Andrij Melnyk und sein Faible für Stepan Bandera und Asow

Andrij Melnyk und sein Faible für Stepan Bandera und Asow

Andrij Melnyk und sein Faible für Stepan Bandera und Asow

Sevim Dagdelen
Ein Artikel von Sevim Dagdelen

Der ukrainische Botschafter Andrij Melniyk beleidigt und beschimpft. Mit immer neuen und wüsteren Tiraden treibt er die Ampel-Regierung zur stärkeren Beteiligung Deutschlands am Ukraine-Krieg. Wenige wissen allerdings von seiner Verehrung von Faschisten.
Von Sevim Dagdelen

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, polarisiert mit immer neuen provozierenden Worten, mit Beschimpfungen und Beleidigungen treibt er das politische Berlin an, und er steht für eine Art völkische Sippenhaftung, wenn er sagt: „Alle Russen sind Feinde“, seien sie nun für Putin oder gegen ihn (FAZ vom 6.4.2022). Mit dem Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen steht sein Agieren in Deutschland schon lange nicht mehr in Übereinklang. Dazu kommt seine Verehrung für den Stepan Bandera und die Asow-Faschisten.

„Wer wie Melnyk den Nazikollaborateur Bandera als ‚unseren Helden‘ bezeichnet und zu seinem Grab pilgert oder das rechte Asow-Bataillon als ‚mutig‘ verteidigt, ist mit ‚Nazi-Versteher‘ eigentlich noch wohlwollend beschrieben“, entgegnete ich Kritikern meiner Forderung nach Botschafter-Ausweisung. Warum ich das so sehe, will ich im Folgenden ausführen.

Wer ist Stepan Bandera?

Stepan Bandera war seit 1933 Chef der „Organisation Ukrainischer Nationalisten“ (OUN). 1935 erklärte er vor einem Gericht in Polen, seine Idee sei so groß, dass zu ihrer Verwirklichung „nicht Hunderte, sondern Tausende von Menschen geopfert werden müssen.“

Die OUN kollaborierte mit dem Dritten Reich. Von den Nazis erhofften sie sich – vergeblich – die Unabhängigkeit der Ukraine. Aufgrund dieser Differenzen kam Bandera im Juli 1941 in sogenannte „Ehrenhaft“ im KZ Sachsenhausen. Ende September 1944 wurde er entlassen und beteiligte sich am Aufbau eines „Ukrainischen Nationalkomitees“, das am 12. März 1945 in Weimar vorgestellt wurde, um Ukrainer für den „Endkampf“ gegen die Sowjetunion zu motivieren.

Die Ideologie von Banderas OUN

Die OUN hatte ein rechtsextremes, rassistisches Programm. Eine ihrer „Lebensregeln des ukrainischen Nationalisten“ lautete: „Mache aus deiner Familie ein Gefäß für die rassische Reinheit deiner Nation“. Die Theoriezeitschrift der OUN „Aufbau der Nation“ schrieb 1929, Juden seien ein „feindlicher Körper in unserem nationalen Organismus“. Durch sämtliche Publikationen, auch während des Krieges, zog sich Hetze gegen die „Judenkommune“ oder den „moskau-jüdischen Apparat“. Der von der OUN am 30. Juni 1941 in Lemberg (Lwiw) ausgerufene „Regierungschef“ der Ukraine, Jaroslaw Stezko, schrieb im Juli 1941: „Daher stehe ich auf dem Standpunkt, dass die Juden vernichtet werden müssen und dass es zweckmäßig ist, in der Ukraine die deutschen Methoden der Judenvernichtung einzuführen.“

Das angestrebte Staatsverständnis der OUN orientierte sich an dem von der faschistischen Ustascha regierten Kroatien: Ein rassisch homogener Staat in Hitlers „Neuem Europa“.

Kollaboration und Verbrechen

Am Überfall auf die Sowjetunion am 20. Juni 1941 nahmen zwei ukrainische Einheiten teil, deren Angehörige von der OUN benannt worden waren, darunter das Bataillon „Nachtigall“, das am 1. Juli 1941 in Lwiw unter Führung von Roman Schuchewytsch am Pogrom an Tausenden Juden beteiligt war. Ebendieser Schuchewytsch wurde Ende 1942 Anführer der „Ukrainischen Aufständischen Armee“ (UPA), des militärischen Arms der OUN, deren Vorsitzender er ab Sommer 1943 ebenfalls war.

