Kein Covid mehr und leider auch kein Sacharow-Preis – Neues von Julian Assange

Kein Covid mehr und leider auch kein Sacharow-Preis – Neues von Julian Assange

Kein Covid mehr und leider auch kein Sacharow-Preis – Neues von Julian Assange

Ein Artikel von Moritz Müller

Am Dienstagabend meldete Stella Assange auf Twitter, dass ihr Ehemann Julian negativ auf Covid getestet wurde. Zehn Tage zuvor war er im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh positiv getestet worden. Daraufhin wurde er ein weiteres Mal vollständig isoliert, anstatt wie von Doctors for Assange in einem offenen Brief gefordert sofort freigelassen zu werden. Der Sacharow-Preis des Europäischen Parlaments wurde gestern an Wolodimir Selensky als Stellvertreter des ukrainischen Volkes verliehen anstatt an Julian Assange, der einer der letzten drei Nominierten war. Von Moritz Müller.

Nun schreibt Stella Assange auf Twitter, dass sie den Wikileaks-Gründer am heutigen Donnerstag im Gefängnis besuchen können wird. Das wird sich positiv auf seine Moral auswirken, wie auch die Unterstützung von schätzungsweise 7.000 Menschen, die sich am 8. Oktober zu einer Menschenkette um die Houses of Parliament zusammengefunden hatten.

Diese Unterstützung ist auch bitter nötig, denn einmal mehr gerät sein fürchterliches Schicksal in den Hintergrund und wird von den Wirren der Tagespolitik verdeckt. Nachdem jahrelang der Brexit im Fokus der britischen Innenpolitik stand, kam dann Covid und daraufhin der blutige Konflikt um die Ukraine, für den die irische Europaparlamentsabgeordnete Clare Daly treffende Worte findet.

Nun scheint das Vereinigte Königreich noch tiefer im Chaos zu versinken, nachdem die neue Regierung um Liz Truss eine Kehrtwende nach der anderen macht und machen muss. Ihr ökonomisches Programm mit Steuersenkungen und mehr Ausgaben, mit dem sie Premierministerin geworden war, schickte die Märkte und das britische Pfund Minuten nach Verkündigung schnurstracks in den Keller.

Nachdem ihr Schatzkanzler Kwasi Kwarteng, der dies ausgeheckt hatte, gehen musste, übernahm der in den Startlöchern wartende Jeremy Hunt dieses Amt und demontierte mehr oder weniger die Grundpfeiler von Liz Truss’ Programm. Gestern nahm auch noch die Hardline-Innenministerin Suella Braverman den Hut. Als offiziellen Grund nannte sie ihre Nutzung ihres privaten E-Mail-Kontos für dienstliche E-Mails. Doch es besteht Grund zur Vermutung, dass ihr die neue Richtung zu „moderat“ ist, wenn man diesen Ausdruck für die Riege der derzeitigen britischen Politiker überhaupt verwenden kann.

Es macht nicht den Anschein, als würde in nächster Zukunft Ruhe in die britische Politik einkehren.

Hier hätte die Verleihung des Sacharow-Preises an Julian Assange seinen Kampf um seine Freiheit vielleicht etwas mehr in den Vordergrund gerückt, obwohl sich britische Politiker seit jeher ungern etwas aus Europa sagen lassen.

Dieser Redebeitrag von Clare Daly begründet, warum Assange den Sacharow-Preis verdient hätte.

Anstatt Assange hat nun Wolodimir Selensky, der sowieso im Fokus der westlichen Politik und Medien steht, diesen Preis bekommen. Es scheint oftmals leichter, mit dem Finger auf die (vermeintlichen) Zustände anderswo zu zeigen, als einen Dissidenten, der von unseren Partnern, der britischen Regierung, gefoltert wird, wirklich zu unterstützen.

Trotzdem regt sich auf der Straße und zunehmend in der Öffentlichkeit mehr Widerstand gegen die derzeitige Behandlung von Julian Assange. Seine Frau Stella war in den letzten Wochen auf mehreren Veranstaltungen in Berlin zugegen und stand zum Beispiel im Projektraum 145 den Anwesenden Rede und Antwort.

Einen guten Überblick über die derzeitige Lage im Fall Assange gibt der Newsletter von FreeAssange Berlin, von dem wir hier Auszüge veröffentlichen. Vielen Dank an Almut Stackmann und Thilo Haase!

Anhang: FreeAssange-Berlin-Newsletter

Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter für die Freiheit von Julian Assange,

für Pressefreiheit und freie Rede,

seit der letzten Mahnwachen E-Mail hat es sehr viele tolle Aktionen für Julian Assange gegeben, davon berichte ich gleich.

Zuerst meine Einladung, wieder zur Mahnwache am 20.10.22 zu kommen, wie gewohnt fängt sie um 18.00 Uhr auf dem Pariser Platz an.

Lasst uns gemeinsam weiterhin für Julians Freiheit kämpfen und Gesicht zeigen!

Er hat es so bitter nötig, trotz der unglaublich erfolgreichen Aktion in London mit tausenden, wohl mindestens 7000 Teilnehmern der Menschenkette um die Parlamentsgebäude und z.B. der Premiere von Ithaka beim Human Rights Festival Berlin mit dem Thema “Rote Linien” zusammen mit der Familie von Assange, hat sich seine Lage nicht verbessert.

Ob Joe Biden ein „pardon” geben würde ist mehr als fraglich.

