Streit um Umgang mit Russland: Südafrikanische Außenministerin verwahrt sich gegen „Bevormundung und Einschüchterungsversuche“ durch USA und EU

Streit um Umgang mit Russland: Südafrikanische Außenministerin verwahrt sich gegen „Bevormundung und Einschüchterungsversuche“ durch USA und EU

Streit um Umgang mit Russland: Südafrikanische Außenministerin verwahrt sich gegen „Bevormundung und Einschüchterungsversuche“ durch USA und EU

Florian Warweg
Ein Artikel von: Florian Warweg

Diese Woche tourt der US-amerikanische Außenminister Antony Blinken durch den afrikanischen Kontinent, mit dem erklärten Ziel, die Länder Afrikas im Ukraine-Konflikt auf die Seite des Westens zu ziehen. Viele Beobachter sehen dies als direkte Reaktion auf die zuvor erfolgte Afrika-Reise des russischen Außenministers Sergej Lawrow. Doch schon bei seiner ersten Station in Südafrika bekam Blinken ungewohnten Gegenwind. Südafrikas Außenministerin Naledi Pandor stellte selbstbewusst klar, dass ihr Land alle Einschüchterungsversuche durch Washington und Brüssel in Afrika ablehne und Pretoria souverän über die eigene Außenpolitik entscheide. Von Florian Warweg.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Viele Analysten in Südafrika und anderen afrikanischen Staaten sahen Blinkens Afrikareise von Beginn an kritisch, diese sei nur darauf ausgerichtet, den Kontinent im Konflikt mit Russland auf die Seite des Westens zu ziehen. Die Erfolgsaussichten eines solchen Vorhabens werden als unwahrscheinlich eingeschätzt. So erklärte unter anderem der bekannte nigerianische Analyst Chris Ogunmodede diesbezüglich:

„Wenn es darum geht, mit China und Russland zu konkurrieren, dann wird das scheitern. Denn es geht nicht darum, was die Afrikaner wollen. Es geht nur darum, was Washington will. Das ist keine Partnerschaft.“

Wie zur Bestätigung dieser Einschätzung verlief dann auch die Pressekonferenz von US-Außenminister Blinken mit seiner südafrikanischen Amtskollegin Pandor. Gleich zu Beginn warb Blinken die Länder Afrikas um Unterstützung bei den Bemühungen, Russland wegen „der Invasion in der Ukraine“ zu isolieren, und erklärte weiter:

„Wenn wir es zulassen, dass ein großes Land ein kleineres Land tyrannisiert, dann gibt es kein Halten mehr, dann kommt es zur Freiwildjagd. Nicht nur in Europa, sondern in der ganzen Welt. Und die Auswirkungen werden auch hier und weltweit zu spüren sein. Deswegen stehen wir ein für die Prinzipen des Multilateralismus und unterstützen die Ukraine.“

Darauf erwiderte Südafrikas Außenministerin:

„Wir sind der Meinung, dass die Grundlagen von Multilateralismus und der UN-Charta für alle Länder gelten müssen, nicht nur für bestimmte. Ebenso wie das ukrainische Volk hat auch das palästinensische Volk Anspruch auf sein Land und seine Freiheit. Wir sollten ebenso besorgt darüber sein, was mit den Menschen in Palästina geschieht, wie was mit den Menschen in der Ukraine passiert. Wir sehen hier derzeit keinen ausgewogenen völkerrechtlichen Ansatz. Wir sind besorgt über die Lage in Gaza auch eingedenk unserer eigenen Vergangenheit, da wir auch selbst Apartheid durchlitten haben.“

Zudem forderte sie vehement eine internationale Untersuchung der im Mai 2022 bei der Berichterstattung über eine Operation der israelischen Armee im Westjordanland erschossenen palästinensisch-amerikanischen Al-Jazeera-Journalistin Shireen Abu Akleh und Bestrafung der für ihren Tod Verantwortlichen.

