzige Tricks“ zurückzugreifen.” Diese angeblich neutrale Haltung wird allerdings im gesamten Rollenspiel missachtet.

Das Spiel umfasste vier Szenarien: (1) ein unklares Wahlergebnis, (2) einen klaren Sieg des demokratischen Herausforderers, des ehemaligen Vizepräsidenten Joe Biden, (3) einen klaren Trump-Sieg, (4) einen knappen Biden-Sieg. Am Spiel nahmen Teams teil, hauptsächlich das „Team Biden“ und das „Team Trump“. Offensichtlich aber war keiner der Rollenspieler pro Trump, einschließlich der Spieler vom „Team Trump“. Dennoch sollte das Spiel angeblich zeigen, wie Trump-Anhänger unter diesen Umständen reagieren würden. So heißt es im TIP-Bericht:

  • „Team Trump war durchweg skrupelloser als Team Biden – eher bereit, bestehende demokratische Normen zu ignorieren, Desinformation zu nutzen, Bundesbehörden für Trumps persönliche Interessen und seine Wahlinteressen einzusetzen und Einschüchterungskampagnen zu führen.“

„Team Biden“ dagegen war viel netter:

  • „Team Biden fühlte sich im Allgemeinen eingeschränkt durch die Respektierung von Normen und den Wunsch, Gewalt einzudämmen und Instabilität zu verringern.“
  • „Team Biden hatte oft die Mehrheit der Öffentlichkeit auf seiner Seite und die Fähigkeit, Unmut gegen die strukturelle Entmündigung bei der Durchführung von Präsidentschaftswahlen zu mobilisieren.“

Russiagate drängte sich auf seltsame und geradezu lächerliche Weise in das Rollenspiel: „Es gab einige Spekulationen darüber, dass Trump […] versuchen könnte, nationalistische Gefühle für sich zu sammeln oder ausländische Staatschefs zu beschwichtigen, denen er sich möglicherweise verpflichtet fühlt, wie beispielsweise Wladimir Putin. ” Wie bitte?

Niemand wagt es zu verlieren

Besonders alarmierend und beunruhigend ist, dass das Rollenspiel „Transition Integrity Project“ davon ausgeht, dass bei dieser Wahl keine Seite bereit ist, eine Niederlage hinzunehmen. Die Szenarien „zeigten, dass diese Wahl für viele Demokraten und wichtige demokratische Wahlkreise eine existenzielle Krise darstellt, die letzte Chance, einen raschen und möglicherweise irreversiblen Niedergang der USA in Autoritarismus und ungezügelten Nativismus aufzuhalten.“ Wie Trump sind also auch viele Demokraten bereit, vor nichts Halt zu machen, um diese Wahl zu gewinnen – natürlich nur aus den ehrenwertesten Gründen.

Trump wird dargestellt, als wolle er unbedingt die Wahl gewinnen, auch um nicht als Krimineller behandelt zu werden. Dieser Darstellung liegt die Annahme zugrunde, dass Trump, sobald er nicht mehr im Amt ist, wegen nicht näher bezeichneter Straftaten festgenommen und angeklagt werden wird. Dies wäre für ihn in der Tat ein Anreiz, nicht zu verlieren.

An dieser Stelle muss daran erinnert werden, dass die demokratische Wahl von Regierungschefs von einem gewissen Maß gegenseitigen Vertrauens abhängt, das in Amerika gerade verloren geht. Die Vereinigten Staaten bestehen regelmäßig darauf, dass alle anderen Länder ihre Staatschefs in „fairen und freien Wahlen“ bestimmen. Es gibt jedoch viele Länder, in denen diese Methode zu einem bestimmten Zeitpunkt ihrer historischen Entwicklung nicht ratsam ist, da eine Partei oder eine Stammesgruppe um ihr Leben fürchtet, sollte eine rivalisierende Partei oder ein rivalisierender Stamm die Macht übernehmen.

In solchen Staaten hängt der Frieden von der Herrschaft eines Königs, eines Mediators, einem Diktator ab. Man hat den Eindruck, dass die Vereinigten Staaten aktuell dabei sind, auf ein vergleichbares Ausmaß gegenseitigen Hasses und gegenseitigen Misstrauens zurückzufallen.

