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  1. Armut in Deutschland: Dann sollen sie eben nicht mehr duschen, wenn das Geld knapp ist
  2. Wo Kinderkliniken an ihre Grenzen stoßen
  3. Ungeimpfte zu Unrecht beschuldigt?
  4. Zu den Reaktionen des Wertewestens auf Proteste gegen Corona-Maßnahmen in China: Völlig absurd
  5. LNG als Notlösung: Australien liefert Erdgas nach Europa
  6. Nord Stream 1: Neue Bilder der Explosionsstelle veröffentlicht
  7. Reisner: “Haben Russland unterschätzt”
  8. Neuer Fonds: EU-Kommission will Zugriff auf eingefrorenes russisches Geld
  9. NATO rückt weiter vor
  10. Auf Kosten Frankreichs
  11. Flexibler länger arbeiten
  12. Über Armut per Gesetz: Heil I oder Hartz V?
  13. Geistige Mobilisierung: »Holodomor«-Resolution des Bundestags.
  14. Verfassungsschutz: Wer delegitimiert hier wen?
  15. Zu guter Letzt: Das Gute muss gegen das Böse: Nancy Faeser und die Würgemanschette

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Verantwortlich für die Richtigkeit der zitierten Texte sind die jeweiligen Quellen und nicht die NachDenkSeiten. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Armut in Deutschland: Dann sollen sie eben nicht mehr duschen, wenn das Geld knapp ist
    Was heißt es, in einem reichen Land wie Deutschland in Armut aufzuwachsen? Unser Autor weiß es. Politiker sollten sich ihre wohlfeilen Ratschläge an Betroffene besser sparen. […]
    Wer Armut nur von Daten und Statistiken in Studien und Leitartikeln kennt, kann sich oft keine Vorstellung machen von der psychischen und subjektiven Dimension des Lebens im Mangel inmitten des Überflusses. Dabei gibt es im Bildungsbürgertum durchaus das Bedürfnis, mehr darüber zu erfahren. Warum sonst werde ich in Interviews so oft gefragt, wie es sich denn anfühle, in Armut aufzuwachsen? Die reichere Hälfte in Deutschland hält 99 Prozent des Vermögens, die wohlhabendsten zehn Prozent vereinen 60 Prozent auf sich. Innerhalb der Eurozone ist die Verteilung nur in Litauen und Irland noch ungleicher als bei uns.
    In einer solchen Gesellschaft definiert sich Luxus immer in Relation zu dem, was als „normal“ gilt. In den ersten Jahren meines Lebens gab es so etwas wie Luxus nicht. Zumindest war der Begriff nicht Teil unseres aktiven Wortschatzes. Wir waren in den Neunzigerjahren eine Familie, die sich ins Private zurückgezogen hatte. Die Kernfamilie war unser Bollwerk. Mein Vater pflegte bei der Arbeit und in der Kneipe bestenfalls lose Bekanntschaften. Freunde oder Verwandte waren selten zu Besuch, mit Ausnahme einer Tante und eines Großvaters.
    Nie hatte ich eine Kita von innen gesehen. Auch wäre ich gar nicht auf die Idee gekommen, dass es für viele Menschen in Deutschland ungewöhnlich ist, wenn am Ende des Geldes noch zu viel Monat übrig ist und man deshalb manchmal tagelang fast nichts essen oder einem immer wieder mal der Strom abgestellt werden kann. Das also war jahrelang meine Normalität. Bis ich in die Schule kam.
    Erst da fiel mir auf: Was Menschen in Filmen tun – Urlaub, Kino, Zoo, Konzerte –, das ist eigentlich auch in diesem Land ein Teil des ganz normalen Lebens normaler Menschen. Erst da dämmerte mir, dass für meine Familie ein Luxus war, was anderen alltäglich erschien.
    Quelle: Christian Baron in der FAZ
  2. Wo Kinderkliniken an ihre Grenzen stoßen
    In der Erkältungssaison steigt die Zahl kranker Kinder. Viele Krankenhäuser kommen an ihre Grenzen. Die Folge: Familien müssen in weiter entfernte Kliniken geschickt werden. Ärzte sagen, die Überlastung habe System.
    Es ist jedes Jahr das gleiche Spiel: Wenn die Erkältungssaison beginnt, wird es knapp auf den Kinderstationen. Besonders in Ballungszentren zeigt sich dann, wie knapp die Kapazitäten in Deutschland sind. Es gibt viele kranke Kinder und oft zu wenig Plätze.
    Frank Jochum, Chefarzt der Kinderklinik am Evangelischen Waldkrankenhaus Berlin-Spandau, sagt, dass es mehrfach pro Woche vorkommen kann, dass kranke Kinder mit ihren Eltern in der Notaufnahme sitzen und er sie nicht aufnehmen kann, weil schlicht keine belegbaren Betten frei sind. Dann beginnt die Suche nach einem Ersatzkrankenhaus: “Das heißt richtig Stress für das Team in der Notaufnahme. Der Patient ist noch da, das Team ruft dann eine Klinik nach der anderen an – das kann Stunden dauern, bis ein geeignetes Bett gefunden ist.”
    Findet sich ein Krankenhaus, das noch Kapazitäten hat, liegt das mitunter sehr weit entfernt.
    Quelle: tagesschau

