Hinweise der Woche

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Am Wochenende präsentieren wir Ihnen einen Überblick über die lesenswertesten Beiträge, die wir im Laufe der vergangenen Woche in unseren Hinweisen des Tages für Sie gesammelt haben. Nehmen Sie sich ruhig auch die Zeit, unsere werktägliche Auswahl der Hinweise des Tages anzuschauen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (AT)

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Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Interview zur Bahnpolitik: „Lokführer schämen sich“: Bahnkritiker Luik wütet über die Farce auf den Schienen
  2. Trotz westlicher Sanktionen: US-Medien geben Sahra Wagenknecht recht: Putin kassiert mehr als vor dem Krieg
  3. Wetten auf Hunger
  4. Die ganz große Koalition
  5. Ukraine-Krieg: Drang zum eindeutigen Bekenntnis
  6. Nur ein Trostpflaster: Erhöhung des Mindestlohns
  7. Mit mieser Masche schnappen sich die Konzerne den Tankrabatt und führen die Ampel vor
  8. Der Panik-Minister Karl Lauterbach
  9. Warum Faktenchecker nicht einfach die Fakten checken
  10. Ein Moderator sieht rot

Vorbemerkung: Ursprünglich hatten wir geplant, in unserer Wochenübersicht auch auf die lohnenswertesten redaktionellen Beiträge der NachDenkSeiten zu verweisen. Wir haben jedoch schnell festgestellt, dass eine dafür nötige Vorauswahl immer damit verbunden ist, Ihnen wichtige Beiträge vorzuenthalten. Daher möchten wir Ihnen raten, am Wochenende doch einfach die Zeit zu nutzen, um sich unsere Beiträge der letzten Wochen (noch einmal) anzuschauen. Vielleicht finden Sie dabei ja noch den einen oder anderen Artikel, den es sich zu lesen lohnt. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Interview zur Bahnpolitik: „Lokführer schämen sich“: Bahnkritiker Luik wütet über die Farce auf den Schienen
    Durch das 9-Euro-Ticket rückt die Deutsche Bahn wieder mehr in den Fokus der Öffentlichkeit. Der Journalist Arno Luik beschäftigt sich seit Jahren mit den Unternehmen. Im Interview erklärt er, warum er so enttäuscht von dessen Managern ist und was ihm leise Hoffnungen macht. […]
    Dass es am Pfingstwochenende mehr Störungen bei der Bahn gegeben hat als gewöhnlich, hat Sie also nicht überrascht.
    Luik: Ich bin überhaupt nicht überrascht. Seit mehr als 25 Jahren strengen sich die führenden Bahnmanager an, die Bahn zu zerstören. Das begann 1994 mit der Bahn-Reform, die Börsengang und Privatisierung zum Ziel hatte. Von diesem Augenblick an wurde systematisch an allen Ecken und Enden gespart.
    Die Verantwortlichen knapsten beim Personal und bei Reparaturen, allein im Frachtbereich wurde die Zahl der Mitarbeiter fast halbiert. Wichtige Funktionen lagerte das Unternehmen aus, heute gibt es kaum mehr bahneigene Planungsbüros. Ein paar Jahre lang konnte man den schleichenden Verfall noch kaschieren, schließlich war die Bahn vorher ein sehr robustes System. Jetzt haben wir allerdings den Punkt des Kollapses erreicht. Für den Technologie-Standort Deutschland ist diese heruntergewirtschaftete Bahn peinlich, im Grunde eine Schande.
    Die ganze Situation ist auch deshalb traurig, weil Deutschland einmal ein Bahnland war. Die Deutsche Bahn war für viele andere Länder einmal ein Vorbild. Lang ist’s her. Alle staunten, wie pünktlich die Züge hierzulande waren. Heute ist die einzige Bahn, die rechtzeitig abfährt, der Mainzer Rosenmontagszug.
    Was Sie sagen, lässt sich auch an Zahlen belegen: 2021 war jeder vierte Zug im Fernverkehr zu spät. Woran liegt es, dass die Bahn so ein schlechtes Bild abgibt?
    Luik: Ein großes Problem der Deutschen Bahn ist in meinen Augen die Inkompetenz ihrer Manager. Ich habe mich immer gefragt, warum an die Spitze eines Konzerns, der für eine ökologische Verkehrswende stehen könnte und müsste, Menschen aus der Luftfahrt- und Autoindustrie kamen.
    Quelle: Focus Online