Die UPA war nur selten in Kampfhandlungen mit Deutschen verwickelt. Ihre Hauptgegner waren sowjetische Partisanen sowie die polnische Zivilbevölkerung in Wolhynien, dem nordöstlichen Landesteil der Ukraine. 70.000 bis 90.000 Menschen massakrierte die UPA dort 1943. Jüdische Flüchtlinge aus Ghettos oder KZ wurden von der UPA meist ermordet, ebenso viele Roma.

Zahlreiche OUN-Mitglieder schlossen sich den Polizeiverbänden der Besatzer an. Nur mit ihrer Hilfe konnten die Nazis überall Juden und Roma identifizieren und ermorden.

Näheres zu Bandera und der Ideologie der ukrainischen Nazi-Kollaborateure findet sich bei Franziska Bruder: “‘Den ukrainischen Staat erkämpfen oder sterben!‘ Die Organisation ukrainischer Nationalisten (OUN) 1928-1948“ (Metropol-Verlag 2006) oder bei Grzegorz Rossolinski-Liebe: „Stepan Bandera: The Life and Afterlife of a Ukrainian Nationalist. Fascism, Genocide and Cult“ (Ibidem-Verlag 2014).

Zusammenfassend lässt sich sagen: Stepan Bandera war der Anführer einer faschistischen Organisation, die einen ethnisch-homogenen Staat gründen wollte. Ungeachtet politischer Zerwürfnisse mit den deutschen Nazis agierte die OUN bzw. ihr militärischer Arm UPA als Kollaborateur im Holocaust und ermordete Zehntausende Zivilistinnen und Zivilisten.

Denkmäler für Bandera heute

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1990 und der staatlichen Unabhängigkeit der Ukraine 1991 setzte die Glorifizierung von Bandera und OUN als „Freiheitskämpfer“ ein. Sie zieht sich durch die ganze Gesellschaft. Verweise auf OUN-Verbrechen werden als „russische Propaganda“ zurückgewiesen.

Seit 2014 ist der 14. Oktober, der offizielle Gründungstag der UPA, Feiertag in der Ukraine. Das staatliche „Museum der Geschichte der Ukraine im Zweiten Weltkrieg“ ordnet OUN und UPA als „Teil der europäischen Freiheitsbewegung“ ein. Insbesondere in der Westukraine stehen heute Dutzende Denkmäler zu Ehren Banderas und anderer OUN-Führer. In Ternopil wurde 2021 ein „Roman Schuchewytsch“-Stadion eröffnet.

Das Rathaus in der Hauptstadt Kiew wird immer wieder mit großflächigen Porträts von Bandera und Schuchewytsch „verziert“, zuletzt am 1. Januar 2000 zum Geburtstag Banderas. Die Botschafter Israels und Polens verurteilten die „Glorifizierung ethnischer Säuberung“ als „Beleidigung“.

Der Generalsekretär des Jüdischen Weltkongresses sagte 2016 zur Benennung des „Stepan-Bandera-Prospekts“ in Kiew, es werde ein Mann geehrt, „dessen Anhänger sich den deutschen Todesschwadronen anschlossen, um während des Holocaust Juden zu ermorden“.

Botschafter Melnyk zu Bandera

2015 legte der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk am Grab von Bandera in München Blumen nieder und twitterte, Bandera sei „unser Held“. Von dieser Position lässt sich der Kiewer Diplomat bis heute nicht abbringen. Im Interview der SZ verteidigte er am 14.4.2022 seine Aussagen; Bandera habe lediglich gewisse „menschliche Verfehlungen“ aufzuweisen.

Heribert Prantl hatte zuvor in der SZ unter der Fragestellung „Ein Nazi-Kollaborateur als Held?“ kommentiert: „Irritieren muss freilich die Verehrung, die Andrij Melnyk dem ukrainischen Partisanenführer und Nazi-Kollaborateur Stepan Bandera entgegenbringt. (…) Dieser Personenkult ist befremdlich: Bandera ist verurteilter Mörder des polnischen Innenministers Pieracki im Jahr 1934; er wurde 1940 Anführer des radikal antisemitischen Flügels der Organisation Ukrainischer Nationalisten; der übernahm nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht in Lemberg/Lwiw dort Polizeigewalt und war an Pogromen gegen die jüdische Zivilbevölkerung sowie an der Ermordung sowjetischer Kriegsgefangener beteiligt.“

Der Historiker Götz Aly wertet Bandera als „größten ukrainischen Nazi-Kollaborateur und Antisemiten“.

