Treten Sie Ihren Abgeordneten wegen der geplanten Gesetzesänderungen zu Corona auf die Füße

Treten Sie Ihren Abgeordneten wegen der geplanten Gesetzesänderungen zu Corona auf die Füße

Treten Sie Ihren Abgeordneten wegen der geplanten Gesetzesänderungen zu Corona auf die Füße

Albrecht Müller
Ein Artikel von: Albrecht Müller

Heute früh gab es im Deutschen Bundestag eine Debatte zu den Gesetzesänderungen in Sachen Corona. Siehe hier die erste Stunde. Die Gesetzesänderungen sollen die letzten Beschlüsse von Bundeskanzlerin und Ministerpräsidenten gerichtsfest machen. Es geht u.a. um § 28a des „Dritten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“. Siehe unten Anlage 1. Und es geht auch um die drohende Einführung einer Impfpflicht bei Reisen. Siehe dazu Anlage 2. Zur Einschätzung der Situation sind noch einige andere Dokumente angefügt: Ein aufschlussreicher Artikel bei Telepolis, Anlage 3, und ein Offener Brief von Uli Gellermann, Anlage 4. Albrecht Müller.

Der Offene Brief Uli Gellermanns ist schon etwas älter, vom 1. November. Seine Überschrift „FDP PROTESTIERT, LINKE SCHWEIGT“ passt zu dem Eindruck, den die Bundestagsdebatte von heute früh vermittelt hat. Sie war zumindest für Menschen, die den Corona-Maßnahmen skeptisch gegenüberstehen, deprimierend. Die Rolle der Opposition wurde von der AfD und der FDP übernommen. Die Linkspartei hat versagt, die SPD sowieso. In der Einführung des Bundesgesundheitsministers war alles enthalten, was wir von der Bundesregierung so kennen: die Dramatisierung der Lage, der Hinweis auf Bergamo, das Selbstlob über die Wirkung der Maßnahmen vom Frühjahr, die „Medizin“ der Bundesregierung und der Landesregierungen habe gewirkt. Ausnahme vom Selbstlob: manches würden wir heute anders machen. Spahn verteidigte die jetzt zu schaffende Möglichkeit für Ordnungsbehörden, in die private Sphäre von Menschen vorzudringen. Er warb dafür, aufeinander aufzupassen. Das tun schon viel zu viele und es wäre eher angemessen, unsere Regierenden würden gegen die Neigung zur Denunziation angehen, statt sie auch noch zu befördern.

Die Leserschaft der NachDenkSeiten ist bei dieser Frage wie andere Gruppen in unserer Gesellschaft auch ein bisschen gespalten. Ich wende mich deshalb nur an jene, die die Vorgänge ähnlich kritisch empfinden: Intervenieren Sie bei Ihren Abgeordneten. Sachlich, aber deutlich. Wir versuchen weiterhin, Informationen und Dokumentationen zu liefern, die bei dieser wichtigen Arbeit helfen.

Nun zu den verschiedenen Informationen:

Anlage 1
Entwurf eines Dritten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite 

Anlage 2
Mail (vom 5. November) eines NachDenkSeiten-Lesers zur Änderung Art. 1

Sehr geehrte Nachdenkseiten-Redaktion,

ich schreibe Ihnen zur drohenden Einführung der Impfpflicht für alle, die noch reisen wollen (!). Vielleicht möchten Sie dies thematisieren, denn merkwürdigerweise findet dieser Aspekt des u.g. neuen Gesetzes in den sozialen Medien bisher kaum statt.

Wie Sie vielleicht wissen, wurde ein “Entwurf eines Dritten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite” eingebracht und wird morgen von 9 bis 10 Uhr vom Bundestag beraten und soll danach in den Gesundheitsausschuß überwiesen werden.

Art. 1 Nr. 18 hat es in sich:

Menschen, die nach Deutschland einreisen und eventuell “einem erhöhten Infektionsrisiko” für COVID-19 ausgesetzt waren, sollen in Zukunft verpflichtet werden können, eine Impfdokumentation bezüglich SARS-CoV-2 vorzulegen. (Zuvor war in § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b noch von einer “Impf- oder Prophylaxebescheinigung” die Rede!)
Das Infektionsrisiko gilt als erhöht, wenn man sich in einem ausländischen Risikogebiet (und zwar ab dem Tag nach Veröffentlichung auf der RKI-Webseite) aufhält.

Mit Bahn, Bus, Schiff und Flugzeug sollen Betroffene nur noch nach Deutschland reisen dürfen, wenn sie die Impfung vor der Beförderung nachweisen!
Das bedeutet: Man soll keine Auslandsreise mit diesen Verkehrsmitteln mehr antreten können, ohne sich vorher impfen zu lassen – denn das Zielgebiet kann von einem Tag auf den anderen zum Risikogebiet erklärt werden.
Damit wird die Rückreise unmöglich, es sei denn, man lässt sich noch vor Rückreise im Ausland impfen!

Die Impfdokumentation soll übrigens bei Grenzübertritt stichprobenartig polizeilich kontrolliert und mit den Reisedokumenten abgeglichen werden. Das soll auch für ein ebenfalls notwendiges ärztliches Zeugnis “oder Testergebnis”, dass COVID-19 nicht vorliegt, gelten.