    dazu: Frust mit der Deutschen Bahn: „Kontrollverlust in allen Funktionsbereichen“
    Verspätungen, Probleme mit dem 9-Euro-Ticket, jetzt auch noch ein schweres Zugunglück – alles Seiten derselben Medaille, sagt der Philosoph und Schriftsteller Wolfram Eilenberger: Die Bahn sei nicht nur nicht zuverlässig, sondern auch nicht sicher. […]
    Derzeit vertraue man sich einem Unternehmen an, „das die Kontrolle über seinen Auftrag vollkommen verloren hat“, mit einem Personal „zwischen Apathie und Scham“ und „Kunden, die nicht einmal mehr die Energie finden, sich über die Absurditäten, denen sie jeden Tag ausgesetzt sind, zu beschweren“. Es gebe dramatische Entwicklungen, über die einfach gesprochen werden müsse, weil dieses Verkehrsmittel nicht nur nicht mehr zuverlässig sei, sondern auch nicht mehr sicher.
    Quelle: Deutschlandfunk Kultur

    dazu auch: Warum die Schweiz kein Neun-Euro-Ticket benötigt
    Der Alpenstaat investiert pro Einwohner jedes Jahr umgerechnet 440 Euro in seine Bahn, Deutschland nur 88 Euro. Und noch ein weiterer Aspekt zeigt, was unsere südlichen Nachbarn bei der Verkehrswende besser machen
    Unsere südlichen Nachbarn hängen uns im öffentlichen Verkehr glatt ab. Das ist der eigentliche Grund, weshalb hierzulande die Verkehrswende seit 40 Jahren stillsteht. Kann das “Neun-Euro-Ticket” in diesem Sommer helfen, diesen Abstand ein wenig aufzuholen?
    “Wir brauchen kein ‚Neun-Euro-Ticket’”, sagt der Direktor des Schweizer Bundesamtes für Verkehr, Peter Füglistaler, und der für den öffentlichen Verkehr in der Schweiz zuständig ist.
    Dennoch sieht Füglistaler das “Neun Euro-Ticket” bei seinen Nachbarn positiv, sagte er der Süddeutschen Zeitung. Es sei ein starkes politisches Signal der deutschen Regierung, ein mutiger Preis, aber leider befristet.
    Bahnfahren gehört in der Schweiz zu den schönen Erlebnissen. Ich hatte bei den Eidgenossen an einem Tag einmal fünf Termine. Alle Züge dorthin waren pünktlich. Nur am Abend musste ich in Basel auf den deutschen ICE über eine halbe Stunde warten.
    In Deutschland hatten die Fernzüge im Mai 2022 zu 59 Prozent mehr als fünf Minuten Verspätung. Das ist in der Schweiz unvorstellbar.
    Quelle: Telepolis

  2. Trotz westlicher Sanktionen: US-Medien geben Sahra Wagenknecht recht: Putin kassiert mehr als vor dem Krieg
    CNN und Bloomberg berechnen, dass Russland heute mehr durch den Verkauf von Gas und Öl einnimmt als 2021 – und pflichten damit der Linken-Politikerin bei.
    Die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht vertritt in der Frage der Russland-Sanktionen wegen des Angriffes auf die Ukraine eine kontroverse, aber nicht unbegründete Position. Sie sagt, dass die Diskussion um Gas- und Öl-Embargos weder den völkerrechtswidrigen Krieg in der Ukraine aufhalten könne, noch Russland wirtschaftlich zu schaden scheinen. Der Großteil der Welt beteilige sich ja nicht an Sanktionen. Dafür würden die Sanktionen aber den Menschen in Europa schaden und die Inflation anheizen, so Wagenknecht.
    Für die Bundesregierung scheint der komplette oder wenigstens teilweise Verzicht auf die russische Energie zwar eine moralische, aber auch sicherheitspolitische Frage zu sein, denn die Abhängigkeit von einem Land, das einen Angriffskrieg führt, soll reduziert werden. Der russische Öl-Anteil in Deutschland ist etwa laut Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bereits von 35 auf zwölf Prozent gesenkt worden. Doch schadet diese Entscheidung dem russischen Oberbefehlshaber Wladimir Putin wirklich und hindert sie ihn daran, den Krieg weiterhin finanzieren zu können?
    Offenbar nicht, wie zwei einflussreiche amerikanische Medien unabhängig voneinander berichten.
    Quelle: Berliner Zeitung

