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Heute unter anderem zu folgenden Themen: Guttenbergs Pläne – Mehr Revolution als Reform; Atomlobbyismus; Industrie rebelliert gegen Ratingangenturen; Kik kündigt Mindestlohn an; hinter dem Hochglanzprojekt „Bürgerarbeit“; jetzt fehlt das Bollwerk gegen links; die Fast-alles-ist-möglich-Partei; „Unrechtsstaat“; Studienkredite; Video-Verbot am Arbeitsplatz; Debatte um Wikilieaks; Jagd auf Al Qaida verliert an Bedeutung; Bertelsmannrepublik Deutschland.(KR/WL)

  1. Guttenbergs Pläne – Mehr Revolution als Reform
  2. Atomlobbyismus
  3. Industrie rebelliert gegen Ratingangenturen
  4. Kik kündigt Mindestlohn an
  5. Hinter dem Hochglanzprojekt „Bürgerarbeit“
  6. Der Markt für Gewerbeimmobilien wackelt
  7. Der US-Wirtschaft fehlt Innovationskraft
  8. Jetzt fehlt das Bollwerk gegen links
  9. Die Fast-alles-ist-möglich-Partei
  10. Lothar de Maizière: “DDR war kein Unrechtsstaat”
  11. Studienkredite: Wie ein Student sich arm studierte
  12. Türkische Eltern: Im Zweifel für die höhere Schule
  13. Video-Verbot am Arbeitsplatz
  14. Debatte um Wikileaks: Märchenstunde mit Julian Assange
  15. Jagd auf Al Qaida verliert an Bedeutung
  16. Rezension: Thomas Schuler: “Bertelsmannrepublik Deutschland”

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Guttenbergs Pläne – Mehr Revolution als Reform
    Die Bundeswehr steht vor einer Zeitenwende. Es geht nicht um eine Reform, sondern in Wirklichkeit um eine Revolution, die der Verteidigungsminister plant.
    Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) will aus der Heimatverteidigungs- eine Interventionsarmee machen. Die Diskussion um die Wehrpflicht ist da nur eine Diskussion um Symbole, eine, die von Nostalgikern geführt wird, die sich offenbar in die Zeit der Übersichtlichkeit des Kalten Krieges zurücksehnen. Bislang haben sich die Parteien beharrlich geweigert, anzuerkennen, dass sich die Welt verändert hat und endlich darüber nachzudenken, wie die Bundeswehr der Zukunft aussehen soll, für welche Art von Einsätzen sie ausgerüstet und ausgebildet sein muss?
    Quelle: Tagesschau

    Anmerkung WL: Bundespräsiden Köhler ist noch zurückgetreten, als ihm vorgehalten wurde, er habe die Bundeswehr als Interventionsarmee bezeichnet. Inzwischen ist das ganz selbstverständlich.
    Für alle „Nostalgiker“ zur Erinnerung: Artikel 115a Grundgesetz
    (1) Die Feststellung, dass das Bundesgebiet mit Waffengewalt angegriffen wird oder ein solcher Angriff unmittelbar droht (Verteidigungsfall), trifft der Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates. Die Feststellung erfolgt auf Antrag der Bundesregierung und bedarf einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen, mindestens der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages.

  2. Atomlobbyismus
    1. Frau Merkels nützliche Feinde
      Böse, böse, dieser Angriff der Atomlobby. Aber Vorsicht! Angela Merkel sollten wir nicht allzu sehr bedauern. Sie könnte von der Anzeigenkampagne der Atomkraft-Fans profitieren.
      Quelle: FR-Blog Hebel bloggt
    2. Heribert Prantl: Frau Merkel, bitte zum Diktat!
      Wer trifft die politischen Entscheidungen in Wirklichkeit? Weil sie der Brennelementesteuer entgehen wollen, versuchen die Chefs der Atomwirtschaft, die Bundesregierung umzublasen. Dem Wind geben sogar einstige Atomgegner nach.
      Offenbar will Merkel den Eindruck vermeiden, dass sie gedrängt werden kann. Wer ohnehin schon bereit ist, das zu tun, was der andere will, kann nicht mehr dazu genötigt werden.
      Die Brennelemente-Steuer ist Bestandteil des Anfang Juni verkündeten Sparpakets – und darin einer der ganz wenigen Posten, bei denen auf Wirtschaft und Gutverdiener zugriffen wird. Ansonsten spart das Sparpaket bei den Ausgaben für die kleinen Leute. Nun fällt womöglich die Steuer weg – und wird durch ausgehandelte Zahlungen ersetzt. Das ist der Traum jedes Steuerzahlers: Auf seinen Protest hin tritt der Staat mit ihm in Verhandlungen ein und fragt, wie viel man bitte freiwillig zahlen möchte.
      Quelle: SZ

