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  1. Bürgergeld zu niedrig: Paritätischer fordert armutsfesten Regelsatz von 725 Euro
  2. Alle wollen Reiche besteuern – außer Christian Lindner
  3. Altersarmut: Diesseits und jenseits der Grundsicherung im Alter nach SGB XII
  4. Reform des EU-Stabilitätspakts: Doch keine „Atombombe“
  5. USA: Zwischenwahlen liefern ein Unentschieden
  6. Je stärker, desto verhasster
  7. Die Heimatfront bröckelt
  8. „Doppelwumms“ aus Bali?
  9. Einflusskampf am Nil
  10. Klimakonferenz: Deutschland hat die Hausaufgaben nicht gemacht
  11. FDP-Chef Lindner wirbt für „Digitales Bargeld“
  12. Zum Konzept der Aktienrente: Schuldenfinanzierte Spekulationsrente
  13. Kekulé: „Halte nichts davon, jede Variante aufzubauschen“
  14. Krone-Schmalz geht gegen Kritiker vor
  15. Wenn die Zeitungsmacher überfordert sind – man darf auch mal lachen …

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  1. Bürgergeld zu niedrig: Paritätischer fordert armutsfesten Regelsatz von 725 Euro
    Laut einer aktuellen Expertise des Paritätischen Wohlfahrtsverbands ist die zum Januar 2023 geplante Anhebung der Regelsätze in der Grundsicherung auf 502 Euro, über die der Deutsche Bundestag am morgigen Donnerstag im Zusammenhang mit einer Reform von Hartz IV und der Einführung eines sogenannten “Bürgergeldes” berät, viel zu niedrig. Nach Berechnungen der Paritätischen Forschungsstelle müssten die Leistungen auf mindestens 725 Euro angehoben werden, um wirksam vor Armut zu schützen. Der Verband fordert eine entsprechende Erhöhung des Regelsatzes um 276 Euro plus die vollständige Übernahme der Stromkosten und mahnt die Politik zur Eile: Angesichts der Notlage der Betroffenen sei keine Zeit zu verlieren.
    Der Paritätische kritisiert die regierungsamtliche Berechnungsmethode trotz der neuen Fortschreibungsmethodik als nicht geeignet, das verfassungsrechtlich gebotene soziokulturelle Existenzminimum abzusichern. “Ob Hartz IV oder Bürgergeld, an der eigentlichen Berechnungsmethode hat sich nichts geändert, die Leistungen bleiben trickreich kleingerechnet, reichen vorne und hinten nicht und gehen an der Lebensrealität der Menschen vorbei”, kritisiert Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. Angesichts der rasant steigenden Preise insbesondere für Energie und Lebensmittel stelle die geplante Erhöhung zum 1. Januar keine Verbesserung des Lebensstandards dar, sondern lediglich eine Anpassung an die gestiegenen Lebenshaltungskosten der letzten 12 Monate.
    Quelle: Der Paritätische Gesamtverband

    Anmerkung Lutz Hausstein: So sehr die Forderung des Paritätischen auch gerechtfertigt und dringend notwendig ist. Sie würde ohne Zweifel die größtenteils verzweifelte Situation der Betroffenen erheblich verbessern. Hervorzuheben ist zudem, dass der Paritätische die vollständige Übernahme der Stromkosten fordert, waren diese doch schon in der Vergangenheit viel zu niedrig angesetzt, was sich aktuell aufgrund der Strompreissteigerungen noch einmal deutlich verschärft hat. Dennoch bleibt der Paritätische in seiner Herangehensweise der falschen Systematik des sogenannten Berechnungsverfahrens verhaftet. Wie der Paritätische auch in seiner Kurzexpertise selbst darlegt, verzichtet die Kurzexpertise „auf eine kritische Problematisierung des Verfahrens und wendet für die Fortschreibung den nach §28a SGB XII gesetzlich vorgeschriebenen Mechanismus an“.

