Alte, weiße Männer

Alte, weiße Männer

Alte, weiße Männer

Ein Artikel von Michael Fitz

Die Geschicke dieser Welt, vor allem der globalisierte Handel, die Energiewirtschaft, die Industrie und die Finanzmärkte, werden nicht nur von Männern dominiert, sondern beherrscht. Das sind meist die grauen Eminenzen im Hintergrund. Männer, die sich im Verlauf ihres Lebens ein unfassbar großes Vermögen erarbeitet oder geerbt haben. Deshalb sind diese Männer meist schon in der zweiten Lebenshälfte angekommen, also „betagter“, wie man heute gerne zu alten Männern sagt. Die meisten von ihnen sind weiß und gehören zu den etwas mehr als 2.000 weltweit existierenden Milliardären, die meist abgeschottet und öffentlichkeitsscheu ihr durchaus anstrengendes Luxusleben in ebensolchen Immobilien an den dafür auf der Welt bekannten Orten führen. Ein paar Frauen sind auch darunter und die haben, sofern sie sich in verantwortlichen Führungspositionen befinden, meist die Diktion und die Verhaltensmuster der Männer in dieser exklusiven Liga übernommen. Alle zusammen können sich freuen über Vermögenszuwächse von 25 bis 30 Prozent in den vergangenen zwei CORONA-Jahren. Von Michael Fitz.

Nachdem die Aktienkurse zunächst bereits im April 2020 kurz um etwa 6 Prozent abgesackt waren und damit auch das Vermögen der Obengenannten kurz minimiert hatten, ging es von da an steil bergauf. Da wird eben ganz schnell umgeschichtet und in gerade so erfolgversprechende Branchen wie Pharma investiert, schon kann man die horrenden Gewinne z.B. der Impfstoffhersteller früher oder später abschöpfen und ist wieder im Spiel. Wir reden hier über Vermögen, wohlgemerkt von Einzelnen oder Familien, teilweise durchaus in einer Größenordnung, die dem Staatshaushalt eines mittleren Industrielandes entspricht.

Da fragt man sich natürlich, was machen diese Leute mit soviel Geld, mit dem, was ihnen nach Steuer, sofern die überhaupt nennenswert gezahlt wird, davon bleibt? Der eine oder andere erweist sich als Philanthrop und Menschenfreund und unterstützt großzügig humanitäre Projekte oder gründet selbst eine Stiftung oder NGO mit entsprechender Zielsetzung. Am Beispiel Bill Gates kann man sehen, dass gespendete Gelder aber grundsätzlich kombiniert sind mit profitorientierten Investitionen in anderen, nicht so ganz publikumswirksamen Wirtschaftsbereichen, wohl um die möglicherweise durch allzu große Menschenfreundlichkeit entstandenen Finanzlöcher schnell wieder schließen zu können.

Ansonsten kann man mit dem vielen Geld natürlich in allen möglichen Bereichen dafür sorgen, dass man, wenn schon nicht gesehen, dann zumindest gehört wird. Man kann die öffentliche Meinung in seinem Sinne beeinflussen, Stiftungen und Thinktanks gründen.

Oder auch Akademien, zu dem Zweck, die eigene Weltsicht, nicht nur an die Öffentlichkeit, sondern auch und besonders an geeigneten Nachwuchs zu vermitteln. Wenn man selbst in der Öffentlichkeit unsichtbar bleiben will, braucht es natürlich dafür gut vernetzte Kontaktpersonen, die einem geeigneten Nachwuchs zuführen. Eine solche Drehscheibe, ein solcher Kontaktmarkt ist Klaus Schwabs Weltwirtschaftsforum in Davos. Hier tummeln sich die, die in Politik und Wirtschaft schon eine Größe sind, aber auch die, die das gerne sein oder werden möchten.

Also eher kein Zufall, dass sowohl unsere Außenministerin Frau Baerbock als auch unser Wirtschaftsminister Habeck sich inzwischen „young european leaders“ nennen dürfen, beide sind von Herrn Schwab unter seine Fittiche genommen worden, um eine der oben beschriebenen exklusiven „Fortbildungen“ zu durchlaufen und die Sichtweise der Anbieter auf die Welt und wie sie zu funktionieren hat, natürlich ganz im Sinne der schwerreichen Gönner. Wenn man weder Wirtschaft noch irgendetwas anderes für ein hohes Staatsamt Relevantes studiert hat, nimmt man das ideologisch Vorgefertigte dann ohne große Einwände und Reflektion mit.

Die dahinter stehenden „grauen Eminenzen“ leisten sich ganze Heerscharen von willigen Wissenschaftlern, Denkern, flankierenden Journalisten und auch mal Philosophen, um ihre Sicht der Dinge eloquent und stichhaltig formuliert dem Rest der Welt zu vermitteln.

