Hinweise des Tages

Ein Artikel von:

Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (WM/JB)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Warum Trumps Accountsperrungen richtig und hochproblematisch sind
  2. Ruhig schlafen mit dem neuen CIA-Chef?
  3. Bayern führt FFP2-Maskenpflicht im Nahverkehr und Supermarkt ein
  4. Steuertricks
  5. Ein Volk aus Schuldnern
  6. ver.di: Thalia-Management kündigt Betriebsfrieden
  7. „Das ist doch kein Lebensmodell“
  8. Homeoffice auf Kosten der Gesundheit?
  9. Verfassungsexperte Matzka: Die Mehrheit vertraut dem Krisenmanagement nicht mehr
  10. Wir haben uns in die Corona-Krise gespart
  11. Andreas Scheuer sieht “die größte Verwaltungsreform in der Geschichte der Autobahn” im Plan
  12. Sanofi-Lobbyist arbeitet in NRW-Staatskanzlei
  13. Scholz will Einsatz externer Berater nicht reduzieren
  14. Wirecard-Ausschuss Zweifel an Guttenbergs Glaubwürdigkeit
  15. Die Militarisierung der arabischen Außenpolitik
  16. Pompeo: “Al-Qaida hat neuen Basisstützpunkt im Iran” – Teheran spricht von Kriegstreiberei
  17. Engel und Dämonen des internationalen Rechtssystems
  18. Warum die Insekten sterben

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Warum Trumps Accountsperrungen richtig und hochproblematisch sind
    Twitter, Facebook und fast alle anderen Netzwerke haben Donald Trump rausgeworfen. Was man bei aller demokratischer Genugtuung und menschlicher Schadenfreude nicht vergessen sollte: Sollten private Unternehmen überhaupt so viel Macht haben? Ein Debatten-Überblick…
    In den Händen weniger Konzerne
    Doch so einfach ist es nicht: Deplatforming ist ein problematisches Mittel, weil es die Macht über die Meinungsfreiheit in die Hände einiger weniger einflussreicher Konzerne legt.
    Oder wie Evelyn Douek in The Atlantic formuliert: „Eine winzige Gruppe von Leuten im Silicon Valley definiert den modernen Diskurs und etabliert eine Grauzone, in der angeblich die Regeln irgendwo zwischen demokratischer Regierungsführung und Journalismus liegen, aber sie tun es spontan und auf eine Weise, die ihnen passt.“ Sie sind „Herrscher über das digitale Herrschaftsinstrument des Präsidenten“, schreibt Caroline Fetscher im Tagesspiegel…
    Erst jetzt gehandelt
    Im Kapitalismus tun Konzerne, was ihnen politisch opportun erscheint. Im Regelfall kooperiert der Plattformkapitalismus mit jeder Regierung mächtiger Staaten, schreibt Christian Bartels im Altpapier.
    Dass Trump erst von Facebook und Twitter rausgeworfen wurde, nachdem die Republikaner ihre Mehrheit und er selbst seine Macht als Präsident verloren hatte, ist nicht von der Hand zu weisen. Es gibt zahlreiche Tweets von Trump, die schon vor Jahren gegen die Community-Richtlinien Twitters verstoßen haben, arbeitet Simon Hurtz auf sueddeutsche.de heraus. Doch stattdessen räumte man dem Präsidenten Sonderrechte ein. Gehandelt wurde erst jetzt…
    Deplatforming löst keine gesellschaftlichen Probleme
    Fraglich ist natürlich auch, ob ein Deplatforming ausreicht, um antidemokratische und menschenfeindliche Ideologien zu bekämpfen. Kein Rassist wird durch ein Deplatforming zum Demokraten. Vielleicht führt die Maßnahme sogar zu einer Radikalisierung der Betroffenen, weil Gegenrede auf den Nischenplattformen vollkommen wegfällt…
    Was das Deplatforming angeht, steht es Demokratien nicht gut zu Gesicht, dass eine kleine Gruppe von Unternehmenschefs Entscheidungen solcher Tragweite trifft. Selbst, wenn das Ergebnis richtig ist für die Demokratie.
    Quelle: Netzpolitik.org

    Dazu: Politik kritisiert Twitters Machtfülle
    Die fragwürdige Symbiose zwischen dem scheidenden US-Präsidenten Donald Trump und seinem bevorzugten Sprachrohr Twitter hat am Wochenende mit Trumps Sperre ein Ende genommen. Dass ein Privatunternehmen einem Staatschef mit einem Schlag seine wichtigste Kommunikationsplattform entziehen kann, dürfte aber noch länger für Debatten sorgen. Am Montag meldeten mehrere europäische Spitzenpolitiker ausdrückliche Kritik an der Machtfülle von Twitter und anderen Big-Tech-Konzernen an…
    Quelle: ORF

    Anmerkung Marco Wenzel: Dazu auch: Twitter sperrt Trump: „Wendepunkt“ im „Kampf um Kontrolle“? von Tobias Riegel.

    Dazu auch: Präsident von Mexiko legt sich mit Facebook und Co. an
    Der mexikanische Präsident Andrés Manuel López Obrador (Amlo) hat sich nach der Sperrung des scheidenden US-Präsidenten Donald Trump auf Facebook und Twitter zu Wort gemeldet. Mit drastischen Worten wandte er sich gegen die Zensurmacht von privaten Unternehmen.
    Nach der Erstürmung des Sitzes des US-Kongresses in Washington durch Anhänger von Trump am 6. Januar hatten die beiden größten Sozialen Netzwerke dessen Nutzerkonten gesperrt.
    Die Erläuterungen des Chefs des Facebook-Unternehmens, Mark Zuckerberg, beinhalte „viel Arroganz und Überheblichkeit“, so Amlo. „Was sie vor ein paar Tagen in den Vereinigten Staaten gemacht haben, ist ein schlechtes Zeichen, es ist ein schlechtes Omen, dass private Unternehmen über Zensur und Schweigen entscheiden“, kritisierte Mexikos Präsident. Er rief zudem zum verstärkten Aufbau „alternativer Medien“ auf.
    Der Fall markiere „ein Vorher und Nachher“ für das Recht auf Information. Große private Unternehmen dürften nicht die Rolle übernehmen, die nur rechtmäßigen und von der Verfassung legitimierten Behörden zukommen dürfe, argumentierte Amlo. Ein „Zensurgericht wie die Heilige Inquisition“, das die öffentliche Meinung zu verwalten drohe, sei eine sehr ernste Sache…
    Der Präsident steht mit seinen Äußerungen an der Seite des bekannten US-amerikanischen Whistleblowers Edward Snowden, dessen Enthüllungen ab 2013 Einblicke in das Ausmaß der weltweiten Überwachungs- und Spionagepraktiken u.a. des US-Geheimdienstes NSA gaben. Snowden zeigte sich in den vergangenen Tagen besorgt über den Schritt von Facebook und Twitter, auch wenn er Verständnis über eine weitverbreitete Genugtuung erklärte.
    Quelle: Amerika 21