    dazu: Jugendmediziner: Kinder-Atemwegsinfekte: Lage “katastrophal”
    Gerade haben besonders viele Kinder Atemwegsinfektionen. Viele Krankenhausbetten sind belegt. “Die Situation ist in ganz Deutschland katastrophal”, sagt Mediziner Hoffmann.
    Quelle: ZDF

    dazu auch: RSV, Rhinoviren, Influenza: Das Rätsel um die Atemwegsinfekte bei Kindern
    Kinder scheinen derzeit besonders häufig schwere Atemwegsinfektionen zu entwickeln. Ein Grund dafür ist die Corona-Pandemie. Doch die genauen Mechanismen sind noch unverstanden. […]
    Dass die Kindergartenschließungen ein wichtiger Faktor bei der aktuellen Welle waren, darauf deutet auch die Erfahrung aus dem Jahr 2021 hin. Da hatte es schon im August eine sehr frühe Welle von RSV-Infektionen bei Kindern gegeben. »Und im Sommer 2021 hatten wir noch wenige Maßnahmen in den Schulen, aber eben nicht mehr in den Kindergärten«, sagt die Forscherin.
    Auch Hübner sieht die nachgeholten Infektionen als wichtigen Faktor. Der Begriff »Immunschuld« in der aktuellen Diskussion sei unglücklich, sagt er, doch es stecke ein realer Effekt dahinter: Wegen der ausgefallenen Infektionen seien die Kinder jetzt weniger vor diesen Erregern geschützt. Es erscheine ihm als die wahrscheinlichste Erklärung dafür, dass man nun gehäuft Erstinfektionen sieht. »Andererseits gibt es auch Kollegen, die denken, dass Corona zu einem Immundefekt führt. Dafür sehe ich aber keine Hinweise«, sagt der Mediziner. »Und es wäre auch untypisch, dass es nur die respiratorischen Viren betrifft.« Letztendlich sei die Ursache der aktuellen Welle jedoch noch unklar.
    Quelle: Spektrum

    dazu aber: Jetzt beginnt die Winterwelle. Wir sind gut vorbereitet.

    Anmerkung André Tautenhahn: Egal, was passiert, der Gesundheitsminister kennt nur das eine Thema Corona.