Kein Kompromiss

Sollte dem demokratischen Establishment eine friedliche Wahl und ein friedlicher Übergang wichtiger sein als die Möglichkeit, dass Trump das Wahlergebnis ablehnen könnte, schiene mir Folgendes klug und vernünftig: Man müsste Trump in den beiden Punkten beruhigen, die ihn in ihren Augen dazu bringen könnten, aufzubegehren: Vorwürfe wegen Betrugs bei der Briefwahl und die Androhung strafrechtlicher Verfolgung.

Was Letzteres betrifft, so liest man in dem TIP-Bericht: „Die Teilnehmer an den Spiel-Szenarien stimmten überein, dass es Trump vor allem und möglicherweise nur um seine und seiner Familie Selbsterhaltung gehen wird, wenn er eine Wahlniederlage eingestehen muss.“ Es ist also etwas seltsam, dass das Transition Integrity Project sodann berichtet: „Während mehrerer Rollenspiele versuchte Team Biden mit Team Trump Verhandlungen über eine Begnadigung und einen würdevollen Übergang aufzunehmen, aber diese Annäherungsversuche wurden konsequent zurückgewiesen. ”

Da es in keinem der beiden Teams Trump-Anhänger gab, verdeutlichen diese Szenarien lediglich die Absicht des demokratischen Establishments, von einer Anklage Trumps wegen nicht näher genannter „Staatsverbrechen“ auszugehen. Ein Kompromiss ist nicht erwünscht.

Was die Briefwahl angeht, so könnte es durchaus sein, dass Trumps Vorbehalte berechtigt sind. Trump ist nicht gegen die Briefwahl, die die Identifizierung des Wählers erfordert, vergleichbar mit der Stimmabgabe an der Wahlurne. Er misstraut jedoch pauschalen Massensendungen von Stimmzetteln, die ohne jeweilige Überprüfung der Identität der Wähler hin und her geschickt werden.

Hinzu kommt, dass in einem Zeitalter, in dem jeder jedes Dokument fotokopieren kann, in dem die Post lange braucht und es viele Möglichkeiten gibt, Stimmzettel verschwinden zu lassen, die Sorge vor möglichen Manipulationen naheliegt. Tatsächlich kommt im Spielszenario Nr.1 vor, dass „ein skrupelloser Mensch eine große Anzahl von Stimmzetteln vernichtet, die mutmaßlich Biden unterstützten.“ Wieso konnten sich die Rollenspieler vorstellen, dass Stimmzettel für Biden vernichtet werden, und gleichzeitig ausschließen, dass Stimmzettel zugunsten Trumps vernichtet werden könnten?

Warum versucht man nicht, um des Friedens im Lande willen, einen Kompromiss zu finden? Die Vizepräsidentschaftskandidatin der Demokraten und Senatorin aus Kalifornien, Kamala Harris, hat einen Gesetzesentwurf zur Einführung allgemeiner Briefwahlen vorgelegt. Warum dehnt man stattdessen nicht den Zeitraum für die Stimmabgabe aus und öffnet die Wahllokale nicht nur am zweiten Dienstag im November, sondern auch am vorhergehenden Samstag und Sonntag? Dies gäbe Wählern, die Angst haben, sich mit Covid-19 zu infizieren, die Möglichkeit, wie beim Gang in den Supermarkt Abstand zueinander zu halten. Es würde die Anzahl der Briefwähler sowie die Zeit zum Auszählen, vor allem aber die Verdächtigungen rund um die Briefwahl reduzieren. Doch je argwöhnischer Trump gegenüber der Briefwahl ist, desto mehr pochen die Demokraten darauf, eine allgemeine Briefwahl durchzuführen.

Es wird immer deutlicher, dass der blinde Hass auf Trump ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es dem Establishment der Demokraten und seinen Anhängern nicht reicht, ihn bei der Wahl zu besiegen. Sie animieren ihn geradezu, die Wahl anzuzweifeln. Dann könnten sie etwas Aufregenderes und Entscheidenderes erreichen: einen echten Regime Change.

