Tesla – ungewollt veröffentlichte Neuigkeiten aus einer zu großen Fabrik an einem falschen Ort

Tesla – ungewollt veröffentlichte Neuigkeiten aus einer zu großen Fabrik an einem falschen Ort

Tesla – ungewollt veröffentlichte Neuigkeiten aus einer zu großen Fabrik an einem falschen Ort

Ein Artikel von Frank Blenz

Elon Musk ist stets für eine Schlagzeile gut, klar, trägt er doch den Titel „Reichster Mensch der Welt“. Dem Geldscheffler gelang gerade ein gigantischer Schachzug auf dem Feld des „Investoren-Monopoly-ich-mach-mir-die-Welt-wie-sie-mir-gefällt“: Musk kaufte Twitter für zig Milliarden. Der US-Amerikaner sagt dazu via seiner Portale, er stehe für die Freiheit des Wortes, die freie Rede, die freie Meinung, die freien Gedanken, die frei sind – mittels seines Twitter-Dienstes. Nebenher gerät sein anderes Projekt, die gigantische GIGA-E-AUTO-FABRIK bei Berlin erneut ins Blickfeld. Es sind an sich keine schmeichelhaften Neuigkeiten: Die Fabrik ist nicht umweltfreundlich, braucht zuviel Wasser, beeinträchtigt neben der Natur auch die Lebensqualität der Anwohner. Was soll’s. Bei allem wirkt die Politik ja steigbügelhalterisch mit, Musk freut es, er kann seine „Visionen“ wie gewünscht durchsetzen. Bei einem neuerlichen Vorfall in der Fabrik ist nun mindestens bemerkenswert, wie dieser das Licht der Öffentlichkeit erblickte. Über Twitter geschah dies – nicht. Von Frank Blenz.

Was würde Tesla-Chef Elon Musk sagen, wenn auf seinem brandneu eigenen Portal Twitter, so wie er es ja will, völlig frei und kritisch besprochen wird, dass seine Giga-Fabrik im Brandenburgischen keine wirklich lobend zu erzählende Erfolgsgeschichte ist, dass diese hingegen als Beispiel für entfesselten Neoliberalismus, dass diese voller Rückschritt, Wahnsinn und Verachtung steht? Er wird es gelassen zulassen. Am Werktor des Fabrikmonsters im Brandenburgischen aber, da gibt man wie überall in Deutschland als Arbeitnehmer einige seiner bürgerlichen Rechte ab, inklusive, dass man darauf verzichtet, Kritik zu äußern, Mängel offen anzuzeigen. Dennoch zwitscherte es nun aus den Werkhallen Musks.

Es geht um dieses Ereignis:

15.000 Liter Chemikalien, das entspricht in etwa einer Lkw-Ladung, sind am 11. April in den Werkshallen der Lackiererei ausgelaufen. Das meiste davon wurde offenbar problemlos wieder beseitigt, allerdings liefen zwei bis drei Liter draußen vor der Lackiererei aus – auch das noch eine Menge, die durchaus das Potenzial hat, Zehntausende Liter Trinkwasser zu verunreinigen. Fotos von dem Vorfall lassen Umweltschützer befürchten, dass die Substanz ins Erdreich gelangt sein könnte. (Der Freitag)

Im Land der Transparenz, der Demokratie und des Unternehmertums samt der Begleitung durch die Behörden kam dieser Vorfall nicht so, wie es sich für Transparenz und so weiter gehört, an die Öffentlichkeit, sondern:

Bekannt geworden ist der Vorfall nur, weil ein Mitarbeiter des Wasserverbands Strausberg-Erkner (WSE) zufällig am 12. April auf dem Gelände war, die ausgelaufenen Chemikalien mitsamt Bindemittel fotografierte und die Bilder später von der ÖDP und Umweltverbänden veröffentlicht wurden. Es war der Mitarbeiter, der die WSE-Zentrale über den Vorfall informierte, nicht die Behörden oder der Konzern. Dabei ist anzunehmen, dass ein Wasserversorger interessiert daran ist, zu erfahren, wenn im direkten Einzugsgebiet eines Trinkwasserbrunnens Chemikalien ausgelaufen sind, die das Grundwasser belasten könnten. (Der Freitag)

Das Handeln von Tesla und den Behörden stellt eine Bestätigung dessen dar, was auch im Artikel „Tesla und Musk – beides sind nicht die Zukunft. Oder doch?“ besprochen und kritisiert wurde.

Es ist folgerichtig, nachdem dieses überdimensionierte Unternehmen mitten in die Landschaft „gezimmert“ wurde und inzwischen „liefert“ (immerhin bis zu 500.000 Autos pro Jahr, produziert von bis zu 12.000 Mitarbeitern), dass Entscheidungen von Behörden wie von Musk weiterhin und stabil an den wirklichen Interessen der Bevölkerung vorbei getroffen werden. Wie ist sonst zu erkären, dass eine hartnäckige Salamitaktik zu erleben ist?

