Hannes Hofbauer: „Die großen Medien bilden eine Brandmauer zum Schutz der autoritär verfügten Maßnahmen“

Hannes Hofbauer: „Die großen Medien bilden eine Brandmauer zum Schutz der autoritär verfügten Maßnahmen“

Hannes Hofbauer: „Die großen Medien bilden eine Brandmauer zum Schutz der autoritär verfügten Maßnahmen“

Ein Artikel von Marcus Klöckner

Die kritischen Stimmen zu den Einschränkungen der Grundrechte im Zuge der Corona-Krise mehren sich. Aus Österreich kommt jetzt ein Buch, in dem zahlreiche Autoren den „Lockdown 2020“ grundlegend hinterfragen. Mit deutlichen Worten äußert sich Hannes Hofbauer, Mitherausgeber des Buches, im NachDenkSeiten-Interview zum Agieren von Politik und Medien. Angst werde geschürt, notwendige Differenzierungen wie etwa, dass neben den 9500 „Corona-Toten“ in Deutschland im selben Zeitraum 580.000 Menschen an anderen Ursachen verstorben seien, fehlten in der Berichterstattung. Ein Interview über Panikmache, das Milliardengeschäft Impfstoff und die Tabuisierung des Todes. Von Marcus Klöckner.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Herr Hofbauer, wir erleben seit Monaten schwere Einschränkungen und Grundrechtseingriffe. Der Grund: Das Coronavirus. Sie haben gerade ein Buch mit dem Titel „Lockdown 2020 – Wie ein Virus dazu benutzt wird, die Gesellschaft zu verändern“, veröffentlicht. Warum dieses Buch?

Der Ausnahmezustand, auch wenn er in Deutschland oder Österreich nicht so genannt wird, ist von Menschen, von Regierungen gemacht. Insofern sind es die Maßnahmen zur Bekämpfung des Virus, die unsere Grundrechte extrem einschränken. Das Virus selbst wird dazu benutzt, wie es im Untertitel unseres Buches heißt. Dieser Hinweis auf die Instrumentalisierbarkeit einer Gefahr erklärt schon zum Teil, warum sich mein Kollege Stefan Kraft und ich als die zwei Verleger des Promedia Verlages entschlossen haben, ein Buch zum Lockdown 2020 herauszugeben. Nachdem bald klar war, dass es sich bei Sars-CoV-2 nicht um ein Killervirus handelt, sondern um einen für bestimmte Gruppen von Menschen sehr gefährlichen Erreger, wollten wir kritische Stimmen versammeln, die sich mit den sozialen, wirtschaftlichen, rechtlichen, psychologischen und – ja – auch medizinischen „Kollateralschäden“ der Maßnahmen auseinandersetzen. Ich denke, es ist uns eine gute Mischung gelungen.

Politik und Medien sind sich weitestgehend darin einig, dass die ergriffenen Maßnahmen richtig waren, aber auch die Aufrechterhaltung dieser Maßnahmen unbedingt notwendig ist.

Abgesehen davon, dass Anfang des Jahres noch jene als Verschwörungstheoretiker galten, die von einer aus China kommenden großen Virus-Gefahr sprachen, drehte sich die offizielle Meinung rasch. Stimmen, die davor warnten, dass der Lockdown und die danach fortgesetzten restriktiven Maßnahmen unverhältnismäßig sind und sogar schlimmere Auswirkungen haben als die Viruserkrankungen selbst, wurden systematisch diffamiert und/oder verschwiegen. Schon die Einforderung von Relationen in der Berichterstattung galt als erster Schritt hin zur Leugnung der Virusgefahr.

Differenziert wurde nur sehr wenig.

Richtig. Dabei würde es doch ein viel entspannteres Bild geben, wenn man nicht nur wüsste, wieviele Menschen Tag für Tag positiv getestet werden oder wieviele an oder mit dem Virus sterben, sondern man auch eine Vergleichszahl angeben würde. So gelten mit Stichtag 9. Oktober 2020 in Deutschland 9589 Menschen statistisch als Corona-Tote. Im selben Zeitraum starben insgesamt 580.000 Menschen; in Österreich wären den 852 Corona-Toten knapp 50.000 Gestorbene gegenüberzustellen. Würde diese Relation medial oder von Krisenstäben kommuniziert, könnte man den Menschen die Angst nehmen, was eigentlich Aufgabe von Politik und Medien wäre.

