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  1. Wenn Linke träumen könnten
  2. Manipulative Sonntagsfragen zur Bundestagswahl? Umfrageinstitut Forsa verklagt den Bundeswahlleiter
  3. Bilanz des “Anti-Terror-Kriegs”
  4. Wie der 11. September einen Afghanen aus mir machte
  5. Lauterbach warnt Geimpfte vor absichtlicher Infektion
  6. Teurer Müll
  7. Welche Regeln gelten für die Quarantäne? Eltern an Schulen und Kitas sind verunsichert
  8. Razzia im Finanzministerium
  9. Mafia und Drogenbanden: Berlin ist ein Paradies für Geldwäsche
  10. Verband kritisiert Politik: “Beispiellose Lobby- und Korruptionsskandale”
  11. Zugänge in die Grundsicherung für Arbeitsuchende: Aus Erwerbstätigkeit kommen mehr Personen als aus dem Arbeitslosengeldbezug
  12. Der Arbeitsalltag eines LKW-Fahrers für Amazons Subunternehmen
  13. Österreich: Altbekanntes. Weniger Geld und mehr Druck für Arbeitslose an und unter der Armutsgrenze
  14. Wohnungskrise: Mieten fressen Einkommen auf
  15. Polizei- und Presseberichte über Unfälle: Im Zweifel hat der Radfahrer Schuld
  16. USA: Reiche zahlen Hunderte Milliarden US-Dollar zu wenig an Steuern
  17. Die beste Konservative, die die SPD je hatte

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Wenn Linke träumen könnten
    Rechnerisch wäre Rot-Grün-Rot wohl möglich, auch die Wahlprogramme würden das hergeben. Was fehlt? Der Mut zu sozialen und klimagerechten Zukunftsvisionen […]
    Die SPD, die schon lange mit einem Fuß auf der rechten Seite der beschriebenen Grenze steht, kann sich zumindest seit Gerhard Schröder nicht entscheiden. Und sie hat es vorgezogen, ihre Unentschiedenheit in der Arbeitsteilung zwischen dem reformlahmen Kanzlerkandidaten und der etwas linkeren Parteispitze zu personifizieren. Dass das Programm durchaus einen Hauch von Rot-Grün-Rot atmet, vom Festhalten an der Schuldenbremse einmal abgesehen, geht dabei fast unter. […]
    Vielleicht steckt genau hierin der Grund dafür, dass die SPD und auch die Grünen mit ihren Forderungen nach „Bekenntnissen“ eine Mauer gegen die Linke aufbauen. Sie haben vielleicht sogar Anlass zu der Befürchtung, dass die jetzt angelaufenen Rote-Socken-Kampagnen wirken. Nicht deshalb, weil dieser Antikommunismus, dem ja weit und breit kein Kommunismus gegenübersteht, die alten Reflexe aus dem Kalten Krieg wecken könnte. Auch nicht, weil etwa in Sachen NATO und Militär kein Kompromiss mit der Linken möglich wäre – das wäre er mindestens ebenso gut wie mit Union oder FDP in der Steuerpolitik.
    Nein, die „Linksrutsch“-Propaganda wirkt womöglich deshalb, weil sie ganz reale Ängste vor Veränderungen im Alltagsleben anspricht. Und das wiederum könnte daran liegen, dass das Reformlager, soweit vorhanden, diesen Ängsten nicht offensiv genug mit einer positiven Vision von einem klimagerechten, stressärmeren, sozial abgesicherten und gerechteren Leben begegnet ist. Das hat erst den Raum für diejenigen geöffnet, die die Angst vor Veränderung nutzen, um dem hergebrachten Wachstums-Kapitalismus zwar klimafreundlicheres Handeln ans Herz zu legen (Christian Lindner, FDP: „Erfinden statt verbieten“), aber die notwendigen radikalen Veränderungen zu hintertreiben.
