Die Schilderung von Gräueltaten ist ein bewährtes Rezept zur Stärkung eines Feindbildes

Die Schilderung von Gräueltaten ist ein bewährtes Rezept zur Stärkung eines Feindbildes

Die Schilderung von Gräueltaten ist ein bewährtes Rezept zur Stärkung eines Feindbildes

Albrecht Müller
Ein Artikel von: Albrecht Müller

Gestern Abend war es wieder soweit. Sowohl das ZDF als auch die ARD berichteten wie schon oft zuvor über Kriegsverbrechen und Gräueltaten der Russen in der Ukraine. Beispielhaft siehe hier beim ZDF ab Minute 6:42. Ähnlich bei der ARD. Die Regieanweisung für diese Art der Meinungsbildung ist über 100 Jahre alt. Sie stammt von der Creel-Commission, die 1917 vom US-Präsidenten Wilson gegründet worden war. Albrecht Müller.

Die NachDenkSeiten hatten am 21. Juni 2022 einen Bericht von Jonas Tögel über diese Kommission veröffentlicht: Die Creel-Commission (1917-1919): Was wir aus der Arbeit der PR-Kommission in den USA für heute lernen können.

Daraus zwei Zitate:

Darüber hinaus griff man auf eine sogenannte „Gräuelpropaganda“ zurück, indem man versuchte, durch eine ständige Wiederholung in den Köpfen der Menschen eine Verbindung zu schaffen, die deutsche Soldaten mit gefährlichen Bestien gleichsetzte. Dafür bediente man sich aller Medien, die es damals gab: Zeitungen, Spielfilme, Kampfschriften, Lieder, Flugzettel, Plakate, usw. Die deutschen Soldaten, so die (oft gelogene) Propaganda, begingen alle möglichen Grausamkeiten an der Zivilbevölkerung und sie hätten Freude daran, wehrlose Frauen und Kinder zu quälen und zu töten.

Harold Lasswell fasste die Grundsätze für diese Kriegspropaganda so zusammen: „Der Feind ist in seiner Kriegsführung furchtbar grausam und degeneriert. Eine praktische Regel, um den Hass zu wecken, lautet: Wenn [die Bevölkerung] zuerst nicht wütend wird, dann verwenden Sie eine Gräueltat! Das wurde in jedem bekannten Konflikt immer wieder mit Erfolg angewandt. […] Um den Hass gegen den Gegner zu mobilisieren, stellen Sie ihn als bedrohlichen, mörderischen Angreifer dar.” 

Und weiter:

Lektionen aus der Kriegspropaganda der Creel-Commission

Die Arbeit der Creel-Commission ist ein sehr anschauliches Beispiel dafür, wie Kriegspropaganda funktioniert. Durch ständige Wiederholung von Kriegsverbrechen des Gegners auf allen Kanälen ist es möglich, ein Gefühl von Hass auf einen gemeinsamen Feind hervorzurufen, der nun bekämpft werden muss. Die Propaganda muss dabei möglichst einheitlich sein und gezielt tiefe menschliche Gefühle ansprechen. Außerdem wird der Gegner nicht mehr als Mensch, sondern als unmenschliche „Bestie“ dargestellt, den man am Ende ganz sicher besiegen wird. „Das Aufrechterhalten des Hasses beruht darauf, eine direkte Darstellung des bedrohlichen […] und satanischen Feindes zu geben und es durch die Gewissheit des endgültigen Sieges zu ergänzen“, so Harold Lasswell.

Die heute aktuell laufende Propaganda arbeitet wie oben dargestellt auch mit beiden Elementen:

  • mit der wiederholten Darstellung der Gräueltaten und
  • mit der Vermittlung der Gewissheit des Sieges.

Mit dieser Darstellung der Propagandamethoden soll nicht bezweifelt werden, dass es in diesem schrecklichen Krieg Kriegsverbrechen gibt – auf russischer Seite, vermutlich auf beiden Seiten. Interessant ist die Übernahme von vor langer Zeit entwickelten Methoden. Interessant ist auch, dass die damit beschäftigten Journalistinnen und Journalisten offenbar keine Hemmungen kennen.

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