In der Berichterstattung war eher das Gegenteil zu beobachten.

Ja, stattdessen verstärkt sich bei mir der Eindruck, dass das Auftreten des Virus von vielen Seiten missbraucht wird.

Würden Sie das bitte näher erläutern?

Politisch verstärken sich autoritäre Strukturen, was zwar dann kritisiert wird, wenn es in Ungarn oder in der Türkei passiert, worüber aber in Deutschland der Mantel des Schweigens gebreitet wird. Und wirtschaftlich befinden sich jene Sektoren im Aufschwung, die von der Corona-Krise profitieren. Für einen ganzen Komplex an biotechnischen, pharmazeutischen, digitalen und Kontroll-Unternehmen bricht ein neues, hoch-profitables Zeitalter an. Wir erinnern uns an das Tagesschau-Interview vom 12. April, als der Programmierer und Multimilliardär Bill Gates am Ende seines fast sieben Minuten dauernden Interviews meinte: „Wir werden den zu entwickelnden Impfstoff letztlich sieben Milliarden Menschen verabreichen.“ Dazu lud die ARD das Gespräch noch symbolisch hoch auf, indem sie Gates ausgerechnet am Ostersonntag, dem Auferstehungstag, die neue Heilsbotschaft verkünden ließ. Und tatsächlich fungieren die Anti-Corona-Maßnahmen als Heilsbringer für Biotech- und Pharmakonzerne, deren Gewinnmargen ins Astronomische steigen. Einer der größten Pharmakonzerne, Novartis, konnte seinen Gewinn im 1. Quartal 2020 um 24 Prozent steigern und AstraZeneca, ein britisch-schwedisches Biotech-Unternehmen, verzeichnete für das ganze Jahr 2019 einen Reingewinn von 1,2 Mrd. US-Dollar, während es bereits für das 1. Halbjahr 2020 1,5 Mrd. auswies.

Da kommt auch einiges an Steuergeldern bei den Unternehmen an.

In der Tat. Allein die EU hat bei AstraZeneca 300 Millionen Impfdosen bestellt, obwohl es noch gar keinen Impfstoff gibt. Multipliziert man nur diese Bestellung mit 12 Euro, was als Preis für eine Impfung kolportiert wird, dann fließen 3,6 Mrd. an Steuergeldern für die erste Impftranche auf das AstraZeneca-Konto. Und damit ist erst ein Bruchteil der Menschheit geimpft, ohne dass man weiß, wie lange ein Schutz anhält.

Es geht um Milliarden. Und die neuen Leitsektoren haben ihre Chance erkannt. Ein starker Staat sorgt für ihren Anschub, um den spätestens seit der Weltwirtschaftskrise 2008 in einer Verwertungskrise steckenden Kapitalismus in einen neuen, profitablen Zyklus zu bringen. Nennen wir ihn einen kybernetischen Zyklus, in dem es neben der Ausbeutung der menschlichen Arbeitskraft als wesentlichem Faktor für Kapitalverwertung nun auch um die Körperlichkeit und die Erfahrungen des Menschen geht, um deren Kommodifizierung (das heißt, der Mensch wird zur Ware). Dass dafür Regierungen, meinungsbildende Medien und Kapital an einem Strang ziehen, erleben wir gerade.

Wenn man aktuelle Umfragen betrachtet, sind die Zustimmungswerte zu den Maßnahmen ziemlich hoch. Wie erklären Sie sich das?

Die Zustimmungswerte folgen der Berichterstattung. Um das zu illustrieren, fällt mir ein Beispiel aus einem anderen Bereich ein. Im Jahr 1991 wurden anlässlich des schleichenden Zerfalls der Sowjetunion mehrere offizielle Volksbefragungen durchgeführt. Im März stimmten 70 Prozent der UkrainerInnen für den Erhalt der Sowjetunion, im Dezember 90 Prozent für die Unabhängigkeit der Ukraine.

Sie sprechen die Beeinflussung der Menschen durch Propaganda an?

Genau. Propaganda kann in die eine oder die andere Richtung fließen und spielt eine große Rolle bei der Beeinflussung von Massen.

