Gebrochene Flügel

Gebrochene Flügel

Gebrochene Flügel

Marco Wenzel
Ein Artikel von Marco Wenzel

„Burma ist wie ein Vogel, der gerade angefangen hat, das Fliegen zu lernen. Nun hat das Militär ihm die Flügel gebrochen“, meinte ein Student in Rangun gleich nach dem Putsch. Burmas Experiment mit einer Wahldemokratie ist am 1. Februar abrupt beendet worden. Nur wenige Stunden vor der Eröffnungssitzung des neugewählten Parlaments hat das Militär die Kontrolle über das Land übernommen, nachdem es in der Morgendämmerung in einer Razzia die De-facto-Führerin Aung San Suu Kyi, Präsident Win Myint und andere Politiker festgenommen hatte. Von Marco Wenzel.

Dabei kam es auch zu massiven Festnahmen aller wichtigen regionalen und nationalen Politiker sowie der obersten Führung der regierenden National League for Democracy (NLD). Auch hunderte von Pro-Demokratie- und Menschenrechtsaktivisten sowie Künstler und Journalisten wurden verhaftet. Über ihren Verbleib ist zurzeit wenig bekannt, obwohl es scheint, dass die Lady, wie Aung Suu Kyi seit jenen finsteren Tagen genannt wird, in denen es verboten war, auch nur ihren Namen auszusprechen, in der Hauptstadt Naypyidaw unter Hausarrest steht. Es gibt weit verbreitete Ängste um ihre weitere Sicherheit und die der anderen Inhaftierten. Der Staatsstreich ist ein harter Schlag für Burma, dessen Grenzen infolge der Covid-Pandemie zu allen Nachbarländern geschlossen sind und das durch die Wirtschaftskrise und den Rückgang der Tourismuseinnahmen geschwächt ist.

Die burmesische Armee tat an diesem Montag das, was sie am besten kann: einen Staatsstreich mit der Verhängung des Ausnahmezustandes, die Verhaftung von Schlüsselfiguren der Regierung, die Entlassung von zivilen Ministern und die Stilllegung der Telefon- und Internetnetze, die Schließung der Banken und des Flughafens sowie das Verhängen einer nächtlichen Ausgangssperre. Der Putsch wurde in Europa, Japan, den Vereinigten Staaten, Australien und den asiatischen Nachbarländern einhellig verurteilt.

Alle TV-Kanäle mit Ausnahme des vom Militär geführten Myawaddy TV sind am Montag abgeschaltet worden. Auf dem armeeeigenen Fernsehsender hat die Armee die Bildung einer Übergangsregierung angekündigt, die vom derzeitigen Vizepräsidenten, dem ehemaligen General Myint Swe angeführt wird, der auch zum neuen Präsidenten ernannt wurde, sowie die Übertragung aller exekutiven, richterlichen und legislativen Befugnisse für die nächsten 12 Monate an den Oberbefehlshaber der Streitkräfte, Min Aung Hlaing. Danach soll es Neuwahlen geben, und die Übergangsregierung würde die Macht an den Gewinner dieser Wahl übergeben.

In Burma war es bis zum Samstag ziemlich ruhig geblieben. In Myanmar herrscht öffentliche Verwirrung, Unsicherheit und Ungewissheit. Nur in Rangun gab es am Montag einige sporadische Kundgebungen. Dies liegt zum Teil daran, dass die Führung der NLD und viele der pro-demokratischen Aktivisten in Haft sind. Das Volk wartet erst einmal ab. Es kennt die Brutalität des Militärs nur zu genau und weiß, dass einzelne, ungeplante lokale Aufstände sofort blutig niedergeschlagen werden. Aber im Untergrund gärt es und der Widerstand wächst, worauf wir weiter unten nochmals zurückkommen wollen.

Die Wahlen vom 8. November 2020

… endeten mit einem haushohen Sieg der Regierungspartei NLD von Aung San Suu Kyi. Ihr Wahlergebnis übertraf sogar das der historischen Wahlen von 2015. Die NLD erhielt sie 396 der 476 Sitze im Parlament, die Partei des Militärs, die Tatmadaw, die unter dem Namen Union for Solidarity and Development Party (USDP) antrat, erlitt eine vernichtende Wahlschlappe. Sie musste sich mit 33 Sitzen begnügen. Hinzu kommen noch zusätzlich 25 Prozent der Sitze, die automatisch für die Armee reserviert sind. Die NLD hatte die Wahlen mit 83% der Stimmen gewonnen und erwartete, Suu Kyis De-facto-Präsidentschaft um weitere fünf Jahre zu verlängern. Das aber wollten die Militärs nicht hinnehmen.

Das Militär behauptete nun, die Wahlen seien von Unregelmäßigkeiten durchsetzt gewesen und sie hätten mehr als 10 Millionen Fälle von Wahlbetrug aufgedeckt. In einer Erklärung beklagte das Militär das Versagen der von der Regierung bestellten Wahlkommission, ihren Beschwerden über die Wählerlisten nachzugehen, und die Weigerung der Kommission, die anstehenden Parlamentssitzungen zu verschieben.

