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  1. Gesundheitspolitik: Wenig durchdachte Alleingänge
  2. „Dann wird es Tote geben“: Seltene Krisensitzung bei der Berliner Feuerwehr
  3. Zahl steigt zu den Sommerferien: Arbeitslos trotz Fachkräftemangel: 7630 Lehrkräfte im Juni ohne Job
  4. Molkereien schlagen Alarm: Kein Gas – kein Käse
  5. In Japan zerschlägt sich deutsche LNG-Hoffnung
  6. Droht ein Exportstopp – der USA?
  7. Nord Stream 1: Die selbst verschuldete Krise
  8. Das Comeback der Nato könnte im Armageddon enden
  9. Die Kaliningrad-Blockade
  10. Boris Johnson ist weg, aber die Rechte bleibt an der Macht
  11. Bahnpolitik: »Ab Tutzing alles im Arsch«
  12. Bundestag: Gutachter warnen vor “Welt ohne Bargeld”
  13. Angriff auf Pressefreiheit: Maltesische Maulwürfe
  14. Was man über die Uber Files wissen muss
  15. Interessenkonflikte im Journalismus

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Gesundheitspolitik: Wenig durchdachte Alleingänge
    Zielsicher ist Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) in den beiden vergangenen Wochen vielen im Gesundheitswesen auf die Füße getreten. Es begann mit einer Testverordnung, deren praktische Umsetzung kaum einer durchdacht hatte. Denn der Nachweis des Besuchs einer Kulturveranstaltung oder von Familienangehörigen im Pflegeheim, das Ausfüllen einer Selbsterklärung und das Einsammeln von drei Euro ist erst recht in einer Arztpraxis ein bürokratischer Wahnsinn. Grund genug, dass Kassenärztliche Bundesvereinigung und Kassenärztliche Vereinigungen an Lauterbach schrieben, dass sie sich nicht imstande sähen, die Abrechnung der Bürgertests umzusetzen. Für den Gesundheitsminister ist dagegen der Aufwand „überschaubar“, es sei ja nur ein Formblatt zu unterschreiben. Außerdem seien falsche Angaben eine Lüge, ergo gezielter Betrug. Ein Ministerposten schließt Naivität wohl nicht aus. Kurz vor Redaktionsschluss einigten sich KBV und Lauterbach, dass die KVen die neuen Anspruchsvoraussetzungen für Bürgertests nicht prüfen müssen, das soll der Bund machen.
    Dass die Betroffenen von der neuen Verordnung im Vorfeld nichts wussten, ist ein Paradebeispiel für die mangelnde Kommunikation Lauterbachs. So wurden selbst Krankenkassen von den kurze Zeit später präsentierten Sparplänen überrascht, mit denen der Minister das immense Defizit der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) auffangen will. Zu einer schlechten Kommunikation gehört auch, wenn man dabei nicht in der Sache argumentiert, sondern als Erstes seinen Vorgänger Jens Spahn (CDU) für das Kassendefizit verantwortlich macht – wohlwissend, dass man selbst mit ihm in der Regierungsverantwortung stand (Seite 1232).
    Überhaupt nicht zu verstehen ist bei den Sparplänen, Honorarkürzungen in der Ärzteschaft auszuschließen, gleichzeitig aber die extrabudgetäre Honorierung von Neupatienten abzuschaffen. Ein ähnlicher Gegensatz ist Lauterbachs Credo, mit ihm gäbe es keine Leistungseinschränkungen, dann aber das Gros des Ausgleichs des GKV-Defizits mit der Erhöhung des Zusatzbeitrags der Bevölkerung aufzubürden.
    Quelle: Ärzteblatt

    dazu auch: Medienminister Lauterbach: Präsenz ist alles, Inhalte sind nichts
    Karl Lauterbach ist der Medienminister der Ampel-Koalition. Der Gesundheitsminister hat es geschafft, durch Medienpräsenz und Soziale Netzwerke ins Amt zu kommen. Nun sinkt sein Stern. Aber viele Medien stehen weiter an seiner Seite. Oder schauen weg.