      Anmerkung WL: Dass Clement und Schily, die ja sonst gleich mit dem Vorwurf des Wortbruchs wie etwa bei der Diskussion über die Rente mit 67 oder damals bei Ypsilanti bei der Hand sind, mit ihrer Unterschrift selbst einen Wortbruch begangen haben, wird leider nicht thematisiert. Hat Clement als Wirtschaftsminister nicht etwa damals den Atomausstieg mitgetragen?

    3. Die Atomlobby und ihr begrenzter Freundeskreis
      Die Atomlobby versucht, den Druck auf die Bundesregierung weiter zu erhöhen. Am Samstag erschien in zahlreichen Zeitungen große Anzeigen mit einem “Energiepolitischen Appell”. Man kann das als starke Drohung sehen – oder auch als Zeichen der Schwäche. Den die Unterstützer außerhalb der Energiekonzerne und der energieintensiven Unternehmen (wie Chemie, Stahl oder Bahn) bleiben begrenzt.
      Eine extra Erwähnung ist vielleicht noch die Unterschrift von Josef Ackermann von der Deutschen Bank wert, die auch von den Medien hoch gehängt wurde. Dabei ist die Deutsche Bank stark im Atomsektor engagiert. Laut einer Studie von urgewald, Greenpeace International und Banktrack gehört sie international zu den Top Ten der Banken, die die Atomindustrie finanzieren.
      Quelle: LobbyControl
  3. Industrie rebelliert gegen Ratingagenturen
    Deutsche Unternehmen haben genug von der Macht der internationalen Ratingagenturen. Immer mehr Firmen verzichten bei neuen Anleihen auf die Bewertung der Bonitätsfirmen. Gerade Unternehmen mit hohem Bekanntheitsgrad bekennen offen, dass sie das lange Zeit obligatorische Bonitätssiegel nicht brauchen. So heißt es etwa bei Otto, der eigene Ruf sei “wertvoller als das Rating von Agenturen, deren Ruf während der Finanzkrise gelitten hat”. Kritiker der Entwicklung warnen jedoch davor, dass ungesunde Unternehmen den Trend nutzen könnten, um Anleihen loszuwerden, die bei den Ratingagenturen glatt durchfallen würden. Das wichtigste Motiv beim Verzicht auf die Bewertung ist hingegen das finanzielle. Die Arbeit der beiden für Dürr tätigen Agenturen S&P und Moody’s schlägt nach Unternehmensangaben mit etwa 100.000 Euro jährlich zu Buche. “Geld, das wir sparen können”, sagt der Sprecher. Darüber hinaus fühlt sich Dürr von den Agenturen ungerecht beurteilt. Eine derzeit laufende Unternehmensanleihe wird von S&P mit “Single-B” bewertet, bei Moody’s hat sie das Rating “B2”. Beides entspricht dem Niveau eines Junk-Bonds. Dürr hält diese Einschätzung für überholt. Der Auftragseingang bei dem Autozulieferer zeigt nach der Krise wieder steil nach oben.
    Quelle: FTD
  4. Kik kündigt Mindestlohn an
    Der Textildiscounter Kik ist wegen Dumpinglöhnen und Ausspäh-Affären immer wieder angegriffen worden – jetzt will er einmal ein positives Signal setzen: Von Oktober an erhalte jeder Kik-Beschäftigte mindestens 7,50 Euro pro Stunde, teilte das Unternehmen mit. Kik zahle bislang besonders niedrige Löhne, heißt es bei der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Im vorigen Jahr wurde der Discounter vom Landesarbeitsgericht Hamm verurteilt, weil er Mini-Jobberinnen sittenwidrige Einkommen von 5,20 Euro pro Stunde gezahlt hatte. Solche geringen Einkünfte sind laut Verdi unter Aushilfen keine Seltenheit. Für Negativ-Schlagzeilen sorgte Kik auch, weil die Kette über Jahre die Finanzlage von Beschäftigten ausgespäht haben soll. Dem Unternehmen zufolge wurde dies inzwischen eingestellt. Dass Kik mit seinen europaweit rund 18000 Arbeitnehmern jetzt einen Mindestlohn ankündige, habe mit dem öffentlichen Druck zu tun, sagte Verdi-Einzelhandelsexpertin Lieselotte Hinz der FR. Für alle Beschäftigten, die bisher unter Niedrigstlöhnen leiden, sei dies eine gute Nachricht, ergänzte eine Gewerkschaftssprecherin. Allerdings könne niemand garantieren, dass der Discounter neuem Personal in zwei Monaten nicht wieder weniger Geld zahle. Deswegen sei eine „verbindliche tarifliche Regelung“ nötig.
    Quelle: FR

