Hinweise der Woche

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Am Wochenende präsentieren wir Ihnen einen Überblick über die lesenswertesten Beiträge, die wir im Laufe der vergangenen Woche in unseren Hinweisen des Tages für Sie gesammelt haben. Nehmen Sie sich ruhig auch die Zeit, unsere werktägliche Auswahl der Hinweise des Tages anzuschauen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (AT)

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Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Russland löscht mit Ukraine-Krieg einstige Erfolge der Entspannungspolitik aus. Und nun?
  2. Biden Is Not Fully In Charge
  3. Steigende Energiepreise: “Über Spekulation wird bisher ja überhaupt nicht gesprochen”
  4. Langzeitskandal Kinderarmut – Gastbeitrag von Christoph Butterwegge
  5. „Die Folgen der Schulschließungen waren für arme Familien verheerend“
  6. Arbeitsmarkt: Die Ausbeutung von Wanderarbeitern in Deutschland
  7. „Bitte helft uns!“ Impf-Nebenwirkungen unterschätzt? Betroffene fühlen sich im Stich gelassen
  8. Die Bedrohung der amerikanischen Demokratie und die Schwäche der Demokraten
  9. Heinrich Heine: Wo sie Bücher verbrennen, verbrennen sie am Ende auch Menschen
  10. Journalismus zum Ukraine-Krieg: Von Nachrichtenerzählern und Moderationsgefreiten

Vorbemerkung: Ursprünglich hatten wir geplant, in unserer Wochenübersicht auch auf die lohnenswertesten redaktionellen Beiträge der NachDenkSeiten zu verweisen. Wir haben jedoch schnell festgestellt, dass eine dafür nötige Vorauswahl immer damit verbunden ist, Ihnen wichtige Beiträge vorzuenthalten. Daher möchten wir Ihnen raten, am Wochenende doch einfach die Zeit zu nutzen, um sich unsere Beiträge der letzten Wochen (noch einmal) anzuschauen. Vielleicht finden Sie dabei ja noch den einen oder anderen Artikel, den es sich zu lesen lohnt. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Russland löscht mit Ukraine-Krieg einstige Erfolge der Entspannungspolitik aus. Und nun?
    Lange Zeit hat die Entspannungspolitik der SPD das Verhältnis zu Russland geprägt. Heute stellt sich die Frage, ob die an Entspannung Interessierten zu viel auf Willy Brandt und seinen Berater Egon Bahr gehört haben, oder eher zu wenig (…)
    Wird sich die SPD unter all den Umständen zum Erbe der Ostpolitik von Willy Brandt und Egon Bahr bekennen? Immerhin hat sie jahrzehntelang funktioniert und war die Voraussetzung der deutschen Einheit. Für diese Politik bestand daher ein klarer demokratischer Auftrag: Noch im April 2018 ermittelte eine Forsa-Umfrage, dass 94 Prozent der Deutschen gute Beziehungen zu Russland für wichtig halten. Wie schnell das geht. Erst wird man zum Feindbild, dann tatsächlich zum Feind. Die 100 Milliarden Euro Sonderfonds für die Bundeswehr, die Kanzler Olaf Scholz im Deutschen Bundestag proklamiert hat, werden schon deshalb nicht mehr Sicherheit bringen, weil sie den drohenden Klimakollaps beschleunigen. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich beklagte zu Recht, die Jungen werden uns dafür verurteilen, das wir ihnen keine bessere Welt übergeben. Eine Schuld, die wir abtragen müssten.
    Quelle: Daniela Dahn in der Freitag

    dazu auch: Konfliktforscherin: »Man darf nichts unversucht lassen«
    Die Konfliktforscherin Martina Fischer spricht über die Möglichkeiten, den Ukraine-Krieg über Verhandlungen zu stoppen
    Sie sind langjährige Expertin für Friedens- und Konfliktforschung, arbeiten seit 2016 bei Brot für die Welt. Was für Hilfsprojekte führt Brot für die Welt in der Ukraine durch?