    Doch gerade dieser Mechanismus sorgt in diesen Zeiten einer sich immer und immer weiter verstärkenden Polarisierung zwischen Arm und Reich genau dafür, dass die Höhe eines solcherart berechneten Regelsatzes zuverlässig unter dem grundgesetzlich vorgeschriebenen Existenzminimum liegt. Als Referenzgruppe zur Berechnung werden ebenfalls Arme herangezogen und bilden mit ihren (einkommensbedingt sehr niedrigen) Ausgaben die Grundlage der Berechnung. Doch aus Armut kann mit einer solchen Systematik nur weitere Armut berechnet werden. Notwendig ist hingegen ein klarer Bruch mit dieser selbstreferentiellen Berechnungssystematik.

    In den Studien „Was der Mensch braucht“ von 2010, 2011 und (vorerst) zuletzt 2015 habe ich wiederholt und ausführlich dargelegt, dass und warum die seit Anfang der Neunziger Jahre genutzte Statistikmethode grundsätzlich ungeeignet zur Berechnung einer sozialen Mindestsicherung, des Existenzminimums, ist. Daran hat sich bis heute nichts geändert, ganz im Gegenteil. Erst die grundsätzliche Abkehr von diesem falschen Verfahren birgt überhaupt erst die Chance, den betroffenen Menschen ihre grundgesetzlich verbrieften Rechte zukommen zu lassen, nämlich das Recht auf eine soziokulturelle Teilhabe. Da können Merz, Linnemann und Co. mit ihrer sogenannten Kritik noch so sehr polemisch versuchen, Niedriglöhner als Kronzeugen gegen Sozialleistungsbezieher in Stellung zu bringen. Dass sie dabei zudem noch mit falschen Zahlen „argumentieren“ (sprich: Fake News verbreiten), sollte ihnen bei einem Rest Anstand die Schamesröte ins Gesicht treiben.

  2. Alle wollen Reiche besteuern – außer Christian Lindner
    Sogar die sogenannten Wirtschafts­weisen – Gralshüter des Neo­liberalismus – empfehlen der Bundesregierung höhere Steuern für Reiche. Doch der Finanzminister mauert.
    Wenn die üblichen Verdächtigen wie Gewerkschaften oder Sozialverbände höhere Steuern für Reiche fordern, hält sich der Nachrichtenwert üblicherweise in Grenzen. Doch diese Woche sprach sich eine Institution für eine höhere Steuerlast für Spitzenverdiener aus, von der man dies üblicherweise nicht erwartet: Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Lage der Bundesregierung, die sogenannten »Wirtschaftsweisen«, empfehlen in ihrem neuen Jahresgutachten die temporäre Erhöhung des Spitzensteuersatzes oder die Einführung eines Energiesolidaritätszuschlags.
    Bei SPD und Grünen wäre die Bereitschaft dazu sicher vorhanden – doch die FDP bleibt stur. Finanzminister Lindner pocht auf die Vereinbarung im Koalitionsvertrag, die Steuererhöhungen ausschließt. Doch einige Sozialdemokraten und Grüne wollen deutlich weiter gehen. Erst kürzlich forderten grüne Spitzenpolitiker eine Vermögensabgabe. SPD-Chefin Saskia Esken befürwortet eine solche Abgabe ebenfalls, und der Debattenkonvent der SPD – eigentlich schon fast ein kleiner Parteitag – zog mit. Kanzler Scholz und Vizekanzler Habeck halten sich bedeckt. Einzig Finanzminister Lindner bleibt seiner Rolle als Bodyguard der Reichen treu: Schutz für Vermögende und Spitzenverdiener hat für ihn oberste Priorität.
    Quelle: Lukas Scholle auf Jacobin
  3. Altersarmut: Diesseits und jenseits der Grundsicherung im Alter nach SGB XII
    Blickt man die vergangenen Jahre zurück, dann steigt sie kontinuierlich an, die Zahl der Empfänger der Sozialhilfeleistung Grundsicherung im Alter (und bei Erwerbsminderung für Menschen vor dem Erreichen der Altersgrenze) nach § 41 ff. SGV XII.