    Lauterbachs Stern ist am Sinken. Galt er noch im Januar 2022 gemäß einer INSA-Umfrage als beliebtester Politiker Deutschlands, gerät er nun zunehmend in die Kritik. Die Opposition, die Zivilgesellschaft, die Medien und sogar der Koalitionspartner FDP machen Stimmung.
    Vermehrt dringen Berichte über das seit Wochen streikende Uniklinik-Personal in NRW auch zu den größeren Medienhäusern durch. Der Intensivpfleger Ricardo Lange betont regelmäßig, dass Lauterbach seine coronagebundene Aufmerksamkeit den überall und immer noch grassierenden multiresistenten Keimen zuwenden soll – in Deutschland und anderswo sind nosokomiale Infektionen die Todesursache für Zehntausende. Die Opposition regt sich über die Extraprofite in Milliardenhöhe auf, die Lauterbach den Pharmakonzernen ohne Not ermöglicht. Und Teile des Koalitionspartners FDP zweifeln an der Rechtmäßigkeit von Lauterbachs immer autokratischeren Alleingängen.
    Quelle: Hintergrund

  2. „Dann wird es Tote geben“: Seltene Krisensitzung bei der Berliner Feuerwehr
    Bei der außerordentlichen Personalversammlung entlädt sich am Montag die Wut der Feuerwehrmänner.
    Wegen den anhaltenden Problemen bei der Berliner Feuerwehr fand am Montag eine Krisensitzung statt. Es war die erste Veranstaltung dieser Art seit fast 20 Jahren. Anlass ist die derzeitige Notlage der Feuerwehr, nahezu täglich wird der Ausnahmezustand angerufen. Zeitweise, heißt es bei der Feuerwehr, steht kein einziger Rettungswagen mehr zur Verfügung. Als Landesbranddirektor Karsten Homrighausen sich am Montag den Fragen der Feuerwehrmänner stellte, wurde der Ton plötzlich rauer.
    Aufgrund einer Vielzahl von Problemen auch in der Leitstelle der Berliner Feuerwehr droht nach Angaben eines Feuerwehrmanns das Schlimmste. Er sagte an Homrighausen gerichtet: „Wenn wir so weitermachen wie wir gerade fahren, dann wird es Tote geben.“ So müssen RTW immer wieder mit Blaulicht losrasen, wenn Patienten über Schlafstörungen, Übelkeit oder Verstauchungen klagen. Notfälle sind das zwar nicht, dennoch ist die Feuerwehr verpflichtet, zu kommen. In dieser Zeit können die Retter dann nicht bei echten Notfällen wie etwa Schlaganfall oder Herzinfarkt helfen.
    Quelle: Berliner Zeitung
  3. Zahl steigt zu den Sommerferien: Arbeitslos trotz Fachkräftemangel: 7630 Lehrkräfte im Juni ohne Job
    Die Anzahl der arbeitslosen Lehrerinnen und Lehrer in Deutschland ist zuletzt erkennbar angestiegen. Denn der Beginn der Sommerferien bedeutet für einige Lehrkräfte auch, dass ihre befristeten Verträge enden. Aus Sicht des Deutschen Lehrerverbands muss sich etwas ändern.
    7630 Lehrkräfte waren der Bundesagentur für Arbeit zufolge im Juni arbeitslos. Das sind 555 mehr als noch im Mai und 437 mehr als im April. Zudem ist die Anzahl der Arbeitssuchenden zuletzt von rund 14.000 im März auf rund 20.000 im Juni kontinuierlich angestiegen.
    Die Zahlen sind angesichts der Sommerferien, die in einigen Bundesländern bereits begonnen haben, kaum überraschend. Schon seit Jahren verzeichnet die Arbeitsagentur eine vergleichsweise hohe Arbeitslosigkeit unter Lehrkräften in den Sommermonaten. „Regelmäßig mit Beginn der Sommerferien steigt der Arbeitslosenbestand stark an. Nach den Sommerferien kehrt er etwa auf den Ausgangsbestand vor den Sommerferien zurück, weil viele Lehrkräfte ihre Arbeitslosigkeit durch die Aufnahme einer Beschäftigung wieder beenden“, heißt es in einem Bericht der Arbeitsagentur über Arbeitslosigkeit von Lehrkräften.
