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  1. Kopf oder Bauch
  2. Sahra Wagenknecht: „Die wirklich Reichen haben auch durch Corona gewonnen“
  3. Bundesnotbremse
  4. Steigende Eigenanteile: Koalitionspolitiker fordern Pflegereform noch in dieser Wahlperiode
  5. Eine Knieprothese für den Wettbewerb
  6. So klappt gute Arbeit im Homeoffice: freiwillig und mit fairen Regeln – Betriebsvereinbarungen schaffen Verbindlichkeit
  7. Papier des Bundesfinanzministeriums: Steuerprüfungen bei Reichen sinken um mehr als 50 Prozent
  8. Koalition reformiert Grunderwerbsteuer: Immobilienhaie prellen Staat weiter
  9. Autobahn GmbH: Scheuers nächste Baustelle
  10. Hat Daimler eine „Mitarbeiter-Resterampe“? Angestellte klagen über internes Jobportal
  11. Umstrittene Agrarreform in Indien: Angst reibt Farmer auf
  12. Nicht-Meldungen und Staatsräson
  13. Zu guter Letzt: Modellierer zu Infektionsschutzgesetz: „Ausgangssperren bringen mittelfristig nicht sehr viel“
  14. Das Letzte: Hartz-IV-Empfänger wären mit 600 Euro im Monat „nicht deutlich zufriedener“

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Kopf oder Bauch
    Union Die CDU ist fünf Monate vor der Bundestagswahl in einer aufreizend desolaten Lage. Sie agiert aber nicht ohne Kalkül
    Das oberste personelle und inhaltliche Ziel der CDU war und ist der Machterhalt, sprich: die Besetzung des Kanzleramts. In den 72 Jahren, die seit Gründung der Bundesrepublik vergangen sind, war das in 52 Jahren der Fall. Das soll auch nach der Bundestagswahl am 26. September so bleiben.
    Doch der Zustand der CDU fünf Monate vor der Wahl ist alles andere als rosig. Keiner ihrer Minister macht einen guten Job. Die Corona-Krise legt schonungslos offen, wie verbraucht, konzeptlos und korrupt die Partei nach 16 Regierungsjahren ist. Erstmals seit den 1960er Jahren fiel die Zahl ihrer Mitglieder 2020 wieder unter 400.000, was einer Halbierung seit 1990 gleichkommt. Das Durchschnittsalter stieg auf 61 Jahre, der Frauenanteil verharrt bei 26 Prozent. Fast alle Landtagswahlen der vergangenen Jahre bescherten der CDU enorme Verluste, die Kernwählerschaft schrumpft, in vielen Großstädten sowie bei gut ausgebildeten Wählern schmiert sie regelrecht ab. Auf der einen Seite verliert sie an die Grünen, auf der anderen an FDP und AfD.
    Quelle: Wolfgang Michal im Freitag
  2. Sahra Wagenknecht: „Die wirklich Reichen haben auch durch Corona gewonnen“
    Offenkundig hilft uns die Fokussierung auf die Zielgruppe der Lifestyle-Linken und ihre Debatten um Denk- und Sprachverbote sowie Identitätspolitik nicht. Solche Diskussionen werden von einem Großteil der Bevölkerung als abgehoben wahrgenommen und gehen an den Problemen vorbei, die ein normaler Arbeitnehmer in seinem Alltag hat. Das macht die linken Parteien nicht attraktiver.
    Quelle: Handelsblatt

    dazu auch: Sahra Wagenknecht: «In einer Demokratie muss man zur Grundlage nehmen, was die Menschen wollen, und nicht, was einige hippe Weltbürger schön finden»
    Identitätspolitik hält sie für kontraproduktiv, offene Grenzen für gefährlich und den Nationalstaat für unentbehrlich. Mit ihrem neuen Buch schreckt die deutsche Linken-Politikerin ihre Parteikollegen auf. Sie richte ihre Überzeugung nicht danach aus, was ihr Umfeld von ihr erwarte, sagt Wagenknecht im Gespräch.