    dazu: Milliardenschwerer Staatsfonds: Russlands Finanzpolster wächst rasant
    Der Wert des russischen Staatsfonds hat sich binnen eines Monats massiv erhöht auf knapp 200 Milliarden Dollar. Über 40 Milliarden Dollar kamen zuletzt aus dem Öl- und Gasgeschäft hinzu. Geht Putins Rechnung auf?
    Quelle: tagesschau

    dazu auch: Sanktionen töten
    Der westliche Sanktionskrieg gegen Russland behindert die Ausfuhr von Weizen und Düngemitteln, ohne die die nächste Ernte in vielen Ländern dramatisch einbrechen wird.
    Getreidelieferungen aus der Ukraine und aus Russland, die zusammen zuletzt beinahe 30 Prozent der globalen Weizenexporte stellten, fallen zur Zeit zu einem erheblichen Teil aus.
    Die Ursache? »Putins Krieg«, hört und liest man seit Wochen in den westlichen Medien. Das ist insofern nicht ganz falsch, als der russische Marineaufmarsch im Schwarzen Meer den Export aus denjenigen ukrainischen Häfen hemmt, die nicht von russischen Truppen okkupiert sind. Es ist aber eben auch nur ein Teil der Wahrheit. Zu dieser gehört, dass die Ukraine das Seegebiet vor ihrer Küste vermint und damit unpassierbar gemacht hat. Darüber hinaus behindert der westliche Sanktionskrieg gegen Russland, der unter anderem die Logistik und die Finanzbranche trifft, die russische Ausfuhr – nicht nur von Weizen, auch von Düngemitteln, ohne die die nächste Ernte in vielen Ländern dramatisch einbrechen wird. Die UNO dringt deshalb seit Wochen darauf, beides zu tun: die Ausfuhr ukrainischen Getreides wieder in Gang zu bringen und den Sanktionsdruck zumindest von den russischen Nahrungs- und Düngemittelexporten zu nehmen.
    Die Afrikanische Union hat sich – anders als die westlichen Schreipropagandisten – die Position der UNO zu eigen gemacht.
    Quelle: junge Welt

  3. Wetten auf Hunger
    Kriege und Dürren werden von Spekulanten für perverse Profite genutzt. Die Politik muss das stoppen! (…)
    Dringend muss gehandelt werden, auch Deutschland ist in der Pflicht. Dabei gibt es ganz verschiedene Hebel. Zum einen muss dafür gesorgt werden, dass das Weizen aus der Ukraine aus dem Hafen laufen kann und auch Putin seinen Ausfuhrstopp für Weizen und Dünger aufgibt. Diplomatie und Verhandlungsgeschick sind gefragt. Gewiss keine einfache Aufgabe, aber eben eine notwendige. Gleiches gilt natürlich für den abscheulichen Angriffskrieg an sich.
    Ebenso muss den Ländern, die besonders von Knappheiten und Preissteigerungen sind, pragmatisch geholfen werden. Schuldenerlasse, günstige Kredite, Weizenkontingente – alle Optionen gehören auf den Tisch.
    Dazu muss die Spekulation unterbunden werden, indem physische Händler von Spekulanten getrennt und die Höhe der Positionen noch stärker begrenzt werden. Die einfache Daumenregel muss sein: Wer nicht nachweisen kann, dass er Weizen anbauen, ernten, lagern oder transportieren kann, der ist ein Spekulant und hat am Markt nichts verloren. Es braucht hier harte Regeln. Das Problem löst man außerdem auch nicht mit einer Steuer auf Börsenumsätze – der sogenannten Finanztransaktionsteuer. Spekulation mit Nahrungsmitteln und Rohstoffen gehört schlicht verboten, nicht besteuert.
    Langfristig braucht es eine neue Entwicklungspolitik, die sich von der stumpfen Exportorientierung loslöst und vor allem in der Landwirtschaft auf nachhaltige Selbstversorgung setzt. Auch der internationale Handel muss sich ändern, hier hängt wegen der Globalisierung eben vieles mit vielem zusammen. Weltbank und IWF werden ihrer Rolle nicht gerecht. Ausgaben für Entwicklungshilfe sollten in Deutschland von der Schuldenbremse ausgenommen und deutlich ambitionierter werden!
    Quelle: Maurice Höfgen