    Quelle: RND
  4. Molkereien schlagen Alarm: Kein Gas – kein Käse
    Ein Stopp der Gaslieferungen aus Russland träfe nicht nur Deutschlands Industrie schwer, sondern auch den gesamten Ernährungs- und Lebensmittelbereich. Insbesondere Molkereien stehen im Fokus. Seit Monaten hängt der drohende Gas-Lieferstopp wie ein Damoklesschwert über der Branche. Milchexperte Ludwig Huber, Vorstandsvorsitzender des Molkereiverbandes Milch.Bayern e.V., sagt gegenüber tagesschau.de: “Wenn den Molkereien das Gas abgedreht wird, dann droht der Branche ein massiver Produktionsstopp.” Das bedeutet, dass das Angebot an Milch und Käse dann einbrechen dürfte und Preissteigerungen unausweichlich wären.
    Wegen des möglichen Gas-Lieferstopps kam kürzlich der Milchausschuss des Deutschen Bauernverbandes zu einem Treffen zusammen. Günther Felßner, Vizepräsident des Bayerischen Bauernverbandes, warnte direkt nach dem Treffen im mittelfränkischen Triesdorf: Lebensmittelversorgung sei systemrelevant, wichtiger noch als Wärme, wichtiger als die Wohnung, die ein Grad kälter oder wärmer sei.
    “Wenn du nichts zu essen hast, dann ist das ein Riesenproblem.” Sollte das Gas abgedreht werden, dann werde schon zwölf Stunden später die Milch an den Höfen nicht mehr abgeholt, und ein, zwei Tage später gebe es keine Milchprodukte mehr in den Supermarktregalen. “Es hat existenzielle Auswirkung, wenn das Gas nicht mehr zur Verfügung steht”, so der Milchexperte.
    Quelle: tagesschau
  5. In Japan zerschlägt sich deutsche LNG-Hoffnung
    Nach dem Lieferstopp durch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 setzt Außenministerin Baerbock auch auf die Solidarität der G-7-Staaten. Es könne keinen „Wettlauf ums Gas“ geben, sagte sie bei ihrem Antrittsbesuch in Tokio. Doch die Antwort ihres japanischen Amtskollegen ist ernüchternd.
    Quelle: Welt Online

    Anmerkung JK: Japan ist sicher einer der größten Konkurrenten Deutschlands auf dem Weltmarkt. Weshalb also sollte sich Japan „solidarisch“ zeigen, vor allem wenn die Bundesregierung sich durch eigene Blödheit in diese Lage manövriert hat.

  6. Droht ein Exportstopp – der USA?
    Deutschland setzt auf LNG-Terminals, um sich unabhängig von Russland zu machen. Das Flüssiggas soll auch aus den USA kommen. Doch die könnten es bald selbst benötigen. […]
    Wie groß der Einfluss der USA auf den globalen Gasmarkt ist, zeigte ein Vorfall vor einigen Wochen. Im Juni gab es eine Explosion bei Freeport, einem der LNG-Ausfuhrterminals in Texas. Die Anlage fällt noch monatelang aus. Prompt stieg der Erdgaspreis in Europa, während er in den USA deutlich sank.
    Der amerikanischen Industrie hatte das zunächst günstige Frackinggas einen Wettbewerbsvorteil gebracht. Den wollen ihre Vertreter nicht kampflos aufgeben. Seit Monaten fordert der Verband Industrial Energy Consumers of America, ein Zusammenschluss großer Produktionsbetriebe, von Präsident Joe Biden eine Exportbeschränkung für Erdgas.
    Bislang ist Biden nicht auf die Forderungen eingegangen. Schließlich wurden die LNG-Anlagen mit vielen Milliarden Dollar gefördert, darunter auch öffentliche Mittel. Doch Bidens Regierung, die wegen der hohen Inflation im Umfragetief steckt, kann sich keine negativen Schlagzeilen leisten. Weitere Berichte über Fabrikschließungen wegen hoher Strompreise möchte Biden sicher vermeiden.