    Sicher: Es ist nicht ganz ausgeschlossen, dass nach der Wahl eine Dynamik entsteht, die doch noch zu einer rot-grün-roten Regierungskoalition im Bund führt. Noch ist auch Rot-Grün im Bereich des Möglichen. Mindestens ebenso wenig ausgeschlossen sind aber Bündnisse mit eingebauter Reformbremse, von der Ampel über Jamaika bis hin zum nächsten Stillstands-Bündnis von SPD und CDU/CSU, diesmal vielleicht unter Führung des Merkel-Imitators Olaf Scholz.
    Quelle: Stephan Hebel in der Freitag
  2. Manipulative Sonntagsfragen zur Bundestagswahl? Umfrageinstitut Forsa verklagt den Bundeswahlleiter
    Es ist historisch ein bislang wohl einmaliger Vorgang: Eines der führenden deutschen Meinungsforschungsinstitute, Forsa, hat den Bundeswahlleiter vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden verklagt. Nach Informationen von Business Insider geht es bei dem Streit nur zwei Wochen vor der Bundestagswahl um den Vorwurf der indirekten Wahlmanipulation.
    Ein Sprecher von Bundeswahlleiter Georg Thiel bestätigt die Klage auf Anfrage. Hintergrund ist die sogenannte Sonntagsfrage, die Umfrageinstitute wie Forsa alle paar Wochen ermittelt. Dabei rufen Mitarbeiter zufällig ausgesuchte Menschen an und fragen sie: „Wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre, wen würden sie wählen?“. Forsa fragt jedoch auch, ob jemand schon per Brief gewählt hat und wenn ja, wen. Die Antworten fließen in das Ergebnis der Sonntagsfrage ein.
    Und genau das widerspricht nach Rechtsauffassung von Bundeswahlleiter Thiel dem Bundeswahlgesetz. Denn dort heißt es in Paragraf 32 Absatz 2: „Die Veröffentlichung von Ergebnissen von Wählerbefragungen nach der Stimmabgabe über den Inhalt der Wahlentscheidung ist vor Ablauf der Wahlzeit unzulässig.“ Thiel hat daher die Meinungsforschungsinstitute darauf hingewiesen, dass die Abfrage des Status der Briefwähler nicht rechtens ist. Denn bei dieser Bundestagswahl kommt etwas Besonders hinzu: Demnach wird bei einer Wahlbeteiligung von 70 bis 75 Prozent eine Briefwählerquote von bis zu 57,2 Prozent prognostiziert – so hoch wie nie zuvor.
    Quelle: Business Insider
  3. Bilanz des “Anti-Terror-Kriegs”
    Millionen Todesopfer, grassierende Armut, Dutzende Millionen Flüchtlinge und mehrere umfassend zerstörte Länder: Das ist die Bilanz der westlichen Kriege im weiteren Nahen und Mittleren Osten seit dem 11. September 2001. Gestartet im Namen des Kampfs gegen den jihadistischen Terror, geführt unter dem Propagandabanner von “Freiheit” und “Demokratie”, haben die Kriege in Afghanistan, Pakistan und dem Irak, in Syrien, dem Jemen und Somalia vor allem menschliches Leid und Elend in historischen Dimensionen gebracht. Die tatsächlichen oder angeblichen Ziele wurden nicht erreicht: Nirgends, weder am Hindukusch noch an Euphrat und Tigris, sind gedeihende Gesellschaften entstanden; der jihadistische Terror ist laut dem Urteil von Experten heute “stärker” und global weiter verbreitet als im Jahr 2001. Im “Anti-Terror-Krieg” haben westliche Streitkräfte und Geheimdienste zudem schwerste Kriegs- und Menschenrechtsverbrechen begangen – von gezielten Morden an unbewaffneten Zivilisten bis hin zur Verschleppung Tausender, womöglich Zehntausender in Folterverliese. Die Bundesrepublik war in all dies involviert.
    Quelle: German Foreign Policy
  4. Wie der 11. September einen Afghanen aus mir machte
    Vor 20 Jahren war unser Autor Emran Feroz ein Kind, Afghanistan kannte er nur aus Erzählungen. Plötzlich wurde er zum „Afghanen“.