Die offizielle Erklärung für den Putsch der Tatmadaw bezieht sich somit hauptsächlich auf Unregelmäßigkeiten bei der Stimmauszählung. Das Militär fordert die Freigabe der Wählerlisten zur Gegenprüfung. Nach Angaben des Militärs seien mehr Menschen in den Wählerlisten registriert, als es Wahlberechtigte gibt. Es besteht kein Zweifel, dass der Wahlprozess fehlerhaft war. Aber obwohl lokale und internationale Beobachter sich einig waren, dass die Wahl schlecht durchgeführt wurde, glauben sie, dass das Ergebnis legitim war. Jedenfalls dürften kaum Zweifel daran bestehen, dass die NLD die Wahlen haushoch gewonnen hat. Fast niemand in Burma hat die Partei des Militärs gewählt, die Menschen haben die Nase voll vom Militär.

Die Tatmadaw wäre im Gegenteil nun ihrerseits verpflichtet, Beweise für den angeblichen Betrug zu bringen, wenn ihre Behauptung glaubwürdig sein soll. In Anbetracht der Tatsache, dass die Tatmadaw die Kontrolle über mehrere Schlüsselministerien und ein Viertel der Legislative innehat, war sie in der Lage, die NLD-Regierung unter Druck zu setzen, ohne auf einen Putsch zurückgreifen zu müssen. Die Frage der genauen Auszählung der Stimmen kann daher kein Grund für eine Machtübernahme durch das Militär sein.

Die Tatmadaw erklärt darüber hinaus, der Coup sei verfassungskonform. In der Tat erlaubt die burmesische Verfassung laut Artikel 417 eine Machtübernahme durch das Militär im Falle eines Notstandes, wenn die Souveränität Myanmars bedroht oder die nationale Solidarität gefährdet ist. Das sei der Fall, so die Armee. Die Versäumnisse der Wahlkommission gefährde die Souveränität des Volkes und die Proteste zur Unterstützung von Wahlbetrugsvorwürfen, die zum größten Teil vom Militär selber angezettelt wurden, bedrohten die nationale Stabilität.

Wenn das Militär aber behauptet, die Übernahme sei verfassungsgemäß, so lügt sie: Artikel 417 muss vom Präsidenten in Absprache mit dem Nationalen Verteidigungs- und Sicherheitsrat (NDSC) angewandt werden. Der Abschnitt besagt: “Der Präsident kann nach Abstimmung mit dem Nationalen Verteidigungs- und Sicherheitsrat (NDSC) eine Verordnung erlassen und den Notstand ausrufen”.

Der NDSC besteht aus dem Präsidenten, zwei Vizepräsidenten, davon einer vom Militär, den Sprechern der beiden Häuser, dem Außenminister, dem Armeechef und seinem Stellvertreter und den drei vom Militär ernannten Ministern (Verteidigung, Inneres und Grenzen), was dem Militär bei einer Abstimmung die Mehrheit gibt. Aber die Behauptung der Armee, dass der NDSC den Ausnahmezustand gebilligt habe, ist fadenscheinig. An der Sitzung nahmen in Wirklichkeit nur die sechs Vertreter des Militärs teil, die anderen hatte man verhaftet und die Sitzung wurde vom Vizepräsidenten geleitet. Der Vizepräsident kann den Präsidenten aber nur im Falle seines Rücktritts, Todes, ständiger Behinderung oder „aus anderen Gründen“ vertreten. Aus der Tatsache, dass Win Myint von den Putschisten verhaftet worden war, ergibt sich nicht automatisch die Befugnis von Myint Swe als dessen Vertreter. Myint Swe wurde vom Militär zum Vizepräsidenten des Landes ernannt und bat als ehemaliger General gehorsam, aber verfassungswidrig um die Verhängung von Notstandsmaßnahmen.

Der Putsch ist mitnichten verfassungsgemäß, der Putsch ist verfassungswidrig und ein Verrat am Willen des Volkes.

Ein angekündigter Militärschlag

Die Machtübernahme durch die Armee erfolgte auf monatelange erhöhte Spannungen zwischen dem Militär und der Regierung nach den Wahlen im November. Die Spannungen hatten sich in der Woche zuvor deutlich verschärft. Die Drohungen des Militärs wurden in den Tagen vor dem Putsch immer unverhohlener. Die Befürchtungen für einen Militärcoup wuchsen, nachdem der Chef der Armee, General Min Aung Hlaing, der mächtigste Mann in Myanmar, am Mittwoch in einer Videobotschaft sagte, dass die Verfassung des Landes unter bestimmten Umständen widerrufen werden könnte.