Vorbereitung eines Regime Change

Das klassische Regime-Change-Szenario stützt sich auf mehrere Elemente: eine angefochtene Wahl, Massendemonstrationen inklusive zivilen Ungehorsams und schließlich den Einsatz des Militärs.

In ihren Szenarien setzten die TIP-Rollenspieler zu Beginn also einen autoritären Anführer ein, der sich weigert zurückzutreten. Natürlich Trump.

Als nächstes „Massendemonstrationen – und Aktionen auf den Straßen – die entscheidend dafür sein können, was die Öffentlichkeit als gerechtes und legitimes Ergebnis wahrnimmt.“ In einem Interview, in dem „die Mängel in unserem Wahlsystem“ betont werden, sagte Gilman, der Organisator des Transition Integrity Project, was wir bräuchten, sind „Menschen, die bereit sind, gewaltfrei auf den Straßen zu protestieren“, wenn Appelle an Amtsträger nicht ausreichen.

„In den letzten Monaten – seit die Black-Lives-Protestbewegung nach dem Mord an George Floyd wieder richtig Fahrt aufgenommen hat – haben wir gelernt, dass es, um eine Veränderung herbeizuführen, wirklich wichtig ist, auf die Straße zu gehen und sich für einen demokratischen Prozess zu engagieren, der über den Gang an die Wahlurne hinausgeht.“ Die Demonstrationen müssen gewaltfrei sein, betonte Gilman.

In dem Bericht des Transition Integrity Project heißt es: „Das Ausmaß der aktuellen Demonstrationen hat für die Demokratische Partei den Anreiz erhöht, enge Beziehungen zu Basisorganisationen aufzubauen und auf die Forderungen der Bewegung einzugehen.” Einige dieser Basisorganisationen – MoveOn und Black Lives Matter – werden von Soros finanziell unterstützt, während die Demokratische Partei eindeutig versucht, die Proteste zu vereinnahmen.

Den Szenarien zufolge könnten sich solche Proteste nicht nur ergeben, wenn Trump sich weigert, einen Biden-Sieg anzuerkennen, sondern auch, wie im Spielszenario Nr. 3, im Fall eines „klaren Trump-Siegs im Wahlmännergremium (286 zu 252) oder eines eindeutigen Sieges bei der Gesamtzahl der abgegebenen Stimmen (52 Prozent für Trump, 47 Prozent für Biden). Das Rollenspiel endete in einer Verfassungskrise mit der Gefahr einer Sezession und dem Potenzial entweder für einen Niedergang in Richtung Autoritarismus oder radikal überarbeiteter demokratischer Regeln, die sicherstellen, dass der Wille des Volkes obsiegt (Abschaffung des Wahlkollegiums)“.

Im Rollenspiel zog das Biden-Team sein anfängliches Zugeständnis zurück und nutzte „die Empörung der Öffentlichkeit, dass ein Kandidat zum dritten Mal in 20 Jahren zwar insgesamt weniger Wählerstimmen bekam, aber das Wahlmännergremium für sich gewann“. Das Biden-Team ermutigte Kalifornien, Oregon und Washington, sich abzuspalten, „es sei denn, die Republikaner im Kongress stimmten einer Reihe von Strukturreformen zu, um unser demokratisches System zu reparieren und eine Mehrheitsregierung zu gewährleisten“. Der Kongress unterstützte Biden. „Es war unklar, was das Militär in dieser Situation tun würde“.

In Wirklichkeit wissen die Demokraten sehr wohl, dass sie es geschafft haben, den gesamten Staatsapparat, einschließlich des Militärs und der Geheimdienste, während der gesamten Präsidentschaft Trumps auf ihrer Seite zu halten. Wo sind die Kräfte, die einen Pro-Trump-Staatsstreich durchführen könnten?

Wessen Staatsstreich?