  3. Ungeimpfte zu Unrecht beschuldigt?
    Die einrichtungsbezogene Impfpflicht soll auslaufen, denn Impfungen würden nicht mehr vor einer Ansteckung schützen, so Gesundheitsminister Karl Lauterbach. Doch einen Fremdschutz gibt es schon lange nicht mehr. Warum wurde dennoch politischer Druck auf Ungeimpfte ausgeübt? Das fragt sich MDR-Autorin Christiane Cichy.
    Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will die Impfpflicht in der Pflege abschaffen. Längst häuft sich die Kritik an der Impfkampagne und am Umgang mit Ungeimpften. Zwar helfen die Corona-Impfstoffe, schwere Krankheitsverläufe zu verhindern, doch sie schützen nicht vor der Ansteckung anderer. Aber genau das war lange das Mantra vieler Politiker, Wissenschaftler und Medien.
    Keine Teilnahme mehr am öffentlichen Leben – So lautete vor einem Jahr die deutliche Ansage an die Gruppe der Ungeimpften. Denn wer sich impfe, schützte nicht nur sich selbst, sondern auch die anderen. Die Impfung sei quasi ein solidarischer Akt mit den Älteren, Kranken und Schwachen der Gesellschaft.
    Der sogenannte Fremdschutz der Corona-Impfung war Grundlage zahlreicher politischer Maßnahmen, aber auch Diffamierungen der Ungeimpften. Doch auf welcher wissenschaftlichen Grundlage basierten diese?
    Quelle: mdr
  4. Zu den Reaktionen des Wertewestens auf Proteste gegen Corona-Maßnahmen in China: Völlig absurd
    Die Situation ist wieder einmal völlig absurd. Die westlichen Mainstreammedien springen im Dreieck. Die einen hier in der BRD voller Schadenfreude und Besserwisserei angesichts wachsender Probleme Chinas mit der saisonbedingt zunehmenden Zahl der Corona-Infektionen. Die anderen (Bloomberg in den USA) genau andersherum: nämlich in tiefer Sorge über die Folgen, die eintreten würden, sollte die chinesische No-Covid-Strategie scheitern. Zu den Fakten: In der BRD hatten wir in den letzten sieben Tagen in der Summe knapp 150.000 neue Fälle von Corona – bei etwa 80 Millionen Einwohnern. In der VR China waren es im gleichen Zeitraum (bis 27. November) ein bisschen mehr, nämlich 200.000 neue Fälle – bei einer gut 17mal so großen Einwohnerzahl von etwa 1.400 Millionen. Und dennoch schämen sich unsere Medien nicht Hurra zu schreien, „Hurra, bei uns ist Corona so gut wie überwunden, aber China hat Riesenprobleme.“ Ein derartiger Unfug, dass es einem die Sprache verschlägt. Man ist hierzulande wieder einmal Opfer der selbstgeschaffenen Mythen über die VR China geworden. Zu den Protestaktionen: Bei den im Rahmen der „dynamischen Null-Covid-Strategie“ zur Anwendung kommenden NPI (nicht-pharmazeutische Interventionen) handelt es sich bekanntlich vor allem um Massentests (bisher über 10 Milliarden Tests) und Mobilitätseinschränkungen unterschiedlichster Art. Sie bringen vorübergehend zum Teil schwere Härten gegenüber betroffenen Teilen der Bevölkerung mit sich, zumal dort wo sie bürokratisch unflexibel und wenig einfühlsam zur Anwendung gebracht werden. Dort kann es dann naturgemäß mehr oder weniger lautstarke Proteste geben. Das ist in China durchaus alles andere als ungewöhnlich. So ist China zum Beispiel das streikfreundlichste Land der Erde.
    Quelle: unsere zeit
  5. LNG als Notlösung: Australien liefert Erdgas nach Europa
    Das Land ist weit entfernt, aber es ist verlässlich. Daher liefert Australien nun erstmals Flüssiggas, später dann soll es auch Wasserstoff nach Europa versenden.
    Ein erstes Schiff mit Flüssiggas aus Westaustralien hat im größten europäischen Hafen Rotterdam festgemacht. Der Konzern Woodside Energy aus Perth hatte die Woodside Rees Withers auf die rund 11.000 Seemeilen lange Reise vom Nordwest Shelf vor der Küste des Bodenschatzlandes nach Nordeuropa geschickt. Abnehmer ist die staatlich gestützte Uniper. Der Tanker hat rund 75.000 Tonnen Flüssiggas an Bord. […]
    Da noch längst keine Gas-Lieferkette zwischen Australien und Nordeuropa besteht, stammt auch die jetzige Lieferung aus dem Spot-Markt. Zwar hat Woodside seit Anfang September einen Liefervertrag für Flüssiggas mit Uniper. Doch beläuft der sich auf zwölf Schiffsladungen aus dem Handelskontingent, die aus Singapur heraus nach Europa geschickt werden. Denn die großen Liefermengen Australiens sind über Jahre verkauft nach Nordasien, vor allem an Länder wie Japan, Südkorea und China. Damit kommt der Schiffsladung aus Westaustralien nach Rotterdam vor allem hohe Symbolkraft zu. […]
    Für die Australier kann das trotz des weiten Weges ein interessantes Geschäft werden. Zum einen wegen des Aufbaus einer extrem langen Lieferkette. Zum anderen, weil die Preise für LNG derzeit um den höchsten Stand seit sieben Wochen pendeln, nachdem eine wichtige Lieferanlage in USA ausgefallen ist und die Temperaturen in Nordasien sinken. Australien hat allein im Oktober mehr als 7 Millionen Tonnen Flüssiggas exportiert. Analysten schätzen den Umsatz für die gut hundert Schiffsladungen auf einen Rekordwert von fast 11 Milliarden Australischen Dollar (7,14 Milliarden Euro).
    Quelle: FAZ

    Anmerkung unseres Lesers H.M.: Die Grünen – und im Schlepptau SPD und FDP – sind mit ihrer Energiepolitik einfach nur bekloppt!