“Die Verfassung ist das Muttergesetz für alle Gesetze. Also müssen wir uns alle an die Verfassung halten. Wenn man sich nicht an das Gesetz hält, muss dieses Gesetz widerrufen werden. Wenn es die Verfassung ist, muss die Verfassung widerrufen werden”, sagte er in einer Rede vor hohen Offizieren. Die US-Botschaft, zusammen mit 16 Ländern, darunter die ehemalige Kolonialmacht Großbritannien und die EU-Delegation, veröffentlichte daraufhin am Freitag, 29. Januar, eine Erklärung, in der sie das Militär aufforderte, “demokratische Normen” zu respektieren. Der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Antonio Guterres, zeigte sich “sehr besorgt” über die jüngsten Entwicklungen in Myanmar.

In Erwartung, dass die neu gewählten Abgeordneten am 1. Februar ihre Arbeit im Parlament aufnehmen würden, wurden die Sicherheitsvorkehrungen in Naypyidaw am Freitag zuvor verschärft, die Polizei errichtete Absperrungen mit Zäunen und Stacheldraht. Vor ihrer Verhaftung am frühen Morgen des 1. Februar gab Aung San Suu Kyi, in Vorahnung, was kommen würde, noch eine präventive Erklärung ab, in der sie ihre Anhänger aufrief, „keinen Putsch zu akzeptieren” und friedlich gegen einen eventuellen Coup zu protestieren.

Die Militärjunta hat bis jetzt weder ihre Pläne für die Zeit ihrer Regierungsübernahme umrissen noch ein Kabinett ernannt. Die Tatmadaw wird regieren, um die Wirtschaft zu schützen, die Covid-Krise zu managen und den Friedensprozess abzuschließen, heißt es in einer Erklärung.

Die ethnischen Minderheiten und die Rohingyas

Die Parlamentswahlen hatten einen Makel: Die Wahlkommission hatte entschieden, in einigen von ethnischen Minderheiten dominierten Konfliktregionen erst gar nicht wählen zu lassen. Rund 1,5 Millionen Menschen waren dadurch vom demokratischen Prozess ausgeschlossen. Das Mandat der NLD wurde überwiegend von den Bamar-Burmesen, der ethnischen Mehrheitsbevölkerung des Vielvölkerstaats, der Aung San Suu Kyi selbst angehört, bestätigt.

Es sei hier aber vorausgeschickt, hätten die ethnischen Minderheiten an der Wahl teilnehmen können, so hätten wahrscheinlich ihre Parteien der NLDC einige Stimmen wegnehmen können, aber wohl kaum ein Angehöriger der Karen, Shan, Mon, Kachin oder Rohingya hätte für die Militärs gestimmt. Denn mit dem Militär haben sie sich jahrzehntelange Kämpfe geliefert, das Militär hat ihre Dörfer in Brand gesteckt, ihre Frauen vergewaltigt und ihre Völker gemordet. Die ethnischen Minderheiten in Burma waren seit der Unabhängigkeit Burmas massiven Menschenrechtsverletzungen durch das Militär ausgesetzt. Seit der Unabhängigkeit kam es ständig zu Sezessionskriegen, vor allem im Norden und Osten des Landes.

Wir wollen hier nicht näher auf die jahrzehntelangen Kämpfe zwischen der burmesischen Armee und den ethnischen Minderheiten eingehen, das würde den Rahmen dieses Beitrages bei weitem sprengen. Eine kleine Skizzierung sei aber angebracht.

Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs bekämpft die Armee die Volksgruppe der Karen, die sich vorwiegend an der Grenze zu Thailand angesiedelt haben und denen ursprünglich einmal die Unabhängigkeit zugesichert worden war. Seit Mitte der 1970er Jahre drangen die Militärs jedes Jahr zum Ende der Regenzeit in ihre Gebiete ein, ermordeten und vertrieben die Menschen und steckten ihre Häuser und Felder in Brand. Die Karen kehrten am Anfang der Regenzeit wieder in die unwegsamen Gebiete zurück. Die Karen sind meist christlichen Glaubens. Etwa 400.000 Karen sind vor dem Militär nach Thailand geflohen, wo sie heute noch leben. Erst seit 2012 gilt ein Waffenstillstand.

Das Volk der Shan lebt im Osten Burmas an der chinesischen Grenze. Auch ihnen war nach dem Zweiten Weltkrieg die Unabhängigkeit versprochen worden. 1952 besetzte die Armee das Gebiet und schloss einen Handel mit der Shan State Army, aus der später die Shan United Army (SUA) des Drogenbarons Khun Sa hervorging. Die SUA bekämpfte zusammen mit dem burmesischen Militär die Aufständischen und durfte dafür unbehelligt ihre Heroinlabore im Goldenen Dreieck an der Thailändisch-Laotisch-Burmesischen Grenze betreiben. Sie betrieben dort professionelle Heroinfabriken und heuerten promovierte Chemiker an, denn die Herstellung von sehr reinem Heroin ist eine im wahrsten Sinn des Wortes explosive Angelegenheit. Das Heroin aus dem Goldenen Dreieck galt unter den Süchtigen als besonders rein und wurde in die ganze Welt verkauft. Die Hafenstädte Bangkok und Saigon waren Hauptumschlagplätze für Heroin. Ende 2011 kam es zu einem Friedensvertrag mit der burmesischen Armee. In den letzten beiden Jahrzehnten ist die Drogenproduktion von Heroin auf Amphetamin umgestiegen. Die Herstellung von Amphetaminen ist nicht von der Opiumernte abhängig. In den unauffindbaren Dschungelgebieten des Goldenen Dreiecks werden Amphetaminpillen (YA BA) tonnenweise hergestellt und überschwemmen den internationalen Markt. In Thailand sind sie zur Plage geworden. Und die Militärs verdienen weiter mit.