    »Die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist eine bedarfsorientierte und bedürftigkeitsgeprüfte Fürsorgeleistung. Zugang zu den Leistungen haben erwachsene Personen, deren (anrechenbares) Einkommen, (verwertbares) Vermögen und/oder (realisierbare) Unterhaltsansprüche nicht ausreichen, um den individuellen Bedarf zu decken. Hierbei bleiben Unterhaltsansprüche gegenüber Kindern bzw. Eltern unberücksichtigt, sofern das jährliche Gesamteinkommen des Unterhaltspflichtigen 100.000 Euro nicht übersteigt«, so die Kurzbeschreibung von Johannes Steffen.
    Er weist zugleich darauf hin: »Hilfebedürftige Bezieher einer (vollen) Altersrente haben erst nach Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung« – und die steigt im Zuge der sukzessiven Einführung der „Rente mit 67“. 2021 lag die Altersgrenze bei 65 Jahre und zehn Monate und die 67 Jahre werden für das Baujahr 1964 erreicht. Auch zu bedenken: »Wer eine vorgezogene Altersrente bezieht, ist bei Bedürftigkeit zunächst auf Leistungen nach dem dritten Kapitel SGB XII (Hilfe zum Lebensunterhalt) verwiesen; hier aber ist vor allem der Unterhaltsrückgriff sehr viel rigider ausgestaltet. Und bedürftige Erwerbsgeminderte haben nur dann Zugang zu Leistungen der Grundsicherung nach SGB XII, sofern sie voll und dauerhaft erwerbsgemindert sind; andernfalls sind auch sie auf Leistungen nach dem dritten Kapitel SGB XII bzw. nach dem SGB II („Hartz IV“) verwiesen.«
    Im Dezember 2021 wurden bundesweit 588.780 Empfänger/innen von Grundsicherung im Alter ausgewiesen. Damit lag die „Grundsicherungsquote“ (also die Zahl der Empfänger/innen von Grundsicherung im Alter in Prozent der Bevölkerung entsprechenden Alters) deutschlandweit bei 3,35 Prozent – wobei die Stadtstaaten Hamburg mit 9,02 Prozent, Bremen 7,34 Prozent und Berlin mit 6,64 Prozent der Älteren mit Abstand die Spitzenpositionen belegt haben.
    Quelle: Aktuelle Sozialpolitik
  4. Reform des EU-Stabilitätspakts: Doch keine „Atombombe“
    Die EU-Kommission schlägt minimale Änderungen am Euro-Stabilitätspakt vor. Mit monatelanger Verzögerung hat Brüssel die Reform am Mittwoch vorgelegt.
    Vor dem Hintergrund wachsender Schulden, steigender Zinsen und einer drohenden Rezession setzt die EU-Kommission auf mehr Budgetdisziplin in der Eurozone. Dies geht aus einem Vorschlag zur Reform des Stabilitätspakts hervor, den die Brüsseler Behörde am Mittwoch mit monatelanger Verzögerung vorgelegt hat. Ursprünglich sollte die Reform der umstrittenen europäischen Schuldenregeln, die seit Beginn der Coronapandemie 2020 ausgesetzt sind, schon in diesem Frühjahr beginnen. Doch Deutschland stand auf der Bremse. Damals hatte Frankreich den EU-Vorsitz inne und wollte die Regeln am liebsten ganz abschaffen.
    Von der erhofften großen Reform bleibt im Kommissionsvorschlag nicht viel übrig. An den im Maastricht-Vertrag von 1992 verankerten Grundregeln – die Neuverschuldung wird auf 3 Prozent der Wirtschaftsleistung begrenzt, der Schuldenstand auf 60 Prozent – wird weiter nicht gerüttelt.
    Neu ist, dass eine Regel zum Schuldenabbau wegfällt. Sie sah vor, dass klamme Länder wie Italien oder Griechenland den Schuldenstand binnen zwanzig Jahren auf 60 Prozent senken müssen. Diese Regel wurde allerdings nie eingehalten, denn dies wäre nur mit harten Kürzungen und utopischen Budgetüberschüssen möglich.
    An ihre Stelle sollen nun individuelle „Pfade“ zum Abbau der Schulden rücken, die Brüssel mit den Problemländern vereinbart.
