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  1. Grenzwerte: Kompromisse für mehr Lebensqualität
  2. Tschentscher zu falschen Zahlen – Der Zahlen-Erklärer in Zahlennot
  3. Ethikrat: Empfehlung für Impfpflicht könnte revidiert werden
  4. Debatte in Italien: Was sagen die täglichen Corona-Zahlen überhaupt noch aus?
  5. Danyal Bayaz – der neoliberale Finanzminister der Grünen
  6. Arbeitgeber & Mindestlohn: Die Stunde der Scheinheiligen
  7. Ein nachhaltiges Finanzwesen? – Schlussfolgerungen aus einer aktuellen Debatte
  8. US-Staatssekretärin Nuland: USA arbeiten aktiv an Verzögerung der Zertifizierung von Nord Stream 2
  9. Kasachstan und die Energiewende
  10. Amerikas Schande – Guantánamo steht für moralisches Versagen
  11. Syrischer Ex-Geheimdienstler muss lebenslänglich in Haft
  12. Rüstungsbericht: Zu teuer, zu spät
  13. Supreme Court stoppt Bidens 3G-Pläne für große Unternehmen
  14. Ein Verbot von Telegram löst kein Problem und wäre ein schwerer Fehler
  15. Cum-Ex-Skandal: Früherer Warburg-Banker legt Geständnis ab
  16. Zu guter Letzt: “Schönen Dank für Ihre Frage”: Phrasenbingo mit Olaf Scholz

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Grenzwerte: Kompromisse für mehr Lebensqualität
    Wie hoch darf die Strahlenbelastung sein? Ab welcher Inzidenz kommt der Lockdown? Grenzwerte beeinflussen unser Leben. Das ist richtig, findet der Publizist Frank Lübberding, erinnert aber daran, dass die Werte immer ausgehandelt werden.
    „Da Wissenschaftler nie ahnungslos sind, haben sie für ihre Ahnungslosigkeit viele Wörter, viele Methoden, viele Zahlen.“ Solche Sätze können heutzutage ungeahnte Assoziationen auslösen. Manche sind vielleicht über die Respektlosigkeit entsetzt: Gilt nicht der Grundsatz „Follow the Science“? Andere erinnert der Hinweis auf „viele Worte, viele Methoden, viele Zahlen“ unter Umständen an unsere informationelle Ahnungslosigkeit in der Pandemie. Nichts dergleichen wäre berechtigt, weil das Zitat aus dem Jahr 1986 stammt.
    Urheber war der 2015 verstorbene Soziologe Ulrich Beck. Er formulierte diesen Satz in dem wahrscheinlich wichtigsten Buch der zeitgenössischen Soziologie. Es hieß „Risikogesellschaft“ und meinte „ein zentrales Wort für Auchnichtwissen in der Beschäftigung mit Risiken“, wie es Beck damals so treffend ausdrückte. Das Wort hieß Grenzwert.
    Er ist bis heute ein zentraler Baustein in der Epidemiologie und in der Umweltpolitik. Über Grenzwerte definieren wir die Qualität der Atemluft, des Wassers und unserer Nahrung. Sie bestimmen somit weite Teile dessen, was man ab den 1970er-Jahren Lebensqualität nannte. Die Erfolge lassen sich sprichwörtlich riechen und schmecken: Schon die Verbesserung der Luftqualität ist eine beispiellose Erfolgsgeschichte. […]
    Das Buch markiert eine Epoche, wo die Wissenschaft nicht mehr als das Symbol eines optimistischen Fortschrittsglaubens galt. Es war eine Zeit, als Wissenschaftskritik zum guten Ton gehörte – und Querdenker noch als Vordenker galten. Becks Kritik an den Grenzwerten machte deren blinde Flecken und technokratische Fehlschlüsse sichtbar.
    Quelle: Deutschlandfunk Kultur
  2. Tschentscher zu falschen Zahlen – Der Zahlen-Erklärer in Zahlennot
    Hamburgs Erster Bürgermeister Tschentscher hatte Ungeimpfte für die meisten Neuinfektionen verantwortlich gemacht. Nun spricht er von einer “Datenpanne” und “grob falschen” Zahlen.
    Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) hatte im ersten Jahr der Pandemie ziemlich viel richtig gemacht. Als langjähriger Labormediziner brachte er für das Amt des Regierungschefs das nötige Rüstzeug mit für das Analysieren und Erklären der komplexen Zahlen in der Pandemie. Und auch für die Schlussfolgerungen daraus.
    Umso peinlicher wirkten da Zahlen über den angeblichen Anteil Ungeimpfter bei den Infizierten, die Tschentscher im November nannte. Nun musste er einen Fehler einräumen und nannte diese Zahlen “grob falsch”.
    Konkret ging es um die Bekanntgabe der Daten zu spezifischen Inzidenzen der Geimpften und Ungeimpften. In der Landespressekonferenz am 16. November letztes Jahr hatte Tschentscher gesagt, dass 90 Prozent der Neuinfektionen mit dem Coronavirus auf Ungeimpfte zurückzuführen seien. “Grob falsch”, wie er nun am Dienstag in der Landespressekonferenz einräumen musste.
    Die Datenbasis sei damals viel zu dünn gewesen und hätte niemals zur dann eben falschen Berechnung herangezogen werden dürfen. Der verharmlosend wirkende Begriff “Datenpanne” wird nun zu Hilfe genommen, um dem Zahlendesaster einen Namen zu geben.
    Quelle: ZDF
  3. Ethikrat: Empfehlung für Impfpflicht könnte revidiert werden
    Die Empfehlung sei von der Deltavariante geprägt gewesen, sagt Ratschefin Buyx. Wenn eine harmlosere Mutation vorherrsche, könne sich die Einschätzung ändern.
    Quelle: Berliner Zeitung