    dazu: LNG-Experte: „Gas-Deal mit Katar zeigt die ganze Absurdität des deutschen Moralismus“
    Die Politik wollte die WM in Katar boykottieren – nun lässt Wirtschaftsminister Habeck ab 2026 katarisches Flüssigerdgas nach Deutschland liefern. Passt das zusammen?
    Quelle: Berliner Zeitung

    dazu auch: EU zahlt Rekordgeld für LNG aus Russland
    Die Europäische Union hat den Import russischer Brennstoffe in diesem Jahr massiv verringert, indem sie die Kohleeinfuhr untersagt hat und ein Ölembargo vorbereitet. Ein Produkt indessen erlebt einen Boom. Die Einfuhr von russischem Flüssigerdgas (LNG) ist um etwa 40% gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Gezahlt hat die EU dafür von Januar bis September den Rekordbetrag von 12,5 Milliarden Euro – fünfmal mehr als im Vorjahr. Eine schmerzliche Lektion für die EU, die Russland wegen des Kriegs in der Ukraine eigentlich durch Sanktionen Einnahmen entziehen will. – Bloomberg – Die Sanktionen wirken – nur völlig anders, als geplant…
    Quelle: Lost in Europe

    und: Skepsis und Unzufriedenheit des „Schafs“
    Vor Kurzem wurde die EU von zwei Problemen bezüglich der europäisch-amerikanischen Beziehungen geplagt. Zum einen fragt sie sich, warum die USA angesichts der Energiekrise in der EU, Europa immer noch verflüssigtes Naturgas zu einem Preis, der viermal höher als der inländische Preis ist, verkauft. Zweitens stellt sich die Frage, warum die USA das „Inflation Reduction Act“, welches die Interessen der EU schwer schädigt, angenommen haben. Daher haben EU-Vertreter ihre Skepsis geäußert, „sind die USA immer noch unser Verbündeter?“
    Am Dienstag begann die Dienstreise vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron in den USA. Angesichts der zerrissenen transatlantischen Allianz könnten die USA wahrscheinlich kaum eine für die EU befriedigende Antwort geben.
    Quelle: CRI online

  6. Nord Stream 1: Neue Bilder der Explosionsstelle veröffentlicht
    Unterwasserbilder von der Explosionsstelle an der Nord-Stream-1-Pipeline, die Greenpeace aufgenommen hat, könnten neue Hinweise liefern. Die Aufnahmen, die dem SWR exklusiv vorliegen, werfen aber auch neue Fragen auf.
    Neue Filmaufnahmen an einer der Anschlagstellen der Nord-Stream-1-Pipeline, die dem SWR exklusiv vorliegen, könnten nach Expertenaussagen eine erste Grundlage für weitere Untersuchungen zu den mutmaßlichen Anschlägen sein. Es handelt sich bei den Bildern um Unterwasseraufnahmen, die vor wenigen Tagen von der Umweltschutzorganisation Greenpeace auf einer Expeditionsreise gemacht werden konnten und neue Details der Zerstörung dokumentieren.
    Die Bilder stammen von einem der Lecks, das sich in der schwedischen Wirtschaftszone vor der Insel Bornholm befindet. Die Koordinaten der Anschlagstelle konnten die Umweltschützer durch Recherchen verschiedener Daten ermitteln. In 79 Meter Tiefe sind Videos von einem Tauchroboter aufgenommen worden. […]
    Greenpeace kritisiert seit Längerem, dass es seit Wochen von der Bundesregierung kaum Informationen zu den Hintergründen und Umweltfolgen der Explosionen an den Pipelines gebe. Daher wollten sich die Umweltschützer selbst ein Bild der Lage machen und sind mit einem Schiff und einem Tauchroboter in die schwedische Wirtschaftszone nahe der Insel Bornholm gefahren.
    Quelle: tagesschau
  7. Reisner: “Haben Russland unterschätzt”
    Mit dem Stromnetz greift Russland “das zentrale Nervensystem der Ukraine” an, sagt Oberst Reisner bei ZDFheute live. Das drohe die Erfolge der Ukrainer zunichte zu machen. (…)
    Nach neun Monaten Krieg muss der Westen, feststellen, “dass die Russen durchaus noch Fähigkeiten haben, die wir bisher unterschätzt haben”, sagt Oberst Markus Reisner vom österreichischen Bundesheer bei ZDFheute live. Als Beispiel nannte er den jüngsten Einsatz von Marschflugkörpern, ballistischen Raketen und iranischen Drohnen.
    “Wir haben uns monatelang eingeredet, dass die russische Luftwaffe kaum Einsätze fliegt” oder russische Raketen eine sehr geringe Trefferwahrscheinlichkeit hätten. “Aber jetzt hat uns die Wirklichkeit eingeholt”, so Reisner, nämlich in dem Moment, in dem Russland entschieden habe, das zentrale Nervensystem der Ukraine – die Stromversorgung – anzugreifen. (…)
    Doch Europa könne nur eingeschränkt helfen, so der österreichische Militärexperte. Während Russland sich monatelang, möglicherweise jahrelang, auf diesen Krieg vorbereitet habe, habe Europa 20 Jahre lang seine Streitkräfte abgerüstet, alle Lager leer gemacht, “und jetzt versucht man, mit dem Wenigen die Front zu versorgen”. Eine Front, die 1.100 Kilometer lang sei. (…)
    Europa versuche zusammenzukratzen, “was man hat und das zu liefern”. “Wir eilen hinterher, während Russland, das wir Monat für Monat totgesagt haben”, jetzt wieder in die Initiative gehe. Es sei eine paradoxe Situation, sagt Reisner und fügt hinzu:
    “Wir haben auf der operativen Ebene Erfolge der Ukrainer, die aber durch die strategischen Angriffe der Russen zunichte gemacht werden. Die Ukrainer sitzen in Cherson, aber sie sitzen im Dunkeln dort, weil die Russen die Infrastruktur zerstört haben.”
    Oberst Markus Reisner
    Zu den Nachschubproblemen der Russen, über die der britische Geheimdienst immer wieder berichtet hatte, sagt Reisner: “Dass Russland Probleme hat, hören wir seit Beginn des Krieges.” Hier gehe es auch um einen Krieg im Informationsraum, um Beeinflussung.
    Quelle: ZDF