    Quelle: NZZ

  3. Bundesnotbremse
    1. Warum die „Bundesnotbremse“ verfassungswidrig ist
      Die „Bundesnotbremse“ wird scheitern. Denn es gibt keine schlüssige Begründung, weshalb es einer solchen „Notbremse“ tatsächlich bedarf. Alle 16 Bundesländer haben detaillierte Rechtsverordnungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie erlassen. Dass es dennoch erforderlich und angemessen sein soll, per Bundesgesetz zusätzliche Bestimmungen zu erlassen, ist nicht ersichtlich. Der entscheidende Webfehler der „Bundesnotbremse“ findet sich in § 28b Abs. 5 InfSG-E. Danach sollen „weitergehende Schutzmaßnahmen“ bestehen bleiben, die die Bundesländer bereits erlassen haben. […]
      Die Erforderlichkeit der „Notbremse“ wird sich bei vielen Maßnahmen schon deshalb nicht begründen lassen, weil die vorgeschlagenen Verbote bereits landesrechtlich geregelt sind und § 28b IfSG-E vorsieht, dass die landesrechtlichen Verbote bestehen bleiben. Welchen Nutzen soll ein bundesweites Verbot des Betriebs von Clubs und Freizeitparks haben, wenn sich ein solches Verbot bereits aus Landesrecht ergibt? Und warum sollen private Zusammenkünfte streng reglementiert werden, wenn es entsprechende Beschränkungen bereits in den Corona-Verordnungen zahlreicher Bundesländer gibt? Ginge es dem Bund darum, im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung Zuständigkeiten an sich zu ziehen (vgl. Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 GG), stünde ihm dies gewiss frei. Diesen Weg möchte der Bund jedoch nicht gehen. Der Bund entzieht den Ländern die Verbotsbefugnisse nicht, sondern ergänzt die landesrechtlichen Verbote um weitere Verbote, die es – wie etwa bei Clubs, Freizeitparks oder auch Schulen – in den allermeisten Bundesländern bereits gibt.
      Als einziges verfassungsrechtlich beachtliches Argument für die „Bundesnotbremse“ bleibt dem Bund die immer wieder betonte Einheitlichkeit von Regelungen im gesamten Bundesgebiet. Aber warum soll es angemessen sein, Intensivkapazitäten in Berlin zu schonen, indem man auf der Nordseeinsel Sylt per Bundesgesetz strenge Regeln in Kraft setzt? Warum soll man die „Nachverfolgung“ von Kontaktpersonen durch bayerische Gesundheitsämter sichern, indem man per Bundesgesetz für Niedersachsen Regelungen schafft, die sich von Bayern nicht unterscheiden?
      Quelle: Nico Härting auf CR Online
    2. Anwältin: Entwurf zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes verfassungswidrig
      Ausgangssperren und Kontaktbeschränkungen per Bundesgesetz – wie konnte es dazu kommen? Eine Analyse der Anwältin Jessica Hamed.
      Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur erneuten Änderung des Infektionsschutzgesetzes ist verfassungswidrig. Darin ist vorgesehen, per formellem Gesetz eine direkt geltende „Notbremse“ zu etablieren. […]
      Noch im letzten April war ich mir sicher, so etwas wie den Lockdown wird es in Deutschland nie wieder geben. Das Gegenteil ist eingetreten. Der Staat ordnet immer hemmungsloser und leichtfertiger die schwerwiegendsten Grundrechtseingriffe an.
      Letzten Frühling war es in meinem Heimatbundesland Rheinland-Pfalz wie in den meisten anderen Bundesländern geradezu verpönt, über eine Ausgangssperre auch nur näher nachzudenken. Inzwischen wurden zwei Landkreise in Rheinland-Pfalz aber genau dazu per Erlass gezwungen. Ein großer Teil der Verantwortung dafür ist bei den Parlamenten zu verorten. Früh haben die Abgeordneten gemerkt, dass sie in der Pandemie nichts zu gewinnen haben. Daher ließen und lassen sie die Regierenden im Wesentlichen schalten und walten.