    Wir haben eine Reihe von Partnern, die schon seit 2014 in der Ostukraine mit kriegstraumatisierten Menschen gearbeitet haben, also mit Kriegsversehrten oder auch Binnenflüchtlingen. Aber von denen kann im Moment niemand mehr seiner gewohnten Arbeit nachgehen. Die meisten sind geflüchtet, in den Westen des Landes, wo sich jetzt auch wieder bedroht sind, oder in die Nachbarländer oder nach Deutschland. Manche sind an Orte gegangen, wo sie selber auch humanitäre Hilfe leisten. Wir versuchen zusammen mit unserer Schwesterorganisation, der Diakonie Katastrophenhilfe, diese Leute zu unterstützen und irgendwie die humanitäre Versorgung zu verbessern und sicherzustellen. Aber vor allen Dingen setzen wir uns dafür ein, dass Geflüchtete aus der Ukraine in Europa und in Deutschland unbürokratisch aufgenommen werden. Das ist ja ein Stück weit von der EU zugesagt worden mit der Zusage eines vorübergehenden Schutzes von bis zu drei Jahren.
    Das begrüßen wir sehr, aber wir wünschen uns, dass dieser Schutzstatus auch Menschen aus Drittstaaten zugesichert wird, zum Beispiel den vielen Studierenden aus afrikanischen Ländern. Deutschland hat angekündigt, diese Menschen genauso zu behandeln wie jene mit ukrainischem Pass, aber ich bin nicht sicher, ob das in allen EU-Ländern so gehandhabt wird, zum Beispiel in Polen und Ungarn. Wichtig ist uns auch, dass die Türen offen bleiben für Menschen aus der ganzen Region, die sich nicht aktiv an dem Krieg beteiligen wollen.
    Quelle: nd

    und: Neutralität der Ukraine ist das Gebot der Stunde
    Zur herrschenden Ukrainophilie, zur neuen Bewegung der “Nato-Linken” sowie den Herausforderungen der Friedensbewegung. […]
    Und es ist der blinde Fleck in der aktuellen Debatte, dass die alten historischen Beziehungen zwischen NS-Deutschland und Nationalisten in der Ukraine einfach nicht mehr thematisiert werden. Dabei sind das aber keine russischen Fake News, sondern historische Tatsachen.
    Es ist dem Publizisten und Antisemitismusforscher Clemens Heni vorbehalten, darauf hinzuweisen, dass der ukrainische Botschafter Melnyk, am Grab des ukrainischen Nationalistenführers und erklärten Antisemiten Stepan Bandera einen Kranz niederlegte. Eigentlich müsste eine solche Geste eine politische Karriere heute beenden.
    Nur wird sie jetzt einfach totgeschwiegen. Das macht die aktuelle Ukrainophilie in Deutschland besonders unangenehm, weil man da immer das Gefühl hat, dass unbewusst da noch die Vorstellung wabert, jetzt könne man die deutsche Niederlage bei Stalingrad doch noch rückgängig machen.
    Es ist bemerkenswert, dass bis in Teile der Linken mit und ohne Parteibuch die Haltung verbreitet wird, jede Kritik an der Ukraine wäre fast schon Verrat. (…)
    Quelle: Telepolis

  2. Biden Is Not Fully In Charge
    Who’s running the show in Washington on Ukraine? Why was Zelensky invited before Congress to appeal for the kind of help President Joe Biden had already ruled out, lest it lead to war with Russia? And why was Biden told to tell that reporter Putin is a “war criminal”?
    Are the neocons getting desperate? The outlines of a deal to stop the fighting are already visible, including neutrality for Ukraine and no NATO membership. These need to be put down in writing. Other hurdles (Crimea, Donets, Lugansk) are not insuperable. First and foremost, a ceasefire is needed.