Die Bundesregierung zu Melnyk und Bandera

Auf meine Nachfrage 2015, inwiefern der Bundesregierung bekannt ist, ob der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrii Melnyk, bei seinem Besuch in München am 27. April 2015 am Grab des Antisemiten und Nazikollaborateurs Stepan Bandera Blumen niederlegte, und inwieweit es nach Kenntnis der Bundesregierung zutrifft, laut dem polnischen Präsidenten Bronislaw Komorowski, dass das vom ukrainischen Parlament am 9. April 2015 verabschiedete Gesetz, das die ehemaligen Mitglieder der Organisation Ukrainischer Nationalisten, OUN, und der nationalistischen Aufstandsarmee UPA – die im Jahr 1943 die Massaker an der polnischen Bevölkerung in Wolhynien begingen – als Unabhängigkeitskämpfer eingestuft und ihnen gesetzlich weite Sozialpräferenzen gewährt hat, den Dialog mit der Ukraine über die polnisch-ukrainische Geschichte verhindert, antwortete der damalige Staatsminister Michael Roth (Drs. 18/4773, Frage 19):

„Der Bundesregierung ist ein Tweet des ukrainischen Botschafters bekannt, in dem er über seinen Besuch am Grab Banderas berichtet.

Dem ukrainischen Botschafter ist unsere Position hierzu hinlänglich bekannt. Die Bundesregierung verurteilt die von der Organisation Ukrainischer Nationalisten, OUN, teilweise unter Leitung Banderas begangenen Verbrechen an polnischen, jüdischen und ukrainischen Zivilisten und Amtsträgern. Dabei ist sie sich bewusst, dass ein erheblicher Anteil an diesen Verbrechen in Kollaboration mit deutschen Besatzungstruppen begangen wurde.

Die Aussage des polnischen Präsidenten ist der Bundesregierung bekannt. Das am 9. April von der Rada beschlossene Gesetz ‚über den Rechtsstatus und das Andenken an die Teilnehmer am Kampf für die Unabhängigkeit der Ukraine im 20. Jahrhundert‘ ist bislang nicht in Kraft getreten, sodass seine möglichen Auswirkungen auf den polnisch-ukrainischen Dialog zu historischen Fragen derzeit noch nicht eingeschätzt werden können.“ (Plenarprotokoll vom 6. Mai 2015 18/102, Seite 9775)

Botschafter Melnyk und das Asow-Regiment

Zur Faschistenverehrung von Botschafter Melnyk passt seine Haltung zum Asow-Regiment. Nach einem kritischen Bericht in der Hamburger Wochen-Zeitung DIE ZEIT dekretierte Melnyk per Tweet: „Bitte hören Sie auf, das Asow-Regiment zu dämonisieren und Propaganda – jetzt auch mitten im RUS Vernichtungskrieg – in die Hände zu spielen. Diese mutigen Kämpfer verteidigen ihre Heimat, vor allem die belagerte Stadt Mariupol. Lassen Sie sie in Ruhe“.

In dem von Melnyk monierten ZEIT-Artikel „Extreme Verteidiger“ schreibt Hauke Friederichs, dass das Asow-Regiment vor den heftigen Gefechten um Mariupol „gut 2000 Mann“ umfasste, „von denen eine große Zahl ultranationalistisch und rechtsextrem eingestellt ist“.

Zum Asow-Hintergrund heißt es in dem ZEIT-Beitrag, den ich hier ausführlich zitieren möchte, da er leider hinter einer Paywall steht und für viele daher vermutlich nicht zugänglich ist:

„Das Regiment entstand vor acht Jahren als Asow-Bataillon. Der Name verweist auf das Asowsche Meer. Einer der Gründer war Andrej Biletzki, Anführer der neonazistischen Organisationen Sozial-Nationale Versammlung und Patriot der Ukraine. Als Russland 2014 die Krim annektierte und angebliche Separatisten, von denen viele aus dem russischen Geheimdienst FSB kamen, Teile des Donbass besetzten, gründeten sich in der Ukraine zahlreiche Freiwilligenverbände.

Rechtsradikale, die bereits bei Protesten gegen den prorussischen Präsidenten Wiktor Janukowitsch auf dem Euromaidan eine Rolle gespielt hatten, zogen in die Schlacht gegen die “Kommunisten” aus Moskau. Da sie politisch kaum Bedeutung erlangten, suchten Rechtsextreme durch den bewaffneten Kampf ihren Einfluss in der Ukraine auszuweiten. Das gelang vor allem der Asow-Bewegung, der enge Beziehungen zum früheren Innenminister der Ukraine, Arsen Awakow, nachgesagt werden.