    Zumal Donald Trump oder seine Nacheiferer bei den Republikanern diese Schwäche ausnutzen dürften. Es braucht nicht viel Fantasie, um sich eine Trump-Veranstaltung vor dem stillgelegten Century-Werk vorzustellen, mit den Entlassenen als Ehrengäste. Sollte Trump 2024 erneut als Präsidentschaftskandidat antreten und gewinnen, dürfte er keine Hemmungen haben, die Gaslieferungen ins Ausland zu stoppen, wenn es America First dient.
    Quelle: Zeit Online
  7. Nord Stream 1: Die selbst verschuldete Krise
    Durch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 fließt wegen Wartungsarbeiten kein russisches Gas mehr nach Deutschland. Das könnte der Anfang vom Ende sein, heißt es in Berlin. Doch die Krise ist selbst verschuldet.
    Was passiert nach dem Ende der Wartung am 21. Juli? “Wir wissen es einfach nicht”, sagt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. “Alles ist möglich.”
    Russisches Gas könne dann wieder im vollen Umfang durch die Pipeline fließen, die Menge könne aber auch bei null bleiben. Deutschland bereite sich auf das Schlimmste vor.
    Warum eigentlich? Die Gasspeicher sind, der Jahreszeit entsprechend, gut gefüllt. Russland liefert weiter Gas über die Ukraine. Und die defekte Gasturbine darf nun doch repariert werden.
    Selbst wenn die Lieferung über Nord Stream 1 Ende Juli nicht sofort wieder beginnen sollte, würde kein Notstand ausbrechen. Die Krise würde sich erst im Herbst bemerkbar machen.
    Bis dahin bleibt genug Zeit, um mit Gazprom oder mit Kremlchef Wladimir Putin zu verhandeln. Dazu müsste man allerdings auch bereit sein, zu reden – und Konzessionen zu machen.
    Quelle: Lost in Europe

    dazu: Habeck warnt vor „Albtraum-Szenario“
    Die Wartungsarbeiten sollen laut Plan nur zehn Tage dauern – bis zum 21. Juli. Durch die Sanktionen des Westens steht jedoch zu befürchten, dass Russland diesmal den Gashahn nicht wieder aufdreht. Angesichts eines möglichen völligen Stopps der Gaslieferungen aus Russland hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck vor einem „politischen Albtraum-Szenario“ gewarnt. Die Regierung versuche sich mit ihren Maßnahmen auf das Schlimmste vorzubereiten, um genau dies zu vermeiden, sagte Habeck (Grüne) im Deutschlandfunk. Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire sagte auf einer Wirtschaftskonferenz im südfranzösischen Aix-en-Provence, dass sich auch die französische Regierung auf eine vollständige Unterbrechung der russischen Gaslieferungen vorbereite.
    Quelle: FAZ

    Anmerkung Christian Reimann: Hier wird ein Zusammenspiel von Medien und Politik deutlich. Obwohl die Gaspipeline Nord Stream 1 “planmäßig (…) für Wartungsarbeiten abgeschaltet” werde, sei zu befürchten, dass Russland wegen der westlichen Sanktionen “diesmal den Gashahn nicht wieder aufdreht”. Der federführende Bundesminister Habeck warne vor einem „politischen Albtraum-Szenario“ . Den “Schwarzen Peter” soll auf diese Weise Russland erhalten. Dabei besteht der “politische Albtraum” aus einer Bundesregierung, die offensichtlich nicht in der Lage oder willens ist, den Wohlstand der Bevölkerung zu mehren, sondern vom politischen Scheitern der zunehmenden Konfrontationen und Sanktionen gegen Russland ablenken möchte.

    dazu auch: Mahrer beharrt auf Kritik an Russland-Sanktionen
    Wirtschaftskammer-Präsident und Wirtschaftsbund-Chef Harald Mahrer beharrt trotz Kritik mehrerer Parteien, insbesondere des grünen Koalitionspartners, seinerseits auf seiner Kritik an der heimischen und europäischen Politik in Sachen Russland-Sanktionen. Er kritisiere vor allem, dass die Sanktionen gegen Moskau seit September des Vorjahres vorbereitet worden seien – nicht aber Abfederungsmaßnahmen für die Wirtschaft, so Mahrer, der sich dabei auf einen Bericht des Magazins „Spiegel“ aus der Vorwoche berief.