    Anmerkung Orlando Pascheit: Da könnte Ver.di ruhig auch einmal in grenzüberschreitender Solidarität ein Wort über die Arbeitsbedingungen von Kik in seiner asiatischen Textilproduktion verlieren.

  5. Hinter dem Hochglanzprojekt „Bürgerarbeit“
    Das ist also das moderne Antlitz der Bürgerarbeit! Arbeitslose, die man bundesweit vermitteln will, die man aus ihrem sozialen Umfeld rausreißen würde, weg von ihrer Familie, von Freunden, von der Heimat. Sanktionsandrohungen schon im Vorfeld, bevor man überhaupt in der Bürgerarbeit steckt. Die Furcht vor Repressalien wird zum behördlichen Mittel, zum Verwaltungsakt geradezu.
    Quelle: Ad sinistram
  6. Der Markt für Gewerbeimmobilien wackelt
    Käufer von Gewerbeimmobilien müssen Kredite in Billionenhöhe umschulden. Scheitern sie, droht die nächste Finanzkrise.
    Sie haben es krachen lassen: 2570 Mrd. Dollar, umgerechnet 2000 Mrd. Euro, haben Europas Banken Immobilieninvestoren für den Kauf von Büros oder Einkaufszentren geliehen – eine Summe, so groß wie das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP).
    Doch was dank stetig steigender Immobilienpreise lange als bombensicheres Investment galt, wird jetzt zum Bumerang – für alle: Gewerblich genutzte Gebäude haben weltweit dramatisch an Wert verloren. Die Banken fürchten um die Rückzahlung der Kredite, Immobilienfirmen wie die deutsche IVG oder US-Banken wie Morgan Stanley und Goldman Sachs, deren Immobilientöchter gerade auch in Deutschland im Boom auf Beutezug gegangen waren, hoffen auf die Verlängerung der Darlehen.
    Ob sie mit einem blauen Auge davonkommen, ist höchst ungewiss.
    Quelle: FTD
  7. Der US-Wirtschaft fehlt Innovationskraft
    Der Ökonomie-Nobelpreisträger Edmund Phelps erklärt dem amerikanischen Präsidenten Barack Obama, wie er die Weltkonjunkturlokomotive in Fahrt bringt:
    Wir sind nicht nur in einer Wachstumsdelle. Wir stecken in einem strukturellen Schlamassel, den kein Milliardenpaket lösen kann. Der US-Wirtschaft fehlt, was sie stets stark gemacht hat: Innovationskraft. Neuerungen ziehen Investitionen nach sich. Investitionen münden in Jobs. Hier hakt es. Manager denken zu kurzfristig. Vielversprechende Forschungsprojekte werden auf Eis gelegt, nur weil sie das nächste Quartalsergebnis belasten könnten. In der Pharmabranche etwa ersetzen Computer die Forscher – mit schlechteren Ergebnissen. Viele Investoren, die früher Geld in neue Unternehmen steckten und so Arbeitsplätze geschaffen haben, zögern. … Eine vollständige Erholung wird es nicht geben, fürchte ich. Zwar wird die Arbeitslosigkeit wieder sinken. Wir werden vielleicht 7,5 Prozent erreichen. Aber selbst das wird drei bis vier Jahre dauern. …  Wir werden mit einer insgesamt höheren Arbeitslosigkeit in die nächste Krise gehen.”
    Quelle: FR
  8. Jetzt fehlt das Bollwerk gegen links
    Es ist gut, dass der SPD-Fraktionschef die Politik zurückstellt, um seiner Frau mit einer Nieren-Spende zu helfen. Doch die Partei gerät damit aus dem Gleichgewicht: Steinmeier wird als Bollwerk gegen den Linksschwenk fehlen.
    Steinmeier hat jenen in der Partei Paroli geboten, die – wie Parteivize Klaus Wowereit – die Rente mit 67 am liebsten abgeschafft hätten. Die jetzt gefundene Lösung ist zwar im Sinne der Sache nicht gut, weil sie darauf zielt, eine generationengerechte Politik weiter in die Zukunft zu verschieben. Sie ist aber das kleinere Übel gegenüber den vorhandenen Maximalforderungen…
    Er ist der Garant dafür, dass die SPD nicht der Versuchung erliegt, im Werben um die zur Linken abgewanderten Wähler das staatspolitisch Notwendige aus dem Blick zu verlieren.
    Wenn Steinmeier schließlich nach seiner Rekonvaleszenz und der erhofften Genesung seiner Frau wieder auf die politische Bühne zurückkehrt, ist zu wünschen, dass er seine in den vergangenen Monaten innerhalb der SPD gefestigte Machtstellung wieder einnehmen kann. Denn die SPD braucht ihn dringend als ersten Repräsentanten eines Kurses der Mitte. Nachdem er als Kanzlerkandidat eine schwere Niederlage hinnehmen musste und der Griff nach dem Fraktionsvorsitz eher aus Verzweiflung erfolgte, hat Steinmeier sich geschickt als Gegenpol zum Parteivorsitzenden etabliert, ohne offene Rivalität aufkommen zu lassen.
    Quelle: Focus