    Am 11. September 2001 war ich neun Jahre alt und lebte in Innsbruck. Dort war ich geboren und aufgewachsen, dort ging ich zur Schule. Rund zwei Jahre zuvor hatten meine Familie und ich die österreichische Staatsbürgerschaft erhalten. Jenseits der Tiroler Alpen hatte ich noch nicht viel gesehen, über das Land meiner Eltern wusste ich praktisch nichts.
    Als ich an jenem Tag nach Hause kam, freute ich mich auf das übliche Zeichentrickprogramm im Fernsehen. Doch daraus wurde nichts. Meine Eltern starrten bestürzt auf das Gerät, auf allen Sendern lief eine Sonderberichterstattung. Man sah die einstürzenden Türme in New York. Panische Reporter wurden live zugeschaltet. Dann wurde das Bild eines bärtigen, Turban tragenden Mannes gezeigt.
    Quelle: profil
  5. Lauterbach warnt Geimpfte vor absichtlicher Infektion
    Der Virologe Drosten erklärt, dass eine Corona-Infektion der Immunität von gesunden Geimpften einen Schub verleiht. Diesem Szenario könne er bei sich selbst viel abgewinnen. Gesundheitspolitiker Lauterbach sieht darin allerdings kein Modell für die Allgemeinheit. Dies hatte allerdings auch schon Drosten betont.
    SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach warnt vollständig gegen Corona Geimpfte vor einer Infektion mit dem Virus, um den Immunschutz zu erhöhen. “Es ist richtig, dass eine Corona-Infektion nach einer doppelten Impfung die Immunität abrundet”, sagte er der Funke Mediengruppe. “Aber ich würde niemandem empfehlen, sich freiwillig zu infizieren oder eine Ansteckung auch nur zu riskieren.”
    Denn auch “vollständig Geimpfte können mit schweren Verläufen ins Krankenhaus kommen”, sagte er zur Begründung. Zudem gebe es das “Risiko von Long Covid auch bei Geimpften”. Weiter sagte er: “Und drittens vergrößert eine solche Praxis die Gefahr für alle Ungeimpften auf eine riskante Art und Weise.”
    Quelle: n-tv

    Anmerkung Christian Reimann: Der absolute Wahnsinn: Zwei Regierungsberater sind sich einig, dass ein möglichst großer Teil der Bevölkerung die Injektionen erhalten soll. Und die Folgen danach? Das Niveau ist vergleichbar mit der Aussage des RKI-Präsidenten in einem “phoenix”-Interview vom 15.10.2020:

    “Also wir gehen alle davon aus, dass im nächsten Jahr Impfstoffe zugelassen werden. Wir wissen nicht genau wie die wirken, wie gut die wirken, was die bewirken, aber ich bin sehr optimistisch, dass es Impfstoffe gibt.”

  6. Teurer Müll
    Die Industrienationen haben einen Großteil der Corona-Impfstoffe aufgekauft. Nun schmeißen sie ihn wieder weg, weil die Verträge eine Weitergabe verbieten
    Kennen Sie die Geschichte vom Kind, das seine Osterhasen auf dem Fenstersims hortet und sie erst, als sie in der Sonne wegschmelzen, halb verdorben an andere Kinder verteilt? So ähnlich geht es derzeit zu bei den Corona-Impfstoffen.
    Die reichen Länder haben sich das Gros gesichert, nun liegen die Dosen wie Blei in Impfzentren und Arztpraxen, ihre Haltbarkeit läuft ab, oder sie mussten schon entsorgt werden, weil sie nicht beziehungsweise nicht mehr nachgefragt werden. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht davon aus, dass bis Ende August 2021 weltweit über eine Million Astrazeneca-Impfdosen unbrauchbar geworden sind. Das gilt demnächst auch für andere Produkte.
    Der größte Verschwender sind die USA, wo das einst rare Gut massenhaft gebunkert wurde und nun weggeworfen wird. Aber auch in Deutschland mehren sich die Meldungen über Impfstoff, der vor der Entsorgung steht – nicht zuletzt, weil die Hersteller in ihren Lieferverträgen die Weitergabe ins Ausland verbieten. Viele Ärzt:innen sind empört, zu Recht.