Die muslimischen Rohingyas wohnen im Rakhaing-Staat an der Grenze zu Bangladesch, wo sie eine Minderheit darstellen. Die Mehrheit der dortigen Bewohner sind burmesische Arakanesen. Die Beziehung zwischen den Burmesen und den Rohingyas verschlechterte sich seit Oktober 2016, nachdem die Tatmadaw brutal auf Angriffe von militanten Rohingya-Muslimen reagierte und über 800.000 Zivilisten nach Bangladesch vertrieb. Offiziell bekämpft die Armee in Rakhaing muslimische Terroristen, von denen es dort auch mit Sicherheit welche gibt. Es wurden buddhistische Tempel zerstört und Mönche ermordet, was zu erheblichen Spannungen zwischen den Arakanesen und den Rohingyas führte. Die Mehrheit der Rohingyas aber sind friedliche Menschen. Sie gehören zu den Ärmsten der Armen, was in Burma etwas heißen will, in einem Land, in dem sich Millionen von Menschen kaum selbst ernähren können.

Es sollte auch nicht vergessen werden, dass der hohe buddhistische Klerus in Burma sehr nationalistisch ist und sich vom Militär, dessen Generäle sich gerne als gute Buddhisten nach außen zeigen wollen, stets reich beschenken lässt. Die Rohingyas galten in Rakhaing immer als Menschen zweiter Klasse. Wer die burmesische Armee kennt, weiß, dass sie nicht zimperlich ist, was ihre Methoden der Unterdrückung von Minderheiten anbelangt. So geht mit Sicherheit der Löwenanteil der Schuld an den Massakern in Rakhaing auf die burmesische Armee und die Milizen der Arakan zurück.

Nachdem Gambia im Namen der Organisation für islamische Zusammenarbeit wegen der Massaker in Rakhaing eine Klage gegen Burma vor dem IGH eingereicht hatte, verteidigte Außenministerin Aung Suu Kyi in den Haag das Vorgehen des Militärs als legitime Aktion gegen Terroristen, räumte aber ein, dass einzelne Aktionen des Militärs womöglich unverhältnismäßig gewesen sein könnten. Diese Aussagen ruinierten bei vielen Anhängern der Friedensnobelpreisträgerin im Ausland ihren Ruf als unbeugsame Verfechterin der Menschenrechte. In Burma selber ist sie aber nach wie vor populär und jetzt, nach dem Putsch, wahrscheinlich populärer denn je.

Mit der Übernahme der politischen Verantwortung unterlag Aung San Suu Kyi den Zwängen der Realpolitik. In der Frage der Rohingyas haben die Militärs das Volk auf ihrer Seite. Aung San Suu Kyi hätte, wenn sie sich auf die Seite der Rohingyas gestellt hätte, sich damit gegen die Mehrheit ihrer Landsleute gestellt. Man sollte ihr aber zugutehalten, dass es nicht Suu Kyi war, die die Befehle gab, die Rohingyas zu vertreiben und zu töten, und es lag auch nicht in ihrer Macht, das Militär zu stoppen.

In der Enttäuschung des Westens über die Stellungnahme von Suu Kyi über die Rohingyas liegt aber auch ein großer Teil von Selbsttäuschung. Viele idealisierten den demokratischen Prozess in Burma, manche wollten der Wahrheit aber auch aus geschäftlichen Interessen nicht in die Augen sehen. Der liberale Westen hätte, statt Zeit und Millionen von Dollars zu verschwenden, schon nach einem kurzen Gespräch mit jedem gewöhnlichen Menschen in Myanmar wissen können, dass die Tatmadaw sich nie änderte.

Das Militär hat immer die politische Kontrolle behalten und die Staatsmacht nie abgegeben. Sie haben Suu Kyi an eine lange Leine gelegt. Jetzt versuchen sie, sie wieder an eine kürzere Leine zu legen. Der Putsch vom Montag ist die Folge der Verfassung von 2008, die dem Militär weiterhin erlaubt, die Fäden im Lande zu ziehen, ja, sie erlaubt es dem Militär sogar, unter Umständen, die es jetzt nach seinen Vorstellungen ausgelegt hat, ausdrücklich die Macht zu übernehmen. Suu Kyi selbst hat auf diese Verfassung ihren Eid ablegen müssen, um an die Macht zu kommen. Diese Verfassung reserviert 25% der Parlamentssitze für das Militär, gibt ihm Vetorecht im Parlament und die Kontrolle über die drei mächtigen Ministerien für Inneres, Verteidigung und Grenzangelegenheiten. Myanmar wird sich nicht demokratisieren, solange das Militär die Spielregeln kontrolliert. Die Verfassung von 2008 wurde entworfen, um die Vormachtstellung der Generäle auch nach Wahlen zu erhalten.