    Anmerkung WL: So kann man auch aus einer menschlich hoch respektablen Entscheidung ein Politikum machen. In der Sache hat Focus in seiner Einschätzung der Rolle Steinmeiers allerdings absolut Recht. Steinmeier ist das Bollwerk gegen einen Kurswechsel der SPD.

  9. Die Fast-alles-ist-möglich-Partei
    Wie biegsam sind die Grünen geworden, wenn es um die Macht geht? Allen Bedenken zum Trotz haben sie sich jetzt in Hamburg für ein Weiter-so mit der CDU entschieden – für die Gegner der Beweis: Die einst rebellische Partei ist zum Club der Jasager verkommen.
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung WL: Wie schrieb doch KONKRET schon so treffend: „Die Hamburger Grünen werden alles mitmachen, solange sie nur ihre Dienstwagen behalten können“.
    Siehe auch: Gelogen ist es nur bei SPD und Linkspartei

  10. Lothar de Maizière: “DDR war kein Unrechtsstaat”
    Der Streit zwischen “ewig Gestrigen” und erbitterten DDR-Kritikern gipfelt in der Grundsatzfrage: War die DDR ein Unrechtsstaat? Für den letzten ostdeutschen Ministerpräsident Lothar de Maizière liegt die Antwort in der Mitte.
    De Maizière sagte MDR INFO, in diesem Sinne sei das Wort “Unrechtsstaat” ein Totschlag-Argument, das die Realität nicht treffe. “Ich halte diese Vokabel für unglücklich”. Anlässlich des 20. Jahrestags des Volkskammer-Beschlusses zum Beitritt der DDR zur Bundesrepublik sagte de Maizière, er behaupte nicht, dass die DDR ein Rechtsstaat gewesen wäre, sie sei aber auch kein Unrechtsstaat gewesen.
    De Maizière sagte weiter, wenn die DDR ein “Unrechtsstaat” gewesen wäre, hätte im Einigungsvertrag unter Artikel 18 nicht vereinbart werden können, dass Urteile aus DDR-Zeiten weiter vollstreckt werden können.
    Quelle: MDR

    Anmerkung WL: Was machen nun CDU und SPD nur mit ihrer Kampagne, in der sie das Abschwören vom „Unrechtsstaat“ der damaligen DDR zur Nagelprobe für die demokratische Verlässlichkeit gemacht haben? Es geht eben nicht um das Abarbeiten an Begriffen, sondern um eine historische Aufarbeitung der Herrschaft des SED-Regimes.

  11. Studienkredite: Wie ein Student sich arm studierte
    Für Thorsten S. wurde sein Studiendarlehen zum Alptraum. Er nahm zu viel Geld auf, lebte zu sorglos und dann scheiterte er an der Uni. Jetzt hat er einen Billig-Job, 20.000 Euro Schulden und wenig Hoffnung. Ein Lehrbeispiel über die Risiken eines Studentenlebens auf Pump.

    Studienkredite: Herkunftsgruppen

    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung WL: Die einen starten nach einem Studium mit einer Hypothek, die anderen ohne.
    Das ist der entscheidende Unterschied, wenn man die ach so sozialverträglichen Studienkredite in Anspruch nehmen muss.