Ganze wirtschaftswissenschaftliche Theorien und Konzepte werden darum herum gesponnen, Glaubenssätze und Prinzipien werden von fleißigen Helfern vor allem für Sonntagsreden und deren Glaubwürdigkeit formuliert. Dabei entstehen dann auch so merkwürdige Wortschöpfungen wie „regelbasierte Außenpolitik“, die auf Deutsch immer so ein bisschen wie mit Google etwas holprig aus dem Englischen übersetzt daherkommen. Da geht es nun plötzlich auch einer deutschen Außenministerin, deren Kenntnisse über jüngste europäische Geschichte eher dürftig zu sein scheinen, um geostrategische Überlegungen, ein Wort, das allein aufgrund eben der Geschichte unseres Landes uns Deutschen eigentlich im Hals steckenbleiben müsste. Aber gut, wir selbst verfolgen ja gar keine Geostrategie. Weil die diktiert uns ja der große Freund und Bruder jenseits des Atlantiks. Oder vielleicht dann doch die im Allgemeinen recht lichtscheuen alten, weißen Männer?

Alles in allem wird von denen, die die Strippen ziehen, mit großer Sorgfalt ein riesiger Popanz betrieben, um der sorgfältig gestrickten eigenen Weltsicht auf breiter Front zur Allgemeingültigkeit und rechtsstaatlichem Konsens zu verhelfen. Vielleicht auch, um das eigene Gewissen zu beruhigen? Auch die Moral wird hier begeistert herangezogen, um dieses ganze Konstrukt dem Normalbürger, dem kleinen Mann, den man ansonsten gerne am Nasenring durch die Manege zerrt, als alternativlos zu präsentieren. Solidarisch soll er sein, während sein mühsam Erspartes entwertet wird und er als Steuerzahler die Risiken von allerlei aktiennotierten Unternehmen und vor allem deren shareholder abzudecken hat.

Da ist dann der Staat gefragt, der ansonsten als Regulierungsorgan nicht gern gesehen ist, während überall im Land eigentlich steuerfinanzierte Infrastruktur wie Schulen, Brücken und öffentliche Gebäude verrotten. Wenn man sich die Mühe macht und dieses ganze moralisch/ideologische Gebilde und dessen Überbau Stück für Stück gedanklich demontiert, alles Überflüssige mal beiseitestellt und sich auf die Suche nach dem Kern dieser Weltsicht und dem zugrundeliegenden Menschenbild macht, wird es nach ausgiebigen Aufräum- und Entsorgungsarbeiten irgendwann auf einmal ganz einfach und sehr archaisch. Die Maxime hinter all dem Irrwitz lautet: Ich bin stärker als Du. Ich nehme Dir alles weg. Dein Geld, Dein Haus, Deine Frau, Deinen Besitz, Dein Land und wenn ich will auch Dein Leben. Weil ich es kann. Das Recht des Stärkeren, nennt man das. Diese Drohung gilt auch Mutter Natur, die man glaubt, inzwischen vollständig zu beherrschen, der man nach Gusto immer noch weiter alles entreißen kann, was man zu fassen kriegt, und der unstillbaren Gier nach mehr und immer mehr opfert.

Das ist das, was von diesem ganzen aufgeblasenen, mit Wissenschaft, Ideologie und ein wenig Philosophie und vielen großen Worten zusammengekleisterten Über-Ego-Wahnsinn übrig bleibt. Der Rüpel mit der Keule. Ja, der steckt immer noch in uns drin und der kann jederzeit in jedem von uns wachgerüttelt werden, auch wenn er noch so kultiviert, gebildet und hochgeistig daherkommt.

Wenn das, nach ein paar hunderttausend Jahren Menschheitsentwicklung, mit seit 2.000 Jahren zumindest im Kern nächstenliebendem Christentum, nach Renaissance, Aufklärung und Humanismus, Sozialreformen, Glasnost und Perestroika, Versöhnung nach zwei Weltkriegen und Politik der guten Nachbarschaft alles ist, was übrig bleibt? Dann haben wir nicht viel gelernt.

Noch eine Bitte. Ich freue mich über jede Reaktion und natürlich auch Leserbriefe und etwaige Diskurse, die sich daraus ergeben können. Ich schreibe hier unter meinem Namen, also mit offenem Visier. Das würde ich mir auch von Leserbrief-Schreibern wünschen. Denn ich hätte gerne die Möglichkeit, auf Leserbriefe entweder direkt oder über die NDS zu antworten. Danke.

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Titelbild: Ground Picture/shutterstock.com

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