MEC und MEHL, die Gelddruckmaschinen des Militärs

Nach dem Militärputsch von Ne Win 1962 beschloss der „Revolutionsrat“ (SLORC) 1963 die Verstaatlichung des Groß- und Einzelhandels, der Banken und der Industrie. Die chinesische Kulturrevolution sollte auch auf Burma ausgedehnt werden. 1973 wurden rund 70 Unternehmen der Textil-, Nahrungsmittel- und Chemieindustrie verstaatlicht. Das burmesische Militär wollte so den „Sozialismus“ einführen. Unter Sozialismus verstand es die Verstaatlichung der Betriebe, und da das Militär gleichzeitig auch den Staat kontrollierte, fanden sie den „Sozialismus“ toll.

Nach dem Militärputsch von 1988, als Reaktion auf eine neue Demokratiebewegung, sowie im Rahmen der Anfang der 2000er Jahre angestrebten „Roadmap“ zur Demokratie wurden die Staatsbetriebe wieder privatisiert. Das Militär sicherte sich die größten Brocken und behielt weiterhin die Kontrolle über Burmas Wirtschaft.

Min Aung Hlaing hat die höchste Autorität über die beiden Militärkonglomerate Myanmars – Myanmar Economic Corporation (MEC) und Myanmar Economic Holdings Limited (MEHL). Und MEC und MEHL backen in Myanmar keine kleinen Brötchen. Sie sind im Besitz des Militärs und werden von der Tatmadaw geführt. Ihre Einnahmen gehen auf das Konto des Militärs.

MEC und MEHL sind unter anderem tätig in Myanmars Hafenaktivitäten, Containerdepots, im Immobiliengeschäft, im Bauwesen usw. Myanmar ist ein Land reich an Rohstoffen und einer der größten Produzenten von Edelsteinen, Halbedelsteinen und Jade. 90% der Rubine weltweit stammen aus Myanmar. Dazu noch Saphire und Gold. Auch Erdöl und Erdgas wird gefördert. MEC und MEHL sind die größten Unternehmen im Bergbau und haben ein Monopol auf den Edelsteinsektor des Landes. Zudem kontrolliert MEHL den burmesischen Biermarkt. Aber nicht nur die Generäle verdienen durch ihre Vormachtstellung in der burmesischen Wirtschaft, ihre Familienangehörigen verdienen kräftig mit.

Hlaings Sohn verkauft Genehmigungen der Food and Drug Administration und vermittelt Importe sowie den Handel und die Vermarktung von Pharmazeutika und Medizintechnik. Er besitzt auch das Azura Beach Resort, das größte in Burma. Dessen Frau ist ebenfalls im Geschäft, u.a. als Direktorin der Nyein Chan Pyae Sone Manufacturing & Trading Company. Seine Tochter ist Eigentümerin von Seventh Sense, einer Medienproduktionsfirma. Alle hochrangigen Militärs sind an irgendwelchen Firmen beteiligt. Zudem kassieren sie bei allen Rüstungsaufträgen Bestechungsgelder.

Die Union of Myanmar Economic Holdings Limited (abgekürzt UMEHL – 2007 wurde das U von UMEHL gestrichen) wurde im Februar 1990 gegründet. MEHL gehört auch die Myawaddy Bank und der Pensionsfonds des burmesischen Militärs. In den 2000er Jahren wurden mehrere staatliche Unternehmen, darunter Zuckerfabriken, Transportgesellschaften und die 5 Stars Schifffahrtsgesellschaft unter die Kontrolle der MEHL und der MEC gestellt. 2007 besaß die MEHL siebenundsiebzig Firmen, neun Tochtergesellschaften und sieben verbundene Unternehmen. Ihre Aktien sind nur für Militäreinheiten, aktive und pensionierte Militärs und Veteranengruppen erhältlich und werfen seit 1995 einen Gewinn von 30% ab. MEHL ist von der Gewerbe- und Gewinnsteuer befreit. Durch seine Zugehörigkeit zum burmesischen Militär hat MEHL exklusiven Zugang, um sich bevorzugte Verträge mit ausländischen Firmen zu sichern.

Die MEC wurde 1997 vom Militär gegründet, um die Schwerindustrie aufzubauen und damit dem burmesischen Militär Zugang zu wichtigen Materialien (z.B. Zement und Kautschuk) zu verschaffen. Die MEC besitzt zahlreiche Fabriken, darunter 4 Stahlwerke, eine Bank, ein Zementwerk und hat ein Versicherungsmonopol.

