Leserbriefe zu „Antikommunismus, Antisowjetismus und die Fortführung im Kalten Krieg“

Ein Artikel von:

In diesem Beitrag plädiert Bernhard Trautvetter für historische Aufklärung. Die sei im Interesse der Friedens- und Ökologiebewegung geboten, denn mittlerweile – 80 Jahre nach Beginn des Vernichtungsfeldzuges gegen die Sowjetunion und seiner Vorgeschichte – wirke die Desinformation der NATO-affinen Kräfte auch bei Teilen der einst kritischen Spektren in der Öffentlichkeit und in die Partei der Grünen und in die SPD hinein. Den Menschen werde „vorgegaukelt, ihre ´Werte-Allianz´ stehe für Demokratie und eine regelbasierte Weltordnung, gegen die Russland und auch China stehen“. Danke für die interessanten Leserbriefe. Es folgt eine Auswahl. Zusammengestellt von Christian Reimann.


1. Leserbrief

Sehr geehrte Redaktion,
 
danke für den guten Artikel von Herrn Trautvetter. Ich habe zufällig gerade die Dokumentation The Untold History of the United States Chapter 6: JFK: To The Brink, von Oliver Stone gesehen und da wird ein Interview mit N.Chruschtschow wie folgt zitiert , ca. ab der elften Minute:

Es gibt ein Sprichwort bei uns Gib einem Deutschen eine Waffe in die Hand und früher oder später wird er sie gegen Russland benutzen.

In einem früheren Teil der Reihe, insgesamt gibt es acht, während des zweiten Weltkrieges, wird erwähnt wie oft Stalin von den Allierten die zweite Front gefordert hat und enttäuscht wurde. Außerdem wird erwähnt wie entkommend die Russen sind wenn man ihnen auch entgegenkommt, aber oftmals sind die Russen von den Allierten entäuscht worden.

Mit freundlichen Grüßen
Alexander Haack


2. Leserbrief

Sehr geehrtes Nachdenkseiten-Team,

dem Beitrag von Herrn Trautvetter stimme ich zu 100% zu.

Auch die Dokus zum 2. Weltkrieg in den Mainstreammedien beleuchten das Ausmaß der NS-Verbrechen in der Sowjetunion, zu diesem geplanten Völkermord, nur zu wenig.

Allerdings muss ich etwas hinzufügen, ohne relativieren zu wollen.

Dem Antisowjetismus wurde auch Vorschub geleistet durch die Verbrechen der stalinistischen Diktatur, die mit Hilfe ihrer berüchtigten Geheimpolizei “Tscheka” bereits in den 1920er- Jahren ihr Unwesen trieb und damals schon Teile der deutschen SPD davon abhielt, mit der Sowjetunion zu sympathisieren.

Auch ist die ablehnende Haltung der baltischen Staaten und vor allem Polens, in Anbetracht jahrhundertelanger Konflikte, nachvollziehbar.

Aber, wie gesagt, das soll keine Relativierung sein, sondern ein aus meiner Sicht wichtiger Zusatz.

Mit freundlichen Grüßen
Axel Goede


3. Leserbrief

Wie seine Vorgänger, der Antislawismus (v.a. gegenüber Russland und Serbien) 1914, der Antisemitismus (durchgehend im Kaiserreich, in der Republik von Weimer und im Nazi-Reich), der Antibolschewismus (1918-45), der Antisowjetismus bzw. Antikommunismus (1918-45, ab 1946 und über 1989-92 hinaus) ist der heutige Antirussismus der NATO ein wichtiger Teil der ideologischen Vorbereitung des nächsten Krieges – und kann uns Deutschen also, von rechts bis links, nur Leid und Tod bringen.