    Instead of encouraging Zelensky to make a deal, the Victoria Nulands of this world (and her proteges like Gilbert and Sullivan — sorry, I mean Blinken (who writes the script) and Sullivan (who composes the music) are taking advantage of Zelensky’s formidable acting abilities, with the inevitable result that thousands more Ukrainians will die/be wounded unless a ceasefire comes soon.
    The U.S. learned a bitter lesson from the Hungarian revolution in 1956, when Radio Free Europe encouraged unarmed Hungarians to fight off Soviet tanks (hinting that the U.S. would help) — in other words, encouraged them to fight till the last Hungarian. When the Soviets invaded Czechoslovakia in August 1968, my duties in Germany included liaison with Radio Free Europe to which I passed along guidance from Washington.
    RFE management, although highly sympathetic to the Czechs and Slovaks, carefully avoided the kind of incendiary rhetoric used in 1956, thus sparing countless Czechs and Slovaks from becoming dead Davids before the tanks of the Goliath named Brezhnev.
    Quelle: Ray McGovern
  3. Steigende Energiepreise: “Über Spekulation wird bisher ja überhaupt nicht gesprochen”
    Der Ökonom Heiner Flassbeck über russische Gasimporte, Joachim Gauck und einen verschwiegenen Grund der Preisexplosion
    Herr Flassbeck, vor dem Hintergrund des Kriegsgeschehens in der Ukraine wird derzeit viel über die Macht Russlands auf den Energiemärkten gesprochen. Die Grundfrage scheint mir: Können wir denn überhaupt auf Energieträger aus Russland verzichten?
    Heiner Flassbeck: Ganz kurzfristig sicher nicht, oder nur unter großen Schmerzen. Aber ich halte das auch für gar keine vernünftige Perspektive. Wir müssen stattdessen wieder eine Friedensperspektive entwickeln. Und das darf dann eben nicht heißen, dass wir eine Mauer rund um Russland bauen und den Handel mit Russland aussetzen.
    Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki hat wegen des Kriegs in der Ukraine eine totale und sofortige Handelsblockade gegen Russland gefordert …
    Heiner Flassbeck: Russland von vornherein und grundsätzlich vom Handel auszuschließen, halte ich für falsch. Egal, wer in dem Land an der Macht ist: Man muss nach dem akuten Konflikt wieder zu normalen Beziehungen zurückfinden. Es gibt einen weltweiten, gewaltigen Ölmarkt, da spielt Russland eine wichtige Rolle und man wird auch keine weltweite Klimastrategie entwickeln können ohne diesen großen Player.
    Jenseits der heutigen Emotionen muss man dafür sorgen, dass es wieder friedliche Beziehungen gibt und dass alle relevanten Akteure miteinander kooperieren.
    Quelle: Telepolis

    dazu auch: Energiepreisbelastung bremsen, Energiearmut verhindern!
    Während Prominente einen sofortigen Importstopp von russischem Öl, Gas und Kohle fordern, weisen Ökonomen auf die drohende Versorgungsunsicherheit hin. Zudem ist strittig, ob Russland zur Finanzierung seines Militärs überhaupt auf Devisen angewiesen sein dürfte. Auf die kaum noch zu kalkulierende Energiepreisentwicklung müssen schnelle Maßnahmen folgen, die vor allem Geringverdiener*innen entlasten. (…)
    Bereits vor dem Ukraine-Krieg waren die Energiepreise stark gestiegen (siehe Grafik). Seit dem russischen Angriff haben sie eine kaum kalkulierbare Entwicklung eingeschlagen. Deutschland bezieht 55 Prozent aller Erdgasimporte aus Russland, bei der Steinkohle sind es 50 Prozent, bei Öl 35 Prozent. Diese Mengen sind nicht kurzfristig zu ersetzen. Ein Importstopp wäre für viele Unternehmen nicht zu stemmen, würde mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Wirtschaftskrise führen – inklusive sozialer Probleme, Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit. (…)
