Rette sich, wer kann …?

Rette sich, wer kann …?

Rette sich, wer kann …?

Ein Artikel von Michael Fitz

Während in Nachbarländern wie Dänemark bereits weitgehend Normalität eingekehrt ist und man CORONA inzwischen auf eine Stufe mit beispielsweise einer mittelschweren Grippe stellt und damit die Pandemie für beendet erklärt, diskutiert man hierzulande allen Ernstes bereits wieder über mögliche freiheitseinschränkende Maßnahmen gegen die Ausbreitung von CORONA für den kommenden Herbst/Winter. In diesem, inzwischen hinlänglich bekannten Sammelsurium von Folterwerkzeugen finden sich nach wie vor Maskenzwang, Abstandsregeln, Zugangsbeschränkungen und manche Landespolitiker möchten sich sogar mit neuerlichen Lockdowns oder sogar einer Impfpflicht beschäftigen, so als wäre es eine wahre Lust, auf diese Weise mit staatlicher Macht in das Leben von vor allem gesunden und symptomfreien Bürgern einzugreifen. Von Michael Fitz.

Dabei beruft man sich nach wie vor hauptsächlich auf Inzidenzzahlen, die inzwischen aber erwiesenermaßen gänzlich ungeeignet sind. Die Medien sprechen in schöner Einmütigkeit hier auch gerne über Fallzahlen. Strenggenommen handelt es sich hierbei aber lediglich um positive Testergebnisse. Nach zweieinhalb Jahren Pandemie und massenhaft neuen Erkenntnissen diesbezüglich werden diese meist absoluten Zahlen immer noch unkommentiert, z.B. auch ohne Nennung der aktuell vorgenommenen Anzahl der Testungen, von Behörden und Leit-Medien verbreitet. Das hat Folgen, unter anderem für die Kultur- und Veranstaltungsbranche.

Vor CORONA waren dort, im gesamten Bundesgebiet laut SZ-Magazin in 258.790 Firmen aller Größenordnungen, 1,8 Millionen Menschen beschäftigt und haben einen Jahresumsatz von 174 Milliarden Euro erwirtschaftet. Laut einem Papier des BMI ist bzw. war die Kulturbranche nach der Automobilwirtschaft die umsatzstärkste Branche hierzulande, getragen von einigen wenigen großen und einer beachtlichen Zahl von zumeist kleinen, mittelständischen Unternehmen und zahlreichen Solo-Selbständigen.

Die fetten Jahre sind inzwischen vorbei. Konzertveranstalter haben von 2019 bis 2021 Umsatzeinbußen bis zu 98 Prozent hinnehmen müssen, Künstler verdienen 85 Prozent weniger als vor CORONA. Das ist ein Desaster, schreibt sogar das SZ-Magazin.

Es ist bis dato noch gar nicht absehbar, wie viele wirtschaftliche Existenzen von Veranstaltern, Künstlern, Technikern und auch Agenten diesem Kahlschlag bisher zum Opfer gefallen sind. Das trifft vor allem auch ehrenamtliche und selten gewinnorientierte Kulturvereine, die es bis CORONA in Deutschland zuhauf als rührige Veranstalter von Kleinkunst- und Konzertevents gab, kleine Clubs und Konzerthäuser, die bei Zuschauerkapazitäten von bis zu 200 Personen, auch schon ohne CORONA, knapp am Existenzminimum unterwegs waren, macht aber auch nicht Halt vor allen Firmen und Veranstaltungsräumen, die ein Fassungsvermögen von unter 1000 Zuschauern haben. Selbstverständlich trifft es auch alle Künstler, die bisher ihr Leben mit Auftritten in dieser Größenordnung in ganz Deutschland bestreiten konnten. Gerade diese Personengruppe wurde, was staatliche CORONA-Hilfen angeht, offenbar mangels lautstarker politischer Lobby faktisch mit Almosen abgespeist.

Die summierten staatlichen Zuwendungen beliefen sich, wenn sie denn überhaupt flossen, auf maximal 10 Prozent des oben genannten Umsatzausfalles. Dieser ergab sich vor allem durch während der Lockdownphasen der letzten Jahre nicht stattgefundene Gastspiele und die damit verbundenen Ausfälle von GEMA-Einnahmen oder auch Merchandising-Umsätzen, aber auch aufgrund der medial und erfolgreich heraufbeschworenen und selbst in den Sommern wirkenden CORONA-Angst und dadurch entsprechend schlechtbesuchten Indoor- und Outdoor-Konzerten ohne Masken- oder Testpflicht und Abstandsregeln. Halbvoll ist das neue „Ausverkauft“, ist inzwischen die bittere Erkenntnis in der Branche. So mancher Veranstaltungstechnik-Unternehmer muss seine Gerätschaften inzwischen wieder selbst laden, aufbauen und bedienen, weil ihm sein Personal meist unwiederbringlich in andere Branchen abgewandert ist. Auch viele Künstler haben inzwischen das Handtuch geworfen und sich in das wachsende Heer der Arbeitslosen oder prekär Beschäftigten eingereiht.

Da klingt auch die Bestürzung des SZ-Magazins bezüglich der o.g. Zahlen ein wenig zynisch, war und ist doch gerade die Süddeutsche Zeitung, einstmals Säule eines eher regierungskritischen und investigativen Journalismus, einer der Haupteinpeitscher, wenn es um Angst vor CORONA und die Notwendigkeit einer Impfung dagegen ging. Kaum ein Tag verging über Monate, ohne dass sich die SZ da nicht als großer Warner vor drohenden neuen Wellen von hochgefährlichen CORONA-Mutationen hervorgetan hätte.