  2. Ruhig schlafen mit dem neuen CIA-Chef?
    Bidens Wahl von William J. Burns für den Posten fügt sich zum Bild eines wahrscheinlich aggressiveren Kurses gegen Russland
    Das amerikanische Volk werde mit dem nächsten CIA-Direktor ruhig schlafen, so das Versprechen Joe Bidens zu seinem Kandidaten für den Chefposten in Langley: William J. Burns, der eine ehrwürdige Karriere in der Außenpolitik hinter sich hat.
    Aus den geleakten Mails von Hillary Clinton kursiert eine Aussage, wonach aus Diplomaten Agenten werden sollten, was in gewissen Rängen kein allzu großer Schritt ist, da Diplomaten und CIA-Mitarbeiter in US-Botschaften in nächster Nähe und ganz gut zusammenleben sollen. Mit Burns wird allerdings aus einem Chef-Diplomaten ein Chef des Geheimdienstes. Das ist eine andere Etage und ein besonderer Dreh.
    (…) RT sieht das anders
    Beim russischen Medium RT sieht man die Nominierung anders. Dort wird eine Animosität Burns gegenüber Russland herausgestellt. Zitiert wird aus Burns Äußerungen über Russland in Zusammenhang mit den Vorwürfen der russischen Einmischung in die Wahlen 2016. Burns hatte 2017 in einem Meinungsbeitrag in der New York Times Russland vorgeworfen sich, auf eine aggressive und tief beunruhigende Weise eingemischt zu haben.
    Er prophezeite, dass die Beziehungen zu Moskau in einer vorhersehbaren Zukunft von Wettbewerb und Gegnerschaft geprägt sein werden. Zu Wladimir Putin meinte Burns, dass er größeren Einfluss in der Welt suchen werden – “auf Kosten der von Amerika geführten Ordnung”. Russland träume von einer dominierenden Position in Global Affairs, unbehelligt von “westlichen Werten und Institutionen”.
    (…) Interessant ist die Einstellung von Burns zu Russland, weil die Aufstellung des außen- und sicherpolitischen Teams der Biden-Administration den Eindruck verstärkt, dass sich nicht nur der Ton gegenüber Russland verschärfen wird, sondern auch die Politik mehr auf Konfrontation ausgerichtet sein wird.
    Jüngstes Anschauungsbeispiel dafür ist die Personalie Victora Nuland, hierzulande bekannt ist für ihr “Fuck the EU” während der Ukraine-Krise 2014. Biden will sie zur Staatssekretärin für politische Angelegenheiten machen: “Nuland ist transatlantisch und gegen Russland orientiert, befürwortet die Aufrüstung des US-Militärs und sieht die USA als führende Nation der Welt” (Florian Rötzer).
    Walter J. Burns, der unter fünf unterschiedlichen Präsidenten eine außerordentliche Karriere als Diplomat machte, passt sehr gut in das Aufstellungsmuster dieses Teams. Auch er ist vom Führungsanspruch der USA überzeugt, selbst wenn er allzu hoch gesteckte Ambitionen dazu in seinem Beitrag für Foreign Affairs über notwendige Transformationen im State Department relativiert. Russland und in noch stärkerem Maß China sind Gegenspieler zu diesem Führungsanspruch…
    Quelle: Telepolis

    Dazu: 25 US-Organisationen warnen vor Victoria Nulands Nominierung als Staatssekretärin im US-Außenministerium
    25 US-Organisationen warnen in einer Erklärung vor einer Nominierung von Victoria Nuland als Staatssekretärin im US-Außenministerium.
    Sie weisen in ihrer Erklärung darauf hin, dass Nuland eine Schlüsselrolle beim ukrainischen Maidan-Putsch gespielt habe. Victoria Nuland regt aktuell an, dass die USA die Demokratien der Welt gegen Russland zusammenbringt.
    Victoria Nuland, ehemalige US-Diplomatin für Europa, NATO-Botschafterin, Beraterin von Dick Cheney und Sprecherin des US-Außenministeriums soll als Staatssekretärin für politische Angelegenheiten im US-Außenministerium antreten.
    Jetzt sprechen sich 25 US-Organisationen gegen Nulands mögliche Nominierung aus. Hier die Organisationen, die diese Erklärung verfasst haben
    Quelle: CO-OP News

  3. Bayern führt FFP2-Maskenpflicht im Nahverkehr und Supermarkt ein
    Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder hat in einer Pressekonferenz vor der Coronavirus-Mutation gewarnt. In Bayern muss man beim Einkaufen und im öffentlichen Nahverkehr künftig eine FFP2-Maske tragen.
    In Bayern gilt vom kommenden Montag an eine Pflicht zum Tragen von FFP2-Masken im öffentlichen Nahverkehr und im Einzelhandel. Das hat das Kabinett am Dienstag in München beschlossen, wie Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte. […]
    »Die Verfügbarkeit im Handel ist ausreichend gewährleistet, also es gibt keine Mangelware FFP2«, betonte der Ministerpräsident. Die Masken seien zum Teil sogar »deutlich im Überfluss, zum Teil jedenfalls, vorhanden«.
    Quelle: SPIEGEL

    dazu: “Für viele nicht bezahlbar”: Bedenken wegen FFP2-Maskenpflicht
    “Zu kurzfristig”, “geht ins Geld”, für manche “nicht finanzierbar”: Bayerns Kabinett hat bei seinem Beschluss einer FFP2-Maskenpflicht für Einzelhandel und Nahverkehr nach Meinung von Verbänden und Opposition zu wenig an ärmere Menschen gedacht. […]
    Die Diakonie Bayern forderte ebenfalls zusätzliche Unterstützung für Menschen, die von Armut betroffen sind. “Zehn Euro für drei Masken sind für Personen im Hartz-IV-Bezug jedoch nicht ohne weiteres finanzierbar”, sagte Vorständin Sabine Lindau. Sie wies darauf hin, dass nicht zuletzt auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte eine einmalige Nutzung der FFP2-Masken empfehle. “Mit einer einmaligen Ausgabe von wenigen Euro, wie von der Staatsregierung heute angedeutet, ist es nicht getan.”
    Im seit Januar geltenden Hartz-IV-Eckregelsatz seien 17,02 Euro für Gesundheit und Hygiene vorgesehen, erläuterte ein Diakonie-Sprecher. Damit komme man nicht weit. Ein Weg könne sein, ärmeren Menschen FFP2-Masken kostenlos zur Verfügung zu stellen – analog zur Ausgabe von Gratismasken an Risikogruppen. Als Nachweis könne beispielsweise ein Hartz-IV-Bescheid vorgelegt werden.
    Quelle: BR