    Anmerkung Christian Reimann: Interessant. Vermutlich habe – so dürfte ein Teil der deutschen Bundesregierung mutmaßen – auch der Oberst aus Österreich zu viel RT geguckt.

  8. Neuer Fonds: EU-Kommission will Zugriff auf eingefrorenes russisches Geld
    Die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat vor, die eingefrorenen Vermögenswerte der russischen Zentralbank und der Oligarchen in einen Fonds umzuleiten, um der Ukraine zu helfen.
    Russland müsse finanziell für die Verwüstungen und den Schaden aufkommen, die es der Ukraine angerichtet habe, sagte von der Leyen in einer Videoansprache am Mittwoch. Diesen Schaden schätzt die EU bisher auf 600 Milliarden Euro. Daher müssten der russische Staat und seine Oligarchen diesen Schaden ersetzen und die Kosten für den Wiederaufbau des Landes übernehmen, so die EU-Kommissionschefin.
    Quelle: Berliner Zeitung
  9. NATO rückt weiter vor
    Kriegspakt will Aktivitäten in Osteuropa und im Südkaukasus ausbauen. Fokus auf Gegnerschaft zu China.
    Mit der Ankündigung neuer Maßnahmen gegen Russland und einer Bekräftigung des Schulterschlusses gegen China ist am Mittwoch in Bukarest das zweitägige Treffen der NATO-Außenminister zu Ende gegangen. Die Minister beschlossen unter anderem, die NATO-Aktivitäten in Osteuropa und im Südkaukasus auszubauen. Insbesondere soll die militärische Kooperation mit der Republik Moldau, Georgien und Bosnien-Herzegowina gestärkt werden. Die drei Staaten nahmen an dem Treffen teil, Republik Moldau zum ersten Mal. Mit Blick nicht zuletzt auf Bosnien, dessen serbischer Bevölkerungsteil Moskau nahesteht und daher die Kooperation mit der NATO überwiegend ablehnt, forderte Italiens Außenminister Antonio Tajani am Mittwoch: »Wir müssen die Russen auf dem westlichen Balkan stoppen«. Ausführlich befassten sich die Außenminister auch mit dem sich verschärfenden Konflikt zwischen dem Westen und China. Deutlich erkennbar war das Bestreben vor allem der Vereinigten Staaten, die wirtschaftliche Abkopplung der Volksrepublik voranzutreiben. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg erklärte nach dem Bukarester Treffen, man sei bestrebt, »Abhängigkeiten« von China und »Verwundbarkeiten« zu reduzieren. Gemeint war der Versuch, neue Rohstoffquellen aufzutun und Lieferketten aus China wegzuverlegen. Zudem müsse der Westen seinen »technologischen Vorsprung wahren« – ein Versuch, um Unterstützung für die US-Sanktionen gegen die Volksrepublik zu werben, die bisher in Europa noch mehrheitlich abgelehnt werden.
    Quelle: junge Welt
  10. Auf Kosten Frankreichs
    Frankreichs faktischer Ausschluss aus der deutschen Initiative zum Aufbau eines europäischen Luftverteidigungssystems soll dringend revidiert werden. Dies fordert die Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in einer neuen Stellungnahme. Demnach soll die European Sky Shield Initiative (ESSI), die Mitte Oktober von 15 Staaten Europas unter deutscher Führung lanciert wurde, um „Offensivfähigkeiten“ ergänzt werden, die Paris stellen könne – zum Nutzen der französischen Rüstungsindustrie. Die bisher vorgesehenen Luftverteidigungssysteme – IRIS-T SLM, Patriot, Arrow 3 – entstammen durchweg deutscher, israelischer oder US-amerikanischer Produktion. Französische Kritiker weisen darauf hin, dass die von Frankreich und Italien entwickelten Luftverteidigungssysteme SAMP/T und Aster Block 1 NT recht breite Entfernungsspektren abdeckten – und dass sie unter Umständen alle vorgesehenen Systeme aus Deutschland, Israel und den USA ersetzen könnten. Mit seiner aktuellen Auswahl verhindere Berlin den Aufbau einer eigenständigen europäischen Luftverteidigung – zugunsten des Profits der deutschen Rüstungsindustrie.
    Quelle: German Foreign Policy
  11. Flexibler länger arbeiten
    Bayerns Arbeitsministerin Ulrike Scharf möchte in Ausnahmen auch mehr als die bisher zulässigen zehn Stunden Arbeitszeit am Stück zulassen. Wie das im Detail aussehen könnte? Das müsse man nun mit allen Seiten diskutieren. […]