    Anmerkung unseres Lesers P.L.: Zeitgleich berichtet die Berliner Zeitung, dass laut Bundesgesundheitsminister Lauterbach die Impfpflicht für Omikron keine Rolle mehr spiele (vor 10 Tagen hätte er aber noch eine baldige Impfpflicht gefordert). Eine Impfpflicht sei laut Lauterbach heute perspektivisch wichtig, um eine Coronawelle im Herbst abzuwenden. Niemand weiß aber heute, ob überhaupt und welche Mutation/Variante im Herbst ggf. eine Welle auslöse. Können insofern jemals die Voraussetzungen für eine ethisch verantwortbare Corona-Impfpflicht tatsächlich erfüllt sein? Bei zu langem Vorlauf sind die Fakten noch nicht bekannt, bei zu wenig Vorlauf ist eine rechtzeitige Impfung nicht realisierbar.

  4. Debatte in Italien: Was sagen die täglichen Corona-Zahlen überhaupt noch aus?
    Italien diskutiert, was die Corona-Zahlen noch über das Infektionsgeschehen aussagen. Denn bei vielen der als Covid-19-Fälle verbuchten Krankenhauseinweisungen handelt es sich um Patienten mit ganz anderen Beschwerden.
    In Italien debattieren Wissenschaftler und Politiker über die Aussagekraft der täglichen Mitteilungen zu bestätigten Neuinfektionen mit dem Coronavirus sowie zu Todesfällen in dessen Folge. Der bekannte Chefarzt für Infektionskrankheiten am Krankenhaus von Genua, Matteo Bassetti, fragte am Dienstag: „Welchen Sinn hat es, zu sagen, dass wir binnen eines Tages 250.000 Personen mit positivem Testergebnis haben?“ Man müsse unterscheiden, ob es sich um symptomatische oder asymptomatische Fälle handelte, ob die Betroffenen sich zu Hause oder im Krankenhaus befänden.
    Die Konzentration auf die bloßen Zahlen werde zu einer Art psychologischem und sozialem Lockdown führen, so Bassetti. Es würde an einem Punkt so viele Menschen geben, die sich isolieren müssten, „dass das Land stillsteht“.
    Quelle: FAZ
  5. Danyal Bayaz – der neoliberale Finanzminister der Grünen
    Baden-Württembergs Finanzminister Danyal Bayaz huldigt der Schuldenbremse und rät seiner Partei, keine Vermögensteuer mehr zu fordern. Ist das noch grün oder schon gelb?
    Baden-Württembergs Finanzminister Danyal Bayaz war einmal Unternehmensberater und zog 2017 für die Grünen in den Bundestag ein. 2020 hat er sich als Aufklärer im Untersuchungsausschuss zum Wirecard-Skandal einen Namen gemacht, im Mai 2021 wurde er Finanzminister in der schwarz-grünen Koalition in Baden-Württemberg. Eine steile finanzpolitische Karriere.
    Jüngst zeigte er in einem Interview im Handelsblatt jedoch, dass sein ökonomisches Verständnis gelb gefärbt ist. Darin lobt er Christian Lindner, huldigt der Schuldenbremse und plädiert dafür, dass die Grünen keine Vermögensteuer mehr fordern sollten – mit fadenscheinigen Argumenten. Man könnte fast den Eindruck bekommen, an Bayaz sei ein talentierter FDPler verloren gegangen.
    Gleich zu Beginn des Interviews lobt er den Koalitionsvertrag für eine »gute Mischung aus Solidität und dem Fokus auf Investitionen«. Diese Worte sind eigentlich inhaltsleer, doch sie offenbaren Bayaz’ Denkweise. Für Investitionen Schulden zu machen, ist demnach das Gegenteil von »Solidität«. In begrenztem Maße seien Schulden vertretbar, aber nur wenn die Fiskalpolitik ansonsten »solide« agiere. Und damit meint er nicht, dass die Politik Vollbeschäftigung oder eine brummende Wirtschaft sichert, sondern dass sie rote Zahlen im Staatshaushalt vermeidet. So viel investieren wie nötig, so wenig Schulden machen wie möglich – das scheint die Auffassung zu sein.
    Die zitierten Floskeln könnten auch von Lindner oder Olaf Scholz stammen – denn alle drei bedienen sich derselben neoliberalen Narrative.
    Quelle: Maurice Höfgen auf Jacobin