    Die heimische Politik, andere Hauptstädte und die EU-Kommission müssten sich hier vorwerfen lassen, für erwartbare Folgen wie Gasknappheit nicht entsprechend vorgeplant zu haben. Auch Monate nach Verhängung der Strafmaßnahmen als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine gebe es hier noch viele offene Fragen.
    Quelle: ORF

  8. Das Comeback der Nato könnte im Armageddon enden
    Auf dem Nato-Gipfel hat sich das Bündnis strategisch neu aufgestellt. Damit wollen die USA ihre Hegemonie sichern und global ausweiten. Ein neuer Kalter Krieg und eine düstere Zukunft liegen vor uns.
    Der Nato-Gipfel 2022 (North Atlantic Treaty Organization), der vom 28. bis 30. Juni in Madrid (Spanien) stattfand, hat ein neues strategisches Konzept für ein Bündnis hervorgebracht, das noch vor wenigen Jahren vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron als “hirntot” bezeichnet wurde und dessen Zukunft für die nächsten zehn Jahre bestimmen wird.
    Dank des russischen Präsidenten Wladimir Putin hat das größte Militärbündnis der Welt ein Comeback hingelegt, und zwar mit Nachdruck. Russland ist wieder zum Hauptziel geworden. Im neuen strategischen Konzept wird es als die “bedeutendste und unmittelbarste Bedrohung für die Sicherheit der Verbündeten und für den Frieden und die Stabilität im euro-atlantischen Raum” bezeichnet.
    Länder mit einer langen Geschichte der Neutralität, wie Finnland und Schweden, werden bald der Nato beitreten, nachdem die Türkei ihren Widerstand aufgegeben hat. Die Nato wird die Grenze zu Russland um 1300 Kilometer verlängern. Seit 2016 verfügt die Nato auch über eine “verstärkte Präsenz” in Estland, Lettland, Litauen und Polen.
    Die westliche Einkreisung Russlands, die sich sowohl vor als auch nach der bolschewistischen Revolution von 1917 abzeichnete und auch nach dem Zusammenbruch des Kommunismus mit demselben Eifer fortgesetzt wurde, ist nun praktisch abgeschlossen.
    Quelle: Telepolis
  9. Die Kaliningrad-Blockade
    Gegen den Willen der EU und der Bundesregierung weitet Litauen seine Blockade innerrussischer Gütertransporte in die Exklave Kaliningrad aus. Seit gestern dürfen insbesondere Zement, Holz und Alkohol nicht mehr per Eisenbahn über litauisches Territorium nach Kaliningrad geliefert werden. Bereits zum 18. Juni hatte Vilnius den Transport unter anderem von Stahl und Metallen aus dem russischen Hauptterritorium in die Exklave untersagt. Während es sich dabei auf EU-Sanktionen beruft, heißt es bei der EU-Kommission, man lehne das litauische Vorgehen ab und wolle den Warentransit nach Kaliningrad nicht behindern. Allerdings ist es Berlin und Brüssel bisher nicht gelungen, Vilnius zum Einlenken zu bringen. Moskau droht nun mit Gegenmaßnahmen. Diese könnten sich, wie Kaliningrads Gouverneur vorschlägt, gegen die litauische Transportbranche richten. Die litauische Bahngesellschaft LTG leidet bereits jetzt schwer unter allerlei Sanktionen – darunter solche der EU und der USA –, die ihr einen Verlust von rund 150 Millionen Euro im laufenden Jahr einbringen und sie nun zur Entlassung von fast einem Viertel ihres Personals zwingen.
    Quelle: German Foreign Policy
  10. Boris Johnson ist weg, aber die Rechte bleibt an der Macht
    Boris Johnson wurde von seinen eigenen Leuten gestürzt – sein Mangel an Integrität ging selbst ihnen zu weit. Doch wer sich nur an seiner abstoßenden Persönlichkeit abarbeitet, übersieht seine katastrophale politische Bilanz.