    Quelle: der Freitag
  7. Welche Regeln gelten für die Quarantäne? Eltern an Schulen und Kitas sind verunsichert
    Bundesweit soll es für Schulen und Kitas Erleichterungen bei Quarantäneregeln geben. Aber bis diese in der Praxis umgesetzt werden, vergehen Tage. Regionspräsident Jagau versichert jetzt, Schüler könnten sich nach fünf Tagen freitesten – egal, was im Bescheid des Gesundheitsamts steht. […]
    Das Robert-Koch-Institut stellte auf seiner Seite am Donnerstagnachmittag klar, dass Erstkontaktpersonen von Infizierten zehn Tage in Quarantäne müssen. Es besteht allerdings die Möglichkeit, sich freizutesten – nach fünf Tagen mit einem PCR-Test und nach sieben Tagen mit einem Antigen-Schnelltest.
    Wer sowieso regelmäßig getestet wird wie Schüler, kann sich schon nach fünf Tagen mit einem Antigen-Schnelltest freitesten, das kann ein Selbsttest unter Aufsicht oder ein offizieller Test in einem Testzentrum sein. „Das werden wir jetzt so in allen Fällen umsetzen“, unterstrich umgehend Regionspräsident Hauke Jagau (SPD), „auch wenn in den bisher verschickten Bescheiden etwas anderes steht.“
    Quelle: HAZ

    Anmerkung André Tautenhahn: Das ist ein schönes Beispiel für das Chaos, das infolge des anhaltenden Regierungsversagens weiter angerichtet wird. Die Quarantäneregeln für Kinder sind erst zum Ende der Sommerferien und damit im Prinzip wieder viel zu spät angepasst worden, mit dem Ergebnis, dass die Umsetzung in die Schulzeit fällt. Das führt zu erheblichen Unsicherheiten und geht nun sogar so weit, dass sich ein Regionspräsident (vgl. Landrat) dazu genötigt sieht, die Öffentlichkeit darauf hinzuweisen, dass man die amtlichen Schreiben einer ihm unterstellten Behörde ignorieren solle.

  8. Razzia im Finanzministerium
    Die Staatsanwaltschaft Osnabrück durchsucht seit Donnerstagmorgen das Bundesfinanzministerium und das Bundesjustizministerium in Berlin. Das bestätigte ein Sprecher der Ermittlungsbehörde dem SPIEGEL. Die Razzia begann demnach um Viertel nach neun, vier Beamte der Osnabrücker Polizei und sechs Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft seien im Einsatz, hieß es.
    Hintergrund ist ein Ermittlungsverfahren, das seit Februar 2020 läuft. Es richtet sich gegen namentlich nicht benannte Verantwortliche der Financial Intelligence Unit (FIU), einer Spezialeinheit des Zolls gegen Geldwäsche. Es besteht der Verdacht auf Strafvereitelung im Amt. Die FIU soll Geldwäscheverdachtsmeldungen von Banken »in Millionenhöhe« nicht ordnungsgemäß an die Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet haben.
    Quelle: DER SPIEGEL

    Anmerkung Christian Reimann: Bereits vor etwa einem Jahr haben die NachDenkSeiten mit einer Anmerkung u.a. darauf hingewiesen: Deutschland bleibt Geldwäsche-Paradies.

  9. Mafia und Drogenbanden: Berlin ist ein Paradies für Geldwäsche
    Bei dubiosen Immobiliengeschäften dürfen Notare keine Verdachtsfälle mehr melden. Grund ist eine kleine Änderung im Geldwäschegesetz.
    Ein 19-Jähriger kauft eine Villa, obwohl er gar kein Einkommen hat. Ein Hartz-IV-Bezieher erwirbt ein Millionengrundstück: Steuerhinterzieher, Mafia und Drogenbanden aus der ganzen Welt „waschen“ auf diese Weise in Deutschland Milliardenbeträge, weil es so einfach ist. Jetzt haben sie es noch leichter.