Zu den Verflechtungen des burmesischen Militärs mit der Wirtschaft möchten wir hier auf den Artikel von Richard S. Ehrlich in der Asia Times (Following the money behind Myanmar’s coup, sowie auf den Beitrag Who profits from a Coup? von justice for Burma) hinweisen. Über MEHL und MEC siehe Wikipedia.

Der wirtschaftliche Hintergrund des Putsches

Nach den offiziellen Erklärungen des Militärs liegt die Ursache des Putsches im Wahlbetrug. Aber das ist nur ein Vorwand, die wahren Ursachen liegen viel tiefer. Das Militär fürchtet um seine Einnahmequellen, und die sind gewaltig. Es geht um die wirtschaftliche Vormacht des Militärs. Denn das Militär ist, wie wir oben gesehen haben, in jedem Geschäft in oder mit Burma mit von der Partie.
Weder MEC noch MEHL sind dem burmesischen Parlament rechenschaftspflichtig. Das aber hätte sich bald ändern können. Wenn die NLD in einer nächsten Amtsperiode den Demokratieprozess weiterführen kann, so riskiert das Militär Untersuchungen seiner finanziellen Aktivitäten. Die enge Kontrolle, die Min Aung Hlaing, seine Familie und seine Militärkameraden über die Wirtschaft haben, macht es schwer, ihre finanziellen Aktivitäten zu überprüfen. Bereits im Juni 2020 hatte die burmesische Regierung eine Untersuchung wegen Interessenkonflikten innerhalb der beiden öffentlichen Agenturen, der Myanmar Port Authority und der Zollbehörde, eingeleitet, deren Geschäftsführer bzw. Generaldirektor auch im Vorstand der MEHL sitzen. Die USA haben unter dem Global Magnitsky Human Rights Accountability Act Sanktionen gegen Min Aung Hlaing und drei weitere Militärs wegen Übergriffen gegen die Rohingya verhängt und deren Vermögen in den USA eingefroren. Geschäftsbeziehungen mit ihnen sind damit in den USA strafrechtlich verboten.

Transparency International hat Myanmar in ihrem Korruptionswahrnehmungsindex immer wieder auf die Liste der Länder mit den meisten Verstößen weltweit gesetzt. Von 183 Ländern steht Burma auf dem zweitletzten Platz. Zudem steht das Militär im Verdacht, mit seinen Firmen die Menschenrechte und das Völkerrecht verletzt zu haben. Der internationale Druck gegen das Militär hat sich seit dem brutalen Vorgehen des Militärs gegen die Rohingya-Minderheit verstärkt.

Das Militär und sein Oberbefehlshaber haben jetzt die Flucht nach vorn angetreten und versuchen mit diesem Putsch, sich selbst, ihre Familien und ihre Militärkollegen vor möglichen Ermittlungen wegen umfangreichen, lukrativen Finanzgeschäften und undurchsichtigen wirtschaftlichen Beteiligungen und Korruption zu schützen. Sie versuchen, das Rad der Geschichte, auf dessen Kehrichthaufen sie schon längst gehören, anzuhalten.

Internationale Reaktionen auf den Putsch

Die UNO hat die Inhaftierung von Suu Kyi und wichtigen Führern verurteilt. Joe Biden hat den Putsch verurteilt. Die USA prüfen gezielte Sanktionen von Personen und vom burmesischen Militär kontrollierter Einrichtungen. US-Außenminister Antony Blinken forderte die Militärführung Myanmars auf, “diese Aktionen sofort rückgängig zu machen” und Suu Kyi und andere Inhaftierte sofort freizulassen. Man schätzt, dass mindestens 150 Personen verhaftet wurden, in der Regel ohne Anklage. Zwei Tage nach dem Putsch wurde Strafanzeige gegen Suu Kyi erstattet wegen illegaler Einfuhr eines Sets von Walkie-Talkies, die ihre Leibgarde benutzt haben soll.

In Bangkok kam es bereits am Montag zu Zusammenstößen zwischen der thailändischen Polizei und Demonstranten bei einer Demonstration vor der Botschaft Myanmars, wo sich mindestens 200 Menschen versammelt hatten. Die Polizei nahm nach Angaben der thailändischen Rechtsbeobachtungsgruppe iLaw drei Personen fest. In Tokio hielten am selben Tag hunderte von Demonstranten Portraits von Aung San Suu Kyi.