    Quelle: Eric Bonse in der taz
  5. USA: Zwischenwahlen liefern ein Unentschieden
    Der große Triumph einer „Red-Wave“ der Republikaner blieb aus. Das Repräsentantenhaus könnten sie, wenn auch knapp, gewinnen. Den Senat werden wohl die Demokraten behalten.
    Die Zwischenwahlen in den USA verliert traditionell die Partei, die den Präsidenten stellt. Diesmal scheinen die Wahlen aber zugleich eine Abstimmung über das Wahlsystem selbst zu sein. Der Ausgang wird – zugespitzt gesagt – darüber mitentscheiden, ob die USA noch weiterhin eine Demokratie sind.
    Diese Aussicht hat zu einer überraschend starken Mobilisierung der Demokraten geführt, während viele Unabhängige und Republikaner anscheinend doch Berührungsängste gegenüber Kandidaten des rechten Lagers zeigten, die recht unumwunden ihre Putschgelüste artikulierten.
    Quelle: Telepolis
  6. Je stärker, desto verhasster
    Volksrepublik China im Fokus westlicher Propaganda. Rhetorische Vorbereitung auf »Systemwettbewerb« und Wirtschaftskrieg.
    Die neue Sau, die durchs Dorf getrieben wird, ist der »Schutz kritischer Sektoren« vor chinesischen Investitionen. (…) Warum ist das so? Die Volksrepublik ist seit 70 Jahren überaus erfolgreich und vor allem in den vergangenen Jahren zu einer aus westlicher Sicht ernstzunehmenden Konkurrentin geworden. Das neue Schlagwort lautet »Systemwettbewerb«. Ablesen lässt sich der Erfolg unter anderem am Bruttoinlandsprodukt (BIP), das seit Beginn der 90er Jahre kontinuierlich gestiegen ist, und im vergangenen Jahr nach Angaben von Statista vom 25. Oktober einen neuen Rekordwert von rund 17,7 Billionen US-Dollar erreicht hat. Für das Jahr 2022 wird das BIP Chinas auf rund 20,3 Billionen US-Dollar prognostiziert. Damit ist die chinesische Volkswirtschaft zur zweitgrößten Ökonomie aufgestiegen und wird bald die Nummer eins sein. Diese Zahlen haben auch reale Auswirkungen auf das Leben der Menschen. Nachdem im vergangenen Jahr die absolute Armut in China überwunden wurde, haben alle Chinesen genügend zu essen, Bildung und ein Dach über dem Kopf. Während weltweit der Hunger zunimmt und die globale Sterblichkeitsrate steigt, übertrifft Chinas durchschnittliche Lebenserwartung (78,2 Jahre) beispielsweise jene der »vorbildlichen« Demokratie USA mit 77,2 Jahren. Im Gegensatz zu den führenden Industrienationen starben in China (Stand Juni) weniger als 18.000 Menschen im Zusammenhang mit dem Corona-Virus – bei einer Gesamtinfektionszahl von etwas mehr als drei Millionen Fällen. (…) Im Oktober veröffentlichte die South China Morning Post aus Hongkong einen Stimmungsbericht, der Informationen aus Gesprächen mit chinesischen Bürgern bestätigt: »Xi Jinping hat das Land sehr gut regiert, darum unterstützen wir eine dritte Amtszeit«. Vor allem bei den ärmeren Schichten ist die Unterstützung besonders groß, da sich die Lebensbedingungen für diese Gruppe in den vergangenen Jahren deutlich verbessert haben.
    Quelle: junge Welt
  7. Die Heimatfront bröckelt
    Die Proteste gegen die Preisexplosionen bei Energie und Lebensmitteln nehmen kein Ende. Zwischen Ende August bis Ende Oktober fanden mehr als 4.400 Demonstrationen statt, wie „Welt am Sonntag“ unter Berufung auf Angaben der Bundesländer berichtet. Woche für Woche gehen mehr als 100.000 Menschen auf die Straße – weitestgehend totgeschwiegen von den großen Medien oder diffamiert als Rechte und Putin-Trolle. Die Protestierenden werden abgestraft, weil sie den Zusammenhang erkennen zwischen dem irrsinnigen Wirtschaftskrieg der Bundesregierung gegen Russland und den hohen Kosten für Gas, Öl und Strom plus einer nie dagewesenen Inflation im zweistelligen Bereich.