  12. Türkische Eltern: Im Zweifel für die höhere Schule
    Türkischstämmige Kinder machen seltener Abitur – weil ihre Eltern Bildung weniger schätzen? Eine Studie räumt nun mit diesem Vorurteil auf, ihr Ergebnis: Bei gleicher Leistung und sozialer Herkunft wechseln türkische Kinder sogar häufiger auf Realschule oder Gymnasium als deutsche.
    Quelle: SPIEGEL
  13. Video-Verbot am Arbeitsplatz
    Die Koalition will heimliche Aufnahmen von Beschäftigten an ihrem Arbeitsplatz verbieten.
    Die Regelung solle am Mittwoch dieser Woche im Bundeskabinett verabschiedet werden und sieht nach Angaben aus Regierungskreisen vor, dass Beschäftigte am Arbeitsplatz – wie in einem aufsehenerregenden Fall bei der Handelskette Lidl geschehen – nun nicht mehr heimlich durch Videokameras überwacht werden. Allerdings sollen die Arbeitgeber auch weiter im Kampf etwa gegen Korruption Mitarbeiter kontrollieren dürfen.
    Quelle: SZ

    Anmerkung: Siehe die Kritik des DGB
    Quelle: DGB

  14. Debatte um Wikileaks: Märchenstunde mit Julian Assange
    Wikileaks-Gründer Julian Assange: ein Mann, viele Meinungen. Unser Amerikakorrespondent Christoph von Marschall stellt überraschende Unterschiede zwischen der Berichterstattung in den USA und in Deutschland sowie zwischen Print und Online fest. Die meisten US-Zeitungen schlagen einen distanzierten, aber nicht unfreundlichen Ton an. Viele deutsche Zeitungen lassen ihre Sympathie mit Assange und ihr Misstrauen gegenüber US-Militär und Geheimdiensten durchklingen. Die meisten deutschen Online-Medien betreiben bewusst oder unbewusst die Stilisierung Assanges zu einem Robin Hood des Internets. Wer sich vornehmlich aus deutschen Online-Medien informiert, wird den Eindruck gewinnen, Assange sei ein Mensch mit hohen Idealen, der sich im Dienst der Wahrheit mutig mit der mächtigen US-Militärmacht anlegt und nun verfolgt werde. US-Zeitungen hinterfragen seine Behauptungen. In der Summe ergibt sich das Bild eines Mannes, der mit Aufschneidereien, Halbwahrheiten und Manipulationen arbeitet. Deutsche Zeitungen berichten Wikileaks-freundlicher als amerikanische, übernehmen seine Darstellungen aber nicht so unkritisch wie viele deutsche Online-Medien.
    Quelle: Tagesspiegel

    Anmerkung Orlando Pascheit: Der Amerikakorrespondent des Tagesspiegels, Christoph von Marschall, sollte sich selbst einmal fragen, ob er nicht Opfer seiner Nähe zu den US-Medien ist. Zunächst einmal, Julian Assange ist nicht Gründer, sondern Mitbegründer von Wikileaks. Laut Wikipedia  wurde WikiLeaks 2006 nach eigenen Angaben von chinesischen Dissidenten, Journalisten, Mathematikern und Technikern von Startup-Unternehmen aus den USA, Taiwan, Europa, Australien und Südafrika gegründet. Selbst wenn Assange eine treibende Kraft hinter WikiLeaks sein sollte, bringt die Behauptung seiner “Aufschneidereien, Halbwahrheiten und Manipulationen” rein gar nichts, solange in den von WikiLeaks veröffentlichten Dokumenten keine Manipulationen nachzuweisen sind. Und man kann sicherlich darauf wetten, dass die Geheimdienste längst versucht haben, Fakes bei WikiLeaks unterzubringen. Bislang hat noch keine offizielle Stelle, sei es beim  Feldjägerbericht zu Kundus, den Afghanistanpapieren oder den Planungsdokumenten zur Loveparade 2010,  WikiLeaks der Fälschung bzw. der Veröffentlichung von Fälschungen überführt. Ob Assange sympathisch ist, interessiert einen Dreck. Ob er von Geltungsdrang geleitet ist, interessiert genauso wenig. Da dürfte ihn unsere Politkaste locker übertreffen. Ob die Anklage wegen sexueller Nötigung zu Recht besteht, sollen die Gerichte entscheiden. Darüber berichtet wird hierzulande durchaus, im Gegensatz zur Behauptung von Marschall. Dass dieser eher der Meinungsmache gewisser Kreise in den USA aufsitzt, zeigt sich u.a. darin, dass er der uralten Ausrede von der Gefährdung amerikanischer Soldaten aufsitzt. Der Witz ist doch der, dass die Zusammenarbeit mit Spiegel Online, der New York Times und The Guardian u.a. solch einen Schaden verhindern sollte. Auch das Widerkäuen der US-Regierungs-These, dass die Afghanistanpapiere nichts Neues brächten, ist längst widerlegt. Oder wusste irgendwer bis auf Armee und Geheimdienste, dass Todeslisten in Afghanistan mit Raketenwerfern, bestückt mit Streumunition, abgearbeitet werden. Ob diese Papiere die Brisanz der „Pentagon-Papiere“ haben, geschenkt. Die Quantität dieser Unterlagen ist schon längst in eine neue Qualität umgeschlagen. Und was die Differenz zur US-Presse betrifft: Wer sich an die patriotische Stimmungs- und Meinungsmache vor dem Irakkrieg erinnert, fühlte die McCarthy-Ära nicht weit. US-Kriege und US-Presse, das ist wahrlich ein Kapitel für sich. –  Christoph von Marschall wollte die Legende vom neuen Robin Hood widerlegen, dabei ist ihm sein Artikel selbst zur Märchenstunde geraten. Schlichte Gemüter wie ich fragen sich, bei wem er sich damit lieb Kind machen wollte.