      Quelle: Berliner Zeitung
    3. So sieht die Bundes-Corona-Notbremse aus
      Große Auswirkungen hat die Bundes-Notbremse auf den Rechtsschutz der Betroffenen. Wer Maßnahmen wie die Ausgangssperre für unverhältnismäßig hält, kann gegen die gesetzliche Regelung nur noch per Verfassungsbeschwerde das Bundesverfassungsgericht anrufen. Eine Anrufung der Oberverwaltungsgerichte bzw. Verwaltungsgerichtshöfe ist nicht mehr möglich, denn eine Normenkontrolle gem. § 47 VwGO, die gegen die Verordnungen der Landesregierungen möglich war, steht hier nicht zur Verfügung.
      Sollte die Bundesregierung von ihrer Verordnungsermächtigung Gebrauch machen, wäre dennoch keine Normenkontrolle möglich, da es dieses Instrument im Land Berlin nicht gibt. Hier könnten sich Betroffene nur per Feststellungsklage an das Verwaltungsgericht Berlin wenden. Die Feststellung hätte dann aber nur Wirkung zwischen den Prozessbeteiligten (inter partes) und könnte nicht die Verordnung als Ganzes zu Fall bringen.
      Der neue Notbremsen-Paragraph 28b IfSG soll nicht dauerhaft in Kraft bleiben. Wie der im November 2020 eingefügte § 28a ist er an das Bestehen einer “epidemischen Lage nationaler Tragweite” gebunden. Ob diese vorliegt, entscheidet gem. § 5 Abs. 1 IfSG der Bundestag. Er muss seit der letzten IfSG-Änderung im März mindestens alle drei Monate den Beschluss erneuern.
      Wenn der Inzidenzwert unter 100 bleibt, sind weiterhin die Verordnungen der Landesregierungen gem. § 28a i.V.m. § 32 IfSG maßgeblich. Die Länder können unterhalb der 100er-Schwelle also weiterhin selbst entscheiden, welche Beschränkungen sie einführen und welche Lockerungen sie zulassen wollen. Unterhalb der Schwelle dürfte die Flexibilität der Länder sogar steigen, weil hier keine koordinierenden Bund-Länder-Konferenzen mehr vorgesehen sind. (…)
      Ursprünglich strebte die Bundesregierung an, dieses Gesetz noch in dieser Woche durch Bundesrat und Bundestag zu bringen. Für die notwendigen Fristverkürzungen wäre eine Zwei-Drittel-Mehrheit der Abgeordneten erforderlich gewesen. Doch AfD, FDP und die Linke wollten dieses Eilverfahren nicht mittragen.
      Vorgesehen ist nun folgendes Verfahren: Am Freitag wird im Bundestag die erste Lesung stattfinden. Ebenfalls am Freitag könnte es zu einer Experten-Anhörung im Gesundheitsausschuss kommen. Der federführende Gesundheitsausschuss würde dann am Montag in einer Sondersitzung seine Beschlussempfehlung treffen, so dass der Bundestag das Gesetz am Mittwoch nächster Woche beschließen könnte.
      Nach wie vor geht die Bundesregierung davon aus, dass die Änderung des Infektionsschutzgesetzes keine Zustimmung des Bundesrats erfordert. Doch auch bei einem Einspruchgesetz muss der Bundesrat zu einer Sondersitzung zusammenkommen, was die Bundesregierung aber verlangen kann. Vermutlich werden die Länder aber noch die Zustimmungsbedürftigkeit durchsetzen. Dann gelten Enthaltungen als faktische Ablehnung, was nicht zuletzt den Grünen, die in elf Ländern mitregieren, doch noch starkes Gewicht geben würde.
      Quelle: Legal Tribune Online

      Anmerkung Christian Reimann: Es könnte gefragt werden, ob diese „Bundes-Corona-Notbremse“ eher der Verhinderung von Neuinfektionen oder vielmehr der Einführung und Durchsetzung von Sonder- bzw. Notmaßnahmen dienen soll. Sie entbehrt jedenfalls der medizinischen Evidenz. John Ioannidis hat frühzeitig vor einem „Evidenzfiasko“ gewarnt. Der drohende (z.B. pädagogische, psychologische und ökonomische) Schaden könnte hierzulande noch heftiger werden, weil insbesondere die Bundesregierung weiterhin beratungsresistent ist bzw. sogar „den Bezug zur Wirklichkeit verloren“ hat. Und das nun in einem Jahr mit Bundestagswahl.