Die Angst ist bei vielen Menschen immer noch präsent. Man sieht selbst im Sommer 2022 noch Menschen mutterseelenallein, aber mit Maske in ihrem Auto sitzen oder in der freien Natur unterwegs gehen. Ganz zu schweigen von Supermärkten, Veranstaltungen in Innenräumen und ähnlichen Events. Interessant auch die Bundespressekonferenz, in der mitten im Sommer 2022 alle anwesenden Pressevertreter bar jeden Zwanges Masken tragen, im Gegensatz zu den Offiziellen auf dem Podium.

Die wissen offenbar nicht oder nehmen nicht wahr, was sie Otto Normalverbraucher mit einer Dauerangstkampagne über mehr als zwei Jahre angetan haben. Die sogenannte “Neue Normalität“ ist keine Normalität, sondern ein dystopischer Alptraum, aus dem wir alle längst aussteigen müssten, um überhaupt noch etwas zu retten.

Für die Veranstaltungsbranche und für uns Künstler wird auch der Herbst/Winter 2022, genauso wie in den Jahren 2020 und 2021, ein nicht planbarer Eiertanz mit unkalkulierbarem Ausgang. Wer kauft sich heute für den Herbst schon ein Ticket für die Kleinkunstveranstaltung um die Ecke, wenn damit zu rechnen ist, dass er/sie dafür einen PCR- oder Schnelltest vorzulegen hat und dort zwei Stunden mit Maske oder Abstandsregel sitzen wird, möglicherweise dann auch noch, auf behördliche Anordnung hin, mit heruntergefahrener Raumtemperatur? Das alles mit der Infektionsangst im Nacken, die man uns so erfolgreich eingetrichtert hat.

Wer nicht geimpft oder genesen ist, muss auf derlei Luxus ohnehin nach wie vor verzichten. Nach allem, was wir inzwischen über die Wirksamkeit der „Impfung“ wissen, ein Absurdum sondergleichen. „Halbvoll ist das neue Ausverkauft“ … nur dass niemand der hier Beteiligten damit seine Ausgaben decken kann und somit der existentielle Ruin in bedrohliche Nähe rückt. Weder der Künstler noch der Agent, kein Veranstalter, Technik-Supplier oder Caterer wird mit „halbvoll“ und dem Niveau der stagnierenden Eintrittspreise für Kleinveranstaltungen auf die Dauer seine Kosten decken können, geschweige denn Gewinne erzielen.

Veranstalter in meinem Segment kalkulieren inzwischen mit Recht so, dass sie kaum mehr Garantien oder Fix-Gagen bezahlen können. Agenturen werden so keine wirtschaftlich kalkulierbaren Tourneen mehr für ihre Künstler buchen können. Und diese werden nicht mehr auf Tournee gehen können, weil sie mit prozentualen Umsatzbeteiligungen aus maximal „halbvoll“ auch ihre ständig steigenden Kosten, insbesondere für Sprit, nicht mehr decken oder gar Gewinne erzielen können. Staatliche Hilfe ist in diesen Zeiten nirgendwo zu entdecken. Jedenfalls nicht in einer Form, die den besonderen Anforderungen und Bedingungen der Branche gerecht werden würde.

Die verantwortlichen Politiker in Bund und Land reagieren weder auf Fakten noch persönliche Briefe und Hilferufe und sind einfach nicht erreichbar. Die Herrschaften tun, wie in vielen anderen Problemfeldern auch, lieber so, als wäre alles in bester Ordnung und sehen um sich herum offenbar nur „blühende Landschaften“.

Nein, da beschließt man lieber ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Aufrüstung, als sich mit den Verlierern aus der Veranstaltungsbranche zu beschäftigen, denen mit echten und angemessenen Ausfallentschädigungen und einem Sonderfond von, sagen wir, 10 Milliarden Euro hierfür schon gut geholfen wäre.

Dazu braucht es politischen Willen und vor allem Einsicht in die Tatsache, dass man hierzulande, nicht zuletzt durch voreiliges, von Panik getriebenes Handeln, eine ganze Branche – und bei weitem nicht nur die – langsam, aber sicher und in aller Stille plattmacht. Von einer diversen, farbigen und facettenreichen Kulturlandschaft, die zugleich ja auch immer so etwas wie ein Vermittler von Nicht-Mainstream-Meinungen und -Lebensweisen sein kann, wird bald nicht mehr viel übrig sein, außer einer stromlinienförmigen, rein profitorientierten, von Großkonzernen getakteten Unterhaltungsmaschinerie.

Passend ist dann auch, dass der Münchner Stadtrat sich aktuell entschlossen hat, ein Open-Air-Event der Band Rammstein für 150.000 Menschen mitten in München, auf der Theresienwiese, an SILVESTER 2022/23 zu genehmigen, mit dem logischerweise das gleichzeitig stattfindende, traditionelle Winter-Tollwood praktisch obsolet würde und so, trotz bereits laufender Vorverkäufe, ganz sicher nicht stattfinden kann.

Hier ist, wie bei manch‘ anderem politischen Personal, keinerlei Nachdenken, Abwägen und auch kein Maß und Ziel erkennbar. Auch hier knickt man vor dem großen Geld ein und ist dem Druck eines weltweit agierenden Veranstaltungskonzerns schlicht erlegen. Na dann!