  4. Steuertricks
    Die Möbelkette XXX Lutz ist mit seinem Steuersparmodell aufgeflogen. Das Bundesverwaltungsgericht hat nun bestätigt: Tricks mit Lizenzgebühren an eine Tochterfirma mit Sitz in Malta gelten nicht. Der Konzern muss Millionen an Steuern zurückzahlen. Trotzdem hat die Möbelkette Anspruch auf Staatshilfen und das, obwohl die Möbelbranche 2020 Rekordgewinne erzielte.
    XXX Lutz hat Millionen Euro an Steuern gespart, die Möbelhauskette hat seine Gewinne einfach nach Malta verschoben. Schon 2014 deckte der Standard die XXX Lutz-Tricks auf: Die Möbelhauskette transferiert ihre Markenrechte an die eigens dafür gegründete XXX Lutz Marken GmbH mit Sitz in Malta und Wels. Das Unternehmen ist zu 99,5 Prozent im Besitz der XXX Lutz KG. Die zahlt dann an seine eigene Marken GmbH mehre Millionen Euro an Lizenzgebühren zur Nutzung der eigenen Marken wie Mömax, XXX Lutz oder Möbelix.
    Das schmälerte die Gewinne und damit die Steuern in Österreich immens – statt 25 Prozent Steuern in Österreich, zahlt Lutz in Malta nur 5 % Steuern auf den Gewinn. Eben diese Praxis erkannte das Finanzamt nicht an – ein XXX Lutz Unternehmen ging in Revision. Der Fall ging bis zum Bundesverwaltungsgerichtshof und der entschied: Die Lizenzzahlungen nach Malta dürfen nicht steuermindernd abgesetzt werden. XXX Lutz muss damit mehrere Millionen Euro an Steuern nachzahlen. Das Urteil gilt für die Jahre 2008 und 2009. In diesen Jahren wurden 56 Millionen bzw. 68 Millionen Euro auf die Mittelmeerinsel verschoben…
    Trotz Steuertricks hat Lutz Anspruch auf XXXL-Staatshilfen
    Trotz diese Steuertricksereien hat XXX Lutz Anspruch auf Staatshilfen. Die Regierung hat zwar angekündigt, dass Konzerne mit Sitz in Steueroasen keine Corona-Hilfen erhalten sollen, doch die Regelung ist viel zu löchrig…
    Quelle: kontrast.at
  5. Ein Volk aus Schuldnern
    In den USA jonglieren immer mehr Familien mit Bankdarlehen, Kreditkarten und Pfandhausleihen, um ihren Privatbankrott abzuwenden.
    (…) Erst recht aber erreichen die Schulden amerikanischer Normalverdiener neue Rekordstände, und das hat nicht bloß mit dem Coronavirus zu tun. Schon vor der Pandemie, im vierten Quartal des Jahres 2019, lasteten auf jedem US-Haushalt im Schnitt 115.000 Dollar Schulden, was ein neuer Höchststand war. Seitdem steigen sie kräftig weiter, und man kann das an vielen Kennziffern ablesen: Nach Schätzungen von Moody’s Analytics etwa sind zum Jahresende 2020 bis zu 70 Milliarden Dollar an Mietschulden aufgelaufen, weil Millionen Haushalte nur zum Teil oder gar nicht gezahlt haben…
    Die Pandemie hat selbst Amerikaner in Notlagen gestürzt, die ein regelmäßiges Einkommen verdienen. Ein großer Teil der Familien lebt „from paycheck to paycheck“ – das heißt, dass das monatliche Gehalt gerade so reicht, um die Lebenshaltungskosten zu decken. Zurücklegen können sie nichts. Jede unvorhergesehene Ausgabe bedroht das finanzielle Überleben. Fast 40 Prozent der US-Bürger könnten in einem Notfall keine 400 Dollar aufbringen: Das hat die US-Notenbank per Umfrage ermittelt….
    Und dann sind da noch Schulden für medizinische Behandlungen. Seit der Gesundheitsreform von Präsident Obama haben zwar mehr Amerikaner eine Krankenversicherung als zuvor, doch im Krankheitsfall sind häufig mehrere Tausend Dollar Selbstbeteiligung zu entrichten, bevor die Versicherung etwas übernimmt…
    45 Millionen Amerikaner schulden öffentlichen oder privaten Kreditgebern inzwischen 1,5 Billionen Dollar für ihr Studium…70 Prozent der Highschool-Absolventen in den USA beginnen heute ein Studium, auch weil es an Alternativen wie einer anerkannten Berufsausbildung mangelt. Aber der Hochschulbesuch wird immer teurer. Die Studiengebühren steigen seit den Achtzigerjahren viermal so schnell wie die Inflation. In den USA gibt es inzwischen sogar Rentner, die ihre alten Studienkredite abstottern.
    Quelle: Zeit