Zurück zu Corona. Seitdem die WHO eine Pandemie ausgerufen hatte, und wie wir wissen, sind die Gelder von privaten Stiftungen wie jener von Bill Gates für die WHO mittlerweile überlebenswichtig, wurden aus der offiziellen Erzählung alle Stimmen ausgeschlossen, die sich kritisch äußerten. Sie wurden regelrecht diffamiert. Nur wenige aktive Mediziner erhoben Einspruch und fanden bzw. finden die Einschränkungen kontraproduktiv. Einer von ihnen, Andreas Sönnichsen, Leiter des Public-Health-Zentrums an der Medizinischen Universität Wien, hat in unserem Buch eine lesenswerte Analyse geschrieben. Gesundheit ist für ihn mehr als die technisch-medizinische Behandlung von Erregern. Da gehören soziale Faktoren dazu, eine stressfreie Arbeit und ein Leben ohne Angst. Erst langsam werden Stimmen wie die seine hörbarer.

Stichwort Angst: Es gibt Protokolle des Bundesinnenministeriums, aber auch einer österreichischen Task Force, die aufhorchen lassen. Würden Sie uns bitte sagen, was darin vorgeschlagen wird?

In einem geleakten Strategiepapier des deutschen Bundesinnenministeriums vom 27. März 2020 ist von einer Million Deutschen die Rede, deren Tode es durch harte Maßnahmen zu verhindern gilt. Und der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz meinte am 30. März 2020 auf einer Pressekonferenz: „Bald wird jeder jemanden kennen, der an Corona gestorben ist.“ Wir haben in einem Annex zum Buch sowohl kritische als auch Panik verbreitende Stimmen zusammengetragen.

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Man wollte oder will also bewusst Angst schüren?

Ja. Von einem wohlwollenden Standpunkt aus gesehen, kann man dies der Angst der zuständigen Stellen zuschreiben, etwas falsch zu machen. Oder es war schlicht eine Mischung aus Dummheit und unkritischer Zustimmung zu mathematischen Modellen. In Wien z.B. wurden die Grünoasen wie der Garten von Schönbrunn gesperrt, obwohl es einem doch der Hausverstand sagt, dass die Gesundheit nicht besser wird, wenn man die Menschen in kleinen Wohnungen einsperrt und die Parks geschlossen werden. Ein kritischerer Blick legt allerdings nahe, dass mit einer bewusst erzeugten Angst die Menschen willfähriger gemacht werden sollen. Das kann dann auch bei anderen Themen funktionieren. Es untergräbt die Grundlagen einer aufgeklärten Gesellschaft, wenn sich viele Menschen autoritären Verfügungen kritiklos beugen.

Nicht alle Bürger akzeptieren die Maßnahmen. Es gibt Demonstrationen. Die Medien zeigen für diesen Protest aber überhaupt kein Verständnis. Wie erklären Sie sich, dass Medien so sehr gegen die Demonstrationen anschreiben?

Das Interessante an dem Protest, an den Märschen der Freiheit, ist, dass die Teilnehmer aus der gesellschaftlichen Mitte kommen. Es gehen Menschen auf die Straße, deren wirtschaftliche Existenz bedroht ist, deren psychische Stabilität aus dem Gleichgewicht gerät. Meinungsbildende Medien und Politiker haben darauf reagiert, wie sie es gewohnt sind. Sie stellen diejenigen, die ihre Unzufriedenheit äußern, in ein radikales Eck oder überschütten sie mit bösartigen Unterstellungen: Rechtsradikale, Aluhut-Träger, Verschwörungstheoretiker, Esoteriker.

Die großen Medien und der staatliche Rundfunk begleiten sowohl in Deutschland wie in Österreich den Ausnahmezustand von Anfang an nicht bloß wohlwollend, sie bilden eine Art Brandmauer zum Schutz der autoritär verfügten Maßnahmen. Darin zeigt sich die enge Verflechtung der Macht. Kapital, Staat und Medien sind in unseren sogenannten liberalen Demokratien eng verflochten. Das sieht man auch in anderen Fragen wie z.B. der Einstellung gegenüber der Europäischen Union. Kritische Stimmen kommen im Umkreis der Macht nicht vor. Unternehmer, Politiker und Medienleute treffen sich in entsprechenden Think Tanks, sie leben zunehmend in einer Blase. Wenn dann einmal jemand ausschert, was gar nicht so selten passiert, dann wird er schnell zur persona non grata. Das gilt allen anderen als Warnung. Als Verleger kann ich diesen völlig verholzten Zustand unserer Gesellschaft beobachten, wenn ich auf der Suche nach AutorInnen bin, die sich kritisch zu dieser oder jener Frage äußern sollen. Leicht fündig wird man immer bei RentnerInnen, die ihr Berufsleben oft stillschweigend in Institutionen hinter sich gebracht haben und jetzt über den Wahnsinn, den sie ertragen haben, schreiben wollen.