    Denn zum 1. August trat eine Änderung des Paragrafen 44 durch den Bundestag in Kraft. Danach ist es jetzt Notaren, die Immobiliengeschäfte beurkunden, wegen der Verschwiegenheitspflicht verboten, einen Geldwäsche-Verdacht über die Notaraufsicht an die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU) des Zolls zu melden.
    Quelle: Berliner Zeitung
  10. Verband kritisiert Politik: “Beispiellose Lobby- und Korruptionsskandale”
    Zu nah an Lobbyisten, zu lasche Regeln, zu wenig Transparenz: LobbyControl geht mit einigen – nicht allen – Politikerinnen und Politikern hart ins Gericht. Nach der Wahl müsse viel verspieltes Vertrauen zurückgewonnen werden.
    Die Bilanz der vergangenen vier Jahre fällt aus Sicht von LobbyControl durchwachsen aus. So habe es durchaus positive Entwicklungen in Sachen Transparenz gegeben. Etwa, dass der Bundestag zuletzt die Regeln für Nebeneinkünfte von Abgeordneten deutlich verschärft hat. Positiv sei auch, dass ein Lobbyregister eingeführt wurde, in das sich Interessensvertreter eintragen müssen.
    Quelle: Tagesschau
  11. Zugänge in die Grundsicherung für Arbeitsuchende: Aus Erwerbstätigkeit kommen mehr Personen als aus dem Arbeitslosengeldbezug
    Zwischen 2010 und 2017 gab es jährlich mehr als eine Million Erwachsene, die zum ersten Mal oder erneut Hartz IV bezogen. Gut ein Drittel von ihnen befand sich bereits während der letzten zwölf Monate in der Grundsicherung. Das geht aus einer am Donnerstag veröffentlichten Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor.
    Mehr als jede fünfte in die Grundsicherung zugegangene Person verlor unmittelbar davor ihre sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. „Diese Personen kamen meist aus den Bereichen Arbeitnehmerüberlassung, Handel, Instandhaltung, Reparatur von Kraftfahrzeugen und Sonstige Dienstleistungen – sowie häufig aus niedrig entlohnten Beschäftigungsverhältnissen mit kurzer Beschäftigungsdauer“, berichtet Kerstin Bruckmeier, Leiterin der IAB-Forschungsgruppe „Grundsicherungsbezug und Arbeitsmarkt“. Nur knapp 8 Prozent der Personen, die in die Grundsicherung übergegangen sind, erhielten bis unmittelbar davor noch Arbeitslosengeld.
    Quelle: IAB

    dazu: Mehr als Hälfte der Beschäftigten unter Niedriglohn-Schwelle
    Auch nach den Skandalen in der Fleischindustrie erhalten weiterhin mehr als die Hälfte der sozialversicherungspflichtig Vollzeit-Beschäftigten in der Branche ein Gehalt unterhalb der Niedriglohnschwelle. Die Niedriglohnquote in der Fleischwirtschaft liegt bei 50,6 Prozent, in der Gesamtwirtschaft dagegen bei 18,7 Prozent. Das geht aus der Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion hervor.
    Quelle: RP-online

  12. Der Arbeitsalltag eines LKW-Fahrers für Amazons Subunternehmen
    Amazon verschickt pro Minute etwa 10.000 Pakete weltweit. Innerhalb der letzten zehn Jahre hat der Versandhändler seinen Umsatz allein in Deutschland versechsfacht. Genug Geld, um gerechte und menschenwürdige Arbeitsbedingungen zu schaffen? Von wegen! Das System Amazon beruht auf Überwachung, Druck und Ausbeutung. Das Team Wallraff hat sich einen Blick hinter die Kulissen verschafft, sich undercover den Joballtag angeschaut und mit mehreren Mitarbeitern gesprochen – und die Geschichten, die sie erzählen, sind schockierend. So erzählt uns beispielsweise LKW-Fahrer Sergej von monatelanger Arbeit am Stück und zeigt uns seinen Schlafplatz, der etwa halb so groß wie eine Gefängniszelle ist.