Blinken sah sich im weiteren Verlauf gezwungen einzuräumen, dass Russland durchaus Erfolge in Afrika mit seinem diplomatischen Ansatz zu verzeichnen hat, und betonte dann, dass er nicht gekommen sei, „um Südafrika zu einer Wahl zu zwingen“, sondern lediglich, „um eine Wahlmöglichkeit anzubieten“ angesichts der russischen Aktivitäten in Afrika. Diese bestünden vor allem im Export von „Söldnern der Wagner-Gruppe“, was in „Tod und Zerstörung“ in vielen afrikanischen Ländern enden würde. Der US-Außenminister erklärte dann weiter:

„Dazu wollen wir eine Alternative anbieten. Wir implementieren gerade den sogenannten „Global Fragility Act“. Dies wird Ländern vor allem in Afrika ermöglichen, Sicherheitsprobleme nachhaltig und ohne Provokation von weiterer Gewalt oder Unsicherheit anzugehen.“

Im entsprechenden Gesetz heißt es dazu allerdings nur unverbindlich:

„Mit diesem Gesetzentwurf wird das Außenministerium angewiesen, die ressortübergreifende Global Fragility Initiative einzurichten, um konfliktbetroffene Gebiete zu stabilisieren und Gewalt weltweit zu verhindern, und es werden Mittel zur Unterstützung dieser Bemühungen bereitgestellt.“

Auf die anschließende Frage einer US-Journalistin, wie Südafrika die „Bemühungen“ der USA und ihrer westlichen Alliierten bewertet, Russland zu isolieren, antwortete Südafrikas Außenministerin, mit einem süffisanten Lächeln Bezug nehmend auf die vorherige Darlegung Blinkens, wie folgt:

„Ich bin froh, dass Außenminister Blinken bestätigt hat, dass Amerika uns nicht auffordert, uns zu entscheiden, ich kann mich auch an keinen solchen Versuch erinnern, dies zu tun. Aber in Bezug auf unsere Interaktionen mit einigen Partnern in Europa und anderswo gab es durchaus den Eindruck von Bevormundung und Einschüchterungsversuchen nach dem Motto ‚wähle dies, sonst…‘“.

Weiter führte Pandor in diesem Kontext aus, dass sich Südafrika sehr besorgt zeige über einen aktuellen Gesetzentwurf, der bereits vom US-Repräsentantenhaus mit großer Mehrheit abgesegnet wurde unter dem Titel: “Countering Malign Russian Activities in Africa Act” (“Gesetz zur Bekämpfung bösartiger russischer Aktivitäten in Afrika”). Dort wird afrikanischen Staaten & Politikern, die mit Russland zusammenarbeiten, unverhohlen mit Konsequenzen gedroht.

Dazu erklärte die südafrikanische Außenministerin das Thema abschließend:

„Dies ist ein unglücklicher Gesetzesentwurf. Wir hoffen, die Medien würden mehr darüber berichten. Denn wenn wir an die Freiheit glauben, ist es die Freiheit für alle. Man kann nicht einfach sagen, weil Afrika etwas tut (was Washington nicht gefällt), wird man dann von den Vereinigten Staaten bestraft. Das ist enttäuschend. Es ist wichtig, dass wir akzeptieren, dass wir unterschiedliche Meinungen haben können. Wir sind schließlich alles souveräne Nationen“.

Bereits vor Blinkens Besuch hatte Pandor einen Beitrag veröffentlicht, in welchem sie kritisierte, dass das geplante US-Gesetz nur dazu diene, „Länder in Afrika zu bestrafen, die sich nicht an die westliche Linie im Krieg zwischen Russland und der Ukraine halten“.

Angesichts des von Blinken proklamierten Ziels, Afrika auf die Seite der USA und ihrer Verbündeten zu ziehen, kann man, vor dem Hintergrund der Pressekonferenz und dem Ausgang der anderen Gespräche, zumindest seinen Besuch in Südafrika, dem mit Abstand wichtigsten wirtschaftlichen und politischen Akteur des Kontinents, auf eigentlich allen Ebenen als gescheitert bezeichnen. Zudem bezeugt der Ausgang der Reise des US-Außenministers, dass das „Ende der unipolaren Welt“ nicht nur leeres Gerede ist. Das sehr selbstbewusste und souveräne Auftreten der südafrikanischen Außenministerin und deren Eintreten gegenüber dem Vertreter des „Empires“ für einen Multilateralismus, welcher den Namen wirklich verdient, ist ein überzeugender Beleg der massiven Verschiebungen in den Kräfteverhältnissen der internationalen Beziehungen.

Titelbild: lev radin / shuttrstock

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