Unter Myanmars ASEAN-Nachbarn drückte das Außenministerium Singapurs “ernste Besorgnis” aus und sagte, dass es hoffe, dass sich die Situation für seinen “engen Freund” Myanmar so schnell wie möglich wieder normalisieren werde. “Wir erinnern an die Ziele und Prinzipien, die in der ASEAN-Charta verankert sind, einschließlich des Festhaltens an den Prinzipien der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der guten Regierungsführung, der Achtung und des Schutzes der Menschenrechte und der Grundfreiheiten,” heißt es in der Erklärung der ASEAN vom Dienstag. Und weiter: “Wir bekräftigen, dass die politische Stabilität in den ASEAN-Mitgliedsstaaten wesentlich ist, um eine friedliche, stabile und wohlhabende ASEAN-Gemeinschaft zu erreichen.“ Die ASEAN will nun eine Dringlichkeitssitzung der Außenminister einberufen, um über die Situation in Myanmar zu beraten.

Indonesien forderte alle Parteien auf, die verfassungsmäßige Regierung zu respektieren und die Differenzen bei den Wahlen mit den “verfügbaren legalen Mechanismen” zu lösen, während Malaysia dazu aufrief, dem Frieden, der Sicherheit und der Rechtsstaatlichkeit im Lande Priorität einzuräumen. Die Philippinen, Thailand und Kambodscha beschrieben die Entwicklungen als Teil der “inneren Angelegenheiten” Myanmars. Thailand ist wohlweislich sehr zurückhaltend, was eine Verurteilung des Putsches angeht. Wie könnte die thailändische Militärjunta auch im Nachbarland glaubwürdig das verurteilen, was sie im eigenen Land regelmäßig selber, zuletzt 2014, gemacht hat? Der Putschist und derzeitige Premierminister Chan-Ocha hat die Behörden angewiesen, allen Gruppen zu verbieten, politische Aktivitäten entlang der thailändisch-myanmarischen Grenze zu veranstalten. In Bangkok hat die Polizei ebenfalls Sicherheitsvorkehrungen um die Botschaft Myanmars getroffen.

Indien und Japan waren ebenfalls zurückhaltend in ihrer Kritik an dem Coup. Neu-Delhi äußerte “tiefe Besorgnis” und Tokio sagte, dass es “glaubt, dass es für die Parteien wichtig ist, Probleme friedlich durch einen Dialog in Übereinstimmung mit dem demokratischen Prozess zu lösen.”

China, als wichtigster Handelspartner Myanmars, rief leider lediglich alle Seiten dazu auf, “die Differenzen zu lösen”. Der chinesische Außenminister war letzten Monat noch auf Besuch in Myanmar. Es ist anzunehmen, dass China die Beziehungen mit der NLD-Regierung fortsetzen möchte. Aber, seien wir ehrlich, man hätte von China eine deutlichere Stellungnahme erwarten können.

Australien hat inzwischen den burmesischen Botschafter vorgeladen. Vor wenigen Tagen wurde ein australischer Berater von Suu festgenommen. Man äußerte “tiefe Besorgnis” über willkürliche Festnahmen von australischen und anderen ausländischen Staatsangehörigen in Burma.

Es bleibt abzuwarten, wie die ausländischen Investoren, die unter Suu Kyi ins Land kamen, reagieren werden. Ausländische Investoren könnten ihre Aktivitäten in Burma abbrechen und es Aung Hlaing erschweren, die Wirtschaft während des Notstandsregimes über Wasser zu halten. Die japanische Bier- und Getränkefirma Kirin Holdings steht wegen ihrer Beteiligung an zwei mit dem Militär verbundenen Brauereien unter Druck. Das Unternehmen gab am Freitag bekannt, dass es seine Partnerschaft mit MEHL in der Myanmar Brewery und Mandalay Brewery als Reaktion auf den Putsch aufgäbe. Die rechtlichen Risiken für Firmen, die weiterhin mit dem Militär in Myanmar Geschäfte machen, sind groß, auch steht ihre Reputation auf dem Spiel. In Thailand stoppte Amata vorübergehend seine Arbeit an der Entwicklung eines Industriegebietes in Myanmar im Wert von einer Mrd. Dollar aus Sorge, dass neue Sanktionen das Projekt für internationale Investoren tabu machen könnten. Suzuki Motor stoppte unterdessen seine beiden Autofabriken in Myanmar bis auf weiteres.

Die Widerstandsbewegung beginnt sich zu formieren

Suu Kyi ist in Myanmar immer noch ungeheuer populär, obwohl sie in den vergangenen Jahren wegen ihrer Reaktion auf die Rohingya-Krise außerhalb von Myanmar in Ungnade gefallen ist. Ihre Verhaftung hat in Myanmar großen Zorn auf die Putschisten hervorgerufen.

Wegen der Proteste gegen den Putsch hat die neue Militärregierung zuerst Facebook und später fast das gesamte Internet abschalten lassen. Suu Kyi aber hatte schon vor dem Putsch einen präventiven Aufruf an das Volk gerichtet, einen Putsch abzulehnen.