„…von den Behörden und Tesla kamen nur scheibchenweise und ausschließlich auf Nachfrage oder in Reaktion auf veröffentlichtes Bildmaterial. „Transparenz sieht anders aus“, findet Thomas Löb, Landesvorsitzender der ÖDP Brandenburg. „Wir wissen nicht, welche Chemikalien in der Fabrik zum Einsatz kommen, wie sehr sie unser Grundwasser gefährden könnten oder wie in einem größeren Störfall reagiert wird.“ Andere Unternehmen, auch Autohersteller, legen das offen. Bei Tesla sind die Informationen über die meisten Chemikalien dagegen ein Betriebsgeheimnis. (Der Freitag)

Bis zum nächsten Unfall ist es wohl nur eine Frage der Zeit. Tesla und die Behörden – sie planen und praktizieren das Aussitzen, das Augen zu und durch. Der Grund: Tesla ist ein deutscher Industriestandort, Vorzeigeobjekt, Arbeitsplätze inklusive. Die Folgen tragen die Menschen, beschädigen die Natur. Der Umgang der Macher wirft Fragen bei engagierten Bürgern auf:

Dem Landesamt für Umwelt (LfU) zufolge sei es durch den Vorfall nicht zu einer Belastung von Böden oder Grundwasser gekommen. „Aber wenn es zu einem richtigen Störfall kommt, beispielsweise einem Brand, was passiert dann?“, fragt Steffen Schorcht von der Bürgerinitiative Grünheide. Schorcht lebt knapp 1.000 Meter Luftlinie entfernt vom Tesla-Werk. Er war beteiligt an der neuen Festlegung des Wasserschutzgebiets in der Region, das 2019 endgültig festgesetzt und ausgeweitet wurde. Das Gelände, über das Tesla bereits zu der Zeit mit dem Land Brandenburg verhandelte, fiel damit in das neue Wasserschutzgebiet. (Der Freitag)

Halten wir fest: Die riesengroße Autofabrik steht dort, wo sie nicht stehen dürfte, es werden Autos gebaut, die (noch) nicht wirklich zukunftstauglich sind, obwohl sie modern und chic aussehen und sogar elektrisch betrieben werden, also keine „Verbrenner“ sind. Okay. Die Folgen der Standortwahl, der Dimension der Produktionsmenge, der Bulldozermentalität der Beteiligten aber sind, dass zuviel an Fläche, an Ressourcen, vor allem an Wasser beansprucht wird und die Bürger der Region bedroht sind.

Man kann es sich nicht ausdenken, was gerade allen Ernstes diskutiert wird: eine Mengen-Limitierung des Verbrauchs von Wasser für private Haushalte. Also sparen, damit bei Tesla das H2O munter und stabil plätschern kann? Derlei „Politik“ ist lediglich die logische Fortsetzung des „wirtschaftsfreundlichen Kurses“ bis hinauf aus den ganz wichtigen Amtsstuben der Republik:

Doch die Fabrik wurde im Schnellverfahren durchgedrückt. Vorgezogene Genehmigungen, regelmäßige Änderungen der Planungen, kaum Informationen für Presse und Öffentlichkeit. Nach Einwendungen von Umweltverbänden wurde die Batteriefabrik einfach vom Plan gestrichen und durch eine Lagerhalle ersetzt, die – Überraschung – jetzt doch eine Batteriefabrik werden soll. Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck (Grüne) lobt die „Tesla-Geschwindigkeit“, mit der das Projekt umgesetzt wurde.

Wie sollte es mit Tesla im Brandenburgischen weitergehen, wie aber geht es wohl weiter? Einem Minister Habeck könnte man wirklich folgen, würde der Grüne nicht den privaten Wasserverbrauch limitieren, sondern Musk in die Schranken verweisen, denn ein Unternehmen gut zu führen, heißt nicht, nur auf Maximierung und Expansion zu bauen. 500.000 Fahrzeuge pro Jahr sind zu viel, eine geplante Batterieproduktion im Naturschutzgebiet unsinnig. Das muss der kluge, clevere, weltgewandte und visionäre Elon Musk wissen, auch um seiner Willen. Er weiß es, aber er handelt anders. Er wird weiter ausbauen, weiter scheffeln, ihm wird weiter Teppich um Teppich ausgerollt.

Einhalt gebieten – das könnten mindestens Initiativen von Bürgern bewirken, wenn sie einen langen Atem haben, wenn sie hartnäckig bleiben und wenn sie von der kritischen Öffentlichkeit, im Besonderen der Presse, begleitet und unterstützt werden. Für Musk dient die Öffentlichkeit, der Schwur auf die Freiheit des Wortes, der Rede, der Gedanken allenfalls als PR-Mittel. Tja, so ist er, der Moneymaker from US.

Titelbild: Jatuporn Chainiramitkul/shutterstock.com

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