    Anmerkung Marco Wenzel: Lesenswert

  6. ver.di: Thalia-Management kündigt Betriebsfrieden
    Unglaublich, aber wahr: Mit der Mitteilung, er habe den Berliner Betrieb mit seinen dreizehn Filialen rückwirkend zum 01.01.2021 aufgespalten und im Wege von Betriebsübergängen in zwei verschiedene, nicht tarifgebundene Gesellschaften überführt, kündigt der Arbeitgeber den Betriebsfrieden bei Thalia auf. Ein gutes Betriebsklima, transparente Diskussionen und Kooperation unter Sozialpartnern will die Unternehmensleitung nicht mehr: Sie stellt die 220 Beschäftigten kurzerhand vor vollendete Tatsachen.
    „Das Unternehmen nutzte in infamer Weise die Widrigkeiten der Corona-Pandemie und den Jahreswechsel, um in grober Missachtung der gesetzlichen Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats eine derart gravierende Betriebsänderung zum Nachteil der Beschäftigten durch die Hintertür durchzuziehen“, sagte Erika Ritter, zuständige ver.di Landesfachbereichsleiterin in Berlin-Brandenburg. „Geltende arbeitsrechtliche Bestimmungen scheinen den Herrschaften an der Unternehmensspitze völlig egal zu sein.“
    Die Thalia-Gesellschaft in Berlin war bis vor acht Tagen tarifgebunden. Mit der vorgestern verkündeten Unternehmensentscheidung flüchtet das Management aus der Tarifbindung und greift die Einkommens- und Arbeitsbedingungen der Beschäftigten von einem auf den anderen Tag frontal an. Man plane ein eigenes, einheitlicheres und erfolgsabhängiges Vergütungssystem im Unternehmen, heißt es. In dem soll für zukünftige Tariferhöhungen anscheinend kein Platz mehr sein. Dafür solle eine Vergütung nach „Unternehmenserfolg“ vorgenommen werden. Das heißt nichts anderes, als dass es weniger gibt, wenn sich der Erfolg nicht einstellt. Den Erfolg will die Unternehmensleitung im Übrigen selbst festlegen.
    Die Filiale, in der der Betriebsratsvorsitzende beschäftigt ist, hat die Unternehmensführung kurzerhand in eine eigene Gesellschaft ausgegründet. Es drängt sich zwangsläufig die Frage auf, ob man sich hier mit miesen Tricks eines unbequemen Kollegen entledigen will, ohne die zwischen Sozialpartnern übliche und gesetzlich vorgeschriebene Mitbestimmung des Betriebsrats zu wahren.
    „Ein derartiges Umgehen mit den Beschäftigten ist schlicht skandalös und hat aber auch gar nichts damit zu tun, dass sich Thalia im Markt als TOP-Arbeitgeber profilieren will. Die Unternehmensspitze sollte sich dafür schämen“, sagte Erika Ritter.
    Quelle: Gewerkschaftsforum
  7. „Das ist doch kein Lebensmodell“
    Gewerkschafter und „Aussteiger“ nehmen Arbeitsbedingungen bei Amazon weltweit zum Anlass, über Zukunftsfragen nachzudenken…
    „Chamäleon“ bei Betriebsratswahlen
    Die Beschäftigten seien „schnell völlig erschöpft“ und bekämen psychosoziale Probleme, die sie auch davon abhielten, sich aktiv für bessere Arbeitsbedingungen einzusetzen, so Fátima Aguado Queipo, Sekretärin der Gewerkschaft Federación de Servicios de Comisiones Obreras (CCOO) in Madrid. „Das Schwierigste ist, Kandidaten für eine gewerkschaftliche Vertretung zu finden.“ Amazon agiere hier „wie ein Chamäleon“ und versuche, bei Betriebsratswahlen eigene Kandidaten zu platzieren. Momentan gebe es nur in neun von insgesamt 30 spanischen Amazon-Zentren eine gewerkschaftliche Organisierung.
    Von ähnlichen Erfahrungen wusste Massimo Mensi, Sekretär für internationale Beziehungen der Gewerkschaft CGIL in Rom, zu berichten…
    Erschöpfungszustände, wie seine spanische Kollegin sie beschrieb, kennt Orhan Akman auch von deutschen Kollegen. „Das hat sehr viel mit dem Rhythmus und dem Tempo zu tun, aber auch mit dem Einsatz von neuen Technologien.“ Selbst wenn die Kollegen Feierabend hätten, nähmen sie die Belastungen mit nach Hause, „immer in der Angst, mit den Vorgaben nicht fertig zu werden“.
    Weder Gewerkschaften noch Betriebsräte hätten in den Zentren Mitspracherechte: „Bei Amazon herrscht eine Kultur von Befehl und Gehorsam.“ Deshalb suche der Konzern suche seine Führungskräfte auch gezielt unter ehemaligen Bundeswehr-Angehörigen…
    Amazon weigere sich aber weiterhin, einen Tarifvertrag zu akzeptieren. „Wir stellen uns daher auf weitere acht Jahre Arbeitskampf ein.“
    Internationalisierung auch von unten
    Er denke dabei nicht nur an die rund 18.000 Beschäftigten in Deutschland. Gewerkschaften könnten sich auch nicht darauf ausruhen, wenn es im eigenen Land besser laufe, sondern müssten „Gewerkschaftsarbeit anhand der Lieferketten und der Wertschöpfungsketten heute neu denken“. Amazon besitze eine finanzielle Macht, die auch die bürgerliche Demokratie gefährden könne, warnte Akman. Der jährliche Konzernumsatz liege über dem Bruttoinlandsprodukt von Portugal oder Vietnam.
    Timothy Bray sprach sich dafür aus, Großkonzerne wie Amazon, Google, Microsoft, Facebook und Apple zu zerschlagen. Mit Begriffen wie Enteignung oder Vergesellschaftung wollte er vorsichtig umgehen. Eine progressive Bewegung müsse aber gegen solche Monopole kämpfen: „Die Eigentümerstruktur im Kapitalismus ist viel zu stark konzentriert“, so Bray. „Mich interessiert dabei nicht, ob der Eigentümer Jeff Bezos heißt, es geht darum, dass es einer völlig anderen Unternehmensstruktur bedarf“.
    Quelle: Telepolis
  8. Homeoffice auf Kosten der Gesundheit?
    Die Erfahrungen im Lockdown zeigen auch die Schattenseiten des Homeoffice-Booms auf. Bei der Arbeitsplatzgestaltung ist der Regelungsbedarf genauso offensichtlich wie in anderen arbeitsrechtlichen Themenfeldern. Graubereiche führen zu Nachteilen der ArbeitnehmerInnen und deren Gesundheit.
    Im Frühjahr 2020 galt es, erstmals großflächig die Bildschirmarbeit vom Büro möglichst ins Homeoffice zu verlagern. Technisch und ergonomisch erfolgte dies auf stark unterschiedlichem Niveau. Gleichzeitig herrschte Leere in vielen Büros und diese ist teilweise geblieben. In den letzten Monaten und mittlerweile im zweiten Lockdown festigt sich diese Situation – und sie wird nicht ohne Folgen für die Zukunft bleiben. Welche langfristigen Auswirkungen sind nun aufgrund der verstärkten Homeoffice-Nutzung in Bezug auf die Gesundheit der ArbeitnehmerInnen und die Nutzungsweise von Büroarbeitsplätzen im Betrieb zu erwarten?
    Digitaler Arbeitsplatz mit ergonomischer Steinzeitausstattung
    Eines vorweg: Bildschirmarbeit ist im Homeoffice körperlich genauso beanspruchend wie im Büro der firmeneigenen Arbeitsstätte…