    4. Zweifel an Verhältnismäßigkeit der Ausgangssperre: Juristen im Kanzleramt haben Bedenken gegen bundesweite Notbremse
      Kommende Woche sollen Bundestag und Bundesrat Änderungen am Infektionsschutzgesetz beschließen. Bedenken haben der „Bild“ zufolge selbst Merkels Experten.
      Quelle: Tagesspiegel
  4. Steigende Eigenanteile: Koalitionspolitiker fordern Pflegereform noch in dieser Wahlperiode
    Hohe Zuzahlungen, fehlendes Personal: Die Ungeduld in der Koalition ob der ausstehenden Pflegereform wächst. Gestritten wird vor allem um die Gegenfinanzierung.
    Mit Blick auf die noch ausstehende Pflegereform werden einzelne Koalitionspolitiker ungeduldig.
    „Wir brauchen zügig eine Entlastung für jene Pflegebedürftigen und deren Ehepartner, die seit Jahren pflegebedürftig sind und denen die Heimkosten über den Kopf wachsen“, sagte der CDU-Gesundheitspolitiker Alexander Krauß am Mittwoch in Berlin.
    Werde die Pflegereform nicht in den „kommenden Wochen“ auf die Spur gesetzt, verschiebe sich eine Lösung um mindestens ein Jahr, gab Krauß zu bedenken. Das sei den Betroffenen nicht zuzumuten. Der Eigenanteil an den Heimkosten liege mittlerweile bei 2068 Euro im Monat.
    Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) habe bereits einen „guten Diskussionsentwurf“ zur Reform der Pflege vorgelegt. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) müsse das nötige Geld dafür einplanen, forderte Krauß.
    Quelle: Ärztezeitung
  5. Eine Knieprothese für den Wettbewerb
    PatientInnen, die zur Unzeit entlassen werden, Milliardeninvestitionen in Spitalneubauten, eine wuchernde Bürokratie und frustriertes Personal: Knapp zehn Jahre nach Einführung der Fallpauschalen sind deren negative Folgen in den Spitälern unübersehbar.
    Auf Palliativstationen liegen unheilbar kranke Menschen. Die Idee ist, dass sie dort bis zu ihrem Tod begleitet werden, dass ihre letzte Lebensphase möglichst erträglich ausfällt. Doch die Realität sieht manchmal ganz anders aus: Immer wieder werden PalliativpatientInnen kurz vor ihrem Ableben noch einmal in eine Ambulanz verladen und in ein Heim verlegt. «Für die Betroffenen und ihre Angehörigen ist das höchst traumatisch», sagt Monika Obrist, Geschäftsführerin des Vereins Palliative zh+sh.
    Der Grund für diese Verlegungen ist kein medizinischer, sondern ein finanzieller: Wenn PalliativpatientInnen länger leben als erwartet, wird ihre Behandlung ab einem gewissen Zeitpunkt zu einem Minusgeschäft für das Spital. «Defizite durch Langlieger» nennt man das in der Branche. Monika Obrist betont, dass das Personal und oft auch die Spitäler ihr Möglichstes täten, um Verlegungen am Lebensende zu vermeiden. Doch Palliativstationen könnten sich defizitäre Behandlungen nicht immer leisten, weil sie grundsätzlich kaum profitabel und deshalb latent von einer Schliessung bedroht seien. «Ein Anreizsystem ist in der Palliative Care höchst unethisch», sagt Obrist.