Wir brauchen nicht mehr lange zu warten, bis heutige Entscheidungsträger nach ihrer aktiven Zeit kritisch zu den Corona-Maßnahmen Stellung beziehen werden. Das mag für sie persönlich dann befreiend sein, gesellschaftlich gesehen ist es allerdings ein Desaster.

Wo sind eigentlich die kritischen Stimmen der Linken?

Wir haben sie, wenn ich das so sagen darf, in unserem Buch „Lockdown 2020“ versammelt. Da schreibt beispielsweise Andrej Hunko, Mitglied des Deutschen Bundestages (Die Linke) über die WHO und darüber, wer dort bestimmt, was gesund ist. Oder die österreichische Wirtschafts- und Sozialhistorikerin von der Universität Wien, Andrea Komlosy, widmet sich dem neuen Akkumulationsmodell, das durch die Krise einen Aufschwung erlebt. Joachim Hirsch wiederum, politikwissenschaftliches linkes Urgestein, legt sich gegen den „Sicherheitsstaat 4.0“ ins Zeug. Der bekannte Rechtsanwalt Rolf Gössner wiederum bringt seine Sorge um die Menschenrechte und den Rechtsstaat unter dem Pandemie-Regime zum Ausdruck und der Journalist Walter van Rossum nimmt die medialen „Superspreader“ auf‘s Korn.

In der politischen Arena ist es – leider – nicht das erste Mal, dass linke Stimmen zu heißen Themen weitgehend fehlen. Die EU habe ich schon genannt, aber auch die Frage der Migration wird von vielen Linken tabuisiert. Das öffnet dann den Diskussions- und Handlungsraum für Rechte, was man von links wiederum als Beweis dafür sieht, dass man an dem Thema nicht ankommen soll. Ein fataler Zirkelschluss.

Wie sieht aus Ihrer Sicht ein vernünftiger medialer, aber auch politischer Umgang mit dem Virusgeschehen aus?

Das Virusgeschehen, wie Sie es nennen, wird die Menschheit begleiten. Es ist nicht das erste und es wird nicht das letzte sein. Allein diese Erkenntnis, die nur langsam durchsickert, würde den Umgang mit der Seuche radikal verändern. Testen-testen-testen ist offensichtlich nicht die richtige Strategie, um die Verbreitung des Virus zu verhindern. Es wird sich verbreiten, das sagen alle vernünftigen Stimmen. Die Hoffnung auf einen Impfstoff würde ich auch nicht zu hoch hängen. Auf eine wirksame Impfung gegen das Aids auslösende HI-Virus wartet die Welt seit bald 40 Jahren. In Deutschland leben etwa 90.000, in Österreich etwa 15.000 mit HIV.

Deeskalation bei den Maßnahmen und in der Sprache wäre längst angesagt, dazu ist freilich Vorsicht geboten und Eigenverantwortung in den Mittelpunkt der politischen Agenda zu rücken. Nur so können wir verhindern, dass der Mensch, der einem auf einem engen Gehweg oder gar in der U-Bahn begegnet, als Feind betrachtet wird, als potenzieller „Lebensgefährder“, wie der österreichische Innenminister einmal in einem autoritären Ausritt jene bezeichnet hat, die sich nicht an Abstandsregeln und Ausgehverbote halten.

Zuletzt sei mir noch eine flapsige Bemerkung erlaubt: Die Wahrscheinlichkeit, dass positiv getestete Personen an Sars-CoV-2 versterben, liegt, unterschiedlichen Studien zufolge zwischen 0,1 und 3 Prozent. Die Wahrscheinlichkeit zu sterben, liegt bei 100%. In anderen Worten: Die Hysterie um das Corona-Virus ist auch der Tabuisierung des Todes in unseren Zentrumsgesellschaften geschuldet. Wir haben ihn aus dem Leben verbannt, obwohl wir wissen, dass er jedes Leben beendet.

Anmerkung: Hannes Hofbauer hat (gemeinsam mit Stefan Kraft) das Buch „Lockdown 2020. Wie ein Virus dazu benutzt wird, die Gesellschaft zu verändern“ herausgebracht. Es ist Anfang Oktober im Promedia Verlag erschienen.

Titelbild: Shutterstock / Stuart Miles