    Bei der Ausstattung von Homeoffice-Arbeitsplätzen gibt es trotz der gleichen körperlichen Beanspruchungen in den wenigsten Fällen eine professionelle Büroausstattung. Gleiches gilt oftmals auch für das technische Equipment. Dieses ist in vielen Fällen eher für mobile Arbeit und kurzzeitige Einsätze ausgelegt und entsprechend minimalistisch dimensioniert. Die Realität im Homeoffice stellen meist ein zweckentfremdeter Wohnraum, schlimmstenfalls nur ein Platz am Küchentisch und die Nutzung privater IT-Geräte dar. Gesundheitliche Probleme sind bei einer regelmäßigen und langfristigen Nutzung solch eines unergonomischen Homeoffice-Arbeitsplatzes im Keller, am Küchentisch oder auf der Esszimmercouch vorprogrammiert…
    Homeoffice verlagert betriebliche Kosten auf ArbeitnehmerInnen
    Die Digitalisierung macht Homeoffice technisch mittlerweile auch großflächig möglich. Die großen COVID-19-Homeoffice-Testphasen haben das in der Praxis eindeutig bestätigt. Die Tendenz geht nun in Richtung einer zeitweisen oder ganzen Verlagerung der Arbeit vom Büro in die eigenen vier Wände der ArbeitnehmerInnen. Wünsche und Forderungen gibt es aufgrund der ersten Erfahrungen vonseiten der ArbeitnehmerInnen als auch von Arbeitgeberseite. Offensichtlich wurde bisher, dass die Kosten für Arbeitsmittel (Büroausstattung, IT-Geräte, Betriebskosten usw.) im Großteil der Fälle auf die ArbeitnehmerInnen abgewälzt wurden…
    Quelle: A&W Blog
  9. Verfassungsexperte Matzka: Die Mehrheit vertraut dem Krisenmanagement nicht mehr
    Für wen gilt der Lockdown? Wer entscheidet? Wer ist hier zuständig? Und woran sollen sich die Menschen orientieren? Verfassungsexperte Manfred Matzka stellt vier Fragen, die zeigen, wie die Regierung Kurz Vertrauen in Staat und Verwaltung zerstört und Rechtsstaat und Demokratie beschädigt.
    Große Inszenierung. Es ist der 27.12., 9.30, große Impfshow an der MedUni Wien. Kanzler, Gesundheitsminister, Kammerpräsident sind anwesend, während die ersten Impfungen des Landes verabreicht werden. Sonntagsreden werden gehalten. Aber die Alltagsrealität stellt danach ganz andere Fragen:
    Für wen gilt der Lockdown?
    Erstens: Warum eigentlich dürfen die drei überhaupt dabei sein? Seit 26.12. gilt doch die strenge Lockdown-Verordnung. Welche Ausnahme vom Ausgangsverbot liegt hier vor: Abwendung einer Gefahr? Die drei können keine Gefahr beim Probeimpfen abwehren. Hilfeleistung? Das kann die Ärztin gut allein. Deckung des Lebensbedarfs? Sie haben doch hoffentlich kein Serum mitgenommen. Berufliche Zwecke? Sie Ausnahme gilt nur, wenn der Ausgang wirklich erforderlich ist – das medizinische Personal kann sicher auch ohne die Politiker impfen. Aufenthalt zur psychischen Erholung? Kurz und Co brauchen das wohl für ihre Psyche, aber die Ausnahme gilt nur im Freien. Und es war auch keine dringende politische oder berufliche Zusammenkunft, die sie nicht auch digital absolvieren hätten können.
    Fazit: Es handelt sich ganz offensichtlich – in der Terminologie Nehammers – um eine illegale Corona-Party, weil eine größere Zahl von Personen verbotenerweise ausging, um sich in einem geschlossenen Raum zu Egopflege und Lustgewinn zu treffen. Die Party wurde nicht aufgelöst, Anzeigen erfolgten nicht. Wen wundert es da, wenn auch die Bevölkerung die Vorschriften nicht ernst nimmt. Wenn die drei, einfach weil’s ihnen Freude macht, rausgehen und mit anderen zusammenkommen dürfen, dann darf das wohl jeder andere auch…
    Quelle: kontrast at
  10. Wir haben uns in die Corona-Krise gespart
    Die Personalnot in Krankenhäusern ist Folge des jahrelangen Kostendrucks infolge der Ökonomisierung und Profitorientierung im Gesundheitswesen
    In öffentlichen Diskussionen über die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie wird zwar zunehmend die Personalknappheit in den Intensivabteilungen als limitierender Faktor für die notwendige Ausweitung der Zahl der Intensivbetten genannt. Kaum aber wird auf die strukturellen Ursachen der chronischen Unterversorgung hingewiesen.
    Stattdessen versuchen Regierungen und Behörden nun durch Lockdown-Maßnahmen, die Kurve der an Covid-19 Erkrankten möglichst wieder flacher zu bekommen, um das bereits übermäßig belastete Gesundheitssystem vor einem Kollaps zu bewahren.
    Zugleich wird durch die Corona-Krise jetzt der langjährige Mangel an Pflegekräften besonders auf Intensivstationen offensichtlich und öffentlich.
    Zwar wurden im Frühjahr 2020 schnell zusätzliche Intensivbetten und inzwischen auch ausreichend Beatmungsgeräte bereitgestellt, doch immer deutlicher wurde: Es fehlen die zu ihrer Bedienung nötigen qualifizierten Pflegefachkräfte, um die besonders betreuungsintensiven Covid-19-Patientinnen und -Patienten zu versorgen.
    Dass schon in Vor-Corona-Zeiten zeitweise bis zu 20 Prozent der Erwachsenen- und Kinder-Intensivbetten abgemeldet werden mussten, weil das Personal fehlte – mit oft lebensgefährlichen Verzögerungen einer Intensivbehandlungsmöglichkeit -, hat über Klagen hinaus nicht zu grundsätzlichen Änderungen des Systems geführt.
    Quelle: Telepolis
  11. Andreas Scheuer sieht “die größte Verwaltungsreform in der Geschichte der Autobahn” im Plan
    Nachdem es zuletzt an der 1.1.2021 gegründeten Autobahn GmbH wegen Strukturproblemen und einer Kostenexplosion massive Kritik gegeben hat, verteidigt Verkehrsminister Scheuer (CSU) die Reform im ARD-Mittagsmagazin: “Wir haben viel Nachholbedarf”.
    Scheuer sieht die “größte Verwaltungsreform in der Geschichte der Autobahn” im Plan und vergleicht sie mit der Arbeitsmarktreform: “Diesen Prozess wird die Autobahn GmbH auch so machen, dass wir dann zum Schluss eine erfolgreiche Reform haben.”
    Kritik weist Scheuer kategorisch zurück: “Wir haben gerade für den Haushalt 2021 nochmal zusätzliches Geld für den Straßenbau auf Rekordniveau bekommen, so dass wir nicht nur kräftig bauen können, sondern – ich muss mich ja teilweise schon entschuldigen, dass es so viele Baustellen sind – , dass es dann wirklich auch besser ist, sondern wir haben auch für die Planung mehr Geld erarbeitet und verhandelt, sodass nicht die Planungen ins Stocken geraten, um dann die Zukunftsinvestitionen zu machen – gerade bei den Brücken.” Die “jetzigen Baustellen” könnten damit ” effektiver abgearbeitet werden”, wegen “einem einheitlichen für Deutschland geltenden Baustellen Management.”
    Auch für NRW versprach der Verkehrsminister Besserung: “Die nordrheinwestfälische Situation mit vielen Rhein-Brücken, die hält uns in Atem und das nicht erst seit gestern, sondern schon viele Jahre. Aber wir schaffen Lösungen und Verbesserungen.”
    Quelle: rbb