    Wer zur Toilette muss, hat es als Mitarbeiter eines Amazon-Subunternehmens nicht leicht. Einer der Paketzusteller erzählt, dass der Großteil seiner Kollegen in eine Flasche urinieren soll: “Das ist zur Selbstverständlichkeit geworden, du sparst viel Zeit”, erzählt er uns. […]
    Ähnlich problematisch ist der Gang zur Toilette auch bei den Fließbandmitarbeitern in den Logistikzentren, wie “Team Wallraff”-Reporter Daniel beobachtet. Muss jemand zur Toilette, so muss er sich um Ersatz kümmern. Und das kann dauern – ein Mitarbeiter klagt darüber, dass er teilweise bis zu 30 Minuten warten muss, bis er endlich Ersatz findet und für wenige Minuten auf die Toilette verschwinden darf. […]
    Die Arbeitsbelastung in den Lagern ist hoch, pro Nacht laufen bis zu 80.000 Pakete über die Bänder, die von Mitarbeitern sortiert werden müssen. Undercover-Reporter Daniel erlebt mit eigenen Augen, dass dies zum Erreichen der Belastungsgrenze führen kann. Eine zierliche Mitarbeiterin kämpft sichtlich mit schweren Paketen und ruft: “Mir ist das scheißegal, sollen die mich kündigen. Ich kann nicht mehr, ich heule gleich.”
    Quelle: RTL

    Anmerkung JK: Aber die woke Home Office Elite war im Lockdown bestimmt supersolidarisch mit allen Paketfahrern und Logistikarbeitern. Dass Amazon natürlich auch aggressive Steuervermeidung betreibt, sei dazu am Rande erwähnt. Daran, die schöne neue Überwachungstechnik in der ganzen Gesellschaft auszurollen, wird ja unter dem Deckmantel des Gesundheitsschutzes bereits gearbeitet. Das Beste daran, die Menschen machen begeistert mit.

  13. Österreich: Altbekanntes. Weniger Geld und mehr Druck für Arbeitslose an und unter der Armutsgrenze
    Man kennt das seit vielen vielen Jahren in Deutschland. In einer wellenförmigen Bewegung wird immer wieder ein bewusst-unbewusstes Narrativ aufgerufen: Viele Arbeitslose sind schlichtweg selbst schuld an ihrer Situation, weil sie sich „drücken“, weil sie sich eingerichtet haben in den „großzügigen“ Transferzahlungen, weil es ihnen „zu gut“ gehen würde. Die Individualisierung, Personalisierung und Moralisierung von Arbeitslosigkeit hat sich seit den 1990er Jahren flächendeckend durchgesetzt und ist in vielen Köpfen tief verankert. Und man instrumentalisiert dann gerne das Reden vom „Missbrauch“ und der Verweigerung des Zumutbaren in den Situationen, in denen man Leistungen kürzen will. Was man ja irgendwie rechtfertigen muss.
    In Österreich läuft derzeit eine vergleichbare Welle ab. »Die ÖVP drängt in der Regierung auf eine „Reform“ des Arbeitslosengeldes. Jobsuchende sollen noch mehr unter Druck sein und jeden – noch so schlechten – Job annehmen müssen.« Das, was Patricia Huber in ihrem Artikel Weniger Geld und mehr Härte: Kurz will Arbeitslose noch mehr unter Druck setzen aus dem Alpenland berichtet, kommt uns in Deutschland mehr als bekannt vor.
    Quelle: Aktuelle Sozialpolitik
  14. Wohnungskrise: Mieten fressen Einkommen auf
    Immer mehr Menschen sind offen für einen Mietenstopp. Der Grund: Wegen hoher Mieten bleibt zu wenig vom Einkommen übrig. Darunter leiden besonders Geringverdienende. Es müssen mehr bezahlbare Wohnungen geschaffen, die Einkommen gestärkt und die Mieten eingefroren werden, fordert das #schlaglicht 30/2021 aus Niedersachsen.