Es wird explizit erwähnt, dass das Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit (Art. 2 GG) durch diese und weitere Regelungen eingeschränkt wird.

Betroffene sollen sich zudem digital melden müssen und dabei u.a. ihre Aufenthaltsorte “bis zu zehn Tage vor und nach der Einreise” angeben. Das dafür zum Einsatz kommende “elektronische Melde- und Informationssystem” soll vom RKI eingerichtet und von einem “externen IT-Dienstleister” (sprich: Amazon oder anderen) umgesetzt werden. Die Daten dürfen zwar von der zuständigen Behörde nur eingeschränkt und maximal 14 Tage nach Einreise verwendet werden, aber über die Datennutzung durch den Dienstleister ist hier nichts festgelegt.

Obiges soll flexibel für alle Krankheiten gelten, die “zur Feststellung [einer] epidemischen Lage von nationaler Tragweite geführt” haben.

All diese Pflichten sollen durch Verordnung der Bundesregierung ohne Zustimmung des Bundesrates beschlossen werden dürfen.
Nachzulesen sind diese und noch viele weitere gravierende Einschränkungen unserer Freiheit im aktuellen Entwurf zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes (unter anderem § 36 Abs. 8 und 9 IfSG sollen stark erweitert werden).

Das wäre die Einführung der Impfpflicht für alle, die noch reisen wollen!

Hier noch weitere gravierende Aspekte und Fragen:

  • Art. 1 Nr. 18 c: “schwerwiegend”(e Erkrankung) wird durch “bedrohlich” ersetzt; dadurch wird u.a. § 36 Abs. 7 zum Gummiparagraphen gegen Einreisende.
  • Nr. 18 d: “festzulegen, dass Personen …, ausschließlich zur Feststellung und Verhinderung der Verbreitung dieser Krankheit verpflichtet sind, der zuständigen Behörde ihre … Aufenthaltsorte bis zu zehn Tage vor und nach der Einreise … mitzuteilen”:
    Das soll wohl den Anschein erwecken, die Daten dürften nur zu diesem Zweck verwendet werden? Aber m.E. ist die Formulierung irreführend: Wenn die Verpflichtung zu einem bestimmten Zweck ist, dann muß die Datennutzung vielleicht nicht unbedingt an diesen Zweck gebunden sein.
  • ebda.: neuer Abs. 9: “Die … erhobenen Daten dürfen von der zuständigen Behörde nur für Zwecke der Überwachung … und der Kontaktnachverfolgung verarbeitet werden.”
    Und der “IT-Dienstleister”, den das RKI beauftragen kann? Darf er (z.B. Amazon) die Daten der Einreisenden für andere Zwecke verwenden?
  • ebda.: neuer Abs. 10 Nr. 1: Gesundheitsdaten sollen an Beförderer weitergegeben werden!
  • ebda.: neuer Abs. 10 Nr. 2 Buchst. e: “bestimmte Schutzmaßnahmen” sind eben nicht bestimmt! Also nach Gutdünken? Von wem?
  • ebda.: neuer Abs. 13: neuer Abs. 10 wird in die Liste der das Grundrecht auf körperl. Unversehrtheit einschränkenden aufgenommen. Vermutlich wegen der Impfdoku-Vorlagepflicht.
  • ebda.: neuer Abs. 12: das Wörtchen “ansonsten” kann ich nicht deuten: Was genau tritt nun “spätestens mit Ablauf des 31. März 2021” außer Kraft? Die Rechtsverordnungen auf Basis der Knüppelabsätze 8 und 10, falls die Lage nicht aufgehoben wird? Oder Rechtsverordnungen auf anderer Basis?

Freundliche Grüße,
Tim Sch.-H.

Anlage 3

Corona-Lockdown: Droht tatsächlich eine akute nationale Gesundheitsnotlage?
29. Oktober 2020  Christof Kuhbandner

Eine kritische evidenzbasierte Prüfung

Gestern einigten sich Bund und Länder darauf, zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 ab dem 2. November strenge Kontaktbeschränkungen einzuführen und fast alle Freizeitaktivitäten herunterzufahren. Eine der zentralen Begründungen dafür lautet, dass eine nationale Gesundheitsnotlage vermieden werden muss. So sagte Kanzlerin Angela Merkel:

Wir müssen handeln, und zwar jetzt. Und zwar müssen wir handeln, um eine akute nationale Gesundheitsnotlage zu vermeiden.

Bundeskanzlerin Angela Merkel

Eines der zentralen Argumente dafür, dass eine nationale Gesundheitsnotlage drohen könnte, ist der berichtete Anstieg in der Anzahl der “COVID-19-Intensivpatienten”. So erklärte beispielsweise Ministerpräsident Winfried Kretschmann im Anschluss an die Ministerpräsidentenkonferenz:

Die Zahl der Patienten auf den Intensivstationen verdoppelt sich derzeit alle acht Tage. Wenn wir diese Entwicklung nicht bremsen, dann sind die Intensivstationen in Deutschland bis zum Nikolaustag voll.

Winfried Kretschmann

Die Problematik der Diagnostik bei den “COVID-19-Intensivpatienten”

… usw.

Anlage 4
FDP PROTESTIERT, LINKE SCHWEIGT

Das Virus und die parlamentarische Opposition

Autor: Uli Gellermann

OFFENER BRIEF AN DIE ABGEORDNETE SEVIM DAGDELEN – PdL …

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