    Anmerkung Marco Wenzel: Wie die Reformpläne von Minister Scheuer im Detail aussehen hat die Anstalt in ihrer Sendung vom 8. Dezember gut dargestellt (Ab Minute 1.15).

  12. Sanofi-Lobbyist arbeitet in NRW-Staatskanzlei
    Ein Impfberater im Corona-Krisenstab wurde vom französischen Pharmakonzern ausgeliehen. „LobbyControl“ kritisiert Interessenkonflikt.
    Die nordrhein-westfälische Staatskanzlei beschäftigt in ihrem „Krisenkoordinationsrat Corona“ seit der vergangenen Woche den Chef-Lobbyisten des französischen Pharmakonzerns Sanofi Pasteur. Stefan Kentrup, „Head of Public Affairs“ von Sanofi Deutschland, sei befristet bis Juni als Referent in der Geschäftsstelle des Krisenkoordinationsrates eingestellt worden, bestätigte eine Sprecherin der Staatskanzlei Recherchen unserer Redaktion.
    Kentrup sei für die Zeit seiner Tätigkeit im Landesdienst von Sanofi Deutschland freigestellt worden. „Der Beschäftigte ist – selbstverständlich auch gegenüber seinem bisherigen Arbeitgeber – zur Verschwiegenheit im Hinblick auf die Inhalte seiner Tätigkeit in der Staatskanzlei verpflichtet“, erklärte die Sprecherin. Zudem sei „eine spezielle Verschwiegenheitsvereinbarung verbunden mit einem Verhaltenskodex“ getroffen worden, um mögliche Interessenkollisionen zu vermeiden…
    In Teilen der Ministerialverwaltung soll die Personalentscheidung für Kopfschütteln gesorgt haben. Sanofi stehe schließlich seit Wochen im Zentrum der Debatte über den schleppenden Start der Corona-Impfkampagne in Europa. Der EU wird vorgeworfen, beim einflussreichen französischen Pharmariesen im vergangenen Herbst vorschnell bis zu 300 Millionen Impfdosen bestellt zu haben. Dessen Impfstoff kommt jedoch voraussichtlich erst Ende 2021 auf den Markt…
    Die Organisation „LobbyControl“ reagierte alarmiert auf die Personalie. „Auch durch eine Verschwiegenheitsvereinbarung und einen Verhaltenskodex lässt sich der Interessenkonflikt nicht auflösen. Vielmehr wird die Glaubwürdigkeit des Handelns des Krisenkoordinationsrates durch eine solche Personalpolitik gefährdet“, erklärte ein Sprecher gegenüber unserer Redaktion. Der Sanofi-Fall erinnere an die selten gewordene Praxis, im Rahmen von Personalaustausch-Programmen Lobbyisten von Verbänden und Unternehmen in Bundesbehörden zu schicken. „Durch Interessenkonflikte und privilegierte Zugänge entstehende Probleme überwiegen dabei in der Regel den vermeintlichen Zugewinn an Fachwissen”, so der „LobbyControl“-Sprecher…
    Quelle: WAZ
  13. Scholz will Einsatz externer Berater nicht reduzieren
    Ende 2020 forderte der Bundestag alle Ministerien auf, Verträge mit teuren Unternehmensberatern signifikant einzudampfen. Der SPD-Finanzminister aber will deren Arbeit noch nicht einmal genauer überprüfen lassen.
    Finanzminister Olaf Scholz (SPD) will den Einsatz von Unternehmensberatern trotz eines eindeutigen Bundestagsbeschlusses nicht reduzieren. Auf eine entsprechende Berichtsbitte des Grünen-Politikers Sven-Christian Kindler antwortete das Ministerium Anfang Januar, es gebe »keine Planungen«, die Anzahl der Beraterverträge zu verringern.
    Auch eine Evaluierung des bisherigen Einsatzes der Experten von außen hält der Finanzminister für nicht notwendig. »Externe Berater werden nur beauftragt, wenn dies wirtschaftlich ist«, schrieb das Ministerium an den Grünen-Abgeordneten. Zudem würden die Aufträge regelmäßig vom Bundesrechnungshof überprüft und seien »im Ergebnis durchgängig positiv zu bewerten«.
    Die fast patzige Antwort aus dem Haus von Scholz ist überraschend. Erst im November hatte der mächtige Haushaltsausschuss des Bundestags zum Thema externe Berater einen sogenannten Maßgabebeschluss gefasst, der ziemlich eindeutig ist. Dort wurde festgelegt, dass die Bundesregierung Schritte ergreifen muss, »um den Einsatz von externen Beratern und externen Unterstützungskräften substanziell zu senken«…
    Die Antwort von Scholz dürfte auch anderen Haushältern übel aufstoßen. Besonders die Vorgänge im Verteidigungsressort, wo 2018 eklatante Brüche des Vergaberechts aufgedeckt worden waren, lösten eine Affäre und einen Untersuchungsausschuss aus…
    Quelle: SIEGEL
  14. Wirecard-Ausschuss Zweifel an Guttenbergs Glaubwürdigkeit
    Interne Dokumente, die dem ARD-Haupstadtstudio vorliegen, nähren Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen Karl-Theodor zu Guttenberg. Es geht um seine Aussage im Wirecard-Ausschuss im Dezember.
    Hat Karl-Theodor zu Guttenberg bei seinem Auftritt als Zeuge im Wirecard-Untersuchungsausschuss nicht die volle Wahrheit gesagt? Interne Dokumente die dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegen, nähren den Verdacht. Die SPD wirft ihm vor, den Ausschuss belogen zu haben. Auch in der Opposition wachsen die Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit.
    Namensartikel in der FAZ
    Im Dezember war Guttenberg im Bundestag zu seiner Rolle im Wirecard-Skandal befragt worden. Dabei ging es auch um einen Namensartikel, den der ehemalige CSU-Minister Ende März 2020 in der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung” veröffentlicht hatte. Das Thema: Die Rolle von Leerverkäufen in der Corona-Krise. Wirecard war damals ins Visier von Shortsellern geraten, also Börsenhändlern, die auf fallende Kurse eines Unternehmens wetten. Guttenberg hatte in dem Artikel gegen solche Leerverkäufe argumentiert…
    SPD spricht von Lüge
    Der SPD-Obmann im Wirecard-Ausschus, Zimmermann wirft Guttenberg deshalb vor, im Zeugenstand nicht die Wahrheit gesagt zu haben. Dem ARD-Hauptstadtstudio sagte Zimmermann: “Er (Guttenberg Anm. d. Red.) hat den Untersuchungsausschuss belogen und versucht, falsche Fährten zu legen, als er abgestritten hat im Interesse von Wirecard für Leerverkaufsverbot zu argumentieren. Eine wirkliche Überraschung ist diese fehlende Aufrichtigkeit bei ihm nicht.” Jetzt müsse geklärt werden, ob Guttenberg den Untersuchungsausschuss bewusst habe in die Irre führen wollen…
    Quelle: Tagesschau
  15. Die Militarisierung der arabischen Außenpolitik
    Regierungsberater fordern Stopp für Waffenlieferungen in die arabische Welt. Deren Anteil liegt bei fast einem Drittel der deutschen Rüstungsexporte.
    (…) Wie es in einer aktuellen Analyse der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) heißt, hätten diverse Staaten Nordafrikas sowie des Nahen und Mittleren Ostens seit den arabischen Revolten im Jahr 2011 begonnen, ihre Außenpolitik aus der Kontrolle durch die USA zu lösen und sie immer eigenständiger zu gestalten. Dabei nutzten sie allerdings “stärker als zuvor militärische Mittel …, um Interessen durchzusetzen”; dies zeige sich etwa in den Kriegen im Jemen, in Libyen und in Syrien. Es bestehe “eine hohe Wahrscheinlichkeit”, dass deutsche Waffenexporte in die arabische Welt beitrügen, “Europas Nachbarschaft zu destabilisieren”, warnt die SWP. In der Tat kommen deutsche Waffen schon längst in den Kriegen im Jemen und in Libyen zum Einsatz. Dabei ist der Anteil der Waffenlieferungen an die fünf größten arabischen Käufer am gesamten deutschen Rüstungsexport in den vergangenen 20 Jahren von 3,1 auf 32 Prozent gestiegen…
    Vorläufige Zahlen für das Jahr 2020 deuten darauf hin, dass der Trend ungebrochen anhält – dies, obwohl die Bundesregierung am 10. Dezember den Rüstungsexportstopp für Saudi-Arabien um ein Jahr bis Ende 2021 verlängert hat….
    Syrien, Libyen, Jemen…
    Dabei wird, wie die SWP festhält, “die proaktivere Außenpolitik” der arabischen Staaten “von einer Militarisierung [begleitet], die sich nicht zuletzt darin ausdrückt, dass stärker als zuvor militärische Mittel genutzt werden, um Interessen durchzusetzen”.[8] Begonnen habe dies etwa in Syrien, wo Saudi-Arabien und Qatar “in den Anfangsjahren verschiedene Rebellengruppen” unterstützt und so “erheblich” dazu beigetragen hätten, “dass die militärischen Auseinandersetzungen eskalierten und der Aufstand sich radikalisierte”. Auch in Libyen hätten Qatar und die Vereinigten Arabischen Emirate “bereits seit 2011 Milizen” unterstützt; die Emirate seien seit 2014 “auch direkt militärisch engagiert”, Ägypten “spätestens seit 2015”. Saudi-Arabien führe seit 2015, unterstützt vor allem von den Vereinigten Arabischen Emiraten, im Jemen Krieg und nehme dabei “hohe Opferzahlen in der jemenitischen Zivilbevölkerung … in Kauf”. “Künftig droht die Außenpolitik in der Region weiter militarisiert zu werden”, warnt die SWP…
    Da im Fall einer weiteren militärischen Eskalation zusätzlich zum “Tod zahlreicher Zivilistinnen und Zivilisten im Nahen Osten” auch “erneute Fluchtbewegungen nach Europa” zu befürchten seien, tue man gut daran, einen Kurswechsel in Betracht zu ziehen, urteilt die SWP: “Ein Stopp der Ausfuhr von Waffen und Rüstungsgütern in diese Länder erscheint … nur folgerichtig.”
    Quelle: German Foreign Policy
  16. Pompeo: “Al-Qaida hat neuen Basisstützpunkt im Iran” – Teheran spricht von Kriegstreiberei
    Der scheidende US-Außenminister Pompeo behauptet wenige Tage vor seinem Abgang, Iran sei der neue Basisstützpunkt der Terrororganisation al-Qaida. Der iranische Außenminister Sarif nennt Pompeos Äußerung “kriegstreiberische Lügen”, auf die niemand mehr hereinfalle.
    US-Außenminister Mike Pompeo behauptet, die islamistische Terrororganisation al-Qaida habe im Iran einen neuen Basisstützpunkt errichtet. Beweise dafür legte er jedoch nicht vor.
    “Wir müssen das zur Kenntnis nehmen, wie müssen dem entgegentreten (…) wir müssen es vernichten”, sagte Pompeo am Dienstag in einer Pressekonferenz. “Wir ignorieren diese Iran-al-Qaida-Verbindung auf eigene Gefahr”, fügte er hinzu…
    Der US-Außenminister bezeichnete den Iran zudem als eine “perfekte Wahl” für das mutmaßliche neue Versteck der Terroristen. Er fügte hinzu, dass einige al-Qaida-Agenten schon seit Jahrzehnten Verbindungen innerhalb des Landes unterhielten…
    Quelle: RT