    Hinzu kommen die direkten sozialen Folgen von Energieknappheit und -preissteigerungen. Wenn Ex-Bundespräsident Joachim Gauck betont, wir könnten „auch mal frieren für die Freiheit“, ist das bestimmt als Geste der Solidarität gemeint. Tatsächlich dürften Top-Verdiener wie er aber die letzten sein, die aufgrund von Energieknappheit frieren müssen. Tatsächlich trifft es Geringverdienende am härtesten und oft existenziell, wenn Strom- und Gaspreise steigen. In diesen Gruppen gehört Energiearmut heute schon zur Realität. Im Jahr 2020 wurden 4,2 Millionen Mal Stromsperren angedroht, weil Haushalte in Zahlungsverzug gerieten. In 230.000 Fällen wurde die Stromversorgung tatsächlich eingestellt. Sperrungen bei der Gasversorgung gab es in 24.000 Fällen. (…)
    Die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen muss schnell durch zusätzliche Investitionen in Energieeffizienz und erneuerbare Energien reduziert werden. Kurzfristig handelt die Bundesregierung aber richtig, wenn sie einen kurzfristigen Energie-Importstopp abwenden will und Maßnahmen zur Abfederung der Energiepreis-Belastung einführt. Weitere müssen allerdings folgen: Kartellrecht und Regulierung müssen verhindern, dass die Situation für ungerechtfertigte weitere Preissteigerungen missbraucht wird, um Extragewinne zu generieren. Eine befristete Mehrwertsteuersenkung bei Gas und Strom, höhere Heizkostenzuschüsse und ein Mobilitätsgeld, das alle Beschäftigten unabhängig von Einkommen und genutztem Verkehrsmittel erhalten, können kleinere und mittlere Einkommen gezielt entlasten.
    Quelle: DGB

  4. Langzeitskandal Kinderarmut – Gastbeitrag von Christoph Butterwegge
    Seit fast 20 Jahren sind in unserem wohlhabenden, wenn nicht reichen Land nach EU-Maßstäben etwa 2,8 Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren armutsgefährdet oder armutsbetroffen; knapp 2 Millionen leben sogar von staatlichen Transferleistungen. Wie dramatisch sich unsere Gesellschaft in dieser Beziehung verändert hat, zeigt folgender Vergleich: 1965, auf dem Gipfelpunkt des sog. Wirtschaftswunders der „alten“ Bundesrepublik, bezog jedes 75. Kind Sozialhilfe; heute ist mehr als jedes 7. Kind auf Sozial- bzw. Arbeitslosengeld II angewiesen, im Volksmund „Hartz IV“ genannt. Wenn man das offizielle Kriterium der Europäischen Union zugrunde legt, in einem Haushalt zu leben, dessen Nettoeinkommen bedarfsgewichtet weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens beträgt, ist in Deutschland sogar mehr als jedes 5. Kind armutsgefährdet bzw. einkommensarm. (…)
    Dass die jungen Menschen eine sozial zerrissene Generation bilden, ist nicht zuletzt Fehlentscheidungen von Parlamenten, Regierungen und Verwaltungen geschuldet. Einerseits haben sie dafür gesorgt, dass Reichtum in der Familie bleibt und man als Kind oder Jugendlicher einen ganzen Konzern in Besitz nehmen kann, ohne einen einzigen Cent betriebliche Erbschaft- oder Schenkungsteuer zahlen zu müssen. Andererseits haben die politischen Entscheidungsträger besonders die Kinderregelsätze bei Hartz IV so niedrig angesetzt, dass aufgrund eines Bundesverfassungsgerichtsurteils mit einem Bildungs- und Teilhabepaket halbherzig nachgebessert werden musste.