    dazu auch: Schulden tun der Jugend gut
    Staatskredite belasten künftige Generationen? Dieser Irrglaube hat endlich ausgedient in Deutschland – ausgerechnet dank Mithilfe der FDP und ihres Finanzministers Christian Lindner
    Dass ich das noch erleben darf! Ewig hatte eine irre Ideologie namens Austerität dieses Land im Griff. Argumentative Basis für Schuldenbremse, schwarze Null und schwäbische Hausfrau war stets ein inszenierter Generationenkonflikt; der CDU-Politiker Christian Haase hat ihn jüngst im Bundestag zu reaktivieren versucht: Den künftigen Generationen „riesige Schuldenberge“ zu hinterlassen, schränke deren Zukunftsmöglichkeiten ein. […]
    Doch der Dreh der Ampel-Koalitionäre ist überzeugend: Die Pandemie ist eine „außergewöhnliche Notsituation“, für die das Grundgesetz das Aussetzen der Schuldenbremse vorsieht und die wirtschaftliche Folgen hat. Wegen der akuten Corona-Bekämpfung vernachlässigte Investitionen drohten zu ökonomischem „Long Covid“ zu führen, so drückte es der FDP-Haushälter Otto Fricke aus.
    Otto Frickes Rede war ein besonderes Schmankerl, Yanis Varoufakis hätte den Sinn staatlicher Kreditaufnahme für die Zukunft nicht besser erklären können: Gegen jede Neuverschuldung zu sein, „das ist, wie wenn Sie einem Häuslebauer sagen: ,Warte mal, bis du 62 bist und genug Geld gespart hast, und dann fängst du an zu bauen.‘“
    Quelle: der Freitag