    Boris Johnsons Sturz ist das Resultat von monatelangen Skandalen und immer größerem öffentlichen Druck – ständig belog er die Wählerinnen und das Parlament. Berichte über sexuelle Übergriffe durch den stellvertretenden parlamentarischen Geschäftsführer der Konservativen, Chris Pincher, sowie darüber, dass Johnson von seinem Fehlverhalten wusste, als er ihn auf seinen Posten berief, reihen sich ein in eine schier endlose Serie an Normverletzungen. Doch wirklich überrascht hat das niemanden, auch nicht die dutzenden konservativen Kabinettsmitglieder, die sich bis vor kurzem noch loyal zu Johnson verhielten, ihm nun aber die Amtsfähigkeit absprechen.
    In seiner Rücktrittsankündigung vermied es Johnson, sein Amt als Premierminister mit sofortiger Wirkung abzugeben. Dennoch ist klar, dass innerhalb der Konservativen Partei ein Machtkampf um seine Nachfolge entbrennen wird. Da die Tories im Unterhaus über eine komfortable Mehrheit verfügen – auch dank der dutzenden neuen Abgeordneten, die 2019 unter Johnson hinzukamen – ist nicht zu erwarten, dass sich die Regierungspolitik dadurch wesentlich ändern wird. Viele der in den letzten Tagen Zurückgetretenen waren enge Vertraute des Premierministers, die sich nun für den Kampf um seine Nachfolge in Stellung bringen.
    Quelle: Jacobin
  11. Bahnpolitik: »Ab Tutzing alles im Arsch«
    Marodes Schienennetz, mangelnde Digitalisierung: In Europa investieren nur drei Staaten weniger in Bahninfrastruktur als BRD
    Bei der Deutschen Bahn läuft bekanntlich nicht immer alles, wie es müsste. Aber manchmal muss es einfach laufen. Weil im Mittelhessenexpress Richtung Frankfurt sämtliche Toiletten zugesperrt waren und der Zug kurz vor Gießen das übliche außerplanmäßige Päuschen einlegte, machte sich dieser Tage eine Insassin in die Hose. Was die DB »Komfortstörung« nennt, beschrieb die Frau später im Hessischen Rundfunk als »erniedrigende und schreckliche Erfahrung«. Dabei war dies ein vergleichsweise nichtiges Malheur. Am Dienstag abend berichtete »Report Mainz« über einen Brandbrief von Eisenbahnern, in dem der Konzernvorstand schon 2019 vor erheblichen Sicherheitsrisiken im Bahnverkehr gewarnt wurde. Außerdem zitierte das ARD-Magazin aus einem Whats-App-Chat von Lokführern kurz nach dem schweren Bahnunglück von Garmisch-Partenkirchen, bei dem Anfang Juni fünf Menschen verstarben. Einer äußerte: »Ab Tutzing ist alles im Arsch. Also quasi wirklich richtig im Arsch.«
    Quelle: Ralf Wurzbacher in junge Welt
  12. Bundestag: Gutachter warnen vor “Welt ohne Bargeld”
    Münzen und Scheine sind laut Forschern unschlagbar, etwa beim Datenschutz. Setzten sich Trends im Zahlungsmarkt fort, könnte eine Grundversorgung nötig sein.
    Das Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) hat in einer neuen Studie Veränderungen der klassischen Banken- und Bezahlsysteme sowie des damit einhergehenden Machtgefüges analysiert. Es warnt im Resümee vor einer “Welt ohne Bargeld” und dem zunehmenden Einfluss von Big-Tech-Konzernen aus den USA und China auf das Finanzwesen. Damit werde sich künftig “stärker die Frage nach der Erhaltung der Handlungsfähigkeit des europäischen Bankenwesens stellen”.
    “Gegenüber unbaren Zahlungsmitteln bildet Bargeld ein wichtiges Korrektiv im Zahlungsverkehr”, betonen die Forscher vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT), die das TAB betreiben, zusammen mit ihren Kooperationspartnern. Keine Debit- oder Kreditkarte und schon gar nicht Bitcoin und andere virtuelle Münzen erreichten “ein ähnlich hohes Inklusionsniveau”. Auch der Schutz der Privatsphäre sei keineswegs vergleichbar.