    Quelle: WOZ
  6. So klappt gute Arbeit im Homeoffice: freiwillig und mit fairen Regeln – Betriebsvereinbarungen schaffen Verbindlichkeit
    In den letzten Wochen und Monaten wurde vermehrt über die Belastung von Beschäftigten bei mobiler Arbeit, derzeit also vor allem im Homeoffice, berichtet. Tatsächlich birgt die Arbeit zu Hause erhebliche Gefahren, etwa durch psychische Überlastung, Vereinsamung oder Karrierenachteile. Allerdings können diese Risiken abgewendet werden, wenn klare betriebliche Regeln geschaffen und die notwendigen Rahmenbedingungen eingehalten werden. Das ergibt eine neue Studie von Forscherinnen des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) und des Instituts für Mitbestimmung und Unternehmensführung (I.M.U.) der Hans-Böckler-Stiftung.
    Vor der Coronakrise arbeiteten nur 17 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland gelegentlich, überwiegend oder ausschließlich von zu Hause aus. In der Pandemie, da mobile Arbeit und Homeoffice helfen, Kontakte und Infektionen zu vermeiden, ist dieser Anteil deutlich gestiegen: Ende Januar 2021 waren es 38 Prozent, im April 2020 lag die Quote mit 44 Prozent sogar noch ein wenig höher. Das zeigt die Erwerbspersonenbefragung der Hans-Böckler-Stiftung. Die Forscherinnen aus WSI und I.M.U. haben die Angaben der Interviewten im Detail ausgewertet. Ihre neue Studie liefert Antworten auf eine Reihe von Fragen: Wer arbeitet im Homeoffice? Wie zufrieden sind die Beschäftigten damit? Welches sind die Vorteile und was die Probleme? Daraus lässt sich ein Katalog mit den Kriterien ableiten, die für Gute Arbeit am heimischen Schreibtisch auch jenseits der Corona-Ausnahmesituation erfüllt sein müssen.
    Quelle: Hans Böckler Stiftung
  7. Papier des Bundesfinanzministeriums: Steuerprüfungen bei Reichen sinken um mehr als 50 Prozent
    Wer reich ist und über 500.000 Euro pro Jahr verdient, wird von den Finanzbehörden immer seltener durchleuchtet. Die Zahl der so genannten Betriebsprüfungen der Finanzämter bei Steuerzahlern mit Einkünften von über einer halben Million Euro ist von 1628 im Jahr 2009 auf aktuell nur noch 909 im Jahr 2020 deutlich zurückgegangen – ein Minus von fast 56 Prozent.
    Quelle: RP Online
  8. Koalition reformiert Grunderwerbsteuer: Immobilienhaie prellen Staat weiter
    Mit „Share Deals“ sparen sich Konzerne die Grunderwerbsteuer. CDU/CSU und SPD schränken diese Möglichkeit jetzt ein – aber nur ein wenig.
    Die Große Koalition will die Umgehung der Grunderwerbssteuer durch sogenannte Share Deals etwas erschweren. Die Mehrheit des Bundestagsfinanzausschusses beschloss am Mittwoch nach jahrelangem Streit zwischen CDU/CSU und SPD einen entsprechenden Gesetzentwurf. Er lässt dieses Steuerschlupfloch beim Verkauf von Gebäuden und Grundstücken aber auch weiterhin offen.
    Gerade Konzerne erwerben Immobilien oft nicht direkt, sondern sie kaufen Anteile („Shares“) an einer Firma, der die Immobilie gehört. Solange sie binnen fünf Jahren weniger als 95 Prozent der Anteile übernehmen, müssen sie nach aktueller Rechtslage keine Grunderwerbsteuer zahlen. Den Rest hält in der Regel ein Strohmann des neuen Eigentümers. Auch Vorkaufsrechte etwa von durch Wohnungsnot geplagte Kommunen oder – bei Agrarflächen – von Landwirten gelten dann nicht.
    Quelle: taz
  9. Autobahn GmbH: Scheuers nächste Baustelle
    Mit einer Bundesgesellschaft soll der Bau von Autobahnen effizienter ablaufen. Doch 100 Tage nach dem Start der Autobahn GmbH kommt Verkehrsminister Scheuer nicht aus den negativen Schlagzeilen.