    Absehbar ist, dass der bayerische Vorstoß nicht überall auf so viel Begeisterung stoßen wird. Die Gewerkschaften etwa sehen Aufweichungen traditionell kritisch: als ein mögliches Einfallstor für Arbeitgeber, um auf Kosten der Beschäftigten Mehrarbeit einzuführen. Auch Arbeitsmediziner warnen vor Überforderung. Dabei ist die Arbeitsbelastung jetzt schon in vielen Branchen Thema, etwa in der Gastronomie. In einer Umfrage der Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG), welche Aspekte des Arbeitsalltags Beschäftigte als belastend empfinden, wurden Zeitdruck und Stress am zweithäufigsten genannt. Kurzfristige Schichtänderungen sowie lange Arbeitstage und Überstunden rangierten auf Platz drei und vier. Als schlimmer – beziehungsweise verschlimmernd – wurde allein der Personalmangel empfunden. Auch in anderen Bereichen ist Mehrarbeit durchaus üblich. Soloselbständige etwa schaffen mitunter weit über die täglichen acht Stunden hinaus, teils gerne, teils notgedrungen.
    Quelle: Süddeutsche
  12. Über Armut per Gesetz: Heil I oder Hartz V?
    Das Bürgergeld hat nun als „Heil I“ Konturen bekommen, die SPD, CDU/CSU, Grüne und FDP als ihre Wirtschafts- und Sozialpolitik wiedererkennen. Das schlechte alte System war gerettet – ein System-Change war nicht beabsichtigt. Die neue Konstruktion hieße richtiger „Hartz V“. Das erkämpfte Schweigegeld von gerade einmal 53 Euro in der Grund­sicherung reicht nicht einmal, die Inflation bei den Mitteln zum Leben auszugleichen. Einmal mehr wird die kolonialistische Haltung der ökonomischen und politischen Eliten auch zuhause sichtbar. Die „Anderen“, die nicht genügend oder gar nicht profitablen Menschen, sollen weiterhin fremdbestimmt „gebessert“ werden – zugerichtet auf einen wachsenden Markt der niederen „Beschäftigungen“. Hineinkommen wird erleichtert – Herauskommen erschwert bis unmöglich. „Besitzstände“ bleiben über Generationen hinweg. Die Klassenstruktur ist festgefügt. Ganz so, wie man es immer schon mit dem globalen Süden macht: Ökonomische und soziale Ungleichheit als individuelles Verschulden umdeuten – als könnte man gesellschaftliche Probleme individuell lösen. Das Schweigen über Ausbeutung durch nicht existenzsichernde Niedriglöhne und Armutsrenten als Kern der sozialen Krise erlaubt mit dem Bürgergeld, das Verdecken des Gegensatzes zwischen Arbeit und Kapital abzusichern und behauptet zugleich, mit dem allgemein unbestrittenen „zu wenig von allem“ sozial gegenüber den unfreiwillig Aussortierten zu sein.
    Quelle: unsere zeit
  13. Geistige Mobilisierung: »Holodomor«-Resolution des Bundestags.
    Eine übergroße Koalition des Bundestages, bestehend aus Ampel und Union, will am Mittwoch beschließen, dass die Hungersnot der Jahre 1932/33 in der Ukraine ein Völkermord gewesen sei. Liest man den Antragsentwurf, wird schnell klar: Es geht nicht um das damalige Leid der Hungertoten. Es geht vielmehr um die geistige Mobilmachung gegen Russland heute. Die überwältigende Mehrheit der Historiker zweifelt nicht daran, dass die Hungersnot durch politische Entscheidungen der sowjetischen Führung planvoll verschärft worden ist. Aber sie zweifelt am Genozidcharakter. Genau aus diesem Grund hat der Bundestag im Jahr 2017 noch eine Petition abgelehnt, die den »Holodomor« als Genozid anerkannt wissen wollte. Es spreche doch »einiges dagegen«, und es liege »nicht im Ermessen des Petitionsausschusses«, über eine in der Geschichtswissenschaft strittige Frage zu entscheiden, befand das Parlament damals, mit den Stimmen auch derjenigen, die das heute anders entscheiden wollen. Noch im Frühjahr 2022 fasste der Petitionsausschuss in einer vorläufigen Beschlussempfehlung zusammen, dass die Einschätzung, ob der Holodomor die Merkmale eines Völkermordes erfülle, weiterhin umstritten sei. Die Erkenntnisse der Geschichtswissenschaft haben sich seit diesen Beratungen nicht geändert. Dennoch gehen die Antragsteller sogar so weit, den Holodomor »in die Liste menschenverachtender Verbrechen totalitärer Systeme« einzureihen. Damit machen sie en passant auch die Schoah und den faschistischen Vernichtungskrieg zum Teil einer »Liste« und relativieren so die Singularität des Holocaust. In erschreckender Weise wird mit der Genozidfeststellung das Narrativ ukrainischer Nationalisten übernommen, offenbar, wie es so treffend im Antrag heißt, um einseitigen russischen Narrativen entschieden entgegenzuwirken.
    Quelle: Sevim Dagdelen in junge Welt

