Nachtrag zweier Leserbriefe Heinrich Heine betreffend

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Die Leserbriefsammlung, die wir heute am späten Vormittag veröffentlicht haben – Leserbriefe zu „Das “Framing” kommender Antikriegs- und Sozialproteste als “verfassungsfeindliche Aktivitäten” läuft auf Hochtouren“ – hat zwei Nachträge ausgelöst, die den zitierten Heinrich Heine betreffen. Sie sind interessant und werden deshalb nachgetragen. Albrecht Müller.


Nachtrag Nummer 1

Sehr geehrter Herr Müller,

schon seit einiger Zeit juckt es mich, einen Leserbrief zu schreiben. Aber es ist zu relevanten Fragen bei Ihnen schon alles gesagt, nur halt noch nicht von Allen und daher wollte ich meinen eitlen Senf nicht auch noch dazugeben. Aber danken möchte ich Ihnen für Ihre wichtige aufklärerische Arbeit und dafür, dass die Nachdenkseiten ein Licht in der zunehmenden Nacht sind.

Weshalb ich trotzdem schreibe. In einem veröffentlichen Leserbrief zum Framing von Kritik und Protest an den Zuständen im Land verwahrt sich ein Leser gegen die Vereinnahmung von Heinrich Heines Gedicht „Nachtgedanken“ in einen politischen Kontext. Dieses sei privater Natur und beziehe sich auf Heines Mutter. Und Sie entschuldigen sich auch noch!

Auf dem Friedhof Montmartre sei in der Nähe von Heines Grab gestern um Mitternacht ein kurzes, aber heftiges Lachen zu hören gewesen. Da hat mal wieder ein Deutscher gezeigt, dass Heines Vorurteile gegen dieses Volk guten Grund hatten.

Ja, mir schwanen böse Dinge!
Wenn die Säue wieder grasen
Und die tollen Tische tanzen,
Wird man mein Gespenst beschwören.

Spuken lässt man mich an Orten,
wo das dümmste Holz wird klopfen,
Und Sottisen muss ich sagen
Aus dem Hirne alter Weiber.
dichtete einst Gottfried Keller.

Lasst uns Heinrich Heine lesen in dieser irren Zeit. Den großen Ironiker, Liebenden und Revolutionär.

Mit freundlichen Güßen
Dr.med. Matthias Wolters


Nachtrag Nummer 2

Lieber Albrecht,

wegen des Heine-Zitats musst Du Dich und jeder andere sich nicht entschuldigen.

Selbst bei Wikipedia heißt es zutreffend, daß das Gedicht „Nachtgedanken“ das 24. und abschließende Gedicht aus Heinrich Heines 1844 erschienenem Zyklus Zeitgedichte ist. Der berühmte Eingangsvers „Denk ich an Deutschland in der Nacht/ Dann bin ich um den Schlaf gebracht“ ist zu einem geflügelten Wort geworden.

Was dem Leserbriefschreiber offenbar zudem entgeht, ist der Umstand, dass Heine gezwungen war als politisch-literarischer Dichter, Schriftsteller und Journalist, als politischer Flüchtling im Pariser Exil zu leben. Heine war ein „homo politicus“, der mit seinen Schriften und Äußerungen aktiven Widerstand gegen die reaktionäre, repressive Restaurationspolitik der herrschenden Adelshäuser nach dem Wiener Kongress in den deutschen Ländern leistete.

Dass er nach der 1.Strophe seiner alten, in Deutschland lebenden Mutter gedenkt, die er seit 12 Jahren nicht besuchen konnte (er war lt. Haftbefehl polizeilich ausgeschrieben, heute würde er wohl als terroristischer Verfassungsfeind diffamiert werden), verstärkt die Betroffenheit der Gedicht-Leser, nämlich deren emotionale Empörung über die politischen Zustände in Deutschland, Zustände, die dann 1848 in den deutschen Ländern zur Revolution von 1848 führten.

Der Leserbrief-Schreiber ist offenbar ein besserwisserischer Schöngeist, der weder Heines Lebensgeschichte kennt noch dessen im Gedicht genial verpackte doppelte Intention erkennt, nämlich mit der in den Vordergrund gerückten schmerzhaften Beziehung zur Mutter die in den deutschen Landen herrschende ZENSUR zu unterlaufen, zugleich aber auch mit ironischem Lob ( „Eichen“ etc.) das „Vaterland“ zu charakterisieren.

Fazit: Als „ahnungsloser Trottel“ steht jetzt der Leserbrief- Schreiber …. selber da!

Mit besten Grüßen

Reinhold Lang

PS.: ich bin überzeugt: Heinrich Heine wäre heutzutage ein überzeugter Auslandskorrespondent und Unterstützer der NachDenkSeiten, für den Inlandsgeheimdienst und die herrschende politische Klasse aber ein Fall für die „Sonderbeobachtung“!


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