  6. Arbeitgeber & Mindestlohn: Die Stunde der Scheinheiligen
    Der 12-Euro-Mindestlohn soll kommen und die Arbeitgeber sind von der Rolle. Sie sehen die Tarifautonomie gefährdet. Dabei haben sie ihr durch Tarifflucht geschadet. Viele Beschäftigte in Niedersachsen – gerade in nicht-tarifgebundenen Betrieben – können mehr Geld gut brauchen. Das ist gerecht und hilft der Konjunktur, meint das #schlaglicht 01/2022.
    Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Etwas naiv hätte man vielleicht annehmen können, dass die Arbeitgeber und ihre Verbände inzwischen ihren Frieden mit dem gesetzlichen Mindestlohn gemacht haben. Mit aberwitzigen Prognosen über angebliche Arbeitsplatzverluste hatten sie seine Einführung zu verhindern versucht. Wie zu erwarten, erwiesen diese sich als nichts anderes als neoliberale Schaudergeschichten ohne Substanz. Wer nun aber meint, dass deshalb Demut im Unternehmerlager eingezogen ist, sieht sich getäuscht.
    Anstatt die Zeit zwischen dem Jahreswechsel zur Einkehr zu nutzen, laufen die Arbeitgeber Sturm gegen die von der Bundesregierung geplante Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro pro Stunde. Rainer Dulger, Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), fabuliert von „Staatslöhnen“ und einer „Verletzung der Tarifautonomie“. Um die Mindestlohnsteigerung zu verhindern, wird sogar mit dem Gedanken einer Klage gespielt. Eine äußerst eigenwillige Rechtsauffassung.
    Quelle: DGB Niedersachsen #schlaglicht
  7. Ein nachhaltiges Finanzwesen? – Schlussfolgerungen aus einer aktuellen Debatte
    „Klimawandel und Umweltschädigung bestimmen die globalen Herausforderungen unserer Zeit.“ Das stellt die EU-Kommission in ihrer Mitteilung zu einem nachhaltigen Finanzwesen klar. Mit einem komplexen Regelwerk sollen über den Finanzsektor private Investitionen in Richtung Nachhaltigkeit umgelenkt werden. Kann das gelingen? Welche Irrwege gilt es zu verhindern? Und wie sieht es mit der Berücksichtigung sozialer Ungleichheit aus, die ebenfalls eine globale Herausforderung darstellt. Auch im Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) wurde dazu eine heftige Debatte geführt.
    Quelle: A&W blog
  8. US-Staatssekretärin Nuland: USA arbeiten aktiv an Verzögerung der Zertifizierung von Nord Stream 2
    Die USA arbeiten mit den EU-Partnern zusammen, um die Zertifizierung der Erdgaspipeline Nord Stream 2 zu stoppen, und ermutigen Deutschland, die Pipeline nicht offiziell zu genehmigen, sagte die derzeitige Staatssekretärin für politische Angelegenheiten im US-Außenministerium für Victoria Nuland.
    Auf einer Pressekonferenz am Dienstag erklärte Nuland, dass man in Washington weitere Sanktionen gegen das System erwägt, falls Russland in die Ukraine eindringen werde. Nuland ist weltweit vor allem für ihren “Fuck the EU”-Kommentar nach dem Maidan-Aufstand in der Ukraine im Jahr 2014 bekannt geworden. Diese Bemerkung kam aus ihrem Mund während eines abgehörten Telefongesprächs zwischen Nuland und dem damaligen US-Botschafter in der Ukraine, Geoffrey R. Pyatt, aus dem klar wurde, dass sie beide gerne selbst (anstelle der EU-Präferenzen) die neue politische Führung des Landes bestimmen wollten.
    Quelle: RT DE

    Anmerkung unseres Lesers H.L.: Die USA bestimmen also, was in Deutschland genehmigt werden darf und was nicht. Ich dachte immer. die Netzagentur wäre unabhängig.

  9. Kasachstan und die Energiewende
    Mit erheblicher Sorge blickt die deutsche Wirtschaft auf die Unruhen und die künftige Entwicklung in Kasachstan. Dem Land wird einige Bedeutung einerseits im Machtkampf gegen China, andererseits für die deutsche Energiewende beigemessen: Die Deutsche Bahn könnte ihre Kooperation mit der kasachischen Eisenbahn KTZ nutzen, um die EU-Infrastrukturinitiative Global Gateway zu fördern, mit der Brüssel gegen die Neue Seidenstraße konkurrieren will; vor allem aber soll Kasachstan laut dem Willen der deutschen Industrie zum Großlieferanten von „grünem“ Wasserstoff werden, der mit Hilfe deutscher Technologie in dem zentralasiatischen Land hergestellt werden soll. Bisher waren die Voraussetzungen recht günstig: Die Außenpolitik des autoritären Ex-Präsidenten Nursultan Nasarbajew setzte auf enge Kooperation mit mehreren äußeren Mächten und war deshalb auch für deutsche Einflussnahme offen; damit boten sich deutschen Unternehmen recht gute Chancen. Experten urteilen nun jedoch, der Einsatz des von Moskau geführten Militärbündnisses OVKS in Kasachstan könne dies ändern.
    Quelle: German Foreign Policy
  10. Amerikas Schande – Guantánamo steht für moralisches Versagen
    Das US-Gefangenenlager in Guantánamo ist ein Schlag ins Gesicht eines jeden, dem die Menschenrechte etwas bedeuten – und das seit unfassbaren 20 Jahren. Mit diesem Konstrukt, geschaffen unter dem Eindruck der Anschläge vom 11. September 2001, haben sich die USA ein gutes Stück aus der Weltgemeinschaft verabschiedet. Und das obwohl ihnen die meisten Nationen dieser Erde nach den Terrorattacken so nahestanden wie schon lange nicht mehr. Doch statt nach Gerechtigkeit dürstete Amerika nach Rache. 9/11 musste unter anderem als Grund herhalten für den Übefall auf den Irak im Jahr 2003. Zu diesem Zeitpunkt ging es längst nicht mehr darum, die Drahtzieher der Attentate zur Verantwortung zu ziehen, sondern Georg W. Bushs “war on terror” zielte darauf ab, die Welt gemäß Amerikas eigenen Interessen zu formen – scheinheilig getarnt mit dem Versprechen auf mehr Demokratie. Wohin uns das gebracht hat, ist im Nahen und Mittleren Osten gut abzulesen. Abu Ghoreib und Guantánamo sind die Manifestationen dieses politischen und moralischen Totalversagens. Das wirkt bis heute nach. Wie könnte sich Washington, solange noch ein einziger Häftling in Guatánamo sitzt, glaubhaft für die Einhaltung der Menschenrechte in Russland einsetzen? Oder Chinas Umgang mit den Uiguren oder Tibetern anprangern? Als Advokat der Freien Welt fallen die USA komplett aus.
    Quelle: Nürnberger Nachrichten/Nordbayern.de