    dazu: Geschichtspolitik nach Bedarf: Warum der Holodomor Völkermord gewesen sein soll
    Der Bundestag hat sich nach einer Blitzdebatte ukrainischem Druck gebeugt. Sieht so aus, als würde deutsche Politik in Kiew gemacht. Ein Kommentar. […]
    Am Mittwoch hat der Bundestag über eine von Regierungskoalition und Union unterstützte Petition nach 45 Minuten (!) Blitzdebatte den Holodomor als Völkermord anerkannt. In der Petition heißt es verdächtig, „aus heutiger Perspektive liegt eine historisch-politische Einordnung als Völkermord nahe“. Das entspricht dem Wunsch der heutigen ukrainischen Regierung. Eine frühere hatte den Holodomor eine „gemeinsame Tragödie der Völker der Sowjetunion“ genannt. Das EU-Parlament formulierte 2008 in einer Entschließung: „schreckliches Verbrechen am ukrainischen Volk und gegen die Menschlichkeit“. Man nahm Rücksicht auf Moskau.
    Etliche Länder wie Polen und einige US-Bundesstaaten haben die Anerkennung vollzogen, andere, wie Israel, nicht. Juristisch ist die Lage nicht eindeutig: War die Vernichtung der Ukrainer die Absicht? Es traf ja ebenso Millionen Russen.
    Die Wissenschaftler der deutsch-ukrainischen Historikerkommission sind uneins, stimmten der umstandslosen Klassifizierung des Holodomor als Genozid nicht zu, sondern stießen eine historische Debatte an. Das trieb 2020 Botschafter Andrij Melnyk zur Weißglut. Kiew entzog der Kommission die Schirmherrschaft.
    Nun hat Putins Überfall auf die Ukraine die „heutige Perspektive“ geschaffen, in der historische Urteilsgerechtigkeit keine Rolle spielt. Bundestagsabgeordnete haben politisch entschieden.
    Quelle: Berliner Zeitung