    Warum bekommt ein Chefarzt durch Inanspruchnahme des Kinderfreibetrages bei der Einkommensteuer über 1.000 Euro pro Jahr mehr für sein Kind als eine Krankenschwester an Kindergeld für ihren Nachwuchs? Und warum geht kein Aufschrei durchs Land, wenn CDU, CSU und AfD ein Familiensplitting fordern, das kinderreichen Chefärzten zehntausende Euro an Steuerersparnis einbringen würde, der alleinerziehenden Mutter im Hartz-IV-Bezug aber keinen Cent? (…)
    Mittlerweile wird Kinderarmut hierzulande zwar allenthalben beklagt, aber weiterhin nicht energisch bekämpft, obwohl man bedürftige Minderjährige schwerlich für ihre Misere selbst verantwortlich machen kann, wie das bei Erwachsenen geschieht, wenn man sie als „Drückeberger“, „Faulenzer“ und „Sozialschmarotzer“ diffamiert. Trotzdem wurde politisch kaum etwas gegen die Kinderarmut getan, wenn man von dem allerdings selbst nach der Anhebung auf 12 Euro brutto pro Stunde ab 1. Oktober 2022 immer noch zu niedrigen Mindestlohn absieht.
    Fazit: Armutsbekämpfung wird von SPD, Bündnisgrünen und FDP zwar mit einem Tunnelblick auf die betroffenen Kinder proklamiert, dürfte in der Regierungspraxis aber weiterhin sehr halbherzig praktiziert werden; Reichtumsbegrenzung wurde in den Koalitionsverhandlungen gar nicht erst diskutiert, sondern von der FDP generell blockiert. Deshalb wird es am Ende dieser Legislaturperiode eher mehr als weniger Ungleichheit auch der Kinder geben, die zu verringern SPD und Bündnisgrüne ihren Wähler(inne)n jedoch versprochen hatten.
    Quelle: Christoph Butterwegge in Blog der Republik
  5. „Die Folgen der Schulschließungen waren für arme Familien verheerend“
    Corona Bernd Siggelkow ist Gründer des Kinderhilfswerks Arche und hat miterlebt, wie sich der Lockdown auf benachteiligte Jugendliche auswirkte […]
    Wie erging es den Menschen, denen Sie halfen, konkret?
    Es gibt hier in Marzahn-Hellerdorf viele junge Familien mit mehreren Kindern. Ich kenne eine Familie mit vierzehn Kindern. Die Mutter war während des Lockdowns mit sechs der Kinder spazieren, um an die frische Luft zu kommen. Sie wurde von der Polizei angehalten, man sagte ihr, es sei verboten, mit so vielen Menschen auf der Straße zu sein. Sie hat sich so einschüchtern lassen, dass sie sich wochenlang in ihrer Wohnung einsperrte.
    Das hätte sie nicht müssen.
    Richtig, aber viele unserer Familien haben die bürokratische Sprache der staatlichen Verordnungen überhaupt nicht verstanden. Ich musste oft „übersetzen“. Einige, die nur schlecht Deutsch sprachen, konnten anfangs überhaupt nicht verstehen, was gerade passierte. Sie haben nur leere Straßen und viel Polizei gesehen und uns gefragt: „Was ist los? Ist in Deutschland Krieg?“
    Wie erleben Sie den Umgang von Kindern mit der Corona-Krise?
    Die meisten unserer Kinder erleben vor allem wirtschaftlichen und sozialen Druck, fühlen sich eingeengt. Vor lauter Ängsten sehen sie ihre Möglichkeiten gar nicht mehr. Ich sehe unsere Aufgabe auch darin, Ängste abzubauen. Den Menschen fehlt es an den Voraussetzungen für ein menschenwürdiges Leben. Ja, es fehlt oft auch an Geld, aber nicht nur. Perspektiven und Würde vermittle ich nicht über Geld, sondern über Aufgaben, über Arbeit, über Ziele.
    Wie blicken Sie auf die damaligen Schulschließungen zurück?
    Gerade die hatten verheerende Folgen für die Kinder. Das darf nie wieder vorkommen. Wechselunterricht wäre keine optimale, aber die bessere Lösung, um die sozialen Kontakte der Kinder aufrechtzuerhalten und sie so auch vor häuslicher Gewalt zu schützen. Aber solange 22 Fußballspieler gemeinsam auflaufen und spielen dürfen, sollten unsere Kinder auch gemeinsam in einer Klasse zur Schule gehen können. Wir hatten im März 2020 einen Tag länger offen als die Schulen, da haben die Nachbarn vom Balkon gebrüllt: „Schick die Balgen nach Hause!“, und das Gesundheitsamt angerufen. Aber ich weiß, warum ich das tue, und eigentlich ist es mir egal, was solche Menschen über mich denken. Wichtig ist mir, was die Kinder über mich denken.