    dazu: Wir stehen kurz vor einer globalen Nahrungsmittelkrise
    Durch Spekulation an der Börse treiben Investoren die Weizenpreise in die Höhe – und machen großes Geschäft. Damit stoßen sie die ärmsten Länder der Welt in den Hunger.
    Auch wenn wir es immer wieder hören: Nicht alle werden ärmer. Mineralölkonzerne und die Rüstungsindustrie machen gerade offensichtlich hohe Profite. Doch auch Investoren, die seit Kriegsbeginn auf steigende Weizenpreise gewettet haben, fahren fette Gewinne ein. Die Rechnung dafür zahlen Menschen in Entwicklungsländern, die nicht mehr satt werden. Der Börsenpreis für Weizen ist seit Beginn des Krieges durch die Decke gegangen und befindet sich bis heute auf Rekordniveau.
    Seit Ausbruch des Krieges ist der Weizenpreis um fast 50 Prozent angestiegen, zwischenzeitlich sogar um 70 Prozent. Das hat Folgen. Etliche Länder sind von Weizenimporten abhängig. Einer der größten Weizenimporteure der Welt in absoluten Zahlen ist Ägypten. Das Land importiert rund 12 Millionen Tonnen Weizen. Darauf folgen die Türkei und Indonesien. Offensichtlich treffen die Weizenpreise diese Schwellenländer besonders hart. Beim Preis für Mehl zeigt sich der Anstieg noch extremer. Ein Bäcker in Ägypten berichtete etwa, dass der Preis sich mehr als verdoppelt habe. Wenn er diese Kosten an seine Kunden weitergäbe, würden sie nicht mehr kommen und er müsste schließen. Daher sollen die ägyptischen Bäuerinnen und Bauern nun vermehrt Weizen anbauen und es dem ägyptischen Staat unter Weltmarktpreis verkaufen. Auch ein Brotpreisdeckel wurde aufgesetzt.
    Aber nicht nur die Schwellenländer sind betroffen. Auch die Entwicklungsländer trifft es hart. Sie importieren zwar in absoluten Zahlen deutlich weniger, aber in Relation zum Weizenkonsum deutlich mehr. Burkina Faso, Nigeria und Madagaskar sind fast zu 100 Prozent von Importen abhängig. Darauf folgen Länder wie Mexiko, Panama, Korea und Bangladesch.
    Quelle: Maurice Höfgen und Lukas Scholle auf Jacobin