    Im Gegensatz zu den aktuellen Prognosen für die Bundestagswahl lässt das Ergebnis in seiner Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Laut einer Umfrage des Instituts infratest dimap im Auftrag des Südwestrundfunk (SWR) sind fast drei Viertel der Befragten für die Einführung eines Mietendeckels. Und warum auch nicht? Seit Jahren fressen die immer weiter ansteigenden Mieten große Teile von den Einkommen der Menschen auf. Dieser ungenierte Griff in ihre Taschen muss endlich ein Ende haben. Deshalb Mietenstopp jetzt!
    An der Mietenschraube wird inzwischen überall gedreht. Sogar in ländlichen Regionen und kleineren Gemeinden rasen die Preise nach oben. Besonders prekär ist die Lage aber in Großstädten – auch in Niedersachsen: Über die Hälfte aller Mieterhaushalte in Hannover, Oldenburg und Osnabrück müssen mehr als 30 Prozent ihres Einkommens für die Miete hinblättern. In Göttingen, Braunschweig und Wolfsburg sieht es kaum besser aus. In Summe fehlen in diesen sechs Städten 86.000 bezahlbare Wohnungen.
    Quelle: DGB Niedersachsen #schlaglicht
  15. Polizei- und Presseberichte über Unfälle: Im Zweifel hat der Radfahrer Schuld
    In ihren Pressemitteilungen zu Unfällen stellt die Polizei es häufig so dar, als hätten Radfahrer Fehler gemacht. Das kritisiert der Fahrradclub ADFC. Die Person im Auto dagegen bleibe oft „unsichtbar“. Ein weiteres Problem: Medien übernehmen häufig diese Perspektive.
    „Die Polizei gibt ja selbst Meldungen heraus, wo sie berichten, was auf der Straße passiert ist. Und insbesondere haben wir uns über einen Fall sehr aufgeregt, es war eine Meldung von der ‚Neuen Westfälischen‘, die hatten getitelt: ‚Radfahrerin kracht ohne Helm gegen Auto‘. Und was wirklich passiert war, war, dass die Autofahrerin der Radfahrerin die Vorfahrt genommen hat“, erklärt Stephanie Krone, die Pressesprecherin des Allgemeinen Deutschen Fahrrad Clubs, ADFC.
    In dem konkreten Fall allerdings hatte die fragwürdige Überschrift der „Neuen Westfälischen“ mit der Polizeimeldung nichts zu tun. Die Polizei in Gütersloh – dort war der Unfall passiert, titelte lediglich: „77-jährige Fahrradfahrerin bei Unfall schwer verletzt“, Stunden, nachdem die Zeitung bereits online berichtet hatte. Der Verkehrsreporter Thorsten Hess war vor Ort gewesen und hatte die Redaktion telefonisch informiert. Text und die fragwürdige Überschrift entstanden dann ohne ihn in der Redaktion, erinnert er sich heute. Nach massiver Kritik änderte die Zeitung ihre Überschrift am nächsten Tag in „Autofahrer übersieht Radfahrerin“.
    Quelle: Deutschlandfunk
  16. USA: Reiche zahlen Hunderte Milliarden US-Dollar zu wenig an Steuern
    Weil sie es sich leisten können, so das US-Finanzministerium. In Deutschland spricht sich Uli Hoeneß gegen die Vermögenssteuer aus: “ein Schmarrn”
    Den US-Staatskassen geht wieder mal das Geld aus. Finanzministerin Janet Yellen warnt, dass sie schon im Oktober erschöpft sein. Yellen drängt in einem Brief an wichtige Kongress-Politiker darauf, dass die Schuldengrenze weiter angehoben wird.
    Bis zur letzten Minute zu warten, könnte “das Vertrauen von Unternehmen und Verbrauchern ernsthaft schädigen, die kurzfristigen Kreditkosten für die Steuerzahler erhöhen und sich negativ auf die Kreditwürdigkeit der Vereinigten Staaten auswirken”, zitiert die Financial Times aus dem Schreiben.
