Unterstützten „wir“ Russlands Krieg durch Gas- und Öl-Importe?

Unterstützten „wir“ Russlands Krieg durch Gas- und Öl-Importe?

Unterstützten „wir“ Russlands Krieg durch Gas- und Öl-Importe?

Jens Berger
Ein Artikel von: Jens Berger

Die G7-Staaten lehnten Russlands Forderung, Gasimporte künftig nur noch in der Transaktionswährung Rubel zu bezahlen, gestern ab. Ein Import-Embargo wird damit immer wahrscheinlicher und die Kosten, die vor allem die deutsche Volkswirtschaft tragen wird, werden hoch sein. Hinter all dem steht das Argument, Gas- und Öl-Importe aus Russland würden den russischen Krieg in der Ukraine finanzieren. Doch so populär und oberflächlich, ja, auch verständlich dieses Argument sein mag – es ist seit Beginn der Sanktionen falsch. Ein Import-Embargo schadet nicht Russland, sondern allen voran Deutschland. Von Jens Berger

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Lesen Sie zum Thema auch: „Energiepreise und Importstopp-Debatten – es ist ernst, sehr ernst“, „´Frieren für die Freiheit´? Die Gaga-Infantilität der Meinungsmache kennt keine Grenzen mehr“ und „Gas für Rubel – Russland reagiert rational auf die Sanktionen und der Westen spielt abermals mit falschen Karten“ und schauen Sie sich den Podcast „Gaslieferungen aus Russland: Der Rubel rollt … na und?“ an.

Für die schwäbische Hausfrau sind die Zusammenhänge klar: Wir tanken und heizen mit Gas und am Ende landet unser Geld in der Kriegskasse des Kremls, der dafür Waffen kauft. Wer den Krieg in der Ukraine beenden will, sollte also weniger Auto fahren und die Heizung auslassen. Auch ehemalige Bundespräsidenten mit dem ökonomischen Hintergrundwissen einer schwäbischen Hausfrau verbreiten derlei Sichtweisen. Das ist auch kein Wunder, ist diese simple Sicht der Zusammenhänge doch zurzeit in allen Medien und politischen Statements omnipräsent. Doch nur weil etwas pausenlos wiederholt wird, heißt dies nicht, dass es auch richtig ist.

Russische Energielieferungen werden vom Importeur in Euro bezahlt. Durch die Sanktionen haben die Exporteure und die russische Zentralbank aber keinen Zugriff auf dieses Geld. Man könnte dies mit einem Sperrkonto vergleichen, auf das man beispielsweise Geldgeschenke für Jugendliche einzahlt, über die sie erst verfügen sollen, wenn sie erwachsen sind. Man könnte auch sagen, Russland verschenkt zurzeit sein Gas und sein Öl an den Westen. Was man aber auf keinen Fall sagen kann, ist, dass Russland mit den Einnahmen was auch immer finanziert. Wie gesagt: Weder die Exporteure noch die russische Regierung haben Zugriff auf diese Gelder. Insofern ist das Argument, Russland finanziere mit den Exporterlösen den Krieg, vollkommen absurd.

Ebenso absurd ist es übrigens, die von Russland geforderte Umstellung der Transferwährung für Gasimporte in Rubel mit der Begründung abzulehnen, dies finanziere den Krieg in der Ukraine. Russland importiert keine Waffen oder kriegswichtige Güter, die mit Devisen bezahlt werden müssten. Wenn die russische Armee beispielsweise Treibstoff, Munition oder neue Waffen benötigt, so werden diese in Russland hergestellt und selbstverständlich mit Rubel bezahlt. Und an Rubel mangelt es der russischen Regierung nun wirklich nicht. Sie kann sie sogar von der eigenen Zentralbank bei Bedarf drucken lassen. Das ist übrigens technisch der gleiche Vorgang, mit dem auch Deutschland seine 100 Milliarden Euro für neue Rüstungsgüter über Kredite bei der eigenen Zentralbank schöpft.

Um so unverständlicher ist es, wie bereitwillig Staaten wie Deutschland dieses stumpfe Schwert schwingen, mit dem wir uns schlussendlich nur den eigenen Kopf zertrümmern. Denn was hieße es für die deutsche Volkswirtschaft, ein Energie-Import-Embargo für russische Energielieferungen zu verhängen? Das Gas würde knapp und dadurch teurer. Leidtragende wären dabei keinesfalls nur die privaten Haushalte. Die müssten dann an anderer Stelle ihre Ausgaben reduzieren, was die Binnennachfrage in den Keller treiben würde. Bezahlbares Erdgas ist jedoch auch und vor allem für die energieintensive Industrie ein extrem wichtiger Faktor. Schon heute sind es keinesfalls die Arbeitskosten, die den Standort Deutschland für viele Branchen unattraktiv machen, sondern die hohen Energiekosten.

Nun kann man die deutsche Fokussierung auf die verarbeitende Industrie und die damit verbundene Exportorientierung mit guten Gründen kritisieren. Sie ist aber nun einmal das ökonomische Rückgrat der deutschen Volkswirtschaft. Würde die Politik die Industrie durch sinn- und nutzlose Energieembargos schwächen, würden wir sprichwörtlich den Ast absägen, auf dem wir sitzen. Und wofür das Ganze?

Wir werden offenbar von Dilettanten regiert, die ihrerseits von Narren ohne ökonomisches Grundwissen in den Redaktionsstuben aufgehetzt werden. Und am Ende müssen wir alle den Preis für diese Idiotie bezahlen. Zumindest andere Länder freuen sich über diese Narreteien made in Germany. Die USA können uns ihr Fracking-Gas zu Rekordpreisen verkaufen und China wird die Lücke in der Industrie schon mit seinen energiekostensubventionierten Fabriken füllen. Es ist wirklich nur noch zum Haare raufen.

Titelbild: Omurali Toichiev/shutterstock.com

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