    passend dazu: Rundumschlag gegen Havanna
    USA setzen Kuba auf Terrorliste und vergiften internationale Beziehungen
    Zum Ende der Amtszeit von US-Präsident Donald Trump betreibt sein Außenminister Mike Pompeo Schadensmaximierung. Neue Fakten sollen der kommenden Regierung von Joe Biden auf dem internationalen Parkett den Neuanfang erschweren.
    Am Montag setzte das US-Außenministerin das sozialistische Kuba wieder auf eine Liste, die es als Unterstützer des internationalen Terrorismus verleumdet. Darauf war das Land schon einmal 1982 während der Regierungszeit von Ronald Reagan gelangt. Trumps Vorgänger Barack Obama hatte das Relikt des kalten Krieges 2015 gestrichen. Zum Vorwand nimmt Washington nun vor allem Kubas Bündnis mit seinem politischen und Wirtschaftspartner Venezuela, das die USA seit Jahren mit dem Ziel eines Machtwechsels destabilisieren. Die ökonomische US-Blockade gegen Havanna war unter Trump wieder deutlich verschärft worden. Kubas Präsident Miguel Díaz-Canel kritisierte Pompeos Schritt scharf. Es handele sich um die »letzten Zuckungen einer gescheiterten und korrupten Regierung, die der kubanischen Mafia in Miami verpflichtet ist«.
    Eine weitere Provokation der Trump-Regierung richtet sich gegen die Volksrepublik China. Washington kündigte ein Upgrade der diplomatischen Beziehungen mit Taiwan an, das international nicht als eigenständiger Staat, sondern nur de facto anerkannt wird.
    Quelle: Neues Deutschland