    Die moraltriefende Propaganda für bedingungslose Panzerlieferungen in die Ukraine verfängt immer weniger, die Rufe nach einem Verhandlungsfrieden werden immer lauter. Eine Mehrheit der Deutschen wünscht sich laut aktuellem ARD-„Deutschlandtrend“ mehr Diplomatie zur Beendigung des Ukraine-Kriegs. 55 Prozent der Befragten sagen, die Bundesregierung muss hier mehr tun. Das sind 14 Prozent mehr als im Juni. Nur noch drei von zehn Befragten halten die diplomatischen Bemühungen derzeit für ausreichend, lautet das verheerende Arbeitszeugnis für die Grünen-Außenministerin Annalena „Russland ruinieren“ Baerbock. Für die Forderung der Ukraine und ihrer PR-Abteilungen im Westen nach Lieferung weiterer Waffen gibt es in der deutschen Bevölkerung keine Mehrheit. Nur rund jedem Fünften (21 Prozent) geht die Unterstützung nicht weit genug, 30 Prozent geht sie bereits zu weit. Zwei Drittel der Bevölkerung machen sich mit Blick auf die Preissteigerungen große beziehungsweise sehr große Sorgen.
    Quelle: unsere zeit
  8. „Doppelwumms“ aus Bali?
    Indonesiens Präsident Joko Widodo hat zwischenzeitlich für den G20-Gipfel der führenden Wirtschaftsmächte in der kommenden Woche auf der Insel Bali eine Friedensinitiative für die Ukraine angekündigt. Sein Land werde bei dem Gipfel alle dazu einladen, „sich zusammenzusetzen und sich in einen konstruktiven Dialog zu begeben“, kündigte Widodo in einer Videobotschaft zum Abschluss der internationalen Ukraine-Wiederaufbaukonferenz in Berlin an. Dazu gehörten auch jene, die auf unterschiedlichen Seiten stünden. „Nur auf diesem Wege können wir eine starke Grundlage schaffen für den Wiederaufbauprozess der Ukraine.“ Friedensdiplomatie habe höchste Priorität, so Widodo weiter: „Der Krieg muss enden.“ Der Wiederaufbau und die Wiederherstellung der Wirtschaftskraft der Ukraine seien unmöglich, wenn der Krieg nicht ende. Die Interessen des ukrainischen Volkes stünden dabei an erster Stelle. Widodo wiederholte eindringlich: „Der Frieden muss unsere Priorität sein hinsichtlich der nächsten Schritte, die wir einleiten.“ Deutlicher könnte die Differenz zu den ständigen Rufen im Wertewesten nach immer neuen Waffenlieferungen nicht sein. Indonesiens Präsident spricht hier für den Globalen Süden wie auch für die große Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland, die mehr Diplomatie fordern. In den westlichen Hauptstädten werden die Staats- und Regierungschefs Stoßgebete sprechen, der russische Präsident Wladimir Putin möge dem G20-Gipfel fernbleiben, um so vielleicht die Illusion aufrechterhalten zu können, Russland sei international isoliert. Indonesien hat sich dem Druck auf Ausladung nicht gebeugt.
    Quelle: unsere zeit
  9. Einflusskampf am Nil
    Die Deutsche Bahn AG wird für eine Milliardensumme in den kommenden 15 Jahren das aktuell in Ägypten entstehende Hochgeschwindigkeitsnetz betreiben. Eine entsprechende Vereinbarung unterzeichnete der Konzern am Dienstag am Rande der UN-Klimakonferenz in Sharm el Sheikh. Das Schienennetz, das mit 2.000 Kilometern Länge das sechstgrößte der Welt werden soll, wird derzeit von einem Konsortium unter Führung von Siemens gebaut. Der Konzern liefert zudem Hochgeschwindigkeits- und Regionalzüge, Lokomotiven und allerlei Bahntechnologie und erhält dafür 8,1 Milliarden Euro. Es handelt sich um den bisher größten Auftrag der Firmengeschichte. Die Großaufträge bringen nicht nur Profit, sie ermöglichen es der Bundesrepublik auch, ihren Einfluss in Ägypten zu konsolidieren, wo zuletzt vor allem China seine Position erheblich stärken konnte – insbesondere wirtschaftlich. Dies wiegt schwer, da Ägypten nicht nur ökonomisch spezielle Bedeutung hat – als drittgrößte Volkswirtschaft Afrikas –, sondern aufgrund seiner Lage am Suezkanal vor allem auch geostrategisch wichtig ist. Während die Deutsche Bahn kräftig expandiert, leidet der Verkehr auf dem deutschen Heimatmarkt.