    Quelle: der Freitag
  6. Arbeitsmarkt: Die Ausbeutung von Wanderarbeitern in Deutschland
    Armut hat viele Gesichter. Ausbeutung auch. Und es gibt sie auch in einem reichen Land wie Deutschland. Betroffene schildern, wie ihnen grundlegende Rechte vorenthalten werden. Und wie im Ernstfall keiner etwas davon wissen will. Die Datenlage ist schwierig. Wie viele Millionen Menschen in Europa ihr Land verlassen, um in einem anderen Land zu arbeiten, ist schwer zu erfassen. In der Pandemie kehrten zudem viele Wanderarbeitende gezwungenermaßen zurück in ihre Heimatländer. Eines aber lässt sich sagen: Die Lebens- und Arbeitsbedingungen sind oft schlecht. Schon vor vielen Jahren schrieb die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung, dass auch in Deutschland europäische Werte von sozialer Absicherung und menschenwürdiger Unterkunft mit Füßen getreten würden. Hat sich daran bis heute etwas geändert?
    Quelle: Deutschlandfunk
  7. „Bitte helft uns!“ Impf-Nebenwirkungen unterschätzt? Betroffene fühlen sich im Stich gelassen
    Covid-19-Impfstoffe gelten als sicher und wirksam. Dennoch leidet eine Minderheit nach der Impfung an zum Teil schwerwiegenden Nebenwirkungen. Ärzte und Wissenschaftler befürchten eine Untererfassung der Fälle durch das Paul-Ehrlich-Institut. Ein MDR-Bericht lässt Betroffene zu Wort kommen.
    Impfnebenwirkungen nach einer Covid-19-Impfung – sie sind sehr selten, aber oft schwerwiegend. Betroffene fühlen sich mit ihren Beschwerden häufig allein gelassen. Denn da es sich um neuartige Impfstoffe handelt, sind auch die Erfahrungen, was die Behandlung von solchen Impfschäden angeht, noch sehr begrenzt.
    Der MDR hat in zwei kurzen Filmen Betroffene, Ärzte und Forschende zu Wort kommen lassen. Sie zeigen die Ängste und Sorgen von Menschen, die seit der Corona-Impfung unter den unterschiedlichsten Nebenwirkungen leiden. Sie alle wünschen sich vor allem eines: eine Anlaufstelle für ihre Probleme. Sie möchten ernst genommen werden und sie suchen nach Hilfe für ihre Beschwerden.
    Quelle: Focus Online

    dazu: Impfkomplikationen: Warum sich Betroffene alleingelassen fühlen
    Komplikationen nach einer Corona-Impfung sind selten, aber es gibt sie. Nach einem „Umschau“-Bericht haben sich weitere Betroffene gemeldet. Sie fordern eine zentrale Anlaufstelle und eine bessere Aufarbeitung.
    Quelle: mdr

    dazu auch: Impfschäden – wie Deutschland bei der Erforschung hinterherhinkt
    Impfschäden nach einer Corona-Impfung sind selten, aber es gibt sie: Muskelkrämpfe, Taubheitsgefühle, Herzrhythmusstörungen, Nervenschmerzen – das sind nur einige der vielen Symptome, unter denen manche Menschen noch viele Monate nach der Corona-Impfung leiden. Die Ursache ist noch nicht erforscht. Doch die Betroffenen, vor allem junge Menschen, fühlen sich allein gelassen, von Politik und Wissenschaft.