  4. Die ganz große Koalition
    Mit dem Sondervermögen über 100 Milliarden Euro bildet sich eine ganz große Koalition fürs Aufrüsten. Genau das ist das Problem – nicht die Umgehung der Schuldenbremse. […]
    Die von Deutschland maßgeblich geprägten europäischen Fiskalregeln waren und sind ein Instrument der ökonomischen Knechtung Südeuropas. Nun will man sich auch zu militärischer Dominanz aufschwingen. Die Schuldenbremse ist aber nicht nur deshalb falsch, weil sie militärische und andere Investitionen behindert. Sie hat auch in Deutschland dazu geführt, dass die arbeitende Bevölkerung durch die Sparpolitik bis aufs Letzte ausgepresst wurde. Bei diesem Instrument ging es immer darum, Umverteilung zu verhindern. Wir brauchen also nicht weitere Sondervermögen, sondern eine konsequent andere Investitions- und Umverteilungspolitik.
    Der Widerstand der Wenigen in der Ampelregierung ist ein trauriges Zeugnis darüber, dass wir von der Ampelregierung nichts zu erwarten haben – auch wenn man noch so oft zum Umdenken appelliert. Den einzigen Ausweg bietet eine Machtverschiebung, die die Interessen der Menschen ins Zentrum rückt und eine demokratische Verständigung über eine neue Sicherheitspolitik überhaupt ermöglicht. Tragisch ist, dass die Linke nicht von einem klaren antimilitaristischen und sozialen Kurs profitieren kann. Das liegt auch daran, dass sie selbst nicht immer genau argumentiert. So geht diese »Zeitenwende« schrecklich geräuschlos an einem Freitagnachmittag über die Bühne.
    Quelle: Jacobin
  5. Ukraine-Krieg: Drang zum eindeutigen Bekenntnis
    Warum nehmen so viele Deutsche gegenwärtig gern für “die Ukraine” Partei? Das Gute und das Böse erscheinen säuberlich getrennt. Kommentar und Hintergrund
    Das Opfer gilt als absolut unschuldig und der Täter als absolut schuldig. Endlich mal an der Seite des Lichtes gegen “die Mächte der Finsternis” stehen. Endlich gibt es eine Gelegenheit, bei der eine klare Parteinahme als möglich erscheint.
    Niemand muss sich beim Ukraine-Krieg vorwerfen lassen, selbst irgendwie beteiligt zu sein (wie an der Klimakrise). Was getan werden soll, erscheint als völlig klar. Politik kann auf einmal so wohltuend unkompliziert sein. Niemand muss sich wie (z. B. bei der Umweltproblematik) über Konflikte zwischen “Reform” (“Grüne”) oder “radikalem Widerstand” (“Ende Gelände”, “Letzte Generation” u. a. ) zerstreiten.
    Im Kontrast zu aller sonst verwirrenden Komplexität sowie zu allen sich überlappenden und einander widersprechenden Konfliktfronten freuen sich viele darüber, dass wenigstens bei einem Thema (Ukraine) eine ganz große Einigkeit existiert. Das neue Wir erkennt seine Übereinstimmung beim Nicken anlässlich der Signalwörter.
    Quelle: Telepolis
  6. Nur ein Trostpflaster: Erhöhung des Mindestlohns
    Am Freitag hat der Bundestag die Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf zwölf Euro brutto pro Stunde beschlossen. Dies wäre ein Meilenstein im Kampf gegen die Armut, gäbe es nicht gewichtige Einwände. Olaf Scholz hatte die Erhöhung des Mindestlohns auf diesen Betrag bereits unmittelbar nach der für die SPD desaströsen Bundestagswahl im September 2017 gefordert. Seinerzeit lag der Mindestlohn noch bei 8,84 Euro. Berücksichtigt man die Preissteigerungen während der vergangenen fünf Jahre, sind zwölf Euro im Oktober 2022 erheblich weniger wert als damals.
    Auch ist der Sprung auf zwölf Euro nicht so gewaltig, wie es auf den ersten Blick scheint. Denn ab 1. Juli gelten nicht mehr 9,82 Euro wie heute, sondern 10,45 Euro. Zudem existieren die Ausnahmen – Jugendliche ohne Berufsausbildung und Kurzzeitpraktikanten erhalten den Mindestlohn nicht, Erwerbslose erst nach einem halben Jahr – fort. Noch problematischer ist aus Sicht der Beschäftigten, dass der Mindestlohn bald wieder hinter der Preisentwicklung herhinken dürfte, weil seine größte Schwachstelle bestehen bleibt: Er wird auch weiterhin nicht politisch, sondern aufgrund des Votums einer mit je drei Vertretern von Unternehmerverbänden und Gewerkschaften, einem »neutralen« Vorsitzenden und zwei nicht stimmberechtigten Wissenschaftlern besetzten Kommission festgelegt, die sich im wesentlichen nachlaufend an der Tariflohnentwicklung orientiert.
    Quelle: Christoph Butterwegge in junge Welt
  7. Mit mieser Masche schnappen sich die Konzerne den Tankrabatt und führen die Ampel vor
    Fakt ist: Die drei Milliarden Euro, die der deutsche Staat in eine dreimonatige Senkung der Energiesteuer steckt, werden am Ende des Jahres in den Kassen der multinationalen Konzerne gelandet sein. Die Industrie erwartet in 2022 einen Rekordgewinn, den sie einer erprobten Zauberformel verdankt, bei der eigene Dreistigkeit durch die Naivität der Politiker gehebelt wird.
    Der Trick, der hier zur Anwendung kommt, ist so durchschaubar, dass man sich über die fehlende Professionalität auf Seiten des Staates nur wundern kann.
    1. Die Mineralölkonzerne mit ihren riesigen Rechtsabteilungen haben sofort verstanden, dass ein Steuernachlass des Staates keineswegs eins zu eins an die Kunden weitergereicht werden muss. Auch die örtlichen Tankstellenpächter können unverzüglich ausgehebelt werden. Die Preissetzungsgewalt liegt ausschließlich bei den Mineralölkonzernen.
    2. Damit es trotzdem so aussieht, als verhalte man sich verbraucherfreundlich und respektvoll gegenüber der Bundesregierung, wurden die Preise für Diesel gestern durchschnittlich um 10 Cent und für Super E10 um 27 Cent gesenkt. Erwartungsgemäß meldete dpa:
    „Spritpreise deutlich gesunken! “
    3. In Wahrheit waren die Preise für den Liter Benzin zuvor krass gestiegen, von 1,70 zum Jahresanfang auf bis zu 2,15 Euro kurz vor Einführung des Tankrabatts. Laut ADAC kostete Super E10 am Montag im bundesweiten Tagesdurchschnitt 2,13 Euro pro Liter und damit 4,3 Cent mehr als am Dienstag der Vorwoche. Diesel verteuerte sich im selben Zeitraum um 3,5 Cent auf 2,03 Euro pro Liter. Das würde bedeuten, die Konzerne hätten sich ein Preispolster zugelegt.
    Quelle: Gabor Steingart in Focus Online
  8. Der Panik-Minister Karl Lauterbach
    Per Twitter hat sich Karl Lauterbach eine große Fangemeinde erarbeitet. Sie vertrauen ihm, der für jede seiner Positionen eine Studie parat hat. Dabei zitiert und interpretiert er falsch oder bruchstückhaft, sucht sich heraus, was er für seine Position braucht. Er warnt und macht Panik. Der neue Gesundheitsminister setzt nahtlos fort, was er als twitternder Abgeordneter schon getan hat. Mitte Mai ist ein kleines Büchlein erschienen, das einige der Aussagen Lauterbachs mit der Realität und den eigenen Widersprüchen konfrontiert. Wir haben im Folgenden Auszüge aus dem Buch zusammengestellt.
    Prof. Dr. med. Dr. sc. Karl Wilhelm Lauterbach befindet sich seit seiner Ernennung zum Gesundheitsminister am 8. Dezember 2021 auf dem Höhepunkt seiner politischen Karriere. Das Büchlein „ApoKarlypse“ unterzieht „Deutschlands beliebtesten Politiker“ (zumindest im Januar 2022 laut einer Meinungsumfrage von INSA) einer Kritik. Im ersten Teil dokumentiert Werner Rügemer den Lebensweg von Karl Lauterbach und zeigt ihn als einen bestens vernetzten Lobbyisten und Profiteur im Gesundheitssektor – ganz im Gegensatz zum medial vermittelten Bild in der Öffentlichkeit. (…)
    Im zweiten Teil dokumentiert der Verfasser Lauterbachs Agieren seit 2020. Die Grundaussage der verschiedenen Beispiele lautet: Lauterbach lügt, informiert fehlerhaft und tätigt widersprüchliche Aussagen. Er manipuliert und zieht Schlussfolgerungen aus Quellen, die nicht zulässig sind. Er verbreitet unangemessene Panik und verstößt überhaupt gegen zentrale Grundsätze des Krisenmanagements.
    Die Sammlung ist die Dokumentation eines Scheiterns, und zwar auch der Medien, die Lauterbach ungehemmt und weitgehend kritiklos multipliziert haben. Wie im dritten Teil an zwei Beispielen analysiert wird, entpuppt sich Lauterbach als Liebling, Ziehkind und Prügelknabe der Medien und zugleich als deren erfolgreichster Quotengenerator.
    Quelle: Hintergrund
  9. Warum Faktenchecker nicht einfach die Fakten checken
    Fakten, so legt der allgemeine Sprachgebrauch es nahe, sind einfach da: sich selbst genug, unabhängig von Blick und Gedanken der Menschen, einmal vorhanden, ewig dieselben. Die „harten Fakten“ setzen Diskutanten ins Recht und rechtfertigen Entscheidungen, „alternative Fakten“ zu den „tatsächlichen“ Fakten gibt es nicht. – All diese Behauptungen klingen für die meisten wahr, und sie entsprechen auch einem unentbehrlichen Element aufklärerischen Nachdenkens: Was gilt, das soll bei uns „aus Gründen gelten“ (Hegel); bloße Spekulation oder interessegeleitetes Fabulieren müssen wir durch die Frage nach den empirischen oder logischen Grundlagen des Behaupteten entlarven können. Das ist die Intention der Frage nach „den Fakten“.
    Die Eingangsbehauptungen von den ewig stabilen, kontextfrei verfügbaren Fakten sind aber bei näherer Betrachtung alle falsch. Wer diesem verkehrten Verständnis von Fakten anhängt, könnte glauben, „Faktenchecker“ seien schlicht Diener der Wahrheit gegen die Täuschung, die in der Verbreitung „erfundener“ oder „falscher“ Fakten bestehe. Es gibt zwar den einfachen Fall der Täuschung: Ein Autor, der sich „Faktenchecker“ nennen mag, deckt eine Lüge, eine einzelne und bewusst getätigte Falschaussage, auf. Das vermag auch jemand, der sich nicht „Faktenchecker“ nennt, deshalb ist dieser Fall für das Folgende nicht von Interesse. (…)
    „Faktenchecker“ prüfen Texte daraufhin, ob sie die bevorzugte Weltinterpretation ihrer Sponsoren stützen. Ihre Frage lautet: Ist der Gegenstand der Betrachtung vom Autor so konstituiert worden, wie meine Auftraggeber es sich wünschen? Genauer formuliert: Zieht der Autor die richtigen Umstände, Gegenstände und Geschehnisse in Betracht (und lässt er die richtigen außer Betracht)? Und beurteilt er diese dann auch richtig, in Übereinstimmung mit den Interessen meiner Auftraggeber? Wo ein Autor diese Kriterien nicht erfüllt, wird seine handwerkliche Sorgfalt und journalistische Seriosität angegriffen, was in regelrechte Rufmordkampagnen ausarten kann.
    Die Institutionalisierung von hauptberuflichen “Faktencheckern” führt zur Verengung des Meinungs- und Faktenkorridors in einem Diskursraum, und dies – mal deutlicher und mal undeutlicher – nach Maßgabe der die Faktenchecker finanzierenden Gruppen. Sie schließen so den Diskurs und schotten das damit errichtete Biotop des rechten Glaubens und der Rechtgläubigen gegen Kritik ab. Mit anderen Worten: Ein pluralistischer Diskurs wird durch strukturelle Einschüchterung sabotiert und so weit möglich unterdrückt. Die Aufklärung soll suspendiert werden, damit die Profiteure des Status quo ihre Ruhe haben.
    Quelle: Michael Andrick in der Freitag