    Andreas Scheuer mag seine Worte gerne groß: “Natürlich sprechen wir von der größten Reform in der Geschichte der Autobahn”, erklärt der Verkehrsminister. In diesem Fall hat er recht. Als Folge der Föderalismusreform 2017 soll nun der Bund zentral die deutschen Autobahnen planen, sanieren und betreiben, nicht mehr die Bundesländer. Die Umstellung ist eine Mammutaufgabe. Mehr als 10.000 Beschäftigte wechselten von den Ländern zur neuen Bundesgesellschaft, der Autobahn GmbH. 1500 verschiedene IT-Systeme mussten synchronisiert werden. Im Januar ging sie an den Start.
    Quelle: Tagesschau

    dazu: Chaos bei der Autobahn GmbH: Unternehmen stoppen Arbeiten auf Baustellen
    Die Autobahngesellschaft bezahlt ihre Rechnungen weiterhin nicht. Nun ziehen die beauftragten Firmen Konsequenzen – und legen die Baustellen still.
    Quelle: Handelsblatt

  10. Hat Daimler eine „Mitarbeiter-Resterampe“? Angestellte klagen über internes Jobportal
    Im Zuge einer Konzernreform verfolgt Daimlers Vorstandschef Ola Källenius das Ziel, bis 2025 die Kosten bei Daimler im Vergleich zu 2019 um ein Fünftel zu senken. Für die geplanten Einsparnisse von etwa sechs Milliarden Euro sollen Schätzungen zufolge mehr als 20.000 Arbeitsplätze gekürzt werden, viele davon durch freiwillige Abfindungsprogramme. Nun steht aber die interne Plattform JobForum in der Kritik als „Resterampe“ für Beschäftigte zu dienen, wie die „Wirtschaftswoche“ berichtet.
    Quelle: Business Insider
  11. Umstrittene Agrarreform in Indien: Angst reibt Farmer auf
    Seit Monaten protestieren indische Bauern gegen Privatisierungsgesetze. Mehr als 360 sind bereits gestorben. Ein Blog will ihre Namen ehren.
    Die Unruhen ebben nicht ab – und sie fordert ihren Tribut. Während Bäue­r:in­nen in der indischen Hauptstadtregion um Delhi am Samstag erneut Straßen blockierten, schrieben die Angehörigen von Jaspal Singh seinen Namen als 363. in eine Liste ein. Es ist eine Liste der Menschen, die seit dem 24. November 2020 im Zusammenhang mit den geplanten neuen Agrargesetzen gestorben sind.
    Die indische Regierung will die Privatisierung im landwirtschaftlichen Sektor vorantreiben. Vor allem Klein­bäue­r:in­nen fürchten deshalb um ihre Existenz. Sie haben sich in mehreren Protestcamps formiert und starten von dort aus immer wieder Proteste.
    Quelle: taz
  12. Nicht-Meldungen und Staatsräson
    Das Bild der Realität wird durch Medien vermittelt – selektiv und manchmal retuschiert und mit Bildbearbeitungsprogrammen geschönt. Zur Selektion gehört auch, worüber nicht berichtet wird. Dass manche Ereignisse eine Meldung wert sind, andere nicht, ist oftmals nur schwer nachzuvollziehen. Da eine Nicht-Meldung naturgemäß nicht begründet wird – sonst wäre es ja eine Meldung –, entsteht zwangsläufig ein Manipulationsverdacht. Am 20.2. berichtete die Tageszeitung junge Welt über Recherchen der UN-Sonderberichterstatterin und Menschenrechtsbeauftragten Alena Douhan in Venezuela. Danach haben Sanktionen der USA und der EU gegen das Land »verheerende Auswirkungen auf die Bevölkerung«; sie erschwerten »den Zugang des Landes zu Nahrungsmitteln und Medikamenten«. Die humanitäre Krise in dem Land sei eine direkte Auswirkung der Sanktionen. Der einzige Weg zum Schutz der Menschenrechte sei »die Aufhebung der Sanktionen und die Wiederherstellung von normalen Beziehungen zwischen den Nationen«, sagte Duohan. Diese Stellungnahme war sonst nur der Welt eine Meldung wert. Sie verkehrte allerdings die Ergebnisse der UN-Beauftragten ins Gegenteil: »Europa wird mit UN-Hilfe von Venezuelas Diktator Nicolas Maduro an den Pranger gestellt.« (…)
    Auf der anderen Seite gibt sich die Bundesregierung sehr wortkarg, wenn sie kritische Fragen zum Fall Nawalny beantworten soll (vgl. Telepolis, 19.2.). Sie beruft sich auf »berechtigte Geheimhaltungsinteressen« und behauptet: »Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor.« Warum begnügen sich die großen Medien mit der Behauptung, Informationen würden das Staatswohl gefährden?