  15. Jagd auf Al Qaida verliert an Bedeutung
    Das Terrornetzwerk Al Qaida spielt für die USA im Afghanistankrieg einem Zeitungsbericht zufolge nur noch eine Nebenrolle. Die Organisation tauche in Dokumenten des US-Militärs über den Krieg kaum auf und werde dann auch meistens nur am Rande erwähnt, berichtete die „Washington Post“ am Montag. Das habe eine Auswertung von rund 76 000 teils geheimen Papieren aus dem Pentagon ergeben, die vor einigen Wochen von der Enthüllungsplattform Wikileaks im Internet veröffentlicht worden waren. Die Dokumente aus den Jahren 2004 bis 2009 zeigten deutlich, dass die USA ihren Fokus ganz auf den Kampf gegen die radikal-islamischen Taliban gelegt hätten. Selbst der Al-Qaida-Chef Osama bin Laden, dessen Gefangennahme die Militärs immer wieder als ein Kriegsziel nennen, komme in den Unterlagen kaum vor, schreibt die Zeitung weiter. Das gelte auch für andere hochrangige Al-Qaida-Mitglieder.
    Quelle: Tagesspiegel

    Anmerkung Orlando Pascheit: Für kritische Geister nichts Neues, höchsten für die Bundesregierung. Hat sie doch bisher unsere Sicherheit am Hindukusch gegen Al Qaida verteidigt.

  16. Rezension: Thomas Schuler: “Bertelsmannrepublik Deutschland”
    Ob zum Thema Gesundheitspolitik, Sozialreformen oder demografischer Wandel – die Bertelsmann-Stiftung bringt sich gerne in die Debatte ein. Ihr Wissen ist gefragt – auch in der Politik. So sehr, dass die Frage im Raum steht, ob die Arbeit der Stiftung wirklich so selbstlos ist, wie das gerne darstellt wird.
    Wenn ich aufrechne, was an zwei Milliarden Erbschaftssteuer ungefähr erspart worden ist, und man rechnet die 800 Millionen dagegen, die die Stiftung seit 1977 ausgegeben hat, dann merkt man, dass die Öffentlichkeit der Familie Mohn dieses Privatinstitut finanziert. Und dafür, dass ein Teil gemeinnützig ist, aber auch ein Teil fragwürdig ist, finde ich das bemerkenswert und problematisch, dass also dieser Familie und diesem Unternehmen hier ein Zugang für Lobbyismus zur Politik finanziert wird.”
    Quelle: anti-bertelsmann

    Zusätzliche Bemerkung:
    “Nicht Mohn finanziert der Allgemeinheit eine Reformwerkstatt. Vielmehr finanziert die Allgemeinheit den Mohns ein Institut, mit dem diese Gesetze nach ihren eigenen Wünschen und Interessen beeinflussen können. So gesehen, stellt die Bertelsmann Stiftung eine Pervertierung des eigentlichen Stiftergedankens dar.”
    Quelle: NDR

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