Deren Mitglieder inszenierten sich als Landesverteidiger und erlangten ab 2014 durchaus breite gesellschaftliche Anerkennung. So übernahmen viele Ukrainer, auch Politiker und Militärs, Parolen der Rechtsradikalen wie ‚Slawa Ukrajini! Herojam slawa!‘ – ‚Ruhm der Ukraine! Ruhm den Helden!‘. Der Slogan geht auf die Zwanzigerjahre zurück und wurde von Stepan Bandera und seinen Anhängern geprägt. Sie bildeten einen einflussreichen und gewaltbereiten Flügel der Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN), die in der Zwischenkriegszeit für einen unabhängigen ukrainischen Staat kämpften. Die Ultranationalisten verübten Anschläge und sympathisierten mit dem nationalsozialistischen Deutschland. Zwei Kompanien der OUN nahmen an der Seite der Wehrmacht 1941 am Angriff auf die Sowjetunion teil. Sie waren zudem in Pogrome gegen Juden und Massenmorde involviert.“

Asow-Mitglieder fielen, so ist in der ZEIT weiter zu lesen, „mit rechtsextremen Symbolen, wie der Wolfsangel, die von Neonazis in der ganzen Welt verwendet wird, und der ‚Schwarzen Sonne‘ auf – und mit zahllosen Gewalttaten. Die UN-Menschenrechtsorganisation OHCHR wirft Anhängern des Bataillons vor, mehrere schwere Verbrechen im Donbass begangen zu haben, darunter Vergewaltigung und Folter.“

Asow hat bis heute enge Kontakte zu Nazigruppierungen in aller Welt, beispielsweise zu US-amerikanischen Anhängern der „Theorie“ der weißen Überlegenheit, zu NPD, „Dritter Weg“, Identitäre Bewegung usw. Exemplarisch sei die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Fraktion DIE LINKE zitiert:

„Das Projekt ‚Kraftquell‘ wurde nach eigenen Angaben im Juli 2018 von Angehörigen der Asow-Bewegung und deutschen Rechtsextremisten gegründet. Gründungsort war das sogenannte Haus Montag in Pirna (Sachsen), das auch als Sitz der Geschäftsstelle des örtlichen Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD)-Kreisverbands fungiert. Hauptzweck des Projekts soll die Vermittlung von Ferienaufenthalten in Deutschland sein, die Familienmitgliedern von Angehörigen des Asow-Regiments zugutekommen sollen. Mutmaßlich sollten diese „Ferienaufenthalte“ unter anderem der Festigung von Verbindungen zwischen deutschen und ukrainischen Rechtsextremisten dienen.“

„Bei der Gruppierung ‚Misanthropic Division‘ (MD) handelt es sich um eine rechtsextremistische bzw. nationalsozialistische Organisation, die ihre Wurzeln in der Ukraine hat. Die MD ist eng mit dem Asow-Regiment in der Ukraine verbunden und war an dortigen Kampfhandlungen beteiligt.“ (BT-Drs. 19/26359 Januar 2021).

Während sich Botschafter Melnyk bedingungslos hinter die Asow-Kämpfer stellt und antifaschistische Kritik als Dämonisierung „mutiger Kämpfer“ und Heimatschützer zu denunzieren versucht oder als Beiwerk zu russischer Propaganda, heißt es in dem von ihm zurückgewiesenen ZEIT-Artikel: „Wie das Asow-Regiment derzeit vorgeht, darüber fehlen Informationen. Russland wirft dessen Kämpfern vor, Zivilisten an der Flucht aus Mariupol zu hindern. Die Ukrainer dementieren das.“

ZEIT-Autor Hauke Friederichs gibt abschließend zu bedenken:

„Das Asow-Regiment, daran lässt es keinen Zweifel ankommen, sieht sich selbst als einzig wahren Hort von Patrioten, die einen Kreuzzug führen gegen Separatisten, Russen und alle Andersdenkenden. Im Krieg mögen solche Kräfte der ukrainischen Regierung nützlich sein. Fraglich bleibt, was aus dem Regiment wird, wenn der Konflikt vorbei ist. Militärisch gedrillte Neonazis mit Kampferfahrung, mit Panzerfäusten und Sturmgewehren, dürften sich kaum wieder einfach so einem demokratisch gewählten Präsidenten unterordnen.“