    Anmerkung unseres Lesers G.G.: Der Artikel von Martin Damerow ist nicht nur Pflichtlektüre für Außenministerin Annalena Baerbock, sondern für alle Mitglieder der Ampel-Koalition und vor allem für die JournalistInnen der etablierten Medien.

  11. Syrischer Ex-Geheimdienstler muss lebenslänglich in Haft
    Der Prozess, der nun in Koblenz zu Ende ging, ist weltweit einmalig. Erstmals überhaupt verhandelte ein Gericht über Verbrechen im Zusammenhang mit der staatlich angeordneten Folter in Syrien. Das Oberlandesgericht Koblenz verurteilte am Donnerstag einen ehemaligen Offizier des syrischen Geheimdienstes wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu lebenslanger Haft. Anwar R. war in den Jahren 2011 und 2012 Chef einer Vernehmungseinheit in der Haftanstalt Al Khatib, einem der berüchtigten Foltergefängnisse in Damaskus.
    Das Verfahren in Koblenz sei für die Syrer von großer Bedeutung, sagt die syrische Anwältin Joumana Seif, die für das European Centre for Constitutional and Human Rights (ECCHR), eine Menschenrechtsorganisation mit Sitz in Berlin, das Koblenzer Verfahren begleitet. Zum ersten Mal sei vor einem Gericht über die Verbrechen von Assads Regime verhandelt worden. „Diese Verbrechen dauern bis heute an.“ Deshalb gehe es in diesem Prozess nicht nur um die Vergangenheit Syriens, sondern auch um die Gegenwart und die Zukunft des Landes.
    Erstmals sei gerichtlich festgestellt worden, „dass das, was in Syrien spätestens seit April 2011 passiert, ein Menschheitsverbrechen ist“, sagt der Rechtsanwalt Patrick Kroker, der für das ECCHR mehrere Nebenkläger vertreten hat.
    Quelle: Tagesspiegel

    Anmerkung Tobias Riegel: Dieser Prozess und die Berichterstattung darüber sind mit einer gehörigen Portion Heuchelei verbunden. Die individuelle Schuld des Angeklagten soll hier nicht bezweifelt werden, auch muss die Urteilsbegründung abgewartet werden – aber: Wer über die Vorgänge in Syrien seit 2011 spricht und die zentrale Rolle von NATO-Staaten bei der Zerstörung des Landes verschweigt, handelt unseriös. Insofern wirken der Prozess und die Berichterstattung auch als Ablenkung von den Verbrechen westlicher Länder während des Krieges gegen die syrische Regierung. Diese Verbrechen dauern in Form von Sanktionen bis heute an. Das ist über einen so langen Zeitraum nur möglich durch die Unterstützung zahlreicher deutscher Redakteure für den Krieg und die falschen Darstellungen vom “demokratischen Volksaufstand“. Mit der Forderung nach einer ausgewogenen Berichterstattung werden Verbrechen des syrischen Staates nicht in Abrede gestellt. Ebenfalls zu hinterfragen ist, ob ein deutsches Landesgericht sich die Rolle eines internationalen Wächters anmaßen kann, auf welche Quellen es sich stützt und ob solche Urteile frei von geopolitischer Einflussnahme sein können. Und: Ob vor syrischen Geheimdienst-Mitarbeitern nicht erstmal deutsche Verantwortliche für das aktuelle Leid der Syrer vor deutschen Gerichten stehen sollten. Lesen Sie dazu auch Syrien: Die Manipulation durch die Medien geht weiter, Syrien – Die unendliche (Lügen-)Geschichte und Syrien und Medien, Völkerrecht: Wieder nur die halbe Wahrheit.