Den Abwehr-Vorbereitungen Russlands, seinen Garantien für die Donbass-Volksrepubliken und dem drauf folgenden Veto von Blinken im Auftrag Bidens verdanken wir offenbar, dass es im Osten der Ukraine im Mai nicht zu einer Art “Neuauflage des Koreakrieges” gekommen ist. Die Militärs der Kiewer Oligarchenrepublik und demzufolge auch der Clown an der Staatsspitze waren erklärtermaßen zu einem Großangriff auf Donezk und Lugansk bereit! (So wie die Li-Syng-man-Clique in Seoul 1950.) Und bei einem eventuell doch erfolgreichen Gegenschlag der Milizen der Volksrepubliken hätten sie NATO, EU und auch die UNO zu Hilfe gerufen gegen “die russische Aggression”, von der soeben – am 3. Juni – sogar zwei Senatorinnen von Bidens Demokraten sowie Hardliner Portman von den Republikanern bei einem Besuch in Kiew faselten.

Man muss die USA an ihre Geschichte erinnern: Als sich anglophonen Neubürger Mexikos in Texas 1830 und in Kalifornien 1845 – um in der Terminologie zu bleiben, als “Separatisten” – gegen die mexikanische Regierung erhoben, gaben die USA ihnen letztlich auch militärische Unterstützung – und es lief auf den US-amerikanisch-mexikanischen Krieg hinaus, der Mexiko um rund die Hälfte verkleinerte. Für ganz Lateinamerika noch heute ein Trauma.

Und in der deutschen Geschichte fast vergessen, wegen der heutigen guten Beziehungen zu Kopenhagen, ist der deutsch-dänische Krieg von 1864, bei dem Preußen und Österreich im Auftrag des Deutschen Bundes die Abtretung der voll und ganz (Holstein und Lauenburg) bzw. vorwiegend (Schleswig) deutschsprachigen zu Dänemark gehörenden Gebiete erzwangen, sie so vor der Dänisierung bewahrend (wobei sie natürlich auch eigene Interessen wahrten).

Russland trat damals übrigens für die territoriale Integrität Dänemarks bis zur Elbe bei Hamburg und Dömitz ein, aber militärisch zu intervenieren wagte es nicht!

Wie alle Wahlen unter einigermaßen demokratischen Bedingungen in der Ukraine gezeigt haben, sprechen die Menschen zwischen Charkow und Odessa, Dnepropetrowsk und Lugansk nicht nur russisch, sondern denken auch russisch, lehnen den militanten westukrainischen Nationalismus ab und haben ihre nationale Identität auch in politisches Handeln (meist eben nur an der Wahlurne, in Donezk und Lugansk 2014 auch durch Übernahme der Regierungsgewalt) umgesetzt. Da wäre es doch an der Zeit, wenn die “westliche Wertegemeinschaft” nicht nur Menschenrechte und Völkerrecht, Selbstbestimmungsrecht und Demokratie ständig im Munde führte, sondern in Kiew auf die Berücksichtigung dieses de facto binationalen Charakters der Ukraine drängten, praktisch durch Erfüllung von “Minsk-2”, also die Föderalisierung der Ukraine, was sich dann ja auch auf den “Weg nach Westen”, in EU und NATO hätte auswirken müssen. Aber weit gefehlt, alle westlichen Staaten decken die allseitige sozio-kulturelle Vergewaltigung der Menschen im Osten und Süden der Ukraine durch die Nationalisten  und Faschisten, die die völlig demokratische Wahl von Viktor Janukowitsch  zum ukrainischen Präsidenten 2010 nicht verhindern, aber kaum vier Jahre später ihn mit einem faschistischen Putsch aus dem Amt jagen konnten.  (Eine gesamtukrainische Gegenregierung oder eine Regierung der russischsprachigen Ost- und Südukraine mit Sitz in Charkow zu bilden, gelang wegen der Interessen der Oligarchen dieser Region – Achmetow, Kolomojski etc. – nicht mehr. )

Der Grund ist eindeutig: Weil es um Russen geht. Die könnten die Ostexpansion von USA/NATO/EU behindern – da kann man auf solche Petitessen wie nationale und Menschenrechte keine Rücksicht mehr nehmen!