“Während der Übungen“, heißt es in dem TIP-Bericht, „hat sich die Deutungshoheit als potenziell entscheidender Faktor herausgestellt. Jede Seite kann den ‚Spielraum der Anfechtung‘ erweitern oder verringern, wenn es ihr gelingt, die Sichtweise der wichtigsten Entscheidungsträger und der Öffentlichkeit auf die „Fakten“, die Risiken des Handelns oder nicht-Handelns oder externe Ereignisse wie zivile Unruhen auf entscheidende Weise zu ändern.“

Die Deutungshoheit zu erlangen, scheint ein Hauptzweck des Transition Integrity Project zu sein, und es fand schnell die Unterstützung der Top-Demokraten.

“Joe Biden sollte unter keinen Umständen nachgeben, denn ich glaube, dass sich das Ganze in die Länge ziehen wird. Ich glaube, dass er am Ende gewinnen wird, wenn wir keinen Zentimeter nachgeben und wenn wir so konzentriert und unerbittlich sind wie die andere Seite”, sagte Hillary Clinton in einem Interview am 25. August.

Dem stimmte ein paar Tage später Al Gore zu. Der ehemalige Vizepräsident und erfolglose Präsidentschaftskandidat der Demokraten im Jahr 2000 benutzte ein besonders symbolisches Bild, als er meinte, mit seiner Kritik an der Briefwahl versuche Trump, “sein Knie auf den Hals der Demokratie zu drücken”. “Er scheint keinerlei Gewissensbisse zu haben, wenn er versucht, das soziale Gefüge und das politische Gleichgewicht des amerikanischen Volkes zu zerstören, und strategisch sät er schon im Voraus Zweifel”.

Die Leute fragen, ob Trump am 20. Januar nächstes Jahr aus dem Amt scheiden wird. “Nun”, meinte Gore, “das spielt keine Rolle, weil das nicht von ihm abhängt. Denn am Mittag des 20. Januar, wenn ein neuer Präsident gewählt sein wird… werden Polizei, Geheimdienst, Militär, alle Exekutivbeamten den Befehlen und Anweisungen des neuen Präsidenten gehorchen.”

Fazit

In der Zwischenzeit können die Amerikaner der übersteigerten Rhetorik der beiden feindlichen Lager zuhören, die sie auffordern, zwischen einer angeblich “autoritären weißen Suprematie” (völlig übertrieben) auf Trumps Seite und dem angeblich “radikalen marxistischen Sozialismus” (völlig daneben) auf der demokratischen Seite zu wählen, während sie absolut nichts im Sinne einer kohärenten öffentlichen Politik zum Nutzen des amerikanischen Volkes und der Welt bieten.

Die Politik wird von den Globalen Governors konzipiert, zum Beispiel auf der nächsten Tagung des Weltwirtschaftsforums in Davos, das, laut seines Gründers und Vorsitzenden Klaus Schwab, den “Great Reset” für die vierte industrielle Revolution festlegen wird, die unser gesamtes Leben umgestalten soll. Nicolas Berggruen wird mit seinen Ideen dabei sein, wie auch andere Milliardäre.

Diese Milliardäre werden sich nicht “verschwören”, sondern sie werden Pläne für das machen, was in ihrem Sinn und Interesse das Beste für die Welt ist. Das politische System der USA gibt uns keine Möglichkeit, deren Projekte zu beeinflussen oder vollständig zu durchblicken. Die Macht und Vorhaben dieser Milliardäre erfordern eine öffentliche und scharfe Auseinandersetzung. Aber die Politiker, die uns angeblich repräsentieren, streiten aufs Heftigste um des Kaisers Bart und tauschen Beleidigungen aus.

Das Wahlkollegium ist nicht der größte Makel in der amerikanischen Demokratie. Vielmehr ist es das Monopol des politischen Diskurses durch ein Zweiparteiensystem, das im Wesentlichen von persönlichen Ambitionen angetrieben wird und sich nach Lobbys, dem militärisch-industriellen Komplex, der Wall Street und den Global Governors richtet.


Diana Johnstone lebt in Paris. Ihr jüngstes Buch ist Circle in the Darkness: Memoirs of a World Watcher (Clarity Press, 2020).

Die NachDenkSeiten sind für eine kritische Meinungsbildung wichtig, das sagen uns sehr, sehr viele - aber sie kosten auch Geld und deshalb bitten wir Sie, liebe Leser, um Ihre Unterstützung.
Herzlichen Dank!