In der vorletzten Woche wurde Assange positiv auf Corona getestet  und deswegen wieder total isoliert, 24/7, der Test war leider am letzten Freitag wieder positiv, so dass seine Isolation andauert. Dazu eine kurze Bemerkung: Gefangene in Isolationshaft, auch als Vernichtungshaft / Folter bezeichnet, festzuhalten wird international von Menschenrechtsorganisationen geächtet. Wie oft wurde und wird diese rote Linie schon übersehen?

Nun zu den Ereignissen der letzten Zeit:

Das 5. Human Rights Festival Berlin hat am 13.10.22 im Berliner Kinosaal des Colosseum  begonnen, mit dem Premierefilm ITHAKA, der das Leben der Familie und ihren Kampf für die Freilassung von Julian Assange zeigt, produziert von seinem Bruder Gabriel Shipton.

Zu den Filmvorführungen traten er, der Vater John Shipton und Ehefrau Stella Assange auf die Bühne um ausführlichst Fragen zu beantworten, wobei es am 13.10. zur Premiere im Saal Standing Ovation gab, wozu die Festival Direktorin bemerkte, dass so etwas in den 5 Jahren Festival noch nie vorgekommen sei. Es war wirklich ein besonderes Erlebnis.

Besonders war aber auch, einen Tag später zur Vorführung des Films samt Q&A wieder mit der Familie und Christian Mihr von Reporter ohne Grenzen ein Geburtstagslied für Assanges Bruder zu singen und zu hören, wie der Saal wirklich wie mit einer Stimme gesungen hat.

Twitter von Stella aus dem Colosseum:

Nun hier etwas Presse Echo:

Der Film ITHAKA wird im Rahmen des Festivals nochmal 20.10.22 in den Hackeschen Höfen gezeigt und geht dann auf Deutschland Tournee.

Am 18.10.22 schon wird er bei der B3 Biennale Frankfurt am Main gezeigt:

Zeitgleich, aber bis 30.10.22 findet in Berlin eine Interessante Ausstellung „NoisyLeaks” (Die Kunst, Geheimnisse zu enthüllen) statt: Es sind hier nicht nur Kunstwerke zu betrachten, es gibt auch Aktionen und Workshops.

Beispielsweise hat Stella Assange dort am 14.10. Fragen ( „Ask me anything”)  der Besucher beantwortet:

Stellas Warnung:

Zu diesem Ereignis zwei Artikel in der jungen Welt:

Noch etwas zum Thema Film:  Wer „Hacking Justice” nicht im Kino ansehen konnte, hat die Gelegenheit  „Der Fall Assange: Eine Chronik” noch bis zum 28. Okt. 22 in der ARD Mediathek zu sehen.


Die Menschenkette in London am 8. Oktober war ein riesiger Erfolg! Unsere Avatare wären als Verlängerung nicht nötig gewesen, haben aber dann ein schönes Bild an der Lambeth Bridge abgegeben:

[….]

Von der Presse zu erwarten, dass ausführlich berichtet wird, war wohl zuviel verlangt. Immerhin hat die Daily Mail das Ereignis mit Bericht und zahlreichen Bildern gewürdigt.

Auch wsws und CN berichteten.

In vielen Medien wurde die dpa Meldung von „ein paar hundert Menschen” einfach abgeschrieben. Siehe ausführlich hier.

Im o.g. Artikel sind die Links zu wsws und CN zu finden.

Im Vorfeld der Aktion ist dieser Artikel von Craig Murray bei CN erschienen.

Auch Common Dreams berichtete.

In Australien und Washington DC fanden Solidaritätsaktionen statt und auch in Hamburg, Köln, Berlin.

In der Berliner Zeitung gibt es diesem Artikel eine kurzes Video der Demonstration um das Justice Department in DC.

Für den 15. Oktober war von Pressenza zu der Aktion 24hAssange aufgerufen worden. Ich hatte dazu in der letzten Mail informiert. Genaueres kann man sich hier ansehen.

Aktualisierung hier: 24hassange.org/it/

Auch in Hamburg hatten sich Unterstützer versammelt, wie in Berlin.


W I C H T I G  !!!

Julian Assange ist für den Sacharow Preis nominiert worden und in die engere Auswahl von 3 Personen gewählt worden.

Stella Assange hat im EU Parlament in Brüssel eine großartige Rede gehalten, hier zu hören.

[….]

Und noch eine Preis! 

https://twitter.com/FIfF_de/status/1581600523601399808

Im Rahmen der FIfF Konferenz in Berlin wird Stella Assange den Weizenbaum-Preis entgegen nehmen.

netzpolitik.org/2022/fiff-konferenz-weizenbaum-preis-fuer-julian-assange/

Und schließlich, – die „Doctors for Assange” haben einen neuen Brief verfasst an die neue Außenministerin des UK, Suella Braverman und den US Justizminister Merrick Garland:

doctorsforassange.org/letter-to-uk-home-secretary-suella-braverman-us-attorney-general-merrick-garland-17-10-22

Der Vollständigkeit halber noch eine ältere Meldung:

berliner-zeitung.de/wirtschaft-verantwortung/hoffnung-fuer-assange-mexiko-stadt-uebergibt-ihm-schluessel-zur-stadt-li.267352

Bis Donnerstag!

Mit solidarischen Grüßen

Thilo und Almut

Free Assange Berlin

Mahnwache jeden 1. und 3. Donnerstag 18-20 Uhr Pariser Platz vor der US-Botschaft

Dok.: free-whistleblower.jimdofree.com/free-assange-berlin-1/

Web: freeassange.eu

Titelbild: Rob Chester/shutterstock.com

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