    Quelle: German Foreign Policy
  10. Klimakonferenz: Deutschland hat die Hausaufgaben nicht gemacht
    Energie und Klima – kompakt: Die Bundesregierung zeigt wenig Willen, zum globalen Klimaschutz beizutragen. Stattdessen werden alte Feindbilder wiederbelebt und die Verantwortung für das Versagen Russland zugeschoben.
    Im ägyptischen Scharm El-Scheich am Roten Meer laufen sich derzeit Beobachter, Lobbyisten und Diplomaten aus aller Welt auf der diesjährigen UN-Klimakonferenz langsam warm. Seit Montag wird, wie berichtet, in dem Touristenort im Süden der Sinai-Halbinsel mal wieder über globalen Klimaschutz geredet.
    Wie immer wird man zwei Wochen konferieren – meist auf der Beamtenebene. Für gewöhnlich fliegen die zuständigen Minister und zum Teil auch Regierungschefs erst in der zweiten Woche ein, wenn die Vorarbeiten getan sind. Doch diesmal sind sie gleich zu Anfang dabei. Offensichtlich ein Zeichen dafür, dass der überaus zähe Verhandlungsprozess festgefahren ist. Wieder einmal.
    Erst 29 der 194 UNO-Mitglieder haben, wie eigentlich schon mindestens ein Jahr überfällig, ihre vollkommen unzureichenden nationalen Selbstverpflichtungen (INDC im Jargon der Klimadiplomaten) verbessert, hieß es am Sonntag bei der Eröffnung der Konferenz aus dem Sekretariat der Klimarahmenkonvention.
    Auch Deutschland, das seine Selbstverpflichtungen gemeinsam mit den anderen EU-Mitgliedern abgibt, hat noch nicht geliefert und wird es laut Bundesregierung auch nicht mehr vor Abschluss der Konferenz machen.
    Quelle: Telepolis

    dazu auch: Für Klimaschäden müssen die Verursacher haften
    Damit die Verursacher und nicht die Betroffenen für Klimaschäden zahlen, braucht es Verbindlichkeit und keine Freiwilligkeit. Ob es bei der Klimakonferenz COP27 dazu kommt, ist fraglich. Denn die größten Verschmutzer arbeiten an den Beschlüssen mit.
    Quelle: Jacobin

  11. FDP-Chef Lindner wirbt für „Digitales Bargeld“
    FDP-Chef Christian Lindner hat sich auf Twitter und in Brüssel für die Einführung eines digitalen Euro als Innovations- und Wachstumsmotor ausgesprochen. Er nennt ihn skurriler Weise „digitales Bargeld“. Bei seiner freiheitlichen Gefolgschaft kommt das nicht gut an. Aus gutem Grund.
    Auf Twitter schrieb Christian Lindner am 7. November:
    „Die Einführung eines digitalen Euro sollten wir für einen großen Innovationssprung nutzen: Digitales Bargeld kann unseren Alltag leichter machen & ein Wachstumsmotor für die Wirtschaft sein. Ein Selbstläufer ist das aber nicht, wie ich eben in Brüssel deutlich gemacht habe.“
    Zu welchem Anlass er in Brüssel war und das sagte, schrieb er nicht.