  17. Engel und Dämonen des internationalen Rechtssystems
    Das heutige System der internationalen Beziehungen wurde durch die Verträge und Vereinbarungen der Konferenzen von Jalta und Potsdam, die nach dem Zweiten Weltkrieg verabschiedet wurden, gefestigt. Es wurde die Grundlage einer bipolaren Welt. Trotz der Tatsache, dass die bipolare Welt nicht mehr existiert, wurde das internationale System noch nicht durch ein anderes ersetzt. Die gegenwärtige Ablehnung von Normen und Prinzipien des Völkerrechts führt zu einer weiteren Verschärfung und Destabilisierung der internationalen Lage.
    Moskau beschuldigt die Vereinigten Staaten weiterhin offen, das gegenwärtige internationale Rechtssystem konsequent zu zerstören. Die Handlungen des Washingtoner Establishments führten zur Zerstörung aller bestehenden „roten Linien“ in der internationalen Politik. Das hat der Sprecher des Präsidenten der Russischen Föderation, Dmitri Peskow, in seinem jüngsten interview noch einmal festgestellt.
    „Wie die Praxis zeigt, gibt es jetzt überhaupt keine solchen „roten Linien“ mehr. Das heißt, in der internationalen Politik haben unsere Kollegen aus den Vereinigten Staaten einen solchen Schlamassel angerichtet, dass sie einfach alle Regeln gebrochen haben“, sagte Peskow.
    Washington hat in den 1990er Jahren einen Kurs eingeschlagen, um die etablierten internationalen Gesetze durch seine eigenen Spielregeln zu ersetzen. Dies markierte den Beginn einer neuen Ära in der internationalen Politik. Die Schwächung und der anschließende Zusammenbruch der UdSSR, der Abzug der sowjetischen Truppen aus der DDR führten zur Zerstörung des bestehenden Systems von Checks and Balances in der internationalen Arena. Es gab nur noch einen globalen Hegemon. In der Praxis führte dies dazu, dass die Amerikaner im selben Jahr die Resolution 678 des UN-Sicherheitsrates durchsetzen, in der zum ersten Mal die Formulierung „to use all necessary means to uphold and implement resolution“ im Völkerrecht verwendet wurde. Auf der Grundlage dieser Resolution wurde die Operation „Wüstensturm“ in Kuwait durchgeführt, die zu einem Eckpfeiler des Völkerrechts wurde. Die Resolution des UN-Sicherheitsrates schuf einen „zweifelhaften Präzedenzfall“, indem sie sich von den „friedlichen und humanitären Zwecken und Prinzipien“, die in der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, abwandte. Die UNO verlor die Verantwortung und die Rechenschaftspflicht für die militärische Gewalt, die in der Region eingesetzt wurde. Die Amerikaner gewannen die Macht, die Weltpolitik unilateral zu steuern.
    So wurde eine Reihe von aufrührerischen militärischen Konflikten in der internationalen Arena geschürt: die Entscheidung der USA, Jugoslawien zu bombardieren und damit die UN-Charta zu verletzen, die Unterstützung von Extremisten in Tschetschenien während des Ersten Tschetschenien-Feldzugs im Nordkaukasus, die Invasion des Irak im Jahr 2003…
    Quelle: Linke Zeitung
  18. Warum die Insekten sterben
    Der Tod von Schmetterlingen, Käfern und Bienen hat viele Ursachen. 56 Wissenschaftler aus aller Welt gingen diesen nun auf den Grund.
    Etwa eine Million Menschen lebten vor 10 000 Jahren auf der Erde. Heute sind es 7,8 Milliarden. Eigentlich ist es nur logisch, dass dieses explosionsartige Wachstum für andere Lebewesen Folgen hat. Kaum jemand bestreitet noch, dass derzeit auf der Welt ein gigantisches Massensterben läuft, ähnlich dem vor 66 Millionen Jahren, als die Dinosaurier von der Erdoberfläche verschwanden. Ob Insekten davon stärker betroffen sind als andere Tiere ist unklar, obwohl sich mittlerweile viele Forschergruppen mit dem Phänomen des Insektensterbens beschäftigen. In der aktuellen Ausgabe des Fachjournals PNAS fassen jetzt 56 Wissenschaftler in elf Studien zusammen, was man bislang über den Schwund der Insekten weiß – und was nicht.
    Die Häufigen werden selten. Anders als bei vielen anderen Tieren schwinden bei den Insekten nicht vor allem seltene Arten, sondern auch solche, die früher stark verbreitet waren. Ein Beispiel dafür sind die Schmetterlinge in Europa, wie ein Team um Martin Warren von der Butterfly Conservation Europe im britischen Dorset in einer der PNAS-Studien schreibt…
    (…) Druck von allen Seiten. Mittlerweile ist klar, dass es die eine Ursache für das Insektensterben nicht gibt, sondern dass es der Druck vieler verschiedener Faktoren ist, der schließlich zu viel wird…
    Die Autoren des aktuellen Schwerpunkts betonen, dass die vielen offenen Fragen auf keinen Fall dazu führen dürfen, nichts gegen den Schwund zu unternehmen. “Wir müssen jetzt handeln”, schreiben sie. Denn eines ist klar: Der Grund für das weltweite Insektensterben ist der Mensch. Und je stärker die Weltbevölkerung wächst, umso mehr wird sich der Schwund beschleunigen. Es sei denn, der Homo sapiens schafft es, ihn irgendwie zu stoppen.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung

Rubriken:

Hinweise des Tages

Schlagwörter:

Die NachDenkSeiten sind für eine kritische Meinungsbildung wichtig, das sagen uns sehr, sehr viele - aber sie kosten auch Geld und deshalb bitten wir Sie, liebe Leser, um Ihre Unterstützung.
Herzlichen Dank!