Weißwaschungsversuche für Asow

Kronzeuge für eine Weißwaschung ist aktuell der ukrainische Politikwissenschaftler Anton Schechowzow, der in mehreren deutschen Medien erklärt, „das Asow-Regiment ist keine extremistische Organisation“ (Zeit – Paywall). Das heutige Regiment habe „nichts mehr mit dem neonazistischen Bataillon zu tun“ (Welt -Paywall). Das Asow-Regiment sei „heute eine hochprofessionelle Spezialeinheit – keine politische Organisation, keine Miliz, kein rechtsextremes Bataillon“. Asow-Angehörige führten in Mariupol „einen selbstlosen epischen Kampf“.

Wie der Hamburger Spiegel berichtet, distanzierte sich die militärische Führung des Asow-Regiments Ende März gegenüber dem US-Sender CNN vom rechten „National Corps“ und – „wenn auch butterweich“ (Spiegel) vom ehemaligen Kommandeur Andrij Bilezkyj. Den schätze und respektiere man zwar als Gründer und ersten Kommandeur, „aber wir haben nichts mit seinen politischen Aktivitäten und der Partei ›Nationales Korps‹ zu tun“. (Spiegel – Paywall)

Michael Colborne, kanadischer Journalist und Autor des Buches „From the Fires of War: Ukraine’s Azov Movement and the Global Far Right“ widerspricht: „Es stimmt, dass das Asow-Regiment, das der ukrainischen Nationalgarde unterstellt ist, in den letzten Jahren, zumindest seit 2018 oder 2019, eine gewisse Professionalisierung erfahren hat“, schreibt Colborne auf Spiegel-Anfrage. Selbst Kritiker des Regiments müssten demnach zugeben, „dass es sich um eine fähige, gut ausgebildete Militäreinheit handele. Zudem fungiere das Regiment unter einer anderen rechtlichen Autorität als der Rest der Asow-Bewegung, da es dem Innenministerium unterstellt sei“ (Spiegel – Paywall).

Weiter heißt es im Spiegel unter Verweis auf Colborne, der als Mitarbeiter beim Recherchenetzwerk Bellingcat jedweden prorussischen Sympathien oder Lobbytätigkeiten unverdächtig sein dürfte:

„Die Annahme jedoch, man könne das Regiment von der breiteren politischen Bewegung trennen, deren öffentliches Gesicht Bilezkyjs Partei sei, weist Colborne jedoch deutlich zurück. Das Regiment sei untrennbar mit der breiteren Asow‘schen Bewegung verbunden, schreibt Colborne. Seit der Invasion unterstütze die Bewegung etwa regelmäßig Spendenaktionen und inländische Rekrutierungsbemühungen für das Regiment. Tausende Ukrainer sollen der Bewegung angehören. Die Verbindungen zwischen Regiment und Partei sind leicht zu finden. Bilezkyj spricht bei jährlich stattfindenden Gedenkfeiern für die Gefallenen. Vertreter des ‚Nationalen Korps‘ sind in der nach einem ukrainischen Nationalisten benannten Militärschule des Regiments bis in die jüngere Vergangenheit als Dozenten aufgetreten. Bilezkyj äußert sich bis in die jüngste Vergangenheit hinein auch gegenüber Qualitätsmedien wie der ‚Financial Times‘ de facto als Sprecher des Regiments. Von Rechtsextremen und Neonazis im Ausland wird das Asow-Regiment weiterhin als gleich gesinnt wahrgenommen, wie Unterstützungsbotschaften in sozialen Netzwerken seit Beginn dieses Krieges zeigen.“

So wie Botschafter Melnyk die „mutigen Kämpfer“ bei Asow beschwört, verteidigt er weiterhin die Faschistenverehrung in seinem Land. Am 3. April wies er „Heribert Prantl und Co.“ zurecht: „Weder die Russen, noch die Deutschen haben das Recht zu bestimmen, wen die Ukrainer als Helden verehren. Stepan Bandera & Hunderttausende meine Landsleute kämpften sowohl gegen Hitler, als auch gegen Stalin für den ukrainischen Staat. Lasst uns in Ruhe mit euren Belehrungen.“

Man muss hier Sigmount A. Königsberg, Beauftragter gegen Antisemitismus der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, beipflichten, wenn er bekundet: „Ich kann nicht schweigen, wenn Mörder, Verbrecher und Antisemiten zu Helden hochstilisiert werden.“

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