Diesem wie allen anderen Arten des Rassismus und der ethno-nationalen Diskriminierung muss die Linke viel entschlossener Widerstand leisten!

Volker Wirth


4. Leserbrief

Ich bin noch nicht ganz durch, durch den Artikel. Das werde ich zu späterer Stunde nachholen.

Ich finde….einiges funktioniert doch zu gut für bestimmte Akteure… Es beginnt damit, dass man den Menschen erfolgreich eingetrichtert hat, dass der Kommunsimus unsere (!) Freiheit bedrohen würde. Das mag sogar so sein, das will ich an dieser Stelle gar nicht bewerten. Faszinierend bzw krass ist aber was konkret dies bedeutet hat. Ich behaupte einmal der Westen ist gar nicht GEGEN etwas eingetreten, sondern FÜR etwas, nämlich: den Faschismus. Die USA haben Europa auch nicht vom Faschismus befreit, sondern gerettet, was sich in ihren Augen retten ließ, an faschistischen Strukturen. Sie mögen erkannt haben, dass der Faschismus in seiner extremen Ausprägung nicht haltbar war im Nachkriegseuropa (Kommunisten, die in Italien auf dem Vormarsch waren, deutsche Fabrikarbeiter, die deren ehemalige Eigner und Chefs nicht mehr zurückkehren lassen wollten bei Thyssen, Krupp und Co, vll auch Teile der frz Resistance). Dennoch wollten sie ihn nicht ganz fallen lassen, siehe zB Franco in Spanien (dem Hitler zuvor schon, nämlich 1936 zur Macht verholfen hat, meiner Meinung nach das eigentliche Datum des Kriegsbeginns), die ebenso von den USA errichtete Militärdiktatur in Griechenland oder auch die stay behind Truppen (Gladio etc, die enge Verbindung der CIA zu faschistischen Kräften in Italien etc) der Nato in Europa. MW gab es auch Todeslisten für Deutschland, sollte die SPD die erste Wahl gewinnen etc pp. Das Ganze lässt sich noch viel weiter und detailreicher ausführen (zB auch die systematische Unterwanderung sämtlicher, vor allem auch kultureller Lebensbereiche durch die CIA, die Lizenz für Springer, das Abziehehen von Nazis als Lehrmeister und deren Einsatz in Lateinamerika, die Gründungsgeschichte von BND, Verfassungsschiutz etc pp).

In Indochina beduetete dieser “Kampf gegen den Kommunsimus” nichts Anderes als eine große, manipulative Lüge. Kurz: Indochina war vor dem Weltkrieg französisches Kolonialgebiet, ging mit der Besetzung Frankreichs durch Nazi-Deutschland formal an Deutschland über. Die gaben es an den Verbündeten Japan weiter. Nach dem Krieg dachten sich die Menschen dort “hmmm… selbst organisiert lebt es es sich auch ganz gut”. Kurz: sie wollten unter keinen Umständen wie sich später herausstellen sollte, unter die koloniale Knute Frankreichs zurück. Es ging nicht um Kommunismus, es sei denn die USA – und das passt zu ihrer faschistischen Ideologie – sehen es als Kommunismus an, wenn jemand selbstbestimmt, also nicht mehr unterdrückt und ausgeraubt leben möchte.

Dieses Gerede vom Antikommunsimus ist nichts Anderes als Augenwischerei, um von der faschistischen Aganda der USA abzulenken, die man ganz stark und beispielhaft in Lateinamerika beobachten kann.

Es ist auch kein Zufall, dass es den von den USA aufgebauten IS (bing.com/images/search?q=brzezinski+osama+bin+laden, bing.com/images/search?q=mccain+isis ) gibt oder Nazi-Batallione in der Ukraine etc pp. All das passt in die faschistische Ideologie der USA, ihrer Anhänger und folglich auch der Nato.