    Sie kommen im öffentlichen Diskurs nicht vor. Sie kämpfen um Anerkennung ihres Schadens, aber vor allem um medizinische Hilfe, um wieder zurück ins Leben zu finden. Sie fordern eine zuverlässige Erfassung und Erforschung ihrer Nebenwirkungen und auch konkrete Anlaufstellen für Impfgeschädigte, aber auch von staatlicher Seite finanzierte Forschungsprojekte, um zu verstehen, wieso der Impfstoff bei manchen Menschen so großen Schaden anrichtet. All diese Probleme gehen skandinavische Länder wie Dänemark und Schweden mit Impfregistern viel systematischer an.
    Quelle: plusminus

  8. Die Bedrohung der amerikanischen Demokratie und die Schwäche der Demokraten
    Die US-amerikanische Rechte lässt keine Gelegenheit aus, um zu betonen, dass sie in der Demokratischen Partei einen »unamerikanischen«, illegitimen Feind sieht, den es mit allen Mittel zu bekämpfen gelte. Warum tun sich die Demokraten so schwer, darauf angemessen zu reagieren?
    Die amerikanische Demokratie ist akut bedroht. Wie schon während der Obama-Ära hält der führende republikanische Senator Mitch McConnell die republikanischen Reihen fest geschlossen, um eine geregelte Regierungstätigkeit auf Bundesebene weitgehend zu verhindern. Vor allem aber auf der einzelstaatlichen Ebene finden unzählige Versuche statt, die Demokratie zu unterwandern. Überall da, wo die Republikaner an der Macht sind, zeigen sie sich entschlossen, diese notfalls auch gegen demokratische Mehrheiten zu verteidigen:
    Restriktive Wahlgesetze, die gezielt einzelne Wählergruppen benachteiligen; verschärfte Manipulation von Wahlkreisgrenzen (gerrymandering); der systematische Versuch, Wahlkommissionen zu säubern und den Einfluss von republikanisch geführten state legislatures auf den Wahlprozess zu stärken. Es ist der immer selbe Werkzeugkasten, mit dem sich die GOP – die »Grand Old Party« – daran macht, eine stabile Einparteienherrschaft in möglichst vielen Staaten zu errichten, und im Kongress blockieren die Republikaner unter McConnells Führung alle Versuche, diesem autoritären Anschlag auf die Demokratie mit neuen Gesetzen auf Bundesebene zu begegnen.
    Quelle: Blickpunkt WiSo
  9. Heinrich Heine: Wo sie Bücher verbrennen, verbrennen sie am Ende auch Menschen
    Eine Welle antirussischer Hysterie schwappt über den Westen
    Die Opposition gegen das russische Regime und den Krieg in der Ukraine verwandelt sich seit kurzem in eine offene Feindseligkeit gegenüber dem russischen Volk und allem, was russisch ist. Diese Dämonisierung eines Volkes weckt Erinnerungen an die Dämonisierung der Juden und aller jüdischen Dinge.
    Eine Welle von antirussischer Hysterie schwappt über den Westen (1): Dieser Tage war in den Nachrichten zu hören, dass westliche Kräfte in Erwägung ziehen, als Folge des Krieges in der Ukraine die Werke beziehungsweise Bücher des bedeutenden russischen Schriftstellers Fjodor Michailowitsch Dostojewski zu verbrennen. Eine italienische Universität hat den großen russischen Autor Dostojewski verboten. Verstehen Sie unseren Kommentar deshalb als eine Mahnung an alle Mitbürger, dass die Vernunft niemals vor der öffentlichen Meinung kapitulieren darf.
    Die seit dem Zweiten Weltkrieg „gepflegten“ Ressentiments gegen Russland, alle russischen Präsidenten und russischen Bürger brechen seit Wochen aus dem Mund westlicher Politiker und westlicher Massenmedien ganz offen und in einer Schärfe aus, die einem den Atem verschlägt. Wir werden die unglaublichen Sanktionen, Maßnahmen und Vorschläge nicht im Einzelnen aufzählen; sie können inzwischen in allen Medien nachgelesen werden.