    Anmerkung Christian Reimann: Bitte lesen Sie dazu auch Faktencheck der Faktenchecker: Ein neues Projekt der NachDenkSeiten.

  10. Ein Moderator sieht rot
    Markus Lanz hatte am Donnerstag Ulrike Guérot in seine Talkshow zum Thema Ukraine eingeladen. Der Moderator verlor im Verlauf der Sendung rasch jede Contenance, verließ seine journalistische Rolle und mutierte zum Angreifer, nachdem Guérot Fragen zu den Kriegszielen gestellt und einen Waffenstillstand statt Waffenlieferungen gefordert hatte.
    Dass Medien eine weitere Intensivierung des Krieges als notwendig darstellen, ist mittlerweile Alltag. Dennoch markierte die Lanz-Ausgabe vom 2. Juni 2022 einen besonderen Höhepunkt. Eingeladen waren unter anderem die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages und seit wenigen Wochen außerdem Vizepräsidentin der Deutschen Atlantischen Gesellschaft, einer Nato-Lobbyorganisation, sowie Frederik Pleitgen, Sohn des langjährigen WDR-Intendanten Fritz Pleitgen und seit vielen Jahren Senior International Correspondent bei CNN. Als Gegenpart durfte die Professorin für Europapolitik Ulrike Guérot in der Runde Platz nehmen. […]
    Diese Konstellation ist in den letzten Jahren immer mehr zum Standard in den Medien geworden ist: Man lädt einen Menschen mit abweichender Meinung ein, fährt dann aber eine Breitseite von Gegnern auf, die diesem Gast kollektiv und unmissverständlich klar machen, dass und warum er sich irrt. Darin liegt auch eine Belehrung des Publikums: Schau, so kann es auch Dir ergehen, wenn Du eine andere Meinung öffentlich äußerst.
    Das besondere hier: Als Chefankläger in der von zwei Millionen Zuschauern verfolgten Sendung trat der Gastgeber persönlich auf.
    Dazu kommt vielfach die Ersetzung von Logik durch moralische Empörung. […]
    Einigkeit herrschte in der Guérot gegenüberstehenden Runde darüber, dass die USA alles versucht hätten, diesen Krieg zu verhindern. […]
    Als Guérot versuchte, an die Vorgeschichte des Krieges zu erinnern und dabei die Jahreszahlen 2008 und 2014 nannte, platzte dem Moderator der Kragen: „Das hilft uns doch heute nicht weiter“, was er mit einer Wiederholung des Satzes „Da sterben Menschen“ ergänzte. Guérot entgegnete, die Frage sei, was vorher stattgefunden habe. Sie erwähnte den von der OSZE registrierten massiven Beschuss im Donbass ab Mitte Februar und fragte: „Ist Putin das alleinige Übel?“ – „Die Antwort ist: ja!“, platzte es da unvermittelt aus Lanz heraus.
    Quelle: Multipolar