    Die Europäische Zentralbank arbeitet an der Einführung eines digitalen Euro. Im Unterschied zu digitalem Geschäftsbankengeld – unseren Guthaben bei der Bank -, die rechtlich nur Ansprüche auf Auszahlung von echten (Barged-)Euro darstellen, wäre ein digitaler Euro Geld, das wie Bargeld von der Zentralbank ausgegeben wird. Man hätte ihn entweder auf einem Konto bei der Zentralbank, oder – wahrscheinlicher – auf einem Treuhandkonto bei einer Geschäftsbank. Anders als normale Bankguthaben wäre das keine bloße Verbindlichkeit der Bank uns gegenüber, sondern ein Treuhandvermögen, ähnlich wie Aktien in einem Bankdepot.
    Quelle: Norbert Häring

    Anmerkung Christian Reimann: Bitte lesen Sie dazu z.B. auch Digitalwährung: Deutsche Industrie drängelt beim digitalen Euro mit einer Anmerkung.

  12. Zum Konzept der Aktienrente: Schuldenfinanzierte Spekulationsrente
    Auf den ersten Blick sieht das von den herrschenden Medien nun verkündete Modell der „Aktienrente“, das im Bundesfinanzministerium erarbeitet worden sei, aus wie der Vollzug eines der Lieblingsprojekte der FDP aus den Koalitionsverhandlungen der „Ampelregierung“: Der Rentenversicherung sollen 10 Milliarden zugeführt werden, deren Erträge „von Mitte der 2030er Jahre in die Rentenversicherung fließen, um sie finanziell zu stärken“. Im Koalitionsvertrag hieß es, dies sollte „im Jahre 2022“ geschehen – und zwar „aus Haushaltsmitteln“. Aus 2022 ist 2023 geworden, vor allem aber hat die Quelle dieses Neubeginns eine Nuancierung erfahren – nun ist anders als 2021 von „Haushaltsmitteln in Form von Darlehen“ die Rede. (…) Das DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel hat völlig recht, wenn sie ironisch fragt: „Wer berät eigentlich den Bundesfinanzminister? Jedem Privatanleger rät man davon ab, Aktiendepots über Schulden zu finanzieren.“ Der Verstoß gegen diese Elementarregel jeder seriösen Geldanlage rührt daher, dass Bundesfinanzminister Christian Lindner sich in der Quadratur des Kreises versucht: Er hat kein Geld mehr für dieses FDP-Lieblingsprojekt, möchte es aber trotz Wirtschaftskrieg unbedingt noch durchbringen. Also finanziert er es – Schuldenbremse hin, Schuldenbremse her – über Pump. Das kann böse enden, vor allem, wenn sich diejenigen durchsetzen, die diesen Schritt zwar begrüßen, aber darauf drängen, das Volumen von 10 Milliarden Euro schnell auszuweiten, weil der Effekt sonst viel zu gering wäre. Vor allem angesichts dieser Gefahr warnt beispielsweise der Mannheimer Ökonomieprofessor Hans Peter Grüner vor einer „schuldenfinanzierten Aktienspekulation des Staates“, die, wenn das Volumen ausgeweitet werde, im Falle deutlicher Kursverluste „die Bonität des Staates oder die Erträge der Rentner beeinträchtigen“ würden. In der Tat legt das Lindner-Projekt, kombiniert mit dem Kriegswahn, die Axt an die Stabilität der Rentenfinanzierung. Die Versorgung künftiger Rentnergenerationen verlagert sich, wenn diese Weichenstellung nicht verhindert wird, ins Casino.
    Quelle: Manfred Sohn in unsere zeit
  13. Kekulé: “Halte nichts davon, jede Variante aufzubauschen”
    t-online: Herr Kekulé, wie erklären Sie sich die derzeit rückläufigen Corona-Zahlen?
    Alexander Kekulé: Seit der zweiten Oktoberwoche registriert das Robert Koch-Institut einen kontinuierlichen Rückgang der Neuinfektionen, der Hospitalisierungen, der Covid-Fälle auf den Intensivstationen und des Positivenanteils bei den PCR-Tests. Das gilt übrigens auch für München und Bayern: Das Oktoberfest hatte keine nachhaltige Auswirkung auf die Infektionswelle. Das RKI vermutet, dass die aktuelle Entspannung lediglich an den Herbstferien liegt. Ich bin da weniger pessimistisch.