    Der in der Überschrift zitierte Satz Heinrich Heines stammt aus seiner Tragödie „Almansor“. Sie wurde 1823 veröffentlicht und uraufgeführt.
    Quelle: Sicht vom Hochblauen
  10. Journalismus zum Ukraine-Krieg: Von Nachrichtenerzählern und Moderationsgefreiten
    Zu einigen aktuellen Aspekten von Kriegsberichterstattung und Narrativismus
    Journalismus mit Blick auf den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der russischen Führung gegen die Ukraine hat auf vielen Ebenen zu tun mit “Storytelling”, also mit dem Erzählen von Geschichte(-n). Damit sei hier nicht primär der Aspekt gemeint, inwiefern die vermittelten Informationen der Wahrheit entsprechen. Sondern es sei vor allem der Schwerpunkt gelegt auf einige Seiten dessen, was erzähltheoretisch und -praktisch “Narrativ” und “Narrativität” genannt wird.
    “Narrativität” ist auch im Journalismus ein sehr bewährter und wirksamer Kommunikationsmodus. Sein Einsatz hängt mit der “Glaubwürdigkeit” oder besser: Vertrauenswürdigkeit journalistischer Beiträge eng zusammen.
    Narrativität beschreibt laut Matthias Aumüller Darstellungen, deren Gegenstand eine zusammenhängende Ereignisfolge ist. Ihr Zusammenhang werde durch eine (oder wenige) Figur(-en) mit menschlichen oder doch menschenähnlichen (anthropomorphen) Eigenschaften begründet.
    Oft werde solche Narrativität näher bestimmt durch ein einheitliches, aber nicht unbedingt realistisches Raumzeitkontinuum. Die Ereignisfolge in ihrer Dramaturgie sei üblicherweise durch Kausalität zusätzlich verklammert, also durch das Behaupten von Ursache-Wirkungs-Beziehungen.
    Quelle: Telepolis

    dazu auch: PR-Agenturen und Freiwillige unterstützen die Ukraine im Medienkrieg
    Es ist ganz offensichtlich, dass die Ukraine zumindest im Westen die Medienberichterstattung und die sozialen Medien beherrscht, während Russland sich schwer tut, außerhalb des Landes im Medien- und Informationskrieg eine effektive Rolle zu spielen, obgleich seit Jahren die Angst vor den russischen Desinformationskampagnen geschürt wurde.
    Russische Sender wie RT oder Sputnik wurden im Westen verboten, man ist eher auf Telegram als auf Instagram, Twitter oder Facebook unterwegs. Seit kurzem sind Instagram und Facebook in Russland nicht mehr zugänglich, weil sie „extremistische Informationen“ verbreiten, teilweise auch Google News. Dagegen bombardiert die ukrainische Regierung mitsamt Behörden, dem Parlament, den Geheimdiensten, Freiwilligenverbänden wie Asow oder Rechter Sektor und Medien über die sozialen Medien die Öffentlichkeit im Land und im Ausland ziemlich erfolgreich.
    Die verbreiteten Informationen, Bilder und Videos, in aller Regel strategische Kommunikation oder PsyOP, informieren in aller Regel nicht wahrheitsgemäß, sondern einseitig. In den sozialen Medien wird vor allem Propaganda über den heroischen und siegreichen Kampf der ukrainischen Truppen und Menschen sowie über die angeblich großen Verluste der russischen Truppen, die angeblich gezielten Angriffe auf Zivilisten und zivile Strukturen, den Kampf zwischen der Freiheit und dem Reich des Bösen. Mangels eigener Berichterstatter vor Ort in den umkämpften Gebieten und auch oft wegen einer Parteinahme der westlichen Medien werden eher Informationen der ukrainischen Seite verbreitet, auch wenn man gelegentlich sagt, dass sich die Wahrheit nicht unabhängig nachprüfen lassen. Die von russischer Seite kommenden Informationen werden meist nicht aufgegriffen und oft als Desinformation abgewertet.
    Quelle: Krass & Konkret

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