Sachverständigenratsvorsitzender präsentiert sich als Vertriebsagent der Versicherungswirtschaft

Albrecht Müller
Ein Artikel von:

Bert Rürup, Chef des Sachverständigenrates, äußert sich in einem Interview mit der Welt am Sonntag über Altersvorsorge, Wahlkampf und die Linkspartei. Er macht Stimmung gegen die gesetzliche Rente und für die private Zusatzvorsorge. An diesem Beispiel zeigt sich wieder, wie sehr unsere „Wissenschaft“ in Interessen eingebunden ist. Die entsprechende Passage und einige andere erhellende Antworten aus dem Interview folgen unten, genauso wie einige Passagen aus einer Anzeige für die “Rürup-Rente“.

Und hier Auszüge:

Welt am Sonntag: Und auf lange Sicht?

Rürup: Auf längere Sicht ist eine Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre völlig unverzichtbar. Außerdem müssen wir den Rentnern klarmachen, daß die Nullrunde des vergangenen Jahres nicht die letzte gewesen ist. Und den Jüngeren muß sehr deutlich gesagt werden, daß die gesetzliche Rente perspektivisch nur noch eine Basisabsicherung sein wird und daß zur Sicherung des Lebensstandards eine Zusatzvorsorge erforderlich ist.

Kommentar AM: Rürup macht nicht den Versuch, das harte Urteil über die gesetzliche Rente und seine Empfehlung für die private Zusatzvorsorge zu begründen. Wir wissen, dass die Privatvorsorge kein bisschen mehr bringt, dass Kapitaldeckung genauso wie das Umlageverfahren vom wirtschaftlichen Wachstum abhängig ist und dass sie einen viel höheren Verwaltungs- und Vertriebsaufwand kostet, und dass in vielen Ländern die Privatvorsorge-Systeme schon derart in die Krise geraten sind, dass entweder der Staat zuschießen musste oder die Menschen im Alter ohne einen Pfennig da standen. Die einschlägigen Artikel dazu finden Sie über die Suchfunktion der NachDenkSeiten.

Interessant ist in diesem Zusammenhang der Text einer Anzeige für Privatversicherungen vom Typ Rürup-Rente, die mir bei den Recherchen auffiel. Am Ende des Textes finden Sie den Link und Auszüge.

Und weiter im Rürup-Interview mit der WamS:

Kann schon ein Regierungswechsel allein die Konjunktur beleben?

Rürup: Sowohl die Erwartung wie der Umstand eines Regierungswechsels können bestimmte psychologische Effekte auslösen, die aber nur kurzfristiger Natur sind.

Sind diese Effekte abhängig davon, ob es eine schwarz-gelbe oder eine große Koalition gibt?

Rürup: Eine schwarz-gelbe Koalition dürfte die Erwartungen stärker beflügeln.

Kommentar AM: Interessant, Rürup orientiert sich um.

WamS: Die Union will doch die Gesundheitsprämie einführen, als deren Urheber Sie gelten, Herr Rürup.

Rürup: Ich bitte Sie, das Wahlprogramm hat mit meinen Vorstellungen herzlich wenig zu tun. Der Kompromiß, den CDU und CSU im November schlossen, war schon wenig überzeugend. Was jetzt im Programm steht, ist überhaupt nicht mehr nachvollziehbar und kann ungleich teurer werden. Insgesamt könnten die Pläne bis zu 20 Milliarden Euro kosten.

Und was raten Sie der Union jetzt?

Rürup: Daß sie im Falle eines Wahlsieges von Schwarz-Gelb das Gesundheitsministerium der FDP überlässt.

Kommentar AM: Das ist eine Empfehlung für die Hauptlobby der Pharmaindustrie und dem politischen Arm der Versicherungswirtschaft, die FDP.

WamS: Der Linkspartei laufen im Osten und im Saarland die Wähler zu. Ist die Arbeitslosigkeit daran schuld?

Rürup: Wahrscheinlich, es handelt sich um eine Enttäuschungsreaktion. Die Linkspartei sollte allerdings in der Wahlauseinandersetzung noch entzaubert werden. Ihr Konzept atmet den Geist der frühen siebziger Jahre und ist definitiv nicht in der globalisierten Welt von heute mit ihren offenen Güter- und Faktormärkten angekommen. So dumm sollte der Wähler nicht sein, zu glauben, daß dieses Programm funktioniert.

Kommentar AM: Auch diese Bemerkung des Vorsitzenden des Sachverständigenrates kommt so daher, als handele es sich um eine wissenschaftlich begründete Aussage. Dabei ist der Hinweis auf die siebziger und die globalisierte Welt nichts weiter als das Nachgeplapper der neoliberalen Propaganda – alles sei neu, die sozialstaatlichen Vorstellungen seien schon deshalb überholt, weil sie aus früheren Zeiten stammen und so weiter.

Und hier noch Auszüge und der Link zur Anzeige für die Rürup-Rente:

„Mehr Leistung durch staatliche Förderung : Rürup-Rente
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Mehr Leistung durch staatliche Förderung

Der Staat finanziert Ihre Altersvorsorge mit! Im Rahmen des neuen Alterseinkünftegesetz können Selbstständige sowie Angestellte bis zu 20.000,- € (verheiratete bis zu 40.000,- €) für Ihre Altersvorsorge aufwenden und im Jahr 2005 bis zu 60% steuerlich geltend machen.“

Quelle: Anzeige der Rürup-Rente