    Quelle: Heise Online
  13. Angriff auf Pressefreiheit: Maltesische Maulwürfe
    Täter packen im Mordfall der Journalistin Daphne Galizia aus. Vorwürfe an Politik und Justiz
    Auch fünf Jahre nach dem tödlichen Anschlag auf die maltesische Journalistin Daphne Caruana Galizia kommt nur langsam Licht ins Dunkel. Der wegen Mord in U-Haft sitzende George Degiorgio gab am Dienstag in einem Interview mit einem Reuters-Reporter zum ersten Mal zu, am 16. Oktober 2017 die Bombe im Auto von Galizia ferngezündet zu haben. Bis dahin bestritt er jede Beteiligung. Er kündigte auch an, Mitverschwörer preisgeben zu wollen.
    »Für mich war es nur ein Geschäft. Business as usual«, sagte Degiorgio. Er habe nicht gewusst, wen er ermorden sollte. »Hätte ich das gewusst, hätte ich zehn Millionen Euro verlangt, nicht 150.000 Euro.« Ihm tue die Tat »leid«, so Degiorgio. Der Angeklagte hofft wohl, aufgrund seines Geständnisses vor Gericht nachsichtiger behandelt zu werden. Vor allem, wenn er eventuell offenbart, wer sein Auftraggeber gewesen ist. Neben George Degiorgio ist auch dessen Bruder Alfred angeklagt, an dem Mordanschlag beteiligt gewesen zu sein.
    Quelle: junge Welt
  14. Was man über die Uber Files wissen muss
    Wer hat in Deutschland für Uber lobbyiert? Wie ging das Unternehmen in anderen europäischen Ländern vor? Und wie erfolgreich war es dabei? Die wichtigsten Fakten zu den Uber Files.
    Quelle: Süddeutsche

    dazu: The Uber whistleblower: I’m exposing a system that sold people a lie
    Mark MacGann says he has decided to speak out about firm to ‘right some fundamental wrongs’
    Mark MacGann, a career lobbyist who led Uber’s efforts to win over governments across Europe, the Middle East and Africa, has come forward to identify himself as the source who leaked more than 124,000 company files to the Guardian.
    Quelle: The Guardian

  15. Interessenkonflikte im Journalismus
    Eine Hochzeit, die Schlagzeilen macht: „Mit welchen Gästen Christian Lindner und Franca Lehfeldt feiern wollen“, „Lindner-Hochzeit auf Sylt: Das Lokal, die Kirche, die Gäste“ und „Franca Lehfeldt: Diese Reporterin ist Christian Lindners Braut“. Es geht vor allem darum, wie prunkvoll die Hochzeitsfeier des bekannten Paares wird. Die Frage, ob sich hier ein journalistischer Interessenkonflikt verfestigt, taucht in der aktuellen Berichterstattung dagegen kaum auf.
    Franca Lehfeldt ist seit Mai Chefreporterin Politik bei dem Nachrichtensender „Welt“, der zum Medienkonzern Axel Springer gehört. Davor arbeitete sie in ähnlicher Position für RTL und n-tv. Damit ist Lehfeldt seit Jahren mitten in dem Berichtsgebiet unterwegs, in dem ihr Partner Christian Lindner – inzwischen Bundesfinanzminister – Einfluss hat.
    „Ich kann mir wenig deutlichere Interessenkonflikte vorstellen als diesen“, sagt Daniel Drepper, Vizechef der Recherchekooperation von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung und Vorsitzender der Journalistenvereinigung Netzwerk Recherche. „Christian Lindner ist nicht irgendein FDP-Politiker, sondern der wichtigste FDP-Politiker Deutschlands.“ Jegliche Politikberichterstattung, die sich mindestens auf Bundesebene beziehe, sei nach Dreppers Ansicht unmöglich, weil natürlich eine extreme Beeinflussung vorliege.
    „Es ist überhaupt nicht klar, wenn Franca Lehfeldt mit anderen Politikern spricht – spricht sie als Ehefrau von Christian Lindner oder spricht sie als Reporterin? Welche Informationen gelangen später zu Christian Lindner, die vielleicht eigentlich nur zu Lehfeldt als Reporterin gelangen sollten?“, so Drepper. „Es gibt so viele mannigfaltige Interessenkonflikte, dass ich es schon ziemlich extrem finde, dass das bisher nicht gelöst wurde von der ‚Welt‘.“
    Quelle: Deutschlandfunk

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