    Quelle: Ossietzky 07/2021
  13. Zu guter Letzt: Modellierer zu Infektionsschutzgesetz: „Ausgangssperren bringen mittelfristig nicht sehr viel“
    Kai Nagel ist Physiker und Corona-Modellierer an der TU Berlin. Eine nächtliche Ausgangssperre wirke nur kurzfristig, sagte er im Deutschlandfunk. Sie bringe aber mittelfristig nicht sehr viel, da die Menschen ihre privaten Verabredungs-Routinen dann eben entsprechend anpassen würden, um die Regelungen zu umgehen. Effektiver sei ein vollständiges Verbot privater Kontakte in Innenräumen, auch wenn das sehr hart klinge.
    Quelle: Deutschlandfunk

    Anmerkung André Tautenhahn: Ein vollständiges Verbot privater Kontakte in Innenräumen würde natürlich nicht umgangen, weil Kai Nagel persönlich in jedem Haushalt die Einhaltung dieser Regel überprüfen wird.

  14. Das Letzte: Hartz-IV-Empfänger wären mit 600 Euro im Monat „nicht deutlich zufriedener“
    Detlef Scheele, Chef der Bundesagentur für Arbeit, hält eine Erhöhung des Hartz-IV-Regelsatzes auf monatlich 600 Euro für nicht zielführend. „Ich bezweifle, dass jemand mit 600 Euro deutlich zufriedener wäre“, sagte Scheele im Gespräch mit der „ZEIT“. „Wer sorgenlos leben möchte, der muss sich berappeln und möglichst gut entlohnte Arbeit finden“.
    Quelle: Welt Online

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Wenn man, wie ich, die Bundesagentur für Arbeit so versteht, dass sie die Interessen von (arbeitslosen) Arbeitnehmern vertritt, sowohl die materiellen Interessen als auch das Interesse an einem neuen Arbeitsplatz, dann ist Scheele als Chef dieser Behörde eine völlige Fehlbesetzung. 600 Euro (anstelle von aktuell 446 Euro) im Monat können für einen Hartz-IV-Betroffenen den Unterschied zwischen einem Leben am oder eher unterhalb des Existenzminimums und einem Leben mit wenigstens nicht permanenter Geldnot und ein bisschen sozialer Teilhabe aus. Mit den aktuell klein gerechneten Sätzen ist oft genug der Besuch bei einer “Tafel” notwendig, kann man sich kaum oder gar keine neue Kleidung kaufen und darf bloß kein Haushaltsgerät kaputtgehen. Dass man von 600 Euro (plus Kosten der Unterkunft) “sorgenlos” leben könnte, phantasiert Scheele in bester neoliberaler Manier zusammen – und dass er dann noch versucht, Niedriglöhner (hier: “die Kassiererin bei Aldi”), die das scheinbare Lotterleben angeblich finanzieren müssen, gegen die Alg-II-Empfänger in Stellung zu bringen, ist unter aller Sau. Natürlich sind die Lohnabstände zwischen Niedriglöhnern und Alg-II-Empfängern zu klein, aber weil die Löhne insgesamt viel zu niedrig sind. In der gegenwärtigen Situation ist Scheeles Argumentation besonders infam, denn die Zunahme der Arbeitslosenzahlen – auch bei den Langzeitarbeitslosen – ist alleine das Ergebnis von Corona und der Anti-Corona-Politik. Niemand von denen wollte es sich in der “sozialen Hängematte” bequem machen, aber Scheele beleidigt, ohne nachzudenken, auch diese Arbeitslosen.

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