    Das ist bekannter politischer Poker. Es geht darum, dass sich Demokraten und Republikaner über Pakete einigen. Biden beabsichtigt, wie berichtet, einen 1,2 Billionen US-Dollar-Infrastrukturplan, dessen sozialpolitischen Konsequenzen Wellen schlagen (US-amerikanische Sozialpolitik – gibt’s denn so was?). Das muss seine Regierung erst durch Kongress bringen. Die Republikaner gaben, so die britische Finanzzeitung, zuletzt Zeichen, dass sie sich einer Erhöhung der Schulden widersetzen würden. Offensichtlich braucht Yellen aber trotz einer Mehrheit der Demokraten die Unterstützung von Führern der Republikaner.
    Das bildet den Hintergrund zu einer Forderung des Finanzministeriums, von der viele maßgebliche Republikaner und deren Unterstützer und Gönner nicht begeistert sein dürften. Der jüngste Bericht des US.-Treasury macht auf eine Steuerlücke von jährlich geschätzt 600 Milliarden US-Dollar aufmerksam.
    Quelle: Telepolis
  17. Die beste Konservative, die die SPD je hatte
    Franziska Giffey will Berlins Bürgermeisterin werden. Dabei verkörpert sie alles, was in der SPD seit Jahren falsch läuft.
    In einem wohl beispiellosen Vorgang haben sich die Grüne Jugend und die Linksjugend am 24. August 2021 zusammengeschlossen, um in einem gemeinsamen Schreiben den Rücktritt von Franziska Giffey als Spitzenkandidatin der Berliner SPD zu fordern. Sie setzen alles daran, nach der Wahl zum Abgeordnetenhaus die rot-rot-grüne Koalition fortsetzen zu können. Dieses Regierungsbündnis erzielt in Umfragen seit Jahren stabile Mehrheiten in der Bundeshauptstadt. Zentraler Kritikpunkt des Schreibens ist die Befürchtung, Giffey könne – wie bislang üblich – im Fall ihrer Wahl zur Regierenden Bürgermeisterin zugleich als Senatorin für den Bereich Wissenschaft zuständig sein. Das sei ein Schlag ins Gesicht aller redlichen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, so der Tenor. Schließlich hatte die Freie Universität Giffey den Doktortitel entzogen, nachdem ihre Dissertation wegen massiver Plagiatsvorwürfe überprüft worden war.
    Doch auch Giffeys Haltung zum Volksbegehren von »Deutsche Wohnen und Co. enteignen« erzürnt den Nachwuchs der Grünen und der Linkspartei. Etwa vier Wochen vor den Wahlen zum Bundestag sowie zum Berliner Abgeordnetenhaus erklärte Giffey die Forderung nach der Enteignung großer Immobilienkonzerne zur »roten Linie« für Koalitionsverhandlungen mit ihrer Partei. Zwar hatte zuvor die Berliner SPD auf einem Landesparteitag mit knapper Mehrheit entschieden, die Initiative »Deutschen Wohnen & Co. enteignen« nicht unterstützen zu wollen. Doch Annika Klose, frühere Berliner Juso-Vorsitzende und derzeit Bundestagskandidatin der SPD für Berlin Mitte, widerspricht Giffey: »Das als rote Linie für eine Koalition zu definieren, ist jedenfalls nicht der Beschluss der SPD – auch wenn es vielleicht die Präferenz unserer Spitzenkandidatin an dieser Stelle ist.«
    Insgesamt ist der einstmals eher linke Berliner Landesverband in jüngerer Vergangenheit jedoch vor allem durch Unterordnung aufgefallen. Noch vor ihrer Wahl zur Landesvorsitzenden und Spitzenkandidatin ließ Giffey in den Medien verkünden, dass es mit ihr eine Abkehr von der bisherigen Politik unter Rot-Rot-Grün geben werde.
    Quelle: Jacobin

Hinweis in eigener Sache: Aus Termingründen entfallen heute Nachmittag die Hinweise des Tages II.