    dazu auch: Zur exzessiven Russophobie und Verharmlosung des Faschismus im „Wertewesten“: Völkerhass um jeden Preis
    Am 23. November stimmten 494 EU-Abgeordnete bei 58 Gegenstimmen und 44 Enthaltungen für eine Erklärung, die „Russland als dem Terrorismus Vorschub leistenden Staat und als terroristische Mittel einsetzenden Staat“ einstuft – einer wie Kuba, Venezuela oder Nicaragua. (…)
    So etwas unterbietet der Bundestag mit Leichtigkeit. Am 25. November kündigten die Fraktionen von Koalition und CDU/CSU eine Resolution an, in der die Hungersnot in der Ukraine 1932 und 1933 als Völkermord eingestuft wird. Was bei deutschen Kolonialverbrechen nicht geht, funktioniert bei ukrainischen Geschichtsfälschungen hervorragend. (…)
    Fehlte nur eins: Wer zu so etwas eine abweichende Meinung hat, muss vor den Kadi. Also winkte der Bundesrat ebenfalls am 25. November eine Erweiterung des Strafparagraphen 130 zur „Volksverhetzung“ durch. Neu eingefügt: Es gibt bis zu drei Jahre Knast fürs „öffentliche Billigen, Leugnen oder gröbliche Verharmlosen von Völkermord“ usw. Keine Geschichtsfälschung ohne Gesinnungsjustiz. Es gilt aber auch: Wer mit Völkerhass Wind sät, erntet Sturm.
    Quelle: Arnold Schölzel in unsere zeit

    und: Bruchlinien: Baerbock und Waffen für die Ukraine
    Weil Annalena Baerbock erkannt hat, dass Wladimir Putin »Kälte als Kriegswaffe« einsetzt, und das für einen »brutalen Bruch nicht nur mit dem Völkerrecht, sondern mit unserer Zivilisation« hält, herrscht Aufregung in der deutschen Sprachregelei. Die Vokabel »Zivilisationsbruch« sei für den Holocaust reserviert, heißt es einhellig. Das stimmt zwar nicht, die Außenministerin plappert lediglich den Bundeskanzler nach, aber was sollen bei den beiden Fakten? Olaf Scholz am 13. September auf dem »G7-Ministertreffen für nachhaltige Stadtentwicklung« in Potsdam: »Russlands furchtbarer Angriffskrieg gegen die Ukraine ist ein dramatischer Zivilisationsbruch.« Das hinderte Scholz sieben Tage später in der UN-Generalversammlung in New York nicht zu erzählen: »Deutschland, das durch den Mord an sechs Millionen Juden einen Zivilisationsbruch begangen hat, der keinerlei Vergleich duldet, weiß um die Brüchigkeit unserer Zivilisation.« Kein Vergleich? Wenn es um Aufstachelung zu Völkerhass und speziell um den auf Russland geht, dürfen Kleinigkeiten einen »Wumms«-Redner nicht stören. (…)
    Damals soll »General Winter« die deutsche Blitzkriegstruppe besiegt haben, nicht etwa Größenwahn und Unfähigkeit zu Realismus. Da kommt Baerbocks Furcht vorm Winter als Waffe im »Zivilisationsbruch« vergleichsweise nur matt zum Ausdruck.
    Quelle: Arnold Schölzel in junge Welt

  14. Verfassungsschutz: Wer delegitimiert hier wen?
    Der Verfassungsschutz beobachtet neuerdings den Bereich “Delegitimierung des Staates”. Dabei werden schnell Regierungskritiker zu Extremisten abgestempelt, meint Dietrich Murswiek. Die neue Kategorie leide an gefährlich unscharfen Begriffen.
    Quelle: Dietrich Murswiek auf Legal Tribune Online (LTO)
  15. Zu guter Letzt: Das Gute muss gegen das Böse: Nancy Faeser und die Würgemanschette
    Die „One Love“-Armbinde, die die Ministerin in Katar auf der Ehrentribüne trug, gehört ins Haus der Geschichte, findet unser Kolumnist. Wegen Unerschrockenheit.
    Nancy Faesers „One Love“-Armbinde kommt ins Haus der Geschichte nach Bonn, direkt vom Japan-Match aus Katar. Gute Wahl. Grinsen Sie nicht, das ist mein Ernst. Oder hätte man etwa Manuel Neuer um die Original-Hand bitten sollen, die er sich beim Mannschaftsfoto vor den Mund hielt? Das Museum dokumentiert die Wandlung der bundesdeutschen Gesellschaft. Das passt schon. […]
    Im Museum sollte neben der Bekenntnistextilie jedenfalls eines der Fotos hängen, die die Unerschrockenheit der Innenministerin beglaubigen. Darauf ist zu sehen, dass die Binde ihren Oberarm würgte wie eine Blutdruckmessmanschette. Sie riskierte auf der Ehrentribüne zwar keine Verhaftung, aber eine Thrombose.
    Quelle: Berliner Zeitung

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