  12. Supreme Court stoppt Bidens 3G-Pläne für große Unternehmen
    Mit einer knappen Mehrheit hat der oberste Gerichtshof der USA die von der Regierung geplanten 3G-Regeln für private Unternehmen gestoppt. Bestätigt wurde aber die Impfpflicht in Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern.
    Quelle: Welt Online
  13. Rüstungsbericht: Zu teuer, zu spät
    Auch der soeben veröffentlichte nunmehr 14. Bericht zu Rüstungsangelegenheiten offenbart die weiterhin gravierenden Defizite des Bundeswehr-Beschaffungswesens: „Aktuell beträgt die Verzögerung im Mittel 52 Monate gegenüber der ersten parlamentarischen Befassung und neun Monate gegenüber den aktuellen Verträgen. Die Veranschlagung der betrachteten Projekte im Haushalt 2021/54. Finanzplan ist mit insgesamt 71,2 Mrd. Euro gegenüber der Darstellung im Frühjahrsbericht 2021 um 0,4 Mrd. Euro angestiegen7. Sie liegt rund 13,8 Mrd. Euro über der Veranschlagung zu Projektbeginn.“
    Quelle: Informationsstelle Militarisierung e.V.
  14. Ein Verbot von Telegram löst kein Problem und wäre ein schwerer Fehler
    Der Messengerdienst löscht nahezu keine Inhalte. Die Innenministerin sieht darin ein Problem – und brachte deshalb jetzt die Abschaltung ins Spiel. […]
    Auch in Deutschland organisiert sich heute die – wenn man so will – ausserparlamentarische Opposition auf Telegram. Die Orte und Daten der «Montagsspaziergänge» von Gegnern der Corona-Massnahmen werden hier verbreitet, Gruppen bilden und vernetzen sich. Übrigens wirbt auch Faesers Partei, die SPD, derzeit im Internet mit: «Abonniere uns jetzt bei Telegram!»
    Es scheint daher weniger darum zu gehen, einen auch in der eigenen Partei beliebten Kanal abzuschalten, als mehr Kontrolle darüber zu gewinnen, was dort passiert.
    Dabei ist es die verfassungsgemässe Aufgabe politischer Parteien und der von ihnen getragenen Regierung, an der politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken, und nicht, diese zu kontrollieren oder zu unterbinden. Dazu gehört auch die Möglichkeit einer Willensbildung ausserhalb des Parteienspektrums.
    Eine Abschaltung von einzelnen Diensten wie Telegram, die zudem rechtlich schwierig sein dürfte, löst kein einziges Problem, sondern erweckt den Eindruck, dass die Regierung Angst vor der Organisationsfähigkeit ihrer Bürger hat.
    Quelle: NZZ
  15. Cum-Ex-Skandal: Früherer Warburg-Banker legt Geständnis ab
    Überraschende Wende im dritten Cum-Ex-Strafprozess vor dem Landgericht Bonn: Bislang bestritt der angeklagte Banker der Privatbank MM Warburg jegliche Schuld. Nun hat er gestanden.
    Quelle: Tagesschau
  16. Zu guter Letzt: “Schönen Dank für Ihre Frage”: Phrasenbingo mit Olaf Scholz
    Dass Olaf Scholz seinen Spitznamen “Scholzomat” nicht ganz zu Unrecht trägt, stellt er regelmäßig unter Beweis. Nun lieferte der Bundeskanzler eine weitere Kostprobe seiner Rhetorik. Einige der Phrasen sind fast schon legendär.
    Zugegeben: Olaf Scholz war noch nie bekannt für seine mitreißenden Reden. Bereits während seiner Zeit als Generalsekretär der SPD Anfang der Nullerjahre machte schnell der Spitzname “Scholzomat” die Runde. Bereits damals verstand es der heutige Bundeskanzler, in vielen Worten möglichst wenig zu sagen. Gefreut habe er sich über seinen Spitznamen nie, dennoch sei die Bezeichnung “damals sehr treffend” gewesen, sagte er der “Zeit” einmal.
    Quelle: t-online

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