Der eigtl Konflikt, der da heute ausgefochten wird ist der, dass der Westen sein Kolonialregime (ebenfalls nichts Anderes als Faschismus) bröckeln sieht. Deswegen musste damals Indochina (nicht nur Vietnam) niedergerungen werden, weil sonst die Gefahr bestanden hätte, dass ihnen andere folgen könnten. Die Ukrainekrise begann vor dem Hintergrund, dass Russland es wagte in Syrien eigene Interessen zu verfolgen, nicht unbedingt in dem Verständnis, was man bei uns im Westen unter “Interessen” versteht. Ihnen ging es meiner Meinung nach aufrichtig darum Syrien nicht dem gleichen von außen herbeigeführten Zerfall preiszugeben, wie den Irak (die Vernichtungsideologie der Nazis pardon USA findet sich auch dort wieder, siehe Uranmunition, quasi die Vollendung der NaziIdeologie der verbrannten Erde) und nebenbei ist Syrien allein schon wegen des russischen Militärstützpunktes ein Verbündeter.

Die größte Gefahr besteht in den Augen der westlichen Eliten (nicht, was sie uns erzählen) darin, dass der Westen das über 500 Jahre gewohnte koloniale Regime verlieren könnte. Daher auch der Hass auf China und deren Intiative zur neuen Seidenstraße, die kooperativen Charakter hat und damit diametral entegegen westlicher Ideologie angesiedelt ist, nach der sich Profite nur aus Ausplünderung und Unterdrückung erwirtschaften lassen sollen, angeblich. Wenn unsere “Führer” uns von einer unmittelbaren chinesischen oder russischen Bedrohung vorlügen, dann ist das alles Folklore. In Wahrheit geht es darum, dass sie bald möglicherweise keine afrikanischen Kinder mehr totschlagen können für westliche Werte und so (in Wahrheit für Rohstoffe und zur völligen Unterwerfung der Völker / Faschismus).

Es gibt aber Hoffnung: der Westen ist ja keine einheitliche homogene Masse. Wichtige Teile der Wirtschaft werden sich eher den Chancen widmen, die die neue Seidenstraße mitsich bringt und auch an anderer Stelle sind die Positionen nicht so eindeutig, zB was die Beteiligung an chinesischen Entwicklungsbanken zeigt (sogar die Briten sind mit von der Partie). Frankreich ist zwar nach wie vor Kolonialmacht, aber auch Realist. Sie versuchen eher ihr koloniales Erbe zu retten, indem sie China einen Deal vorschlagen. Einzig die USA – und sie stiften freilich weite Teile Europas an – setzen konsequent und unnachgiebig auf Aggression und Konfrontation. Sie versuchen Europa zu spalten, um daraus ihre eigene Macht zu schöpfen. Außerdem taugt Europa als billige Vorhut, wenn man sich selber nicht die Finger an einem übermächtigen Gegner verbrennen will.

Dass man heute wieder gegen Russland schießt, passt in die Tradition:

“As the Nazis drove into Russia, Harry S. Truman got the following observation off his chest: “If we see that Germany is winning we ought to help Russia and if Russia is winning we ought to help Germany, and that way let them kill as many as possible”

Quelle: Archiv des Time Magazines / content.time.com/time/subscriber/article/0,33009,815031,00.html

Neuer, frischer hat das seinerzeit George Friedman ausgedrückt (die Ideologie dahinter ist die Gleiche):

Nicht nur, dass man damals wie heute verhindern wollte, dass Russland und Deutschland (russische Rohstoffe, deutsche Technologie und Kapital) zusammengehen und damit womöglich andere Weltmächte in den Schatten zu stellen gedroht hätten. Russland hat es in den Zwanzigern auch gewagt Standard Oil und dem westlichen Ölkartell in die Suppe zu spucken. Kurz nachdem sie gemeinsam mit Partnern ihr Kartell gründeten (darunter auch der Hitler Finanzierer Royal Dutch Shell) begann Russland billiges Öl auf den Markt zu werfen, auch um die Folgen innerer Krisen wirtschaftlich zh überwinden.

Von unserem Leser R.A.


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