Nachdem zuerst Verwirrung und Ratlosigkeit in Burma herrschte, wächst jetzt der der Widerstand von Tag zu Tag. Nachdem am Samstag einige tausend Menschen in Rangun und Mandalay trotz Verbot auf die Straße gegangen waren und die Freilassung der Verhafteten gefordert haben, gingen am gestrigen Sonntag bereits mindestens 60.000 Menschen in Rangun auf die Straße. Viele Demonstranten hielten rote Ballons, trugen rote T-Shirts und Stirnbänder und hatten sich rote Schleifen angesteckt. Rot ist die Farbe der Partei von Aung San Suu Kyi. Die Demonstranten riefen “Nieder mit der Militärdiktatur!” und “Wir wollen keine Militärdiktatur, wir wollen Demokratie”.

Auch in Mandalay und Moulmein kam es zu Demonstrationen. Die Demonstrationen wurden von hupenden Autos und Motorrädern unterstützt. Jeden Abend ertönt ein ohrenbetäubender Lärm von Menschen im ganzen Land, die auf Töpfe und Pfannen schlagen, eine Praxis, die traditionell mit dem Vertreiben des Bösen in Verbindung gebracht wird. Wie vielfältig die Aktionen des zivilen Ungehorsams noch werden können, haben wir nicht zuletzt bei der prodemokratischen Bewegung in Thailand gesehen. Auch in Burma zeigen die Gegner des Putsches den Dreifingergruß, der in Thailand populär bei den Demonstranten geworden ist. Und auch in Burma scheint die Jugend bei den Protesten bereits eine herausragende Rolle eingenommen zu haben. Eine der folgenreichsten Veränderungen in Myanmar war die Verbreitung der Telekommunikation. Die Menschen haben auch in Burma heutzutage Smartphones, über die sie sich informieren und koordinieren. Darum hat das Militär nach dem Putsch zuerst die sozialen Medien und danach zeitweilig sogar das ganze Internet abgeschaltet. Vergebens, wie man bereits jetzt feststellen muss.

Sofort nach dem Putsch, bereits am Montag, hatte das medizinische Personal mit Protesten begonnen. Ihnen schlossen sich schon bald Studenten und Mitarbeiter aus den Betrieben an. Seit Freitag haben sich die Lehrerinnen und Lehrer der Kampagne zivilen Ungehorsams angeschlossen. Einige legten bereits die Arbeit nieder und weigerten sich, mit den Behörden zusammenzuarbeiten, es gab bereits eine Flut von Rücktritten von Regierungsposten.

Gestern demonstrierten einige hundert Menschen vor dem UNO-Gebäude in Bangkok. Auch vor vielen Botschaften Myanmars in zahlreichen Ländern fanden bereits Protestkundgebungen statt. In Myanmar nimmt der Widerstand gegen den Coup täglich zu. Das neue Regime versucht krampfhaft, irgendwie wieder Normalität herzustellen und die Wirtschaft zu befrieden, während gleichzeitig der zivile Ungehorsam wächst. Das Zentrale Exekutivkomitee der NLD gab eine Erklärung heraus, in der es die gegenwärtige Bewegung des zivilen Ungehorsams gegen die illegale Machtergreifung der Armee unterstützt.

Ein Führer der 88er Studenten von damals, Min Ko Naing, der die meiste Zeit danach im Gefängnis verbracht hat, rief zu einem Generalstreik auf, um das Land unregierbar zu machen. In einer Erklärung an die Medien appellierte er an die Öffentlichkeit, sich dem Militär auf jede Weise zu widersetzen, indem alle Formen des zivilen Ungehorsams genutzt werden.

Am Donnerstag haben gewählte Abgeordnete der NLD des neuen Parlaments während eines Treffens in einem Gästehaus die Eröffnung eines eigenen Parlaments ausgerufen und unterzeichneten einen Amtseid.

Ausblick

Bislang sind die Behörden machtlos, weitere Zwangsmaßnahmen würden die Situation eskalieren lassen. Am Ende bliebe nur noch ein erneutes Blutbad. Myanmar war einst eines der reichsten Länder in der Region. Nach 50 Jahren Militärdiktatur ist es jetzt das ärmste. Erst 2011, unter einer halb-zivilen Regierung, begannen politische und wirtschaftliche Reformen. Seither lebten die Menschen nicht mehr in täglicher Angst, wie unter der Militärdiktatur.

Der Putsch im Lande hat Erinnerungen an die Niederschlagung demokratischer Aufstände durch die vorherige Militärregierung wachwerden lassen, an den Aufstand von 1988, bei dem tausende von pro-demokratischen Demonstranten getötet wurden und an die Safran-Revolution 2007, die vom Militär brutal niedergeschlagen wurde. Jedermann in Burma hat seine Erfahrungen mit dem Militär gemacht, jeder weiß, was es bisher gemacht hat und wozu es fähig ist.

Seit dem 1. Februar steht Myanmar wieder am Anfang. Aber die Zeiten haben sich geändert. Eine neue Generation ist, wie im Nachbarland Thailand, herangewachsen und entwickelt neue Strategien des Widerstandes. Sie werden die Dinosaurier besiegen.

Titelbild: kan Sangtong/shutterstock.com