Berlinale huldigt Selenski: Roter Teppich für die NATO

Berlinale huldigt Selenski: Roter Teppich für die NATO

Berlinale huldigt Selenski: Roter Teppich für die NATO

Ein Artikel von: Tobias Riegel

Das einst für seinen widerständigen Ruf bekannte Filmfestival in Berlin ist endgültig „angekommen“: Zwischen die kriegsverlängernde Politik der Bundesregierung und die Filmschaffenden passt anscheinend kein Blatt mehr. Auch der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski durfte bei der Eröffnung am Donnerstag seine emotionale Propaganda zelebrieren – und die Filmbranche lag dem begabten Politik-Darsteller verzaubert zu Füßen. Beim Musikfestival in San Remo scheiterte eine solche Unterwerfung der Kultur unter NATO-Zwecke noch an Protesten – in Berlin geht das als neue militaristische Normalität einfach durch. Ein Kommentar von Tobias Riegel.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Bei der Eröffnungsgala des Filmfestivals Berlinale wurden gestern bezüglich der Ukraine viele Register des ablenkenden Pathos und der Kitsch-Propaganda gezogen, der ukrainische Präsident wurde zugeschaltet und sogar das Maskottchen – der Berlinale-Bär – ist in diesem Jahr in Blau und Gelb, den ukrainischen Nationalfarben, gehalten. Mehr Anpassung der Filmschaffenden an die extrem dominante NATO-Deutung zu den Wurzeln des Ukrainekriegs und an die kriegsverlängernde Politik der Bundesregierung ist kaum vorstellbar – der Abend erinnerte schmerzhaft an die peinliche Anbiederung des Berlinale-Festivals an Hillary Clinton vor einigen Jahren.

Selenski: Der Hypnotiseur

Die deutsche Filmbranche und einige Polit-Prominenz huldigten am Donnerstag mit Wolodimir Selenski einem begabten Schauspieler: Der ukrainische Präsident zeigte dort einmal mehr, welche Macht er mittlerweile über die Emotionen vieler Menschen hat. Vor den PR-Strategen, die für den Aufbau der Marke „Selenski“ verantwortlich sind, kann man den Hut ziehen: Selenski ist nun ein perfekter Verkäufer einer sehr fragwürdigen Sache. Wie hypnotisch sein aufwendig erzeugtes Image dafür sorgt, bei zahlreichen erwachsenen Menschen das Denken vorübergehend zu betäuben, das war beim Publikum der Eröffnungsgala zu beobachten, als es sich zu den Standing Ovations für den Politiker erhob.

Selenski wurde allein im Filmbereich in letzter Zeit unter anderem auch bei den Filmfestivals von Venedig und Cannes und bei der Verleihung der Golden Globes zugeschaltet. Bei diesen Video-Schalten (und zahllosen weiteren) rund um die Welt werden oft die beim jeweiligen Publikum wirksamen Knöpfe gedrückt – am Donnerstag in Berlin war das etwa Wim Wenders’ Film „Der Himmel über Berlin“. Ich unterstelle Selenski (ohne Belege zu haben), dass er keine tieferen Kenntnisse über Wim Wenders hatte, bevor er seine mutmaßlich von einem vielköpfigen PR-Team verfasste Rede auswendig gelernt hat. Wirkungsvoll ist dieses Vorgehen trotzdem. Und ganz im Gegensatz zum Handeln der deutschen Bundesregierung ist das Engagement von Selenski immerhin in sich nachvollziehbar – zumindest aus der Warte der den US-Interessen verpflichteten Regierung in Kiew.

„Dass Filme, die mit russischer Unterstützung gemacht wurden, dieses Jahr nicht im Festival vertreten sind – das wissen wir zu schätzen“

Selenskis Berlinale-Auftritt findet sich unter diesem Link (ca. ab Minute 45). Wie bei der gesamten Gala dominiert auch in der Rede die Darstellung, als sei der Ukrainekrieg der erste Krieg der Menschheitsgeschichte – zusätzlich entsteht das Bild, als habe dieser Krieg nicht eine lange Geschichte vor dem Februar 2022, die essenziell ist zur Beurteilung des Konfliktes.

In seiner Rede dankt Selenski den Festivalmachern auch herzlich für antirussische Cancel Culture. Die Botschaft dieses Satzes erscheint ziemlich widersprüchlich, aber das verzauberte Publikum hatte anscheinend selbst mit dieser Forderung nach Ausschluss von Filmschaffenden keine Probleme:

„Die Berlinale hat ihre Wahl getroffen, indem sie den Dialog ohne Grenzen hochhält. Das Kino aus der ganzen Welt ist zu Gast. Dass Filme, die mit russischer Unterstützung gemacht wurden, dieses Jahr nicht im Festival vertreten sind – das wissen wir zu schätzen, dafür sind wir dankbar. Das ist keine Formalität, das ist Teil der Gerechtigkeit.“

Ich weiß nicht, ob es das „Cinema For Peace“ noch gibt – eigentlich braucht es diese früher parallel zur Berlinale ausgerichtete Gala der westlichen Selbstbeweihräucherung nicht mehr, denn nun ist die Berlinale selber auf vergleichbarem Niveau angekommen. Man könnte fast sagen, dass die Berlinale wieder da angelangt ist, wo sie in den 50er Jahren als Propagandafestival angefangen hat.

Musikfestival lädt Selenski wieder aus

Beim Musikfestival im italienischen San Remo war ebenfalls ein Auftritt des ukrainischen Präsidenten angekündigt, der musste aber wegen Protestes abgesagt werden. In San Remo richtete sich der Protest wohl eher prinzipiell gegen eine Politisierung des Festivals – und nicht explizit gegen NATO-Propaganda. Dennoch ist der italienische Protest gegen die große Selenski-Show bemerkenswert und hierzulande nur schwer vorstellbar.

Dass sich Teile der deutschen Kulturszene bereits in den letzten Jahren als (wenn es darauf ankommt) angepasst herausgestellt haben, haben wir etwa am Beispiel des Umgangs vieler Kulturschaffender mit der Corona-Politik beschrieben.

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