    Warum?
    Wir hatten im Sommer eine massive Infektionswelle mit der Omikron-Untervariante BA.5 und die ist jetzt einfach durch. Dafür müssen nicht alle bereits immun gegen BA.5 sein. Es genügt auch, wenn sich der sozial besonders aktive Teil der Bevölkerung durchinfiziert hat, der sich am wenigsten vor Ansteckung schützen will oder schützen kann. Nach und nach wird BA.5 jetzt auch die anderen Menschen erreichen, aber das dauert deutlich länger. Deshalb steigen Pandemiewellen jeweils steil an und fallen nur langsam wieder ab.
    Kann man bezüglich BA.5 also Entwarnung geben?
    Menschen ohne besondere Risikofaktoren, die sich bereits einmal oder mehrmals mit Corona infiziert haben, müssen sich in der Tat keine Sorgen wegen der aktuellen BA.5-Variante machen. Das Risiko einer schweren oder tödlichen Erkrankung ist bei sonst gesunden Geimpften oder Genesenen bis etwa 70 Jahre sehr gering.
    Quelle: t-online
  14. Krone-Schmalz geht gegen Kritiker vor
    Wer in der BRD in Sachen Ukraine-Krieg nicht auf Linie der westlichen Propaganda ist, muss mit heftigem Gegenwind rechnen. Das erfährt gerade unter anderem die langjährige ARD-Korrespondentin in Moskau, Gabriele Krone-Schmalz. Nachdem sie Mitte Oktober in der Volkshochschule Reutlingen einen Vortrag über »Russland und die Ukraine« gehalten hatte, brach ein heftiger Shitstorm über sie ein. Franziska Davies, die in München zu osteuropäischer Geschichte forscht, hatte Krone-Schmalz auf Twitter beispielsweise als »eine langjährige und vehemente Verteidigerin des verbrecherischen Putin-Regimes« bezeichnet. Die Volkshochschule Köln hatte daraufhin eine Veranstaltung vom 27. Oktober mit Krone-Schmalz aus ihrem Terminkalender genommen – der Vortrag fand dennoch statt. Nun hat die ehemalige ARD-Journalistin ihre Anwälte gegen Davies eingeschaltet, wie T-Online am Dienstag berichtete. Davies’ Aussagen seien von der Meinungsfreiheit nicht gedeckt, erklärte Krone-Schmalz’ Anwalt gegenüber T-Online. »Frau Davies behauptet wahrheitswidrig, die Mandantin habe seit Jahrzehnten nicht journalistisch oder wissenschaftlich zu Russland gearbeitet und sei deshalb keine Russland-Expertin. Frau Davies möchte nicht diskutieren, sondern ›canceln‹. Sie fordert von Veranstaltern, die Mandantin auszuladen und begründet das mit schlichten Lügen über Frau Krone-Schmalz.« (jW)
    Quelle: junge Welt
  15. Zu guter Letzt: Wenn die Zeitungsmacher überfordert sind – man darf auch mal lachen …
    «Die Zeit ist noch nicht reif für Friedensgespräche», so lautete eine Headline der «Aargauer Zeitung» am Samstag, 5. November 2022 – am Samstag jeweils als «Die Schweiz am Wochenende» betitelt. Und die Schlussfolgerung des Autors, des Kriegsreporters Kurt Pelda, lautete: «Friedensgespräche ergeben erst dann einen Sinn, wenn sich in Moskau die Einsicht durchgesetzt hat, dass der Krieg für Russland verloren ist.»
    Das stand auf Seite 23. Auf Seite 38 aber, wo in der gleichen Ausgabe der gleichen «Aargauer Zeitung» die Todesanzeigen platziert waren und wo des oft schwierigen Layouts wegen auch Füller-Anzeigen platziert werden, war auch eine Füller-Anzeige mit einem Bibel-Spruch zu finden:
    Jesus spricht: «Selig sind, die Frieden stiften. Sie werden Gottes Kinder heissen.» Matthäus 5,9. – Pech für den Kriegsreporter Kurt Pelda.
    Quelle: Globabridge

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