    dazu: Programmbeschwerde – Markus Lanz vom 2. Juni 2022
    Sehr geehrte Damen und Herren Fernsehräte,
    hiermit erheben wir formal Beschwerde gegen die Ausgabe des Talkformates Markus Lanz vom 2. Juni 2022 wegen Verstoßes gegen die Programmrichtlinien des ZDF, gegen die Vorgaben des Staatsvertrages und gegen die eigenen internen Richtlinien in Programmangelegenheiten.
    (…) Wird in einer Ihrer Grundregeln für die Zusammenarbeit im ZDF beispielsweise explizit ausgeführt, dass kein Mitarbeiter Sachangaben und Meinungen zu unterdrücken habe, die zu einer angemessenen und wahrheitsgetreuen Information gehören, passierte in der beanstandeten Sendung das glatte Gegenteil.
    Lobbyismus (Strack-Zimmermann), Fanatismus (Pleitgen) und komplette Ahnungslosigkeit (Lanz) über Verlauf und Hintergründe des Ukrainekonfliktes trafen auf eine kritische Wissenschaftlerin (Guérot), die seit über 30 Jahren das Geschehen und die Geschicke Europas begleitet und in vielen Funktionen mitgestaltet hat.
    Dass es bei dieser intellektuell und reputativ ungleich ausgestatteten Runde dazu kommen konnte, dass eben diese Wissenschaftlerin von Moderator und o. g. Gästen geradezu hyperaktiv sowohl an der Beantwortung eigens gestellter Fragen als auch an ihren Ausführungen zum Thema gehindert wurde, spricht für Vorsatz. […]
    Seit geraumer Zeit ist eine Tendenz in der Berichterstattung und im Umgang mit abweichenden Meinungen zu beobachten, die den inneren Frieden im Land zerstört und die gesellschaftliche Spaltung vorantreibt. Gerade die politischen Talkshows der öffentlich-rechtlichen Sender verfügen sowohl über die Infrastruktur als auch die Reichweite, um dem interessierten Publikum widerstreitende Meinungen abzubilden, die in einer funktionierenden Demokratie selbstverständlich sein sollten. Stattdessen versinken viele dieser Runden in einem surrealen Einheitsbrei, der eben nicht die Gesellschaft abbildet und von den journalistischen Kriterien Neutralität, Objektivität und Unparteilichkeit weiter denn je entfernt ist. […]
    Divergierende Meinungen zu brisanten Themen des Zeitgeschehens dürfen in einer demokratisch und zivilisiert verfassten Gesellschaft nicht dazu führen, dass sich aus dem Austausch handfeste Feindschaften bis hin zur gesellschaftlichen Ächtung einer Person entwickeln. Gerade diese unerfreuliche Entwicklung vollzieht sich nun seit über zwei Jahren mit besorgniserregender Dynamik. Frieden, Freiheit und Sicherheit sind dadurch gefährdet, insbesondere der innere Friede steht bedrohlich auf der Kippe. Die Verständigung unter den Völkern schließt zudem per Definition kein Volk aus, auch nicht das russische.
    Das ZDF sollte dringend an diesen Defiziten arbeiten, oder seine Rechtsgrundlagen den gegebenen Umständen anpassen